Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
820/2022 u. 820/2022 Tischvorlage
GZ:
0505-03
Sitzungstermin: 26.01.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Nopper
Berichterstattung:
Protokollführung: Frau Faßnacht fr
Betreff: Kostenfreies Deutschlandticket für städtische Mitarbeitende

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 14.12.2022, öffentlich, Nr. 470
Gemeinderat vom 15.12.2022, öffentlich, Nr. 263
jeweiliges Ergebnis: Zurückstellung

Verwaltungsausschuss vom 25.01.2023, öffentlich, Nr. 16
Ergebnis: einmütige Zustimmung zu ergänztem Beschlussantrag


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 09.12.2022, GRDrs 820/2022, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Die Landeshauptstadt Stuttgart bietet ihren Mitarbeitenden die Übernahme der Kosten für das "49-Euro-Deutschlandticket" an. Hierfür wird der Arbeitgeberzuschuss von derzeit 28,30 Euro für alle Mitarbeitenden der Stadtverwaltung (Ämter und Eigenbetriebe) auf maximal 49,00 Euro erhöht. Dadurch entstehen Mehraufwendungen von bis zu ca. 5,7 Mio. EUR.

2. Bei einer gleichlautenden Beschlussfassung durch die Zuständigen Organe des Klinikums Stuttgart für deren Mitarbeitende entstehen dort Mehraufwendungen von bis zu ca. 2,9 Mio. EUR, die aus dem städtischen Haushalt zu finanzieren wären.

3. Voraussetzung für diese Maßnahme ist, dass 4. Von den vordringlichen zusätzlichen Personalmehrbedarfen bei den zuständigen Sachgebieten des Haupt- und Personalamtes in Höhe von
Die im Sitzungssaal ausgelegte Tischvorlage GRDrs 820/2022 ist dieser Niederschrift beigefügt.

OB Dr. Nopper weist darauf hin, dass dieser Tagesordnungspunkt der erste von vieren heute ist, wo es um die Attraktivierung der Arbeitsbedingungen und die Vergütung und Bezahlung der Mitarbeitenden geht. Er wiederholt seine gestern im Verwaltungsausschuss gemachten Ausführungen zum kostenfreien Deutschlandticket für städtische Mitarbeitende:

"Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir schlagen Ihnen vor, die Gunst der Stunde zu nutzen und zeitgleich mit der voraussichtlich am 01. Mai 2023 erfolgenden Einführung des bundesweiten 49 Euro-Tickets für alle städtischen Beschäftigten und Beamten ein kostenfreies Deutschlandticket anzubieten. Dies würde bedeuten, dass die Stadt für alle städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Kosten in Höhe von 49 Euro für das Deutschlandticket vollständig übernehmen würde. Wir wollen mit diesem bärenstarken Angebot in Zeiten des Fachkräftemangels als Arbeitgeberin noch attraktiver werden und zudem einen wichtigen Beitrag zum Umstieg auf den öffentlichen Personennahverkehr leisten. Im Unterschied zu einer Arbeitgeberzulage ist das kostenlose ÖPNV-Ticket nach geltendem Recht sogar steuerfrei. Es kommt somit in vollem Umfang bei unserer Belegschaft an. Es ist ein Signal für die Stadt als attraktive Arbeitgeberin sowie für die Verkehrswende, aber es ist vor allem und zuvörderst eine Personalerhaltungs- und Personalgewinnungsmaßnahme unter dem Motto 'Wer bei der Stadt schafft mit Elan, fährt kostenfrei mit Bus und Bahn.'

Es liegen uns mehrere Anträge bezüglich des Begünstigtenkreises vor. Die Verwaltung vertritt hierzu folgende Position:

1. Durch den gemeinderätlichen Beschluss würden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der städtischen Ämter und der Eigenbetriebe unmittelbar aus den städtischen Haushaltsmitteln in den Genuss eines kostenfreien Deutschlandtickets kommen. Bei der Kommunalanstalt Klinikum Stuttgart würde dies erst nach einem diesbezüglichen Beschluss des Verwaltungsrats erfolgen.

2. Die Einführung eines kostenfreien Deutschlandtickets bei den städtischen Beteiligungsunternehmen liegt in deren eigenem Verantwortungsbereich. Die zuständigen Organe dieser Unternehmen, in aller Regel die Verwaltungsräte oder Aufsichtsräte, müssen die Entscheidungen für das jeweilige Unternehmen in eigener Kostenverantwortung treffen. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Umstände, die Höhe der Vergütungen und die Beteiligungsverhältnisse bei den verschiedenen Unternehmen sehr unterschiedlich sind. Denken Sie an die unterschiedlichen Konstellationen bei der LBBW, bei der Landesmesse, beim Landesflughafen oder aber auch beim Hafen.

3. Wir schlagen Ihnen vor, dass die Stadt die Kosten in Höhe von 49 Euro für das Deutschlandticket gemäß den Regelungen der aktuellen Kita-Förderrichtlinie auch für die Beschäftigten der freien Träger von Kindertagesstätten bezuschusst. Zum einen deswegen, weil die Stadt einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz gewährleisten muss unabhängig davon, ob dies in Einrichtungen in freier oder in städtischer Trägerschaft erfolgt, zum anderen deswegen, weil die Beschäftigten der Kitas in freier Trägerschaft schon bisher in den Genuss eines von der Stadt bezuschussten Jobtickets kommen. Jede oder jeder, der bisher ein städtisch bezuschusstes Jobticket erhalten konnte, soll zukünftig auch ein städtisch bezuschusstes Deutschlandticket erhalten können. Dies würde im Unterschied zur bisher vorgelegten Sitzungsvorlage jedoch zu Mehrkosten in Höhe von rund 3 Mio. EUR pro Jahr führen. Es liegt Ihnen ja eine ergänzte und erweiterte Tischvorlage auf den Plätzen. Soweit von meiner Seite. Sie haben das Wort."

StRin Rühle (90/GRÜNE) hebt die große Herausforderung hervor, vor der insbesondere auch der öffentliche Dienst bei der Gewinnung und der Bindung von Fachkräften stehe. Daher müsse man alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausschöpfen. Es sei daher nur folgerichtig, als Arbeitgeberin die bestehenden Angebote weiterzuentwickeln. Daher gehe das kostenfreie Deutschlandticket für städtische Mitarbeitende in die richtige Richtung. Von der ersten Idee bis zur jetzigen Vorlage habe es einige Überarbeitungen gebraucht, denn natürlich gehören zu den städtischen Mitarbeitenden auch die Mitarbeitenden des Klinikums Stuttgart und die der Beteiligungsunternehmen mit städtischer Beteiligung, und hier insbesondere die hundertprozentigen Töchter der Stadt. Folgerichtig sei daher, dass in den dort zuständigen Gremien die notwendigen Beschlüsse gefasst werden. Für die entstehenden Mehraufwendungen müssten gegebenenfalls die Ausgaben aus dem städtischen Haushalt refinanziert werden. Für die Mitarbeitenden der freien Kita-Träger beteilige sich die Stadt nach dem Subsidiaritätsprinzip an den Personalkosten, weswegen auch diese Personengruppe bei Inanspruchnahme dieses erweiterten Jobtickets analog bezuschusst werde.

Mit Blick auf klima- und verkehrspolitische Ziele der Landeshauptstadt Stuttgart unterstütze ihre Fraktion Maßnahmen, die den Umstieg auf den ÖPNV fördern und die Menschen dazu bewegen, den Pkw stehenzulassen. Alt-OB Kuhn habe deswegen 2013 das Jobticket eingeführt. Es sei ihm gelungen, große Teile der Wirtschaft und andere große Arbeitgeber*innen einzubeziehen und dieses Zuschussmodell in der gesamten Landeshauptstadt, aber auch im Land zu etablieren. Auch jetzt sollte die Stadt wieder eine Vorreiterfunktion übernehmen. Sie erwarte, dass OB Dr. Nopper bei den anderen Arbeitgebern in Stuttgart sich für eine analoge Erhöhung der Arbeitgeberleistungen im ÖPNV einsetzt, um ein nachhaltiges Pendlerverhalten weiter zu befördern. Auch die Wirtschaft brauche motiviertes Personal und auch dazu trage ein erweitertes Jobticket hilfreich bei.

Zu der großen finanziellen Herausforderung für die Landeshauptstadt Stuttgart durch das Deutschlandticket, aber auch im Hinblick auf die Mobilitätswende und das Angebot vertritt sie die Meinung, dass eine intensive Nutzung nicht nur durch vergünstigte Ticketpreise, sondern vor allem durch die Taktung und die Linienführung, also durch ein nachhaltig finanziertes Angebot erreicht wird. Die Finanzierung des Wandels von der Auto- zur Mobilitätsstadt sei eine immense Aufgabe. Hierzu habe man verschiedene Vorschläge ausgearbeitet, u. a. die Einführung eines Mobilitätspasses mit einem Jahresticket für 365 Euro für alle Stuttgarter*innen. Derzeit warte man auf die Auswertung des Pilotversuchs. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse werden in eine Beschlussvorlage einfließen, um den öffentlichen Nahverkehr in der Stadt noch besser machen zu können.

StR Sauer (CDU) verweist auf die gestern im Verwaltungsausschuss geführte ausführliche Diskussion. Er wolle daher heute nur auf drei Dinge eingehen, die seiner Fraktion bei diesem Thema besonders wichtig sind:

Erstens, dass die neue Regelung für alle gilt, die bisher schon von der Stadt einen monatlichen Jobticket-Zuschuss erhalten haben, also neben den Beschäftigten der Kernverwaltung und den Eigenbetrieben auch die des Klinikums und die der freien Träger - seien doch zwei Drittel aller Kita-Plätze in Stuttgart in Trägerschaft der freien Träger, die somit das Rückgrat bilden für die Umsetzung des Rechtsanspruchs in Stuttgart.

Zweitens, dass das kostenlose ÖPNV-Ticket künftig auch den über 5.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der 14 städtischen Beteiligungsunternehmen angeboten wird. Dazu zählen neben den 100prozentigen städtischen Töchtern wie SSB, Stadtwerke Stuttgart und SWSG u. a. auch die Landesmesse und der Flughafen. Deswegen habe man im Verwaltungsausschuss gestern einen Antrag eingebracht, der in der heute vorliegenden Tischvorlage in Ziffer 2 a berücksichtigt wurde.

Drittens wolle man sicherstellen, dass dieses Angebot über das Jahr seiner Einführung hinaus dauerhaft für die Nutzerinnen und Nutzer kostenfrei bleibt. Dies werde durch die ebenfalls neu eingearbeiteten Formulierungen in Ziffern 1 b und 1 c sichergestellt.

Die CDU-Gemeinderatsfraktion stimme daher der überarbeiteten Beschlussvorlage gerne zu, gratuliere OB Dr. Nopper zu seiner Initiative mit bundesweitem Pilotcharakter und erwarte von Bund und Ländern, dass sie endlich einen Knopf an das 49-Euro-Ticket machen, damit es Anfang Mai 2023 starten kann.

StRin Schanbacher (SPD) beginnt ihren Wortbeitrag mit dem Zitat von Bundeskanzler Olaf Scholz zum 9-Euro-Ticket vom letzten Jahr: "Es war vielleicht eine der besten Ideen, die wir jemals hatten." "Dass die GRÜNEN vorgestern, die CDU gestern noch kurz über Nacht und schließlich der OB sich unserem Antrag angeschlossen hat, freut uns sehr - die FrAKTION hat zeitgleich mit uns einen Antrag eingereicht - und gibt uns Recht, dass wir hier eine sehr, sehr gute Idee hatten! Spaß beiseite. Wir wollen nicht nur, dass die städtischen Beschäftigten, sondern auch, dass alle Kita-Beschäftigten und alle Beschäftigten der Eigenbetriebe, wie auch SSB und Stadtwerke, ein kostenloses 49-Euro-Ticket bekommen!" Dass dies bei den Menschen ankomme, zeigen die vielen positiven Rückmeldungen.

Das 9-Euro-Ticket sei ein großer Erfolg gewesen, weil es die Verkehrsprobleme an der Wurzel anpackt. Es habe dazu geführt, dass z. B. die stetig steigenden Ticketpreise mit einem Satz der Vergangenheit angehört haben, dass Menschen einsteigen können, ohne zu wissen, in welcher Zone, welchem Ring oder welcher Station sie sich befinden. Die öffentlichen Verkehrsmittel seien somit nicht nur billiger geworden, sondern vor allem auch sehr viel einfacher und deutlich inklusiver.

Das 49-Euro-Ticket jetzt sei nur konsequent. Mit dem kostenlosen 49-Euro-Ticket für alle Beschäftigten fordere man als Landeshauptstadt Stuttgart die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auf, es ihr gleich zu tun. "Beteiligt euch an der Verkehrswende!" laute der Appell. Für die Landeshauptstadt Stuttgart sei das kostenlose 49-Euro-Ticket ein wichtiges Instrument, um die dringend benötigten Fachkräfte zu gewinnen, weil man insbesondere auch Fachkräfte für den Klimaschutz brauche, um die ambitionierten Klimaziele zu erfüllen - Stichwort SSB und Stadtwerke. Für die Personalgewinnung bei den Kitas gehe die Stadt Hand in Hand mit den freien Trägern. Würde man ausscheren, so hieße das, dass es keine Fachkraft mehr und keinen Kita-Platz mehr geben würde. Denn noch immer seien trotz eines Rechtsanspruchs knapp 3.000 Kinder in Stuttgart ohne Kita-Platz. Die Mehraufwendungen dafür in Höhe von knapp 3 Mio. Euro seien es wert.

StR Pantisano (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) wiederholt gegenüber OB Dr. Nopper seinen gestrigen herzlichen Dank für dessen Impuls und Vorschlag, dass die städtischen Beschäftigten ein kostenfreies 49-Euro-Ticket erhalten, "auch wenn die SPD es erfunden hat." Tatsächlich sei dies eine Forderung, die seine Fraktionsgemeinschaft - insbesondere Alt-Stadtrat Adler - seit mehreren Jahren erhoben habe. In der ursprünglichen Beschlussvorlage "war der Impuls jedoch nur halb gesprungen," die Fraktionen hätten jedoch gestern nachgeholfen, indem der Kreis der Empfänger*innen des kostenfreien 49-Euro-Tickets, wie schon von den Vorredner*innen erwähnt, erweitert wurde und es langfristig kostenlos bleibt, indem künftige Erhöhungen im Rahmen eines Inflationsausgleichs finanziert werden.

Der Stadtrat erinnert an zwei Anträge der Fraktionsgemeinschaft Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei vom Herbst 2022 im Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt, in denen gefordert wurde, dass die Erzieher*innen in Kitas und Pflegefachkräfte ein kostenloses Ticket bekommen aufgrund des immensen Fachkräftemangels in Stuttgart. Die Belastungen für diese Berufsgruppen seien besonders hoch durch die hohen Mietpreise und die gestiegenen Energiekosten. Man freue sich sehr darüber, diese Anträge mit der heutigen Beschlussfassung als erledigt betrachten zu können. Es bedeute im Jahr insgesamt 600 Euro Entlastung. Er wolle den Reim des Oberbürgermeisters daher ergänzen um den Hinweis: "Wir klatschen nicht nur, wir zahlen auch mehr!"

Man hoffe nun, dass diese Vorlage der Beginn zu einer weiteren Staffel ist in Richtung eines günstigen Nahverkehrs, in Richtung Fachkräftegewinnung, aber auch in Richtung einer klimagerechten Mobilitätswende. Die zweite Staffel beginne in zwei Wochen mit der Diskussion, "wie wir mit den Bonuscard-Empfänger*innen in der Stadt weiterverfahren wollen und mit dem Sozialticket." Hierzu lägen verschiedene Anträge vor mit verschiedenen Ideen. Die spannende Frage laute: "Wird der Oberbürgermeister einen erneuten Impuls setzen und den Vorschlag machen, allen Bonuscard-Empfänger*innen in dieser Stadt auch ein Sozialticket zum Nulltarif zur Verfügung zu stellen?" Damit hätte man einen guten Beginn einer zweiten Staffel auf dem Weg zur klimagerechten und zu einer sozial gerechten Stadt. Die Serie könnte damit dann erst einmal beendet werden.

Für die Diskussion gestern und die daraus resultierende Tischvorlage dankt StR Serwani (FDP). Auch er nimmt Bezug auf die Beratung im Verwaltungsausschuss und verweist auf die heute erschienenen Presseartikel. Die Stadt Stuttgart stelle jährlich ungefähr 18 Mio. Euro für das neue kostenfreie Deutschlandticket für alle städtischen Mitarbeitenden und die der freien Kita-Träger zur Verfügung. Hinzu kämen noch die Beschäftigten der städtischen Beteiligungsunternehmen, sofern die dortigen Aufsichts- bzw. Verwaltungsräte dem ebenfalls folgen. Die FDP-Gemeinderatsfraktion sehe dieses Vorgehen aus den schon genannten Gründen als richtige Lösung. Allerdings bezweifle er, ob dadurch z. B. mehr IT-Fachleute gewonnen werden. Dennoch lohne es sich insgesamt für alle Mitarbeitenden, die Stadt als Arbeitgeberin wieder wahrzunehmen. Gespannt dürfe man auch sein auf die Reaktion der umliegenden Kommunen auf dieses Angebot an die Mitarbeiter. Er vermute, dass auch andere Städte diesem Beispiel schnell nachfolgen werden.

Das kostenlose 49-Euro-Ticket für die Mitarbeitenden führe zu einer wesentlich stärkeren Nutzung des ÖPNV, was für den Gemeinderat bedeute, dafür sorgen zu müssen, dass die SSB mit den Möglichkeiten ausgestattet wird, um diese wesentlich stärkere Nutzung zu bewältigen. Dies heiße, "wir müssen im kommenden Haushalt natürlich noch mehr Geld für den ÖPNV ausgeben und unsere SSB hier deutlich stärken." Die Stärkung des ÖPNV bedeute gleichzeitig eine Reduzierung des motorisierten Verkehrs und somit eine wesentliche Entlastung auf den Straßen in Stuttgart.

Zu verweisen sei auch auf die Zusage des Oberbürgermeisters, auf die privaten Firmen, die bisher ein Jobticket angeboten haben, zuzugehen und dafür zu werben, für ihre Belegschaft ebenfalls ein kostenfreies Deutschlandticket einzuführen. Zu hoffen bleibe weiter, dass sich die Verkehrsminister der Länder mit dem Bundesverkehrsminister einig werden, damit das Deutschlandticket wirklich zum 01.05.2023 kommt. Dies jedoch hänge nicht nur an den Verkehrsministern, sondern auch an den Verkehrsverbünden, von denen es allein in Baden-Württemberg mehr als 20 gebe. Wenn dieses Ticket kommt, dann sei zu vermuten, dass manch kleiner Verkehrsverbund in seiner Existenz gefährdet ist. Ein großer Streitpunkt sollte darüber hinaus auf Bundesebene mit den Landesverkehrsministern geregelt werden, nämlich die Frage, ob es ausschließlich Online-Tickets geben kann oder ob auch ein gedrucktes Ticket möglich wäre. Die FDP freue sich, dass alle städtischen Mitarbeiter und der genannte erweiterte Kreis "künftig ab 01.05.2023 hoffentlich mit dem ÖPNV fahren und ihr Auto zuhause lassen oder verkaufen."

StR Ozasek (PULS) zeigt sich froh, dass mit dem Deutschlandticket nun ein Durchbruch gelingt und die Kleinstaaterei bei den Verkehrsverbünden in Deutschland absehbar endet, denn damit eröffnen sich auch viele neue Gestaltungsmöglichkeiten. Die PULS-Fraktionsgemeinschaft habe hierzu bereits einen Impuls gegeben zusammen mit der CDU, indem die Bonuscard-Rabattierung ebenfalls beibehalten werden soll und damit 80.000 anspruchsberechtigte Haushalte in Stuttgart finanziell deutlich entlastet werden, indem ein Deutschlandticket künftig für 24,50 Euro pro Monat bereitgestellt wird. Man hoffe, hierüber schon bald beschließen zu können.

"PULS will - ausgehend von der Initiative des Herrn Oberbürgermeisters - ein betriebliches Mobilitätsmanagement für alle Beschäftigten der Stadt, der Eigenbetriebe und der städtischen Beteiligungsgesellschaften." Dazu gehöre natürlich der ÖPNV, aber auch das Fahrrad und der Fußverkehr, neue Mobilitätsdienstleistungen und Mikromobilität. Weil man den gesamten Umweltverbund im Blick habe, habe man im letzten Haushalt auch darauf gedrungen, dass endlich eine Lösung kommt zum Dienstfahrrad-Leasing, was nun im April 2023 endlich starten werde. Man sehe hier eine Vorbildfunktion der öffentlichen Hand, indem klimafreundliche, gesundheitsförderliche und stadtverträgliche Mobilität gefördert wird, vor allem auch bei "unseren" Beschäftigten.

Die Beschlussfassung heute greife nach Auffassung von PULS zu kurz, denn es gehe vor allem um eine Großstadtzulage in Form eines kostenlosen Deutschlandtickets. Dies sei unter den Aspekten der demografischen Entwicklung und der Personalgewinnung wichtig und richtig, vor allem auch im Hinblick auf die Beteiligungsgesellschaften. Es gehe aber nicht um eine Mobilitätswende und es sei nicht wirklich ein Beitrag zum Klimaschutz, wie die Begleitforschung zu solchen Projekten eines kostenlosen Nahverkehrs gezeigt habe. PULS gehe es um die Ganzheitlichkeit des Mobilitätsmanagements. Deshalb wolle man vor allem die Radmobilität künftig fördern, und zwar gleichwertig zu der Fördersumme, die pro Jahr ausgeschüttet wird für die Nutzung des ÖPNV. Der gesellschaftliche Nutzen pro gefahrener Kilometer summiere sich auf 30 Cent, "weil Fahrradfahren so gesunderhält, die Stadt von Lärm befreit, wenig Infrastruktur benötigt und damit einen sehr geringen ökologischen Rucksack hat."

Dem Projekt heute stimme man zu, weil man die 600 Euro pro Jahr im Prinzip als Mobilitätsbudget begreife. Man erwarte aber, wie bereits zugesagt, zeitnah eine Berichterstattung und eine Diskussion zur Forderung im Antrag Nr. 9/2023 für ein gesamthaftes, ganzheitliches Mobilitätsmanagement auch und mit den Beteiligungsgesellschaften.

StRin von Stein (FW) schickt voraus, auch die Freie Wähler-Gemeinderatsfraktion werde dem modifizierten Beschlussantrag der GRDrs 820/2022 zustimmen. Jedoch habe man heute eine intensive Diskussion geführt, bei der vor allem das Argument der Personalgewinnung und Personalerhaltung überzeugend war. Jedoch gebe man zu bedenken, dass mit dieser Förderung auf andere Betriebe und Unternehmen ein Druck aufgebaut wird, ihrerseits dieses Ticket für deren Beschäftigte anzubieten. Verkehrspolitisch werde es somit sicherlich erfolgreich sein, allerdings werde der Erfolg im Hinblick auf Personalgewinnung und -erhaltung für die Stadt vermutlich verpuffen im Laufe der Zeit. Klar sein müsse allen auch: "Kostenlos bedeutet, es zahlt jemand anders."

Eine weitere Frage, mit der man sich auseinandergesetzt habe, ziele auf die Auswirkungen bei den Eigenbetrieben, die gebührenfinanziert sind, wenn die Mehraufwendungen in die Wirtschaftspläne eingepflegt werden. Sie bittet zu beantworten, ob dies schlussendlich bedeutet, dass die Gebühren steigen werden. Abschließend äußert die Stadträtin die Hoffnung, dass das 49-Euro-Deutschlandticket ein Erfolg wird.

Auch StR Köhler erklärt für die AfD-Gemeinderatsfraktion Zustimmung. Auch er geht davon aus, dass die Einführung des kostenfreien Deutschlandtickets für Mitarbeitende Kreise ziehen wird, sodass der Wettbewerbsvorteil irgendwann verspielt sein wird. Man brauche jedoch dieses Incentive im Rennen um Personal. Betrachte man das Ganze aus einer anderen Perspektive, so werde der Marktanteil beim ÖPNV unter diesem Angebot sicherlich steigen. Allerdings gebe man zu bedenken, dass langfristig ein kostenloses Angebot unter Qualitätsgesichtspunkten häufig nicht besser, sondern schlechter wird. Er bemängelt "diese Gratismentalität, die sich da jetzt breitmacht", da die kostenlosen Angebote entkoppelt werden von der Nachfrage.

BM Fuhrmann beantwortet die Frage von StRin Stein: "Das kostenfreie Deutschlandticket hat keine Auswirkungen auf die Gebühren, weil es gar nicht umlagefähig ist auf die Gebühren. Deswegen werden diese Mehrkosten auch aus dem städtischen Haushalt dann finanziert werden müssen." Somit finanziere es der Steuerzahler, nicht der Gebührenzahler, ergänzt OB Dr. Nopper.


Nachdem keine weiteren Wortmeldungen vorliegen lässt OB Dr. Nopper über die GRDrs 820/2022 in der Fassung der Tischvorlage abstimmen. Er stellt fest:

Der Gemeinderat beschließt einstimmig:

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