Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 22.10.2020
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:die Herren Prof. Dr. Ehehalt (GesundA), Prof. Dr. Jürgensen (KS), OB Kuhn, EBM Dr. Mayer, BMin Fezer
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: Coronavirus in Stuttgart - Sachstandsbericht

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigten Präsentationen sind dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei sind sie in Papierform angehängt.

Zu diesem ernsten und besorgniserregenden Thema erfolgen Berichte von Herrn Prof. Dr. Ehehalt und Herrn Prof. Dr. Jürgensen, leitet OB Kuhn in den Tagesordnungspunkt ein. Danach werde er einige Sätze sagen und daran anschließend Herr EBM Dr. Mayer und Frau BMin Fezer das Wort erhalten.

Die nachstehenden Berichte sind wiedergegeben im leicht überarbeiteten Wortlaut.

Herr Prof. Dr. Ehehalt (GesundhA):
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeister, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, meine Damen und Herren, ich beginne die Lage in Stuttgart darzustellen mit einer Ihnen bereits bekannten Darstellungsform. Da sieht man auf einer Folie im Grunde alles, was seit März in Stuttgart geschah. Oben sieht man diese schwarze durchgezogene Linie, das ist die Anzahl der bisher bestätigten Fälle und man sieht, dass wir eben im März ein beginnend exponentielles Wachstum hatten, dann die Ihnen bekannten Maßnahmen entschieden durchgeführt haben, und dann kam es relativ schnell, so zwei bis drei Wochen nach Beginn der Maßnahmen, zu einer Abschwächung der Kurve, wir sehen ganz langsam allmählich einen Anstieg. Das ist klar, dass es den gibt, weil ja das Virus auf eine Bevölkerung trifft, was eben das Virus bekommen kann, deswegen ist es völlig klar, dass es da keinen vollständigen Stillstand geben kann. Also ein allmählicher Anstieg.

Wir sehen dann so Mitte August einen deutlichen Anstieg, der war dadurch bedingt, dass die Reiserückkehrer vermehrt das Corona-Virus aus dem Urlaub im Gepäck wieder nach Stuttgart mitgebracht haben. Davor, so kleinere Sattlungen nach oben, waren eben durch kleinere Ausbrüche unter anderem in einer Flüchtlingsunterkunft bedingt, die aber sehr schnell eingedämmt werden konnte.

Was wir jetzt sehen, ist ein ganz deutlicher, ganz schneller, ein massiver Anstieg und aktuell haben wir, zuletzt berichtet, 4.207 bestätigte Fälle. Das waren im Vergleich zur letzten Meldung vom Landesgesundheitsamt 134 Fälle in 24 Stunden. Zum Vergleich, im Frühjahr war das Maximale an Fallzahlen, was wir berichtet haben, 76. Also ein deutlicher Anstieg in kurzer Zeit. Vielleicht eine andere Zahl, die auch eindrücklich ist. Wir haben innerhalb von 14 Tagen mehr als 1.000 Fälle registriert. Und mit den 1.000 Fällen einher gingen über 4.300 enge Kontaktpersonen, das sind die, die dann in Quarantäne gehen müssen, die von uns ermittelt wurden. Zum Vergleich, im Juni waren es 65 Fälle und 182 enge Kontaktpersonen. Ich denke, das erklärt auch ganz gut, weshalb wir die Bundeswehr um Hilfe bitten mussten, weil einfach das Volumen dessen, was an Fällen, an Ermittlungen und an Kontaktpersonen-Beratung dann entstanden ist, mit einem normalen Personalstamm gar nicht zu bewältigen war. Das heißt, man kann sagen, wir sehen einen beschleunigten Anstieg der Übertragungen der Bevölkerung in Stuttgart auf der einen Seite. Auf der anderen Seite muss man auch ganz klar sagen, dass wir natürlich deutlich mehr testen als es im März war. Das heißt, wir leuchten deutlich mehr das Dunkelfeld aus als uns das natürlich im März gelang. Und bisher waren es eher leichtere Verläufe. Da wird Prof. Jürgensen nachher bestimmt auch mehr dazu sagen.

Relativ junge Entwicklungen, die mir persönlich tatsächlich Sorgen bereiten und das aus gutem Grund, ist, dass jetzt auch zunehmend die älteren Menschen häufige Betroffene sind. Im März hat es eigentlich so nur zwei bis drei Wochen gedauert, bis die älteren Menschen häufiger an Covid19 erkrankt waren und positiv getestet wurden. In der Reiserückkehrzeit hatten wir eigentlich relativ lange die ältere Altersgruppe außen vor, aber jetzt in jüngerer Zeit sehen wir dann einen deutlichen Anstieg innerhalb der über 70-Jährigen, und es ist Ihnen natürlich allen klar, was es bedeutet, nämlich das Risiko für schwere Verläufe nimmt zu. Entsprechend sieht man auch bei den Todesfällen, dass ist diese graue Fläche, derzeit zuletzt gemeldet 70. Das ist ein insgesamt relativ geringer Verstorbenen-Anteil, den sieht man oben mit 1,7 %. Wir haben aber jetzt seit der letzten Meldung bereits von 5 weiteren Todesfällen erfahren. Die sind in der Statistik noch gar nicht mit enthalten. Das bedeutet, nach einer relativ langen Zeit mit wenig Fällen, mit einer sehr guten Nachverfolgbarkeit mit relativ wenigen Kontaktpersonen, mit relativ wenig aktiven Fällen, das sind die roten unten, wie man da sieht, haben wir jetzt einen massiven Anstieg, deutlich mehr Kontaktpersonen. Die Zahl der aktiven Fälle nimmt zu, auf 843 und es gibt leider wieder Todesfälle. Insgesamt bei den Todesfällen sind mehr Männer als Frauen betroffen und das mittlere Alter bei den Männern beträgt 75 Jahre, der jüngste verstorbene Mann in Stuttgart war allerdings 27 Jahre. Das war ein Mann, der sehr viele Vorerkrankungen hatte. Das mittlere Alter bei den Frauen liegt bei 85, ungefähr 10 Jahre höher als bei den Männern und die jüngste in Stuttgart verstorbene Frau war 51 Jahre alt. Häufig sind eben Vorerkrankungen bekannt bei den Menschen die an oder mit Covid verstorben sind, ganz häufig aber sind es Volkskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Zuckerstoffwechselstörungen und andere.

Eine weitere Neuentwicklung ist, dass die unklaren Infektionsorte ansteigen. Wir nehmen mit jedem Kontakt auf, der positiv getestet ist und wollen wissen, mit wem er in dem Zeitraum, in dem man andere anstecken kann, engen Kontakt hatte. Es ist aber auch ganz wichtig, den Infektionsort festzustellen. Und derzeit ist es eben so, dass in mehr als der Hälfte der gemeldeten Fälle es uns nicht gelingt, trotz intensiver Nachfrage, die Ansteckung auf den Ursprung, auf die Quelle zurückzuverfolgen. Und deswegen ist quasi die Fallermittlung immer unvollständig. Wir können quasi die Einrichtung ermitteln, Kontaktpersonen, aber das andere, wo man sich angesteckt hat, da haben wir in der überwiegenden Anzahl der Fälle oft keinen Erfolg und das fällt mir schon auch auf in der täglichen Beratung. Das sind wirklich auch sehr reflektierte Menschen, mit denen man zu tun hat, die auch einen ganz guten Überblick haben, mit wem sie es zu tun hatten, aber ganz häufig ist es uns nicht klar, wo die sich angesteckt haben. Das bedeutet, auf der einen Seite läuft man mehr vom Dunkelfeld aus, wenn aber so viele Menschen zusätzlich positiv getestet werden, obwohl wir ja die Kontaktpersonennachverfolgung haben, dann kann es eigentlich nur einen Schluss geben, nämlich der, dass auch eine Menge passiert in Stuttgart, ohne dass wir das sehen, ohne dass wir das mitbekommen. Und deswegen ist auch völlig nachvollziehbar und aus meiner Sicht gibt es auch gar keinen anderen Schluss, als dass wir uns wieder mehr an die Allgemeinbevölkerung richten, weil mit dem, was wir erreichen, können wir das Infektionsgeschehen alleine nicht im Griff behalten. Nochmal zu den Zahlen: Derzeit sind es 58 % im Oktober, wo der Infektionsherd unbekannt ist, im August waren es 16 %, also ein deutlicher Anstieg. Mehr Fälle, mehr Kontaktpersonen, Todesfälle und eben der Anstieg an unklaren Infektionsorten, bei denen das Gesundheitsamt und auch die Betroffenen nicht sagen können, wo sie sich angesteckt haben.

Bitte mal das nächste Bild: Das ist die Abbildung, die Ihnen von unserer Homepage ja geläufig ist und bekannt ist, die 7-Tage-Inzidenz für Stuttgart. Das sind die Zahlen, die das Landesgesundheitsamt ermittelt und die vorderen, Stufe 5 von 35, die haben wir am 06.10. überschritten, die Eingriffsstufe schon am 10.10. Hier sieht man auch die deutliche Dynamik, die das Ganze hat und seit einer Woche liegen wir um die 80 von der Inzidenzrate. Ob das jetzt ein Plateau ist, mit dem wir jetzt die nächsten Wochen zurechtkommen müssen und ob das weiter ansteigen wird, dafür ist es eindeutig zu früh. Wenn man so schaut in Deutschland, andere Städte, andere Kommunen, da hat man schon gesehen, dass durch Maßnahmen, die sich an die Allgemeinbevölkerung richten, dass man da die Inzidenzraten schon wieder in den Griff bekommen konnte und das Alter runterging, aber das ist wirklich nochmal ein eindringlicher Appell an uns alle: Diese Pandemie kann nicht vom Gesundheitsamt bewältigt werden, sondern eben von uns allen, dass eben jeder das ihm Mögliche tut und die Kontakte reduziert.

Das nächste Bild: Wie ist nun die aktuelle Lage in Stuttgart? In den vergangenen Berichten, die ich Ihnen vorgetragen habe, war es ganz häufig so, dass es so klassische Settings gab, in denen sich der Hauptteil der Infektionen abgespielt hat. Das sieht man quasi hier oben dargestellt. Derzeit ist es aber anders, also die Altenpflegeheime, Flüchtlingsunterkünfte und die anderen, die machen ungefähr nur 30 % von allen Infekten aus. Das ist ein weiterer Befund, den man im Hinterkopf behalten muss, der einem auch Sorgen macht, dass es eben von diesen klassischen Settings, die auch gut kontrollierbar sind, man weiß, wer wo wohnt, man kann die testen, man trifft sie an, sich immer mehr Richtung Allgemeinbevölkerung verschiebt und 70 % sich nicht auf diese klassischen Infektionsorte, die eben gut zugänglich und nachverfolgbar sind, zurückführen lassen.

Altenpflegeheime sind derzeit 5 in Stuttgart betroffen, es gibt ein besonders betroffenes Haus, wo es 48 aktive Fälle gibt. Also aktiv heißt derzeit noch in Quarantäne und man kann andere anstecken. Das sind 39 Bewohner und 5 Mitarbeiter. Negativ getestet wurden 164, das sind 92 Bewohner und 72 Mitarbeiter. Und das ist unser Konzept, gemeinsam mit den Pflegeeinrichtungen, und auch gerade bei der Einrichtung, muss ich wirklich sagen, dass die Einrichtungsleitung ganz hervorragend kooperiert und alles tut, was man nur tun kann, um die Infektion innerhalb der Einrichtung einzudämmen. Wir testen quasi ganz breit und wir testen so oft, bis man keine positiven Fälle mehr entdeckt und entsprechend sind immer noch einige Befunde ausstehend, sodass auch da die Anzahl der aktiven Fälle ansteigen kann. In dieser Einrichtung sind bisher 5 Todesfälle zu beklagen. Die Einrichtung hat geeignete Maßnahmen getroffen, um die Wohnbereiche und Bewohner zu schützen. Da gehört dazu, dass bestimmte Einrichtungsteile abgesondert wurden, so eine Kohorten-Isolierung durchgeführt wurde, es wird ein vorübergehendes Besuchs- und Zutrittsverbot erlassen und diese Maßnahmen werden weiter fortgeführt, von uns täglich evaluiert und sind auch positiv wirksam. Die Einrichtung hat auch ausreichend Schutzmaterial, Desinfektionsmittel, setzt es auch flächendeckend ein und in so einem Fall werden wir als Stadt natürlich auch sofort behilflich, falls es da einen Engpass gäbe. Dann gibt es eine andere Einrichtung, wo es 13 Fälle gibt, 4 Mitarbeiter und 9 Bewohner auf zwei Stockwerken. Bei den anderen drei Einrichtungen ist es auf ganz wenige Fälle begrenzt.

Bei den Flüchtlingsunterkünften sind 9 betroffen, und da ragt eine ganz besonders zahlenmäßig hervor, wo es 63 aktive Fälle gibt, 65 negativ getestete Personen und da testen wir jetzt alle 3 Tage und da sind jetzt auch noch zusätzliche Testergebnisse die ausstehen, 57, sodass da auch noch mit weiteren Fällen zu rechnen ist. In einem Fall, wo im Grunde nahezu alle eines Stockwerks positiv getestet sind, haben wir uns jetzt zu dem Vorgehen entschlossen, dass der Malteser-Hilfsdienst vor Ort geht und da auf dem Stockwerk auch eine Kohorten-Isolierung erfolgt. Die Essensversorgung erfolgt da gemeinsam mit dem Träger, der auch sehr gut kooperiert in unserer Wahrnehmung und im täglichen Tun haben wir jetzt quasi einen Teil dieser Index-Fälle in der Einrichtung, was kein Problem ist, weil die ja auf diesem Stockwerk sind und da kann das Virus dann auch nicht sich weiterverbreiten.

Bei den anderen Einrichtungen gibt es noch eine weitere, wo es 9 Fälle gibt, bei allen anderen Einrichtungen sind die Fälle unter 5 und da ist immer die gleiche Strategie: Schulen niederflächig testen, solange testen, bis keine positiven Fälle sich mehr ergeben. Jugendwohngruppen sind es zwei, da ist jeweils nur ein Fall, auch da klappt die Kooperation sehr gut. Wohnungsnotfallhilfe, da muss ich sagen, hätte ich erwartet, dass wir da deutlich mehr Fälle haben: Seit März haben wir nur einen einzigen Fall, da gibt es natürlich ganz verschiedene Gründe, wahrscheinlich ist auch ein Grund, dass es oft Menschen sind, die eher für sich bleiben wollen und der Austausch untereinander da nicht so hoch ist. Arbeiterwohnheime, haben wir Ihnen auch verschiedentlich berichtet, da ist gerade wirklich eine sehr stabile Situation, da gibt es einen Betriebsarzt, der sich da ganz intensiv engagiert, auch Schnelltests durchführt. Und da haben wir gerade eine sehr gute und stabile Situation.

Bei den Schulen sind insgesamt derzeit 66 betroffen und bei den Kitas 17. Da sieht man auch noch mal das Altersspektrum, die mittlere Altersgruppe sind absolut gesehen am häufigsten, die Älteren ziehen, was die Inzidenz pro 100.000 anbelangt, nach. Und im Kindergartenalter gibt es sehr wenig Fälle. Das sieht man eben auch deswegen, dass da relativ wenige davon betroffen sind.

Dann bitte das nächste Bild. Ja, wie ist die Lage im Gesundheitsamt? Da gibt es verschiedene Bereiche. Die Personalsituation, da muss man wirklich sagen, aufgrund des hohen Fallzahlanstiegs sind wir eine Zeit lang nicht nachgekommen, nämlich so zwei, drei Tage. Da möchte ich mich einmal bei Ihnen, Herr Oberbürgermeister, bedanken, Sie haben sehr schnell die Entscheidung getroffen, da die Bundeswehr zu Hilfe zu holen. Und wenn ich das an der Stelle auch mal sagen darf, das ist wirklich auch was, was Sie auszeichnet während der gesamten Pandemie, dass Sie sehr weitsichtig, schnell und entschlossen und auch wirklich - Sie sind wirklich schon Virologe, kann man sagen - mit einer hohen Fachkompetenz die notwendigen Entscheidungen treffen. Und es war ja so, dass wir am Sonntag beschlossen haben in der Lage, dass die Bundeswehr zu Hilfe kommt. Am Sonntagabend war schon der Verbindungsoffizier da und der Betrieb jetzt in der Schmalen Straße. Also der Dank an die Hauptverwaltung, Ihnen, Herr Erster Bürgermeister, dass wir sehr schnell die Räume beziehen konnten. Auch Ihnen, Herr Fuhrmann, für die sehr gute Kooperation. Jetzt sind wir quasi arbeitsfähig. Wir sind auf dem aktuellen Stand, obwohl es so viele Fälle sind, wie ich Ihnen berichtet habe, sind wir auf dem Laufenden und können zeitnah die Fälle ermitteln.

Wir haben auch Hilfe bekommen von dem Pandemie-Pool der Stadt. Das sind 40. Ich selber musste leider im Amt wieder alle zur Verfügung stehenden Ressourcen und Kräfte in die Pandemiebewältigung stecken. Wir haben ja so einen Bereich, den wir als Not-Gesundheitsamt bezeichnen, wo die Dinge gemacht werden, die absolut notwendig sind. Und auch da haben wir jetzt temporär Leute abziehen müssen, sodass gerade mindestens 100 Leute, Vollzeitkräfte, in der Pandemiebewältigung sind. Und miteinander haben wir es, glaube ich, ganz gut in den Griff bekommen. Dann haben wir einen Organisationsentwicklungsprozess, gemeinsam mit dem Haupt- und Personalamt, weil wir einfach festgestellt haben, dass das Amt an verschiedenen Stellen noch mal anders aufgestellt werden muss. Da werden wir Ihnen aber an einer anderen Stelle noch mal berichten.

Dann das nächste Bild bitte. Was gibt es für die Stadt? Das ist wirklich auch ein Ding, was die Pandemie so zeigt, man muss im Grunde fortlaufend nachsteuern, einen Schritt voraus sein, und Konzepte, die schon mal funktioniert haben, müssen ständig auf den Prüfstand gestellt werden und optimiert werden. Die Fieberambulanz im NeckarPark hat eröffnet, sieht am Tag so 80 Patienten, das sind auch die eher Kranken. Da gibt es auch viele, die man dann ins Krankenhaus einweisen muss. Das ist auch die Idee der Fieberambulanz, dass die kränkeren Patienten dort gesehen werden und auch hausärztlich versorgt. Das Testzentrum Wasen baut allmählich und ständig die Testkapazitäten aus. Da gab es jetzt mal in der letzten Woche leider ein technisches Problem der Befundübermittlung, weshalb einige länger auf den Befund warten mussten. Das ist aber jetzt mittlerweile behoben, sodass man da Zeiten hat von zwei bis drei Tagen, wo man auf das Testergebnis warten muss.

Schutzunterkunft, da werden wir mit Ihrer Zustimmung, das wird ja später auch noch mal besprochen, dann eine weitere eröffnen. Und das ist wirklich ein Erfolgsrezept, dass man Leute, die in der eigenen Häuslichkeit nicht isoliert werden können, an einen bestimmten Ort bringt, eine Schutzunterkunft, die dort versorgt mit allem, was notwendig ist. Und da auch der ausdrücklich herzliche Dank an die Hilfsdienste, das Deutsche Rote Kreuz und den Malteser Hilfsdienst, die die für uns betreiben. Außerdem wichtig, der Austausch mit allen beteiligten Institutionen. Das ist ein fortlaufender Lernprozess. Deswegen ist der Austausch miteinander ganz besonders wichtig.

Dann die nächste Folie bitte. Ich darf zusammenfassen: Aktuell ist ein beschleunigter Anstieg der Übertragung in der Bevölkerung Stuttgarts zu beobachten. Es treten stadtweit Ausbrüche in verschiedenen Settings auf. In mehr als der Hälfte der Fälle gelingt es uns derzeit nicht, den Infektionsgang nachzuvollziehen. Es wird dringend appelliert, dass sich die gesamte Bevölkerung für den Infektionsschutz engagiert. Das, was wir alleine tun, reicht nicht, als Gesundheitsamt. Und wir beobachten die Lage auch weiterhin sehr genau und passen die notwendigen Maßnahmen fortlaufend an. Vielen Dank."

Herr Prof. Dr. Jürgensen (KS):
"Guten Tag von meiner Seite. Ein kurzer Bericht zur Situation in den Krankenhäusern und dem Klinikum Stuttgart. Nächste Folie bitte. Hier sehen Sie die Gliederung. Ich will kurz über die Fallzahlentwicklung sprechen, den Bestand an Schutzausrüstung und die Intensivkapazitäten im Klinikum und der Region sowie in Deutschland und die Testung als Eckpfeiler der Eingrenzung. Und ein kurzes Zwischenfazit ziehen. Nächste Folie bitte: Das hat Herr Ehehalt Ihnen gezeigt, nach einem steilen Anstieg im ersten Quartal und im April haben wir es dann im Sommer relativ flach gehalten, minimale Fallzahlen, 28. Und in den letzten Wochen jetzt doch eine deutliche Dynamik von eben minimal 28 zuletzt auf weit über 700 erfasste infektiöse Fälle in der Stadt.

Nächste Folie: In den Kliniken, wir konferieren wieder regelmäßig, zuletzt heute Morgen um 08:00 Uhr, mit den Geschäftsführern der anderen großen Häuser in Stuttgart und der Kassenärztlichen Vereinigung sowie der Ärzteschaft, sehen wir zurzeit 80 Patienten stationär in den Häusern, davon 30 im Moment im Klinikum Stuttgart, 12 sind intensivpflichtig, einer im Sterben, allerdings mit gravierenden Vorerkrankungen und hohem Alter. Der Trend ist steigend in den letzten Wochen, nicht explosiv, aber mehr als linear, gerade bei den Intensivbelegungen sehen wir ungefähr eine Veranderthalbfachung in den letzten Wochen von Woche zu Woche.

Nächste Folie bitte: Bei der Schutzausrüstung haben wir die Beschaffungsschwierigkeiten der Frühphase weitgehend überwunden. Wir haben dort hohe Preise zahlen müssen, unzureichende Qualität aus unbekannten Kanälen bezogen. Das dann in der Regel auch immer reklamiert, zurückgeschickt, extern überprüfen müssen, unbekannte Lieferanten hinzugezogen. Das war mühsam, ist es ein wenig weiterhin, aber doch deutlich stabilisiert. Hier sehen Sie eine sogenannte Reichweitentabelle, die ganz engmaschig aktualisiert wird. Ich hebe mal zwei, drei Artikel hervor: FFP2-Maske, ist wichtig für uns, davon haben wir eine Viertelmillion im Lager und eine Reichweite von etwa einem Jahr unter der Annahme gleichbleibender Verbrauche. Oder die OP-Maske, also der einfache Mund-Nasen-Schutz als Einmalartikel, ebenfalls fast eine Viertelmillion und eine Reichweite von deutlich über einem Monat. Und so weiter. Neu in der unteren Zeile sind die Antigen-Tests, die wir nutzen von der Firma Roche. Dort haben wir im Moment im Lager über 20.000, insgesamt 120.000 geordert, auch verbindliche Liefertermine zugesagt bekommen. Das verstärkt unsere Teststrategie.

Die nächste Folie bitte: Gleich weiter zu den Intensivkapazitäten. Hier ist die Situation gut und aus Sicht aller anderen Länder dieser Welt in Deutschland wahrscheinlich beneidenswert. In Baden-Württemberg auch gut, in Stuttgart exzellent. Das heißt aber nicht, dass man diese aufbrauchen sollte, und in einer exponentiellen Phase ist das eben auch etwas, was schneller geht als man hofft. Sie sehen hier im zeitlichen Verlauf die Entwicklung der Intensivkapazitäten. Im März noch eine ganz unvollständige Erfassung. Eine Begleiterscheinung, positiv, der Pandemie ist, dass wir einen vernünftigen Überblick bekommen haben und national täglich erfasst wird, was ist belegt, was ist frei, was ist verfügbar, das sogenannte DIVI-Intensivregister. In Baden-Württemberg haben wir zusätzlich noch ein rescuetrack Resource Board, das ebenfalls täglich gepflegt wird. Dort ist am Anfang durch Meldung ein Anstieg zu sehen, dann Ende März, Anfang April ein realer Aufwuchs, dann ein relativ stabiles Niveau. Und gelb eingefärbt sehen Sie dann im August die Option, auch sogenannte Reservekapazitäten aufzubauen und zu melden. Das sind Intensivbeatmungsplätze, die nicht regulär benutzt werden, die aber binnen kurzer Frist verfügbar sind, d. h. es ist ein Bett, ein Sauerstoffanschluss, Monitortechnik und beispielsweise ein Beatmungsgerät im Geräteraum der Station, das zügig angeschlossen, gereinigt und in Betrieb genommen werden kann. Auch wir haben in dieser Rubrik massiv aufgebaut.

Stand heute 10:00 Uhr sind 943 Patienten in Deutschland mit COVID auf Intensivstationen und beatmet. Das ist ein noch vergleichsweise geringer Anteil an den insgesamt über 21.000 Intensivpatienten. Von den regulär betriebenen Betten sind 8.500 frei. Die Reservekapazität beträgt über 12.000 und damit mehr als Italien auch in besten Zeiten insgesamt hat.

Nächste Folie bitte: Dies ist die Entwicklung der Intensivplätze im Klinikum Stuttgart. Wir haben sehr frühzeitig reagiert, in mehreren Etappen aufgebaut, teilweise auch Glück gehabt durch beispielsweise vorgezogene Neubeschaffungen, die ohnehin fürs nächste Jahr avisiert und von der Vergabe her bereits gebahnt waren. Wir stehen im Moment bei 324 und planen auch keinen weiteren Aufwuchs. Ganz klar wird das Personal früher zum Nadelöhr als die apparative Ausstattung. Nächste Folie bitte: Das ist die Situation in Baden-Württemberg. Im linken Balken sehen Sie grau die belegten Betten, 2.264, Stand heute 10 Uhr. Verfügbar von regulär betriebenen 924 im Land und Reservekapazität 1.682. Klinikum Stuttgart, rechts oben im Bild, eine hohe Auslastung der regulär betriebenen Betten, wir haben im Moment 93 belegt, vor der Pandemie hatten wir nur 90 Betten, da sind jetzt auch gewisse Nachholeffekte von umbestellten Operationen, die wir jetzt versuchen abzuarbeiten, aber eben der hohe Bestand an Reservegeräten mit 208 oder noch etwas mehr.

Nächste Folie bitte: Zur Testung haben wir im Februar die PCR-Analytik aufgebaut, um nicht weiter ins nationale Referenzlabor nach Berlin an die Charité schicken zu müssen, haben mittlerweile über 100.000 PCR-Analysen durchgeführt, bedienen auch Wasen, Fieberambulanzen und Corona-Mobil mit unseren Kapazitäten, haben eine Mehr-Hersteller-Strategie, das ist einfach etwas Grauenhaftes aus Sicht von Vorständen irgendwie keine Skaleneffekte, bunt unterschiedliche Geräteeinweisung. Das ist aber so, dass die Lieferketten dort immer noch sehr wackelig sind, sodass wir einzelne Ausfälle besser kompensieren, wenn wir auf drei, vier verschiedene Hersteller gleichzeitig setzen. Die jüngsten Zuwächse an Geräten haben wir jetzt in der letzten Woche aus Korea bekommen, auch die hingen länger beim Zoll fest als erhofft, wiederum mit Kits im fünfstelligen Bereich für weitere Analysen. Sie sehen unten links das sogenannte COBAS-Gerät, das ist eine Art Pipettier-Roboter, mit dem wir sonst 40.000 Blutspenden im Jahr auf Viren untersuchen. Den haben wir umgerüstet und nutzen ihn für Covid-Testung, Frau Dr. Lutz als Leiterin dort mit im Bild. Aber auch die Firma Roche hat Lieferschwierigkeiten, ich habe heute wieder mit der nationalen Vertriebschefin einige Zusatzkontingente verhandeln können.


Unten in der Mitte sehen Sie ein Gerät, das wir im November jetzt erwarten, da werden wir das erste Haus in Deutschland sein, das das nutzt, eine Entwicklung aus Freiburg mit Landesmitteln im letzten Jahr als Spin-off unterstützt, mit Umrüstung unerwartet für Covid geeignet, Schnelltestung auf PCR-Methodik basierend binnen 35 Minuten. Die werden wir vor allem in den Notaufnahmen für kritische Patienten und Bewusstlose einsetzen an allen drei Notaufnahme-Standorten. Rechts unten sehen Sie die AntigenTests, auch hier setzen wir auf die Firma Roche, haben 120.000 bestellt und setzen die massenhaft ein, auch zur Testung des Personals oder auch von Besuchern und Begleitpersonen im Olga-Hospital. Wir haben dort bisher kein Besuchsverbot verhängt, wie es andere Häuser machen, weil das sicherlich sozial massive Härten bedeuten würde, gerade für die Kinder. Dort wird der Besuch und im Fall von Rooming-in eben die Begleitperson systematisch auch mit Antigen-Testung analysiert. Die Ergebnisse liegen 15 Minuten nach dem Abstrich vor.

Die nächste Folie bitte. Als Zwischenfazit, die Situation ist noch stabil, im Moment haben wir einen Anstieg, den wir aufmerksam, aber noch nicht zu besorgt verfolgen. Wir brauchen aber sicherlich eine Trendumkehr, um nicht in wenigen Wochen dann doch in Engpässe zu kommen. Insofern eine gewisse Sorge auch ob der Fallzahlsteigerung, die auch Herr Ehehalt berichtet hat. Wir sehen mit einer zeitlichen Latenz die stationären Behandlungsfälle, die alte Annahme aus der Frühphase, 80 % bleiben asymptomatisch oder haben ganz blande Symptome, und die übrigen 20 % erkranken relevant, von denen etwa 4 % mit schwerer Pneumonie und 1 % verstirbt, ist so falsch nicht. 1 % ist mittlerweile wahrscheinlich zu hoch gegriffen, vielleicht sogar deutlich zu hoch gegriffen, aber viel weniger ist es dann auch nicht. Und wenn wir über 100 Neuinfektionen am Tag haben, dann können wir uns auch ausrechnen, dass die Todesfälle mit einer gewissen Latenz 3 bis 4 Wochen später dann auf unseren Intensivstationen versterben. Insofern müssen wir dort eindämmen ohne zu massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens, Wirtschaft, Schulen usw. zuzulassen.

Wir sehen, wie gesagt, eine reduzierte Fallsterblichkeit. In Deutschland ist die bei etwas über 2 % noch im Schnitt, das ist aber nur der hohen Sterblichkeit in der Frühphase geschuldet, wir haben dazugelernt, auch klinisch besser zu behandeln. Wir intubieren viel später in Situationen in Sauerstoffsättigung, die man sonst nicht tolerieren würde. Wir sehen einen erstaunlich geringen Leidensdruck oder subjektives Empfinden der Patienten in dieser Phase, die Intensivmediziner dann schon nervös machen kann, versuchen nicht invasiv zu beatmen so lang es geht, nutzen Steroide mit guten Erfolgen bei kritisch Kranken, haben flankierend antivirale Ansätze mit moderaten Effekten, im Klinikum Stuttgart auch mehrfach erfolgreich eingesetzt, Rekonvaleszenten-Plasma. Insofern auch die Ergebnisse der Intensivbehandlungen sind jetzt besser. Das Ziel muss aber sein, dass wir das nach Möglichkeit vermeiden, dass die Leute überhaupt erst behandlungsbedürftig ins Krankenhaus kommen. Soweit von meiner Seite, vielen Dank."

OB Kuhn:
Vielen Dank, Herr Prof. Jürgensen. Ich will jetzt direkt anknüpfen. Ich glaube, an den Zahlen, die Ihnen jetzt präsentiert worden sind, kann man wirklich sagen, auch in Stuttgart ist die Lage sehr, sehr ernst. Wir haben nur immer ein bisschen bessere Zahlen als manche anderen Großstädte, die kennen Sie aus der Tagesschau. Aber 80, wenn das ein Plateau sein soll, auf dem wir uns gerade bewegen, ist halt 30 über den 50, die ja eine Zahl war, nach der man die Fähigkeit beurteilt hat, ob die Gesundheitsämter das noch nachvollziehen können. Und wir haben die Zahl jetzt im Moment dauerhaft überschritten. Herr Prof. Ehehalt hat gesagt, man kann noch nicht sagen, ob die jetzt wirklich bei den 80 bleibt und dann wieder runtergeht, oder ob wir übermorgen auf andere Zahlen kommen. Frankfurt hat 144, wenn ich das vorher richtig gelesen habe im Ticker, also da können Sie schon sehen, dass das einfach weitergeht in vielen Städten.

Wir haben sofort reagiert, wie wir das nach dem Infektionsschutzgesetz ja auch machen müssen als Pflichtaufgabe nach Weisung. In der Gemeindeordnung ist das im § 44 Abs. 3 festgelegt, weil der Oberbürgermeister und die Verwaltung ja die Aufgabe haben, sofort zu reagieren und nicht irgendwie lange zu warten. Es gab viele Maßnahmen, wo wir ein bisschen vor dem Land waren, die das Land dann später beschlossen hat, nämlich Maskenpflicht im öffentlichen Raum, Sperrstunde ab 23 Uhr, ein harter Beschluss für viele, aber notwendiger Beschluss. München hat ab 22 Uhr, also da gibt’s Variabilitäten, aber jedenfalls wir haben das so gemacht. Alkoholverkauf und Trinken im Innenstadtbereich sind jetzt nicht mehr möglich.

Wir haben bei der Schule Masken im Unterricht ab der 5. Klasse und eine Maßnahme, dass ab der 8. Klasse die Schule eine Schulstunde später beginnen soll. Das ist weniger eine Frage des Schutzes der Schüler, sondern vor allem, dass im ÖPNV eine Entzerrung stattfindet und Herr Moser hat uns berichtet, dass dies auch wahrnehmbar ist. Bei 29.000 Berufsschülern ist es natürlich klar, dass das gut ist, wenn die eine Stunde später anfangen müssen. Wir haben also die verschiedensten Maßnahmen. Das ist hart für die Betroffenen. Ich habe sehr, sehr oft Gespräche und Anrufe nach dem Muster, 'ich sehe das alles ein, aber bei mir nicht' und ich muss trotzdem den Leuten sagen, wir können keine großen Messen machen, wir können die Zahlen beim Sport nicht so weitermachen, das nächste Heimspiel vom VfB findet wieder ohne Zuschauer statt, um ein Beispiel zu bringen. Das sind alles bittere Entscheidungen. Dass Sie das verstehen. Also wir Fußballfans brauchen uns da nichts vorzuhalten, aber solche großen Mengen von Menschen dürfen in der Stadt nicht mehr zusammenkommen. Beim Fußball ist übrigens, wenn die das Hygienekonzept gut machen, nicht so sehr im Stadion das Problem, sondern die dritte Halbzeit, also das Kommen und Danach macht schon bei 8.000 Leuten natürlich wirkliche Probleme. Und ich bin sehr froh, dass wir in einem guten Gesprächskontakt auch zum VfB sind, auch mit den Kickers, um die Fragen positiv erörtern zu können.

Trotzdem sind es Einschränkungen. Und ich kann sagen, wenn wir weiter nach oben gehen, dann werden die Einschränkungen zunehmen. Im Kern ist es ganz einfach: Wenn wir Weihnachten als Fest der Familien und der freundschaftlichen und liebevollen Zusammenkunft positiv erreichen wollen, dann müssen wir jetzt schauen, dass wir mit den Zahlen wieder runterkommen. Wenn wir bis Weihnachten ansteigen und ansteigen und ansteigen, dann kann das kein Weihnachtsfest mehr werden, wie wir das uns alle wünschen und gewohnt sind. Mir ist wichtig, dass Sie das nicht als Drohungen verstehen. Man darf in diesem Bereich nicht drohen. Aber es ist die Aufgabe von der Verwaltungsspitze und auch von Ihnen als Räte, dass wir natürlich den Ernst nicht bagatellisieren, sondern offen und klar - am besten ohne Hysterie und so was - mit den Leuten reden, was wir jetzt tun müssen. Schaut man in die europäischen Nachbarländer - Frankreich, Österreich jetzt, Italien wieder, Spanien sowieso und viele anderen Länder, Tschechien ganz extrem -, dann sind wir sozusagen umgeben von Ländern, denen es noch viel schlechter geht als uns. Und wo Sie sehen können, was uns im Prinzip blüht, wenn wir jetzt nicht wieder runterkommen. Das ist die bittere Botschaft.

Trotzdem kann man sagen, ist natürlich schon ein Licht am Ende des dunklen Winters abzusehen. Wenn im nächsten Jahr, Fachleute sagen am Ende 1. Quartal, vielleicht 2. Quartal, ein Impfstoff seriöser Art verfügbar ist, dann wird nach meiner Einschätzung sehr, sehr schnell die Spitze des Eisbergs gebrochen sein. Ich sage noch mal deutlich, neulich war einer im Fernsehen, der hat gesagt, da braucht es vier Jahre, bis alle geimpft sind. Also manchmal kommst du auf Geschichten! Wenn man ein vernünftiges Impfkonzept dann hätte, das da heißt, zuerst werden die vulnerablen Gruppen, also die richtig direkt gefährdet sind, geimpft, und dann werden gleichzeitig die Multiplikatoren geimpft, die mit vielen Leuten zu tun haben, also Verkäuferinnen, was weiß ich, Gemeinderäte, Gemeinderätinnen, die viel unterwegs sind, unsere Wahlkämpfer wären jetzt z. B. so ein Bereich, dann wird natürlich schnell die Spitze derer, die es weitertragen können, gebrochen sein. Und dann zügig weiterimpfen, dann kriegt man das schon hin.

Und ich glaube auch, dass wir uns jetzt nicht nur mit diesen Warnungen überziehen sollten, sondern das Licht am Ende des Tunnels auch formulieren sollten. Also ich freue mich, wenn es im Sommer, in den Pfingstferien vielleicht oder spätestens in den Sommerferien dann heißt, jetzt können wir wieder raus und reisen und schöne Sachen machen in unserer Stadt. Vielleicht erreichen wir die Jazz Open, das kann heute noch niemand versprechen, vieles andere mehr. Aber das Dümmste wäre, wenn wir jetzt hergehen würden uns sagen, ach jetzt machen wir mal gar nichts und schauen, wie es kommt. Weil, dann kommt es garantiert so, dass wir sehr, sehr lange - auch wirtschaftlich - an dieser Krise schwer zu leiden haben. Deswegen fordere ich alle auf, im Rat, in der Bevölkerung, jetzt runterzufahren. Und tatsächlich ist das Ziel der Bundesregierung wie der Landesregierung wie auch von uns, dass wir die Anzahl der Begegnungen reduzieren, die jeder hat.

Also ich sag mal ein Beispiel: Nehmen wir mal an, im Rat gibt es einen weiteren Positiv-Fall. Und wir machen bestimmte Sitzungen, z. B. Aufsichtsratssitzungen virtuell, also im Netz und nicht in der Begegnung, dann müssen der Herr Ehehalt und sein Team nicht schon hergehen und diese Aufsichtsratssitzung auch wieder nachrecherchieren, wer hat mit wem Kontakt gehabt und so. Das sind ja alles Multiplikatoren, die in solchen Aufsichtsräten sitzen. Deswegen - manchmal ist es ja ein bisschen nervig, wenn ich ganz ehrlich bin - wird es also Sitzungen im Netz geben oder als Telefonkonferenz. Und schon haben wir ganz gut die Anzahl reduziert.

Ich will noch was sagen, weil es da auch zwei Anträge gibt von der FrAKTION. Also erst mal mit der Bundeswehr: Das sind alles Sachen, die nicht im Rat zu entscheiden sind, sondern die gesetzlich festliegen, wie das zu entscheiden ist. Und ich sage es mal ganz einfach, ich war total froh, dass es diese Möglichkeit gibt. In der Schalte, wo ich war mit der Kanzlerin und den anderen Oberbürgermeistern, wurde das angeboten. Und als Herr Ehehalt berichtet hat, dass wir jetzt an die Grenze stoßen trotz städtischem Kontingent, das noch zum Gesundheitsamt hinübergewandert ist, habe ich sofort zugegriffen ohne schuldhaftes Zögern. Wissen Sie, wenn es brennt, dann muss man löschen. Und nix anderes. Und nicht diskutieren, wie so ein gutes Löschkonzept wäre. Das ist meine Haltung. Hinterher können wir dann immer diskutieren, was man beim Löschbereich optimieren kann, aber nicht während die Bude brennt. Und ich bin, manche von Ihnen wissen das ja, Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen. So hat das früher geheißen. Und ich bin schon erstaunt, was die Bundeswehr da an Fähigkeiten auf den Tisch legt, sofort umsetzt. Ich habe mich genau erkundigt, wie das geht. Und deswegen ist das eine große Hilfe für die Stadt Stuttgart, dass wir diese, 70 Leute sind es glaube ich, jetzt hier haben. Ich hoffe, dass sie lange bleiben und uns unterstützen und nicht abgezogen werden. Da werde ich hinterher sein, dass dies so geschieht.

Ich will zum Abschluss also noch mal sagen, liebe Leute, liebe Räte und Rätinnen, die Lage ist wirklich sehr ernst. Ich habe sie seit März täglich auf dem Bildschirm und in den Krisenstabsitzungen präsent. Und weil jetzt der Winter kommt und dieses Draußen wegfällt und die aerosolen Infektionsquellen über 50 % liegen, 58 % der Leute können dem Herrn Ehehalt gar nicht mal sagen, wo sie sich wahrscheinlich infiziert haben, deswegen müssen wir damit rechnen, dass wir dagegen nur ankommen mit noch größerer Vorsicht und Präzision.

Ich darf zum Abschluss Ihnen allen danken für die Disziplin. Ich möchte meiner Verwaltung danken, weil, die arbeiten z. T. in den Ämtern, Ordnungsamt, bei der städtischen Verwaltung, Haupt- und Personalamt, auch die Wirtschaft und alle eigentlich wie die Bürstenbinder. Ich möchte mich auch bei unserem Personalrat bedanken, der sehr, sehr positiv die Dinge mitgestaltet. Wir haben geradezu digitale Revolutionen in den letzten Wochen erlebt, weil doch vieles plötzlich möglich ist, was früher länger gedauert hat. Ich möchte mich beim Gesundheitsamt, auch bei Frau Dr. Sußmann ganz herzlich bedanken, die einen hervorragenden Job macht z. B. bei den Flüchtlingen. Wir haben jetzt eine neue Offensive gestartet, dass in den Herkunftssprachen die richtige Kommunikation noch mal stattfindet, weil, wir brauchen ja Akzeptanz von den Leuten, dass die verstehen, warum man dies oder jenes machen muss. Ich möchte mich beim Herrn Ehehalt und seinem Team ganz, ganz herzlich bedanken. Ihr macht einen Bombenjob. Den kannst du anrufen am Sonntagabend oder am Samstagmorgen, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Und das ist wichtig, dass wir mit der Energie jetzt arbeiten.

Natürlich auch bei Prof. Dr. Jürgensen für das Städtische Klinikum, der hervorragende Koordinationsarbeiten auch mit Bosch und Marienhospital und dem Diakonissenklinikum leistet. Gab es früher eher mal Konkurrenzen zwischen den Kliniken, ist ja logisch, gibt es jetzt an der Corona-Schiene eine hervorragende Zusammenarbeit. Und ich möchte auch allen Leuten in den Kliniken danken, und zwar von den Ärzten über die Pfleger und allen, die im Klinikum unterwegs sind. Die leisten auch einen wahnsinnigen Job. Ich weiß, dass es mit dem Dank allein nicht getan ist. Deswegen hoffe ich, dass wir bald zu einem guten Tarifergebnis kommen. Und die kommunale Seite, das wissen die Verhandelnden, das machen ja nicht wir, dass es jetzt auf Zeit ankommt, für alle ein gesichtswahrendes Ergebnis zu erzielen. Im Bundestagsprotokoll hieße es jetzt 'verstärkter Beifall auf der linken Seite des Hauses'.

Damit komme ich zum Schluss und würde jetzt an Herrn Dr. Mayer weitergeben, der noch etwas über die Situation in der Stadt selber, also beim Personal unserer Verwaltung, sagen will. Bitteschön."

EBM Dr. Mayer:
"Vielen Dank, Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, die aktuelle pandemische Entwicklung macht natürlich auch vor unserer Stadtverwaltung nicht halt. Und so sehen auch wir gegenwärtig steigende Infektionszahlen in unserer Belegschaft. In dieser Woche sind 18 Kolleginnen und Kollegen bestätigt infiziert, und etwa 60 befinden sich in Quarantäne. Das ist jetzt bei einer Gesamtgröße von 15.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch nicht übermäßig besorgniserregend, aber die Tendenz ist einfach problematisch. Und diese Entwicklung im Zusammenspiel mit der allgemeinen Entwicklung hat es notwendig gemacht, dass wir einige Gegebenheiten und Prozesse innerhalb der Stadtverwaltung über die letzten Tage und Wochen angepasst haben. Über die möchte ich Sie jetzt schlagwortartig informieren.

Wir haben externe Veranstaltungen im Rathaus nicht nur bis Jahresende, sondern auch bis ins Frühjahr nächsten Jahres absagen müssen, weil wir die Sitzungssäle, die Räumlichkeiten verstärkt für den Sitzungsbetrieb auch unseres Gemeinderates und aber auch der Bezirksbeiräte der Innenstadtbezirke benötigen. Wir haben unsere Belegschaft dazu aufgefordert, alle Besprechungen und Verwaltungen auf das betrieblich zwingend notwendige Maß zu reduzieren, und verstärken auch wieder den Einsatz alternativer Arbeitsmodelle wie mobiles Arbeiten, rollierende Systeme und Schichtbetrieb. Wir haben auch die Rahmenarbeitszeit insoweit angepasst.

Wir haben das Tragen von Mund-Nasen-Schutz über die bisherige Verpflichtung in den Verwaltungsgebäuden hinaus erweitert und sie ja auch, wie Sie wissen, für die Gremiensitzungen von Gemeinderat und Bezirksbeiräten verfügt.

Wir haben in kürzester Zeit eine Impfkampagne für unsere Belegschaft auf die Beine gestellt. Da möchte ich mich auch noch mal ganz herzlich bei Prof. Dr. Jürgensen und seinem Team vom Klinikum bedanken. Dank denen ist es gelungen, nämlich in wenigen Tagen über 1.000 Kolleginnen und Kollegen zu impfen, Stand heute.

Wir haben unsere Belegschaft mit Informationen zum richtigen Lüften versorgt. Und natürlich spielen auch ganz viele Einzelfragen jetzt eine große Rolle: Was ist mit den Urlaubsregelungen, was ist mit dem Umgang mit vulnerablen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wie sieht Kinderbetreuung in solchen Zeiten aus? Da haben wir natürlich viele Themen, die auch mitbestimmungspflichtig sind, und sind deswegen auch froh, dass wir eine enge Kommunikation mit dem Gesamtpersonalrat haben, treffen uns da wöchentlich zu Sitzungen zusammen. Und ich möchte mich auch an der Stelle bei Frau Häußler und dem GPR bedanken für die gute Zusammenarbeit, ohne die es in diesen Krisenzeiten nicht gehen würde.

Wir haben im Gesundheitsamt vieles verändert in den letzten Wochen. Herr Ehehalt hat einen Teil davon schon angesprochen. Wir haben dieses Amt nahezu vollständig digitalisiert, wir haben eine eigene Corona-Datenbank programmiert zur Erfassung von Indexfällen und Kontaktpersonen, Prozesse wurden digitalisiert wie z. B. auch die Symptomerfassung von Infizierten. Und wir werden auch die Aufbauorganisation dieses Amtes noch etwas anpassen. Dazu hat eine Organisationsuntersuchung in den letzten Wochen stattgefunden, über deren Ergebnisse werden wir Sie in den nächsten Wochen informieren. Das wird auch noch mal eine Auswirkung zum Kleinen Stellenplan geben.

Dann war natürlich in den letzten Wochen die Aufgabe da, die Kolleginnen und Kollegen der Bundeswehr auch räumlich und technisch einzubinden, sie auszustatten. Wir haben hunderte Notebooks ausgebracht, nicht nur für die Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitsamt, die Bundeswehr, sondern auch für die Kolleginnen und Kollegen, die wir aus dem Pandemie-Pool abgerufen haben, denn wir brauchen im Augenblick beides. Also zusammenfassend kann man sagen, wir versuchen einerseits, die Leistungsfähigkeit der Stadtverwaltung so weit wie möglich aufrechtzuerhalten, und andererseits, natürlich guten Infektionsschutz für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewährleisten."

OB Kuhn:
"Vielen Dank, Herr Dr. Mayer. Jetzt zum Thema Schule die Frau Fezer. Bitteschön."


BMin Fezer:
"Meine Damen und Herren, im Bereich der Schulen stehen wir vor zwei Herausforderungen: Zum einen vor der ganz tatsächlichen praktischen Herausforderung, dass die Schulen die Orte sind, an denen Abstandsregeln nicht eingehalten werden können. Das kennen wir auch aus Altenpflegeeinrichtungen, aus Krankenhäusern und aus Kitas. Aber das war es im Wesentlichen schon. Wenn wir hier Abstandsregeln einhalten würden, also die 1,5 m Abstand einhalten würden, dann wäre es nicht möglich, den Unterrichtsbetrieb für alle Schülerinnen und Schüler aufrechtzuerhalten. Deswegen hat man sich dazu entschlossen, hier die anderen Gebote, nämlich Lüften und Maskentragen, einzuführen.

Der andere Bereich, der herausfordernd ist im Bereich der Schulen, das ist die Situation der Zuständigkeit. Wir haben auf der einen Seite eine Zuständigkeit des Schulträgers, der Landeshauptstadt Stuttgart, und wir haben auf der anderen Seite eine Zuständigkeit des Landes für das ganze Land Baden-Württemberg. Es geht hier nicht um die pädagogische Zuständigkeit. Und wir haben nun einmal leider in Stuttgart zunächst als erste Stadt oder als erste große Stadt in Baden-Württemberg die 50er-Inzidenzmarke überschritten. Das war für uns der Punkt, dass wir gesagt haben, wir müssen jetzt sofort einschreiten. Mittlerweile ist eine Schwelle überschritten auf Landesebene. Und das Land hat seinerseits auch die Schul-Corona-Verordnung angepasst. Das stellt uns vor die Herausforderung, diese zum Teil in Einzelaspekten unterschiedlichen Regelungen jetzt aufeinander abzustimmen. Da sind wir dabei. Wir können aber feststellen, dass wir gemeinsam in die gleiche Richtung gegangen sind und hier auch gute Ergebnisse erreicht haben.

Es ist so, dass die kleinen Kinder, das betrifft die Kitas, das betrifft die Grundschulen, nicht so infektionsanfällig sind und auch nicht so ansteckend sind wie die größeren. Deswegen haben wir hier bei den Schülerinnen und Schülern der Grundschulen und auch bei den Kita-Kindern von einer Maskenpflicht abgesehen. Ebenso wie das Land. Bei den Größeren und auch bei den Erwachsenen, d. h. den Lehrerinnen und Lehrern, an allen Schulen haben wir eine Maskenpflicht eingeführt. Das ist nicht schön für alle Beteiligten. Jeder von uns spürt das am eigenen Leibe. Aber wir sehen durchaus auch an der Entwicklung der Infektionszahlen bei den Schulen, dass es eine sinnvolle Maßnahme ist. Denn wir stellen fest, dass angesichts dessen, dass die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können, es dann doch im Einzelfall zur Infektion kommt.

Und deswegen können wir sicher sein, dass wir ein durchaus deutlich höheres Infektionsaufkommen an Schulen hätten, wenn wir die Maskenpflicht nicht eingeführt hätten. Ein wichtiger Aspekt ist auch das Lüften. Wir wissen mittlerweile, dass neben der Tröpfcheninfektion die Aerosole das Medium für Viren sind, um eben sich fortzubewegen und auch zur Ansteckung zu gelangen. Deswegen ist das Lüften ein ganz wichtiger Aspekt in den Schulen, auch wenn es natürlich auch zu Unbequemlichkeiten führt, gerade in der kälteren Jahreszeit. Wir werden uns bemühen, und wir sind dabei, hier die Schulen zu unterstützen, die Lehrerinnen und Lehrer und die Schulleitungen zu unterstützen in dem "Herstellen" von frischer Luft, indem wir CO2-Messgeräte an die Schulen bringen, um hier eben auch testweise in den einzelnen Klassenzimmern feststellen zu können, wie sieht es aus mit der Luftqualität.

Des Weiteren überprüfen wir Fördermöglichkeiten für weitere Lüftungsgeräte an den Schulen, wobei ich keine Hoffnung machen möchte, dass wir hier innerhalb von kurzer Zeit eine flächendeckende Ausstattung bekommen werden. Das ist technisch einfach völlig ausgeschlossen, weil, das sind Dimensionen - ich rede hier nicht vom Geld-, sondern das sind einfach technische und bauliche Dimensionen, die innerhalb kürzester Zeit nicht zu bewältigen sind. Deswegen wird das Lüften in unseren Klassenzimmern die wichtigste und bedeutsamste Möglichkeit sein, um frische Luft herzustellen. Und deswegen bitte ich auch alle Schülerinnen und Schüler und alle Beschäftigten in den Schulen um Verständnis, dass wir zu diesem Weg greifen müssen, zumindest für eine Übergangszeit, bis wir wieder sicherer sind. Das soweit von meiner Seite."


OB Kuhn dankt auch Frau Fezer für ihren Bericht und weist abschließend auf die Absprache im Ältestenrat hin, wonach die heutige Information in Berichtsform erfolgt und keine Aussprache stattfinden soll.


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20201022 Gemeinderat Jürgensen TOP 1.pdf
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Daten2020-10-22_Ehehalt_Gemeinderat.pdf