Anfrage vom 04/11/2016
Nr. 119/2016

Anfrage
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

AfD-Gemeinderatsfraktion
Betreff

Verantwortlichkeiten für die betriebswirtschaftlichen Probleme des Klinikums


Nachdem zuletzt rund 25 Millionen Euro Schulden für das Jahr 2015 zu Lasten des Klinikums Stuttgart festgestellt worden waren, kündigten die Pflegedienstleitung und der Krankenhausdirektor (den man zudem über die Zeitung sehr unsanft seines letzten Monats beraubte). Am Schluss schloss die Stadt Stuttgart mit dem Geschäftsführer Ralf-Michael Schmitz einen Auflösungsvertrag. Ein Vorgang, der innerhalb kürzester Zeit und ohne rechtzeitige Information des Gemeinderats oder des Krankenhausausschusses über die Bühne gebracht wurde.

Bereits der Jahresabschluss für das Jahr 2013 weist erhebliche Mängel auf. Strukturelle Schwierigkeiten, eine exzessive Forderungsreichweite, ungewöhnlich niedrige Erträge aus MDK-Pauschalen (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung), die auf einen enormen Rückstau an unerledigten Anfragen des MDK schließen lassen, eine schlechte Liquiditätsausstattung sowie ein dramatischer Rückgang des Eigenkapitals hätten bereits hier eine äußerst intensive Sichtung nötig gemacht. Stattdessen hoffte man auf Mehrerlöse trotz sinkender Fallzahlen. Schon damals waren Außenstände der libyschen Patienten bekannt. Schon damals stand die Frage im Raum, warum Rechnungen nicht rechtzeitig gestellt wurden.

Auch der Jahresabschluss für das Jahr 2014 weist auf die bereits bekannten Unzulänglichkeiten hin. Der Personalbestand und die Betriebsaufwendungen erhöhten sich trotz sinkender Einnahmen. Erstmals, nach dem Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, taucht das Libyen-Projekt im Bericht auf. Die Forderungsreichweite hat weiter zugenommen, die niedrigen MDK-Pauschalen deuten auf einen weiterhin bestehenden großen Rückstau an nicht bearbeiteten Anfragen des MDK hin.

Obwohl der Bericht des Rechnungsprüfungsamtes noch nicht vorlag, wurden wesentliche strukturelle Veränderungen beim Klinikum Stuttgart vorgenommen. Der Geschäftsführer wurde entlassen, kommissarisch ein neuer eingesetzt. Eine Mitarbeiterin, die zuvor mit dem Controlling beauftragt war und eine Mitverantwortung für das Debakel trägt, verblieb im Direktorium. Dass die Klinikstruktur nun insgesamt überarbeitet werden soll, ist zu begrüßen, nicht jedoch, dass man offenkundig die ärztlichen Direktoren ohne Rücksprache mit dem Krankenhausausschuss bereits mit einem favorisierten Konstrukt in Kenntnis gesetzt hat.

Wir fragen aus diesem Grunde:

1. Wer trägt die Verantwortung für die Libyen-Geschäfte

wer hat die Verhandlungen geführt?

Wer hat dem Projekt zugestimmt?

Welche Sicherheiten gab es?

wer hat den Vertrag geschlossen?

Was war der genaue Inhalt des Vertrages?

Wer war für die Logistik verantwortlich?

Wer war für die Rechnungsstellung verantwortlich?

Wer war für das Controlling verantwortlich?

Warum wurden die Forderungen, entgegen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung, erst jetzt (nach dem Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) abgeschrieben, obwohl nach Auskunft der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft die Probleme mit libyschen Patienten seit Jahren bekannt sind?

Wurde die Werthaltigkeit der Forderungen durch die vorherigen Wirtschaftsprüfer geprüft? Falls ja (diese Prüfungen sind normalerweise Standard), wurde die Betriebsleitung auf den erheblichen Wertberichtigungsbedarf hingewiesen?

Der oben erwähnte Rückstau an nicht erledigten MDK-Anfragen deutet auf erhebliche Risiken an zukünftigen Forderungsausfällen hin. Sind diese ausreichend in der Bilanz berücksichtigt oder bestehen hier durch "optimistische" Bewertung noch ein weitere Bilanzrisiken?

2. Wer trägt die Verantwortung für die Personalpolitik?

Warum werden mehr Personen eingestellt trotz sinkender Gewinne?

Welche Doppelstrukturen bestehen im Klinikum Stuttgart?

3. Wie ist die Verantwortlichkeit des Krankenhausbürgermeisters Wölfle?

Seit wann hate er Kenntnis vom Libyen-Geschäft?

Welche Konsequenzen zog er aus seinen Erkenntnissen?

Hat der Bürgermeister zeitgerecht den Krankenhausausschuss informiert?

Waren diese Informationen vollständig?

Wie ist die jetzige "International Unit", die für die Behandlung ausländischer Patienten zuständig ist, organisiert? Bestehen Außenstände aus der Behandlung ausländischer Patienten? Falls ja, in welcher Höhe und wie sieht die Altersstruktur der Forderungen aus?


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