Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
124/2013
GZ:
OB 8155-04.08
Sitzungstermin: 28.02.2013
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:EBM Föll
Protokollführung: Frau Gallmeister
Betreff: Erwerb der Wasserversorgung Stuttgart
- Klage der Landeshauptstadt Stuttgart gegen die EnBW Regional AG

Vorgang:

Verwaltungsausschuss vom 27.02.2013, öffentlich, Nr. 37
Ergebnis: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 15.02.2013, GRDrs 124/2013, mit folgendem

Beschlussantrag:

Die Verwaltung wird beauftragt, beim Landgericht Stuttgart die Klage der Landeshauptstadt Stuttgart gegen die EnBW Regional AG auf Herausgabe der Wasserversorgungsanlagen und damit verbundener Unterlagen sowie dinglicher und schuldrechtlicher Rechte bzw. auf Feststellung der Herausgabepflicht der EnBW Regional AG nebst entsprechender Auskunftsansprüche einzureichen.


Einleitend verweist OB Kuhn auf die einmütige Zustimmung des Verwaltungs-ausschusses zur GRDrs 124/2013 und geht kurz auf die unterschiedlichen Preisvorstellungen der EnBW und der Landeshauptstadt ein. Er betont dabei nochmals, dass zwischen dem Streitgegenstand "Wasser" und der Konzessionsvergabe "Stromnetz" keinerlei Zusammenhang besteht.

Nachdem die Landeshauptstadt und die EnBW in den Verhandlungen an einem Punkt angekommen seien, an dem es nicht mehr weitergehe, sei es der normale Weg, zu versuchen, diese Differenzen vor Gericht zu klären, erklärt StR Pätzold (90/GRÜNE). Seiner Fraktion sei es dabei wichtig, dass die Wasserversorgung als Gesamtheit betrachtet wird, indem überprüft wird, inwieweit die Mitgliedschaften in den Zweckverbänden zurückgegeben werden können. Seine Fraktion werde der Vorlage zustimmen, um zu einer rechtlichen Klärung zu kommen, damit das Thema weiterbearbeitet werden kann.

StR Kotz (CDU) stimmt den Aussagen seines Vorredners vollumfänglich zu. Die Differenzen bei der Preisfindung sei so groß, dass weitere Verhandlungen keine Aussicht auf Erfolg hätten und keine andere Möglichkeit gesehen werde, als den Weg der gerichtlichen Klärung zu gehen. Das Ergebnis dieses Rechtsstreits werde letztlich sowohl von der Landeshauptstadt als auch von der EnBW benötigt, um dann zu einem entsprechenden Geschäft zu kommen. Insofern unterstütze seine Fraktion die Vorlage und stimme ihr zu.

Auch seine Fraktion stimme der Vorlage zu, kündigt StR Kanzleiter (SPD) an. Seine Fraktion sehe die Klage als Konsequenz aus der bisherigen Vorgehensweise, da zwar ein Modell gefunden worden sei, das wirtschaftlich und betrieblich funktionieren könnte, aber hinsichtlich des Preises sei keine Einigung erreicht worden. Die Klage halte seine Fraktion daher für notwendig, um die Dinge voranbringen zu können. Es sei nach wie vor das Ziel, dass bis zum 01.01.2014 ein Ergebnis erzielt wird.

Den Hinweis von OB Kuhn, dass zwischen der Problematik der Wasserversorgung und den Netzen für Strom und Gas keinerlei Zusammenhang besteht, halte er für wichtig, so der Stadtrat, da in der Öffentlichkeit teilweise dieser Eindruck entstanden sein könnte. Beim Verfahren zur Durchsetzung der Rechte der Stadt, was das Strom- und Gasnetz angehe, wolle man keine Unsicherheit in rechtlicher Hinsicht aufkommen lassen. StR Kanzleiter zeigt sich zuversichtlich, dass für die Stadt gute Ergebnisse zustande kommen werden.

Dass eine Klärung auf dem Klageweg erfolgen müsse, bezeichnet StR Zeeb (FW) als nicht schön, auch weil das Verfahren möglicherweise bis zum Bundesgerichtshof gehen könne.

Mit der Wasserversorgung könne Geld verdient werden, bemerkt StR Klingler (FDP), ab wann dies der Fall sei, hänge aber letzten Endes vom Preis ab. Aus Sicht der Stadt sei es deshalb logisch, dass angestrebt werde, einen möglichst geringen Kaufpreis zu zahlen. Andererseits sei es verständlich, dass ein Eigentümer, der etwas verkaufen möchte, zunächst einen Preis vorgibt. Nachdem die Verhandlungen mit der EnBW zu keiner Einigung geführt haben, werde seine Fraktion der Klageerhebung zustimmen, wobei als Risiko die mögliche lange Prozessdauer gesehen werde. Mit einem Endurteil bis Ende dieses Jahres oder bis Januar 2014 sei dann nicht zu rechnen und es stelle sich die Frage, wie haushaltstechnisch mit der Problematik umgegangen wird. Angesichts des eingeschlagenen Weges, den der Gemeinderat bisher gegangen sei, werde seine Fraktion heute der Vorlage zustimmen.

StR Rockenbauch (SÖS und LINKE) kündigt die Zustimmung seiner Fraktionsgemeinschaft zur Vorlage an. Die Ablehnung der Vorlage würde bedeuten, dass zugelassen würde, dass die EnBW mit einer "äußerst kreativen Preisgestaltung" im Endeffekt den demokratischen Willen eines Bürgerbegehrens und auch das einstimmige Votum des Gemeinderats hintertreiben würde. Bis heute wisse man nicht, wie beim Verkauf der Wasserversorgung das Wasser wirklich bewertet gewesen sei, auch wenn immer dargestellt werde, dass es der Ertragswert gewesen sein müsse. Dies sei im Prinzip auch logisch, da genau nach diesem Ertragswert sich auch der Wasserpreis in den letzten Jahren berechnet habe. Jetzt plötzlich ändere die EnBW ihre komplette Systematik, was auch zu erheblichen Preissteigerungen für die Kunden führe. Von der Kommunalfreundlichkeit des Unternehmens bleibe bei einem solchen Verhalten nicht mehr viel übrig. Die Anteilseigner sollten deshalb überlegen, wie es mit einem solchen Partner für die Kommunen in Zukunft weitergehen solle. Wasser als Lebensmittel gehöre zur Daseinsvorsorge und deshalb in die öffentliche Hand, betont der Stadtrat abschließend.

StR Dr. Schlierer (REP) spricht die Verfahrenskosten an, mit denen die Stadt zu rechnen habe, die auch im Haushalt abgebildet werden müssen. Angesichts der enormen Differenz zwischen dem Ertragswert und dem Sachwert habe nicht ernsthaft damit gerechnet werden können, dass die Verhandlungen mit der EnBW zu einer Einigung führen. Das Problem liege in der unzureichenden Vertragsgestaltung in der Vergangenheit, die seines Erachtens thematisiert werden sollte. Normalerweise werde bei der Vertragsgestaltung antizipiert, welche Probleme es geben könne, und die Vertragspartner einigen sich dann auf das Prozedere. Dies fehle im vorliegenden Fall, was zur Folge habe, dass jetzt ein langwieriger und wahrscheinlich kostspieliger Rechtsstreit geführt werden müsse.

Positiv stimmen könnte in der Diskussion, dass sowohl der Bundesgerichtshof als auch Oberlandesgerichte in der Rechtsprechung ihrer Kartellsenate für die Situation, vor der die Stadt stehe, Entscheidungen getroffen haben, die eher der Stadt Recht geben dürften als der EnBW. Deshalb werde er, auch wenn man vor Gericht nie genau wisse, wie es ausgeht, der Klageerhebung zustimmen, da der Stadt auch gar nichts anderes übrig bleibe, verbunden mit der Hoffnung, dass künftig die Verträge besser ausgestaltet werden.

EBM Föll legt auf Frage von StR Zeeb dar, ein Urteil, insbesondere wenn es ein wider Erwarten ungünstiges Urteil wäre, verpflichte die Stadt nicht zwangsläufig dazu, eine Übernahme vorzunehmen. Es gebe keinen Automatismus, dass sozusagen mit der Feststellung des Bundesgerichtshofs quasi die Vereinbarung abgeschlossen sei. Sollte dieser Fall eintreten, müsse im Gemeinderat beraten werden. Dies sei aber nicht die Erwartungshaltung. Die Stadt schlage die Klageeinreichung vielmehr nach sehr sorgfältiger, intensiver Prüfung der Rechtsfrage mit zwei unterschiedlichen Anwaltskanzleien und eigenem Sachverstand vor. StR Dr. Schlierer habe zu Recht darauf hingewiesen, dass die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung für die Stadt in der Tendenz eine sehr gute Ausgangsbasis darstellt.

Bislang sei im Haushalt für den Erwerb der Wasserversorgung keine Vorsorge getroffen, fährt EBM Föll fort. Er erinnert an die Absprache in den letzten Haushaltsplanberatungen, entsprechend flexibel vorzugehen. Er hielte es nach wie vor für nicht richtig, zum jetzigen Zeitpunkt einen exakten Betrag in den künftigen Haushaltsplanentwurf aufzunehmen. Auch eine Rückstellung könne nach dem Gemeindehaushaltsrecht bei diesem Vorgang nicht gebildet werden. Die Thematik werde sicherlich in den Haushaltsplanberatungen 2014/2015 erneut aufgerufen.

An StR Dr. Schlierer gewandt merkt EBM Föll an, dass er zum Gebührenstreitwert eine gesonderte Mitteilung machen wird, da er im Augenblick keine genauen Zahlen nennen könne.


Abschließend stellt OB Kuhn fest:

Der Gemeinderat beschließt einstimmig wie beantragt.

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