Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
82
28
VerhandlungDrucksache:
857/2019
GZ:
T
Sitzungstermin: 09.04.2020
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: Stuttgart 21: Verlängerung Unterfahrung Gebhard-Müller-Platz, Gestaltung Willy-Brandt-Straße, Sanierung Bestandsbauwerke
- Bericht zum Sachstand
- Baubeschluss mit Finanzierung
- notwendige Vereinbarungen mit der DB Netz AG
- Einbringung -

Vorgang: Gemeinderat vom 02.04.2020, öffentlich, Nr. 54
Ergebnis: Vertagung wegen Beschlussunfähigkeit gem. § 37 Abs. 3 GemO


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Technischen Referats vom 23.03.2020, GRDrs 857/2019, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Bericht zum Sachstand 2. Baubeschluss

3. Notwendige Vereinbarungen mit der DB Netz AG

Der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung, der Bauabwicklungsvereinbarung für die Verlängerung Unterfahrung Gebhard-Müller-Platz und der Oberflächenvereinbarung für die Oberflächengestaltung Willy-Brandt-Straße mit der DB Netz AG wird auf Grundlage der v.g. Beschlussziffern 2.1 bis 2.3 zugestimmt. Für den Bereich Sanierung der Bestandsbauwerke wird die Stadt einen Projektmanagementvertrag mit der DB Netz AG abschließen.


Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt. Dies gilt auch für den gleichzeitig aufgerufenen gemeinsamen Eilantrag der Gemeinderatsfraktion B 90/GRÜNE, der Fraktionsgemeinschaft Die FrAK-TION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei und der Fraktionsgemeinschaft PULS vom 07.04.2020, Nr. 98/2020 "Verschiebung der Einbringung von TOP 28, GRDrs 857/ 2019".

StR Peterhoff (90/GRÜNE) trägt den Inhalt des Eilantrags vor und wirbt um Zustimmung.
Für StR Kotz (CDU) steht außer Frage, dass über den Verwaltungsvorschlag zu diskutieren sein wird. Es sei das übliche Verfahren, einen Vorschlag einzubringen, um damit die Beratungen zu starten, die in diesem Fall anschließend im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik (STA) und im Bezirksbeirat Mitte geführt werden. Aus diesem Grund spricht er sich für die heutige Einbringung der GRDrs 857/2019 aus.

StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) stimmt insofern zu, als es das normale Verfahren wäre, eine Einbringung nicht öffentlich im STA zu machen, bevor die Vorlage in den Bezirksbeirat Mitte geht. Heute nun sei man jedoch im Gemeinderat. Der wesentliche Grund für den Antrag auf Nichteinbringung sei aber, dass diese Vorlage aus der Zeit gefallen sei und anachronistisch zu den Beschlüssen, die inzwischen erfolgt sind: "Geben Sie doch der Verwaltung die Chance, die Erkenntnisse aus dem B14-Wettbewerb in ihren Entwurf einzuarbeiten. Und geben Sie der Verwaltung die Chance, die Planungen nach dem B14-Wettbewerb anzupassen, um dann mit einer neubeplanten Vorlage zu kommen." Auch könne der von StR Körner gewünschte "gescheite Auftakt am Gebhard-Müller-Platz" mit der jetzigen Planung nicht gelingen.

StR Körner (SPD) pflichtet den Aussagen von StR Kotz zum Verfahren bei. Er verstehe daher den Sinn des Antrags nicht und könnte gut damit leben, "wenn wir uns gemeinsam darauf verständigen zu sagen, wir bringen das ein mit der Zusicherung, dass ein ordentliches Beratungsverfahren, also z. B. auch mit dem Bezirksbeirat Mitte, sichergestellt ist". An die Antragsteller gewandt macht er weiter darauf aufmerksam, dass der Gemeinderat am 17.12.2019 mit den Stimmen der GRÜNEN einen Auslobungstext für den B14-Wettbewerb beschlossen hat. Darin stehe auf Seite 32: "Im Bereich der B14 wird die Rampe zur Unterfahrung des Gebhard-Müller-Platzes Richtung Neckartor verlegt". Zu dieser Vorgabe für den Wettbewerb hätten die GRÜNEN keinen Änderungsantrag gestellt. Zwei Tage später habe der Gemeinderat den Haushalt 2020/2021 beschlossen mit 22,5 Mio. € aus der grünen Liste des Oberbürgermeisters, und auch dabei habe er keine ablehnenden Worte von Bündnis90/DIE GRÜNEN gehört. Er finde den Verwaltungsvorschlag nicht schlecht, und natürlich werde man darüber die Diskussion führen. Dazu müsse die Einbringung erfolgen.

BM Thürnau lenkt den Blick auf den in der GRDrs 857/2019 genannten Beratungsgang. Vorgesehen war demnach die nicht öffentliche Einbringung der Vorlage im STA, anschließend Beratungen im Bezirksbeirat Mitte, im STA, Verwaltungsausschuss und abschließende Beschlussfassung durch den Gemeinderat. Die derzeitige Sondersituation zwinge die Verwaltung dazu, die Einbringung hier und heute zu machen, weil kein anderes Gremium tagt. Es gehe der Verwaltung darum, all das, was eben angesprochen wurde, in den Fachausschüssen nochmals aufzuarbeiten. So habe man mit der GRDrs 611/2013 am 23.07.2013 einen Zielbeschluss zur Schillerstraße gefasst. Darin stehe unter anderem, dass der Straßenraum zwischen dem Kurt-Georg-Kiesinger-Platz und dem Gebhard-Müller-Platz umgestaltet werden soll. Danach wurde am 22.10.2013 mit der GRDrs 474/2013 die Verlängerung und Unterfahrung des Gebhard-Müller-Platzes in der damaligen Form beschlossen. In dieser Vorlage heiße es: "Die Schillerstraße wird zunächst in ihrer verkehrlichen Funktion wiederhergestellt, da der Zielbeschluss für den Rückbau der Schillerstraße, GRDrs 611/2013, im UTA vom 23.07.2013, erst nach dem Verkehrsprojekt Stuttgart 21 und im Ausbau des City-Rings Wolframstraße bis zur B14 Heilmannstraße umgesetzt werden kann". Es plane also niemand mit dem Gebhard-Müller-Platz einen siebenspurigen Eingang in die Schillerstraße. Der Verwaltung sei sehr wohl bewusst, dass man den Zustand zunächst wiederherstellt, und wenn man die Endplanung der Schillerstraße kennt, dann wird umgerüstet.

BM Thürnau zeigt anschließend ein Foto aus einer Präsentation, welches den Zustand zeigt, den die Bahn geplant hatte, als seitens der Stadt noch nicht über eine Deckelverlängerung geredet wurde. Start der Diskussion war im Jahre 2002 ff. Der Gemeinderat habe infolge der Beratung sich gegen einen Steg darüber ausgesprochen. Aus dieser Diskussion "Charlottenplatz, Deckelverlängerung, Sobek" heraus habe man mit der Bahn in langen Verhandlungen geklärt, "dass wir eine Verlängerung des Deckels hinbekommen. Das sehen Sie hier auf diesem Bild. Und wenn Sie sich mal die Oberflächengestaltung angucken, wir sind jetzt hier genau an der Stelle von der Sängerstraße, dann sehen Sie unschwer, dass in der Oberfläche die Fahrspuren deutlich reduziert worden sind. Wir nehmen an der Stelle auch die Planungen von dem Bebauungsplan auf, der runterführt bis hin zu den Ministerien, wo man eine vernünftige Radwegeführung, eine vernünftige Fußwegeführung, eine vernünftige Baumallee mit aufgenommen hat. Das sind die Elemente, über die wir hier gerade diskutieren. Und wir wollen mit Ihnen das gerne nochmals diskutieren, ob dann möglicherweise ein Wettbewerb, und dazu hat Herr Körner die entsprechenden Ausführungen gerade eben gemacht, dass man in den Wettbewerbstext das schon als Prämisse gesetzt hat, dass es hier eine Deckelverlängerung gibt. Wenn man das alles nochmals neu denken und diskutieren will - das kann man gerne nochmals tun -, darf ich nur auf einen Punkt verweisen, meine Damen und Herren: Wir sind hier in einem Planfeststellungsabschnitt von Stuttgart 21 unterwegs, nämlich dem PFA 1.1, der gilt. Und wir haben eine Finanzierungsvereinbarung mit der Bahn getroffen, die 5 e, und darin ist geregelt, dass die Bahn hier an der Stelle für uns diese Maßnahme macht."

Auch gehe es in der GRDrs 857/2019 um einen Baubeschluss. Nach seiner Einschätzung würde, wenn die Mehrheit des Gemeinderates nun sagen würde, sie will die Planung geändert haben, die Bahn dies zwar zur Kenntnis nehmen, aber auf der Grundlage der Planfeststellung in PFA 1.1 so weiterbauen. Denn eine Änderung würde den gesamten Zeitplan für die Erstellung des Hauptbahnhofs über den Haufen werfen, was die Bahn einfach nicht mitmachen würde. Bei den anderen Elementen, die in den 48,5 Mio. € drinstecken - Oberflächengestaltung der Willy-Brandt-Straße und Sanierung der Bestandsbauteile - sei der Bau noch gar nicht begonnen worden. Würde man der Bahn sagen, wir wollen das alles nicht mehr oder wir wollen es anders, so würden sich zumindest die derzeit verhandelten Preise, die man am Markt generieren kann, deutlich in eine andere Richtung entwickeln. "Wir wollen als Verwaltung dieses Thema einbringen, damit es diskutiert werden kann. Und wenn das Ergebnis dann gemäß dem Zeitplan vorliegen wird, können wir dann gucken, was hat das für Auswirkungen in Bezug auf diese jetzt vorliegende Planung." BM Pätzold macht darauf aufmerksam, dass die ursprüngliche Zeitplanung für den Wettbewerb (Mai) nicht eingehalten werden kann.

Mit dem Wortbeitrag von BM Thürnau sei klargemacht worden, um was es geht, findet StR Rockenbauch, nämlich darum, einzubringen, noch ein bisschen darüber zu reden und zu vollziehen. Mit der Haltung - es geht ja eh nichts, weil alles, was man jetzt ändert, hat Konsequenzen, die man nicht bereit ist zu tragen - mache es keinen Unterschied, ob die Einbringung heute erfolgt oder nach dem Wettbewerb, weil die Bahn ja Planrecht hat. Es könne nicht angehen, dass ein B14-Wettbewerb gemacht wird, wo zwar ein Deckel gezeigt wird, aber nicht der Gebhard-Müller-Platz, wo vielleicht zukünftig die Oper steht. Es gehe darum, dass man einen Tunnel für 50 Mio. € nicht mehr braucht. Er zeigt sich überzeugt, dass dies ein Ergebnis des Wettbewerbs sein wird.
StR Peterhoff bemängelt, man habe noch keine genaue Darstellung vom Referat T erhalten, "wie das alles unterirdisch aussieht". Dies werde man genauso diskutieren müssen wie den Kreuzungsbereich und den Eingangsbereich der Schillerstraße. "Und ich danke Ihnen nochmals für Ihre Klarstellung, dass es Ihnen nämlich überhaupt gar nicht darum geht, auch nur irgendetwas zu ändern, weil Sie nämlich sagen, dafür sind die Planfeststellungsunterlagen von damals Ihre Grundlage, und Sie möchten daran auch nichts ändern, sei es oben oder unten." Weil die Antragsteller aber sehr wohl über die wesentlichen Punkte diskutieren wollen, wünsche man heute keine Einbringung, sondern nach dem Wettbewerb eine Diskussion, denn dann hätten sich auch die Fakten geändert. Im Rahmen der Haushaltsberatungen habe man Gelder bereitgestellt, um Maßnahmen dann realisieren zu können. Jetzt gehe es aber inhaltlich um die Frage, wie wird es gemacht. Und weil auch im Wettbewerb keine Details genannt werden, müsse man über die Themen jetzt nochmals diskutieren.

BM Thürnau weist zurück, dass es ihm oder dem Technischen Referat darum gehe, die Pläne so durchzusetzen wie sie sind. Er habe dargestellt, "wo wir herkommen, wo wir stehen, wie die planungsrechtlichen Voraussetzungen und wie die vertraglichen
Voraussetzungen sind". Wenn der Gemeinderat sich entscheidet, diese Planung verändern zu wollen, so müsse die zuständige Fachverwaltung darauf hinweisen dürfen, was die Folgen sind.


StR Peterhoff bittet noch um die Zusage, mit dem Bezirksbeirat Mitte nach Vorliegen des Wettbewerbsergebnisses die Debatte zu führen.

Abschließend stellt OB Kuhn fest:

Die GRDrs 857/2019 ist eingebracht (9 Ja-Stimmen, 7 Nein-Stimmen). Damit ist gleichzeitig der Antrag Nr. 98/2020 bei 7 Ja- und 9 Nein-Stimmen mehrheitlich abgelehnt.
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