Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
146/2021 Neufassung
GZ:
WFB/SWU
Sitzungstermin: 17.02.2022
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Nopper
Berichterstattung:-
Protokollführung: Herr Haupt fr
Betreff: Neuausrichtung Bodenpolitik - Grundsatzbeschluss

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 16.02.2022, öffentlich, Nr. 57
Ergebnis: ohne Votum Verweisung in den Gemeinderat


Beratungsunterlage ist die gemeinsame Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen und des Referats Städtebau, Wohnen und Umwelt vom 14.02.2022, GRDrs 146/2021 Neufassung, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Die Stadt verfolgt durch den strategisch geleiteten Erwerb von Flächen eine generationenübergreifend wirksame aktive Bodenpolitik. Dazu betreibt die Verwaltung strategische Bodenbevorratung. Die ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit in der Landnutzung ist das bodenpolitische Ziel der Stadt.

2. Auf städtischen Arealen sind künftig geförderter und preisgedämpfter Geschoss-wohnungsbau sowie die Abdeckung weiterer gesellschaftlicher und sozialer Bedarfe maßgeblich. Sie sollen zukünftig angelehnt an die in dieser Vorlage ausgeführten Förderquoten und Programme entwickelt werden. Für jedes Quartier innerhalb eines Areals ist eine individuelle Zusammensetzung zu ermitteln. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem geförderten Wohnungsbau. Baugemeinschaften sind hierin zu integrieren.

3. Bei Vergabe städtischer Baugrundstücke für Geschosswohnungsbau und Gewerbe soll künftig das Instrument des Erbbaurechts gestärkt werden. 4. Das Erbbaurecht wird durch die Änderungen der städt. Konditionen "attraktiver" gestaltet durch:


BM Fuhrmann informiert über eine formale Änderung der Neufassung der Vorlage 146/2021 (Grundsatzbeschluss über die Neuausrichtung der Bodenpolitik):

Auf Seite 6 des Begründungsteils unter Ziffer 1.3 Konzept seien der 2. und 3. Satz zu streichen:

"Eine Bebauung unbebauter Grundstücke im Außenbereich, vor allem auf landwirtschaftlichen Flächen, ist weiterhin nicht primärer Teil einer aktiven Bodenpolitik der Landeshauptstadt. Die Innenentwicklung wird weiterhin forciert."

Diese beiden Sätze müssten gestrichen werden, da sie nicht Gegenstand der Beschlussfassung im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen (WA) gewesen seien. Schlussendlich werde daher die ursprüngliche Formulierung zum Tragen kommen.

OB Dr. Nopper betont, die Verwaltung verfolge mit der Neufassung der Vorlage 146/2021 (Neuausrichtung der Bodenpolitik) drei Hauptziele: Zum einen sollten mehr Flächen für den Wohnungsbau gesichert werden. Des Weiteren solle mehr Wohnraum für Haushalte mit geringeren und mittleren Einkommen geschaffen werden. Und zuletzt solle die Stadt über mehr Einfluss auch bei vormals städtischen Grundstücken entweder über Erbbaurechte oder durch An-, Vor- und Wiederkaufsrechte verfügen. Die Stadt solle grundsätzlich aktiver, bezahlbarer und nachhaltiger vorgehen. Der Begriff "aktiver" beziehe sich auf den Flächenerwerb, "bezahlbarer" auf den Wohnraum und "nachhaltiger" auf den städtischen Zugriff auf die Grundstücke.

Diese drei Hauptziele sollten mit folgenden Maßgaben erreichet werden:

1. Die Verwaltung verfolgt zukünftig eine noch aktivere Bodenpolitik. Die Stadt wolle zukünftig aktiver und offensiver auf dem Grundstücksmarkt auftreten und Flächen für städtebauliche Entwicklungen kurz-, mittel- und langfristiger Art im Wege des strategischen Erwerbs kaufen - sowohl bebaute als auch unbebaute Grundstücke. Hierbei greife die Stadt auch zum Mittel der strategischen Bodenbevorratung, so der Oberbürgermeister.

2. Auf städtischen Arealen entstünden zukünftig grundsätzlich nach Quoten Wohnungen für Haushalte mit geringeren und mittleren Einkommen. Falls nicht gegengesteuert werde, gehe der Bestand an Sozialmietwohnungen und von Belegungsrechten in den kommenden Jahren durch auslaufende Bindungen sukzessive zurück. Dies ergebe sich daraus, dass in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Stuttgart nur wenige neue Sozialmietwohnungen gebaut und nur wenige neue Belegungsrechte vereinbart wurden. Die Verwaltung schlage folgenden Nutzungsmix vor: 40 bis 60 Prozent sozialer Mietwohnungsbau, 15 bis 25 Prozent Mietwohnungsbau für mittlere Einkommensbezieher, 10 bis 15 Prozent preisgedämpfter Mietwohnungsbau, 10 bis 15 Prozent für die Berechtigten des kommunalen Eigentums- und Förderungsprogramms und 5 bis 15 Prozent freifinanzierter Wohnungsbau. Dieser Nutzungsmix werde für jedes Areal und jedes Quartier individuell entwickelt. Der vorgeschlagene Nutzungsmix ermögliche aus Sicht der Stadtverwaltung zum einen eine ausgewogene soziale Durchmischung in den Quartieren und diene zum anderen dem Ziel der Verwaltung, deutlich mehr Sozialmietwohnungen und Belegungsrechte zu schaffen.

3. Bei der Vergabe von städtischen Grundstücken für Wohnen und Gewerbe wird zukünftig das Instrument des Erbbaurechts stärker eingesetzt. Die SWSG, die Stuttgarter Baugenossenschaften und die Partner im Bündnis für Wohnen, die ihren vom Gemeinderat noch zu beschließenden Bündnisverpflichtungen nachkommen, sollten zukünftig bei der Vergabe von städtischen Grundstücken ein Wahlrecht zwischen der Begründung eines Erbbaurechts und dem Erwerb erhalten. Um die Begründung eines Erbbaurechts attraktiver zu machen, seien die Erbbauzinsen reduziert worden, die Laufzeiten von Erbbaurechten verlängert, die Entschädigungen bei Heimfall und Zeitablauf sowie der Beleihungsrahmen erhöht. Die Partner im Bündnis für Wohnen hätten signalisiert, auch weiterhin Partner der Stadt bleiben und auch entsprechenden Wohnraum schaffen zu wollen - allerdings unter der Maßgabe, dass ihnen ein Wahlrecht zwischen dem Erwerb und der Begründung eines Erbbaurechts eingeräumt wird. Ein grundsätzlicher Ausschluss des Verkaufs von Grundstücken und die Beschränkung auf Erbbaurechte dürften die Gespräche zum Bündnis für Wohnen 2.0 zum Scheitern bringen, bevor sie erst richtig begonnen hätten. Durch die Vereinbarung von An-, Vor- und Wiederkaufsrechten könne sichergestellt werden, dass die Stadt auch bei einem Verkauf Eingriffsmöglichkeiten habe, die mit den Regelungen zu Heimfall und Zeitablauf bei Erbbaurechten vergleichbar seien. Auch bei Gewerbeflächen sollte es aus Sicht der Verwaltung ein Wahlrecht zwischen dem Erwerb und der Begründung eines Erbbaurechts geben. Das Erbbaurecht könne es dabei auch in Form einer kapitalisierten Einmalzahlung geben. Bei der Ansiedlung von Gewerbebetrieben gebe es in der Regel keine Akzeptanz von Erbbaurechten, und diese könne auch nicht durch geänderte Konditionen geschaffen werden. Sofern die Verwaltung bei der Ansiedlung von Gewerbe den Erwerb ablehnen sollte, würde sie Gefahr laufen, dass Unternehmen im Zuge von Erweiterungsvorhaben den Standort Stuttgart verlassen, oder sich erst gar nicht in Stuttgart ansiedeln würden, da sie in anderen Kommunen in der Region Stuttgart ohne weiteres Flächen erwerben könnten. Allerdings schlage die Verwaltung auch in diesem Segment (Gewerbe) die Vereinbarung von An-, Vor- und Wiederkaufsrechten der Stadt im Falle eines Verkaufs vor.

Zusammengefasst schlage die Verwaltung im Interesse der Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum eine deutlich aktivere Bodenpolitik vor, so OB Dr. Nopper. Da die Stadt und die SWSG den dringend erforderlichen zusätzlichen Wohnraum jedoch nicht alleine schaffen könnten, sollten die Partner im Bündnis für Wohnen einbezogen werden - mit einem Wahlrecht zwischen Erwerb und Erbbaurecht. Sowohl im Falle des Verkaufs als auch im Falle des Erbbaurechts würden die Wohnbauinteressen der Stadt durch Wiedererlangungsrechte abgesichert. Die Nutzung von städtischen Flächen durch Haushalte mit geringerem und mittlerem Einkommen erfolge nach festgelegten Quoten sowohl nach der Begründung eines Erbbaurechts als auch nach einem Verkauf.

StRin Rühle (90/GRÜNE) betont, während seit 2020 die Einwohnerzahl in der Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) sinke, und der Wegzug in das Umland zunehme, bleibe der Nachfragedruck am Wohnungsmarkt konstant auf hohem Niveau. Im bundesweiten Vergleich belege die LHS einen unrühmlichen Spitzenplatz, was die Miethöhen angehe. Flächenknappheit und parallel steigende Grundstückspreise stellten eine ungute Kombination dar. Hier gegenzusteuern sei eine der großen Herausforderungen für Politik und Verwaltung und gleichzeitig derzeit die große soziale Aufgabe. Daher müsse die Landeshauptstadt Stuttgart alle Handlungsmöglichkeiten gegen überhöhte Bodenpreise und steigende Mieten ausschöpfen. In diesem Zusammenhang müsse die Stadt künftig eine aktive Bodenpolitik betreiben, strategisch Grundstücke erwerben und den Zugriff dauerhaft sicherstellen. Vorkaufsrechte müssten künftig - wo immer möglich - gezogen werden, um die Stadtsanierung und -entwicklung in bestehenden Quartieren bestmöglich zu flankieren.

Zudem müsse bei der Vergabe städtischer Baugrundstücke künftig das Instrument des Erbbaurechts gestärkt werden. Dies gelte für Wohnbebauung und für Gewerbe gleichermaßen. Das Erbbaurecht müsse durch die Absenkung des Erbbauzinses, Laufzeitverlängerungen sowie der Erhöhung des Beleihungsrahmens attraktiver gestaltet werden. Daneben müsse die Möglichkeit einer kapitalisierten Einmalzahlung bestehen, wodurch die Abschreibung deutlich erleichtert werde. Ein Kauf städtischer Flächen solle dagegen nur noch an einen eng definierten Kreis von Wohnungsbauunternehmen, und unter engen Auflagen und in Ausnahmefällen möglich sein. Zudem solle sich die Stadt grundsätzlich die An-, Vor- und Wiederkaufsrechte sichern und genau definierte Bauverpflichtungen festlegen. Dieselben Sicherungsinstrumente müssten selbstverständlich ebenso bei der Vergabe im Erbbau angewendet werden, denn nur so könne sichergestellt werden, dass langfristig und nachhaltig preiswerter und geförderter Wohnraum entstehe, so StRin Rühle. Dies betreffe vor allem Menschen mit geringem Einkommen, kinderreiche Familien, Alleinerziehende sowie ältere oder behinderte Personen, die auf dem freien Wohnungsmarkt nur wenige Chancen auf eine geeignete Wohnung hätten. Dadurch könne die Bodenspekulation verhindert werden und neue Quartiere würden strategisch und konzeptionell nach sozialen, ökologischen und gesellschaftlichen Erwägungen geplant und umgesetzt. Dafür sei es besonders wichtig, dass im Geschosswohnungsbau künftig die Konzeptvergabe unter sozial geleiteten, konzeptionellen Erwartungen und Erwägungen maßgeblich sei, wie von ihrer und anderen Fraktionen beantragt. Es müsse sichergestellt werden, dass auf städtischen Grundstücken das entstehe, an dem es in der Realität mangele: Geförderter und preisgedämpfter Geschosswohnungsbau sowie soziale Infrastruktur. Ihre Fraktion sehe die Erstellung von Wohnraum als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es sei daher sehr bedauerlich, dass die Verhandlungen zu einer Fortsetzung des Bündnisses für Wohnen, welches unter dem damaligen OB Kuhn ins Leben gerufen worden sei, offenbar weiter ins Stocken geraten seien. Die Tür solle deswegen jedoch noch nicht zugeschlagen werden. Vielmehr sehe ihre Fraktion für die Bereitstellung von gefördertem Wohnraum neben der städtischen Tochter SWSG und insbesondere den Stuttgarter Wohnungsbaugenossenschaften und Wohnungsgesellschaften mit genossenschaftlichem Ansatz ebenso gegebenenfalls weitere Partner des Bündnisses für Wohnen. Dies gelte jedoch nur, wenn diese ihren Verpflichtungen nachgekommen seien bzw. nachkommen wollten. Zunächst bedürfe es hierfür einer verbindlichen und transparenten Festlegung der Verpflichtungen - von der Erstellung des geförderten Wohnraums bis hin zu zusätzlichen Belegungsrechten für die Stadt, die dringend nötig seien. Hierüber müsse ein Gemeinderatsbeschluss gefasst werden. Ihre Fraktion habe gefordert (was in der Neufassung der Vorlage verankert sei), die Grundsätze sollten sich auf alle städtischen Grundstücke beziehen. Dies solle unabhängig davon gelten, wo sich diese befänden, wie sie in städtischen Besitz gekommen seien oder in welcher Art die Bebauung vorgesehen sei. Ausnahmen sollten lediglich bei Vorliegen eines eindeutig städtischen Interesses zulässig sein. Dieses Interesse müsse künftig grundsätzlich stets schlüssig begründet werden und gelte nur nach Einzelfallentscheidung durch den Gemeinderat - beispielsweise bei Standortentwicklungen von Stuttgarter Unternehmen, zum Lärmschutz oder im Tausch gegen von der Stadt benötigten Flächen. Dies gelte lediglich unter der Sicherung von An-, Vor- und Wiederkaufsrechten zugunsten der Stadt, bzw. ebenso bei Aufteilung oder bei Weiterverkauf, was in diesem Bereich besonders wichtig sei.

Ziel sei eine strategische Bodenvorratspolitik durch dauerhafte, gezielte Ankäufe durch die Stadt - wo immer möglich und sinnvoll -, eine nachhaltige, menschengerechte und soziale Quartiersentwicklung mit Schwerpunkt auf der Schaffung von preisgünstigem und gefördertem Wohnraum, und mit einer sozialen Infrastruktur unter Berücksichtigung aller gesellschaftlichen Bedarfe (u. a. Begegnungsorte, Kitas, barrierefreie Wohnungen oder auch Pflegeplätze). Wohnen stelle das dringende soziale Thema der LHS dar, und diesen Aspekt wolle ihre Fraktion grundsätzlich angehen. Die Stadträtin äußert ihren Dank an die referatsübergreifende Arbeitsgruppe "Bodenpolitische Grundsatzfragen", die zu diesem Aspekt bereits sehr gute Vorarbeit geleistet habe. Ebenso dankt sie den Vertreterinnen und Vertretern der anderen Fraktionen, mit denen gemeinsam die Grundsatzvorlage für Bodenpolitik in Stuttgart deutlich nachgeschärft und konkretisiert worden sei. Zudem spricht sie ihr Lob dem Referat WFB für die schnelle Einarbeitung der relevanten Änderungspunkte aus. Es sei erfreulich, in der heutigen Sitzung nach vielen Beratungen abstimmen und die Neufassung des Grundsatzbeschlusses zur Neuordnung der Bodenpolitik im Sinne der Stuttgarter Bürger*innen beschließen zu können.

Die Neufassung der Vorlage sei ein gelungener Kompromiss, so StR Dr. Vetter (CDU). Er habe zu Beginn der zähen Beratungen der Synopse im WA nicht erwartet, dass dieser Kompromiss zustande kommen werde. Der Stadtrat spricht daher seinen Dank an die Kolleginnen und Kollegen sowie die Verwaltung aus, dass in kleineren Einzelgesprächen eine durchaus breite Mehrheit für die vorliegende Bodenpolitik gefunden werden konnte. Das wichtigste Ziel seiner Fraktion sei die Beibehaltung des Wahlrechts gewesen. Die Wahl zwischen Kauf oder Erbbaurecht müssten den Stuttgarter Investoren sowie den Genossenschaften und der SWSG ermöglicht werden. Vor allem für die anderen Investoren sei es wichtig, dass im Interesse der Stadt eine Einzelfallentscheidung durch den Gemeinderat stattfinde. Daher habe es der Gemeinderat in der Hand, wer in Stuttgart Grundstücke erwirbt, wenn er nicht zum Bündnis für Wohnen gehört. Dadurch werde die Zukunft für die Infrastruktur und für soziale Einrichtungen gesichert (z. B. Rosensteinpark). Wenn dort gebaut werden solle, bestehe die Wahl, auch Grundstücke zu verkaufen oder sich als Stadt erheblich zu verschulden. Der Stadtrat bezeichnet es als begrüßenswert, dass diese Programme im Rahmen des SIM variable Prozentsätze aufwiesen. Dies betreffe nicht lediglich den sozialen Mietwohnungsbau oder die Mietwohnungen mittlerer Einkommensbezieher, sondern auch das frei finanzierte Wohnen und das Stuttgarter Eigentumsprogramm, was ein wichtiges Anliegen seiner Fraktion sei. Lediglich Eigentum schütze vor steigenden Mieten. Diesem Aspekt sollte man sich bewusst sein, wenn Bodenpolitik in der LHS betrieben werde. Durch eine entsprechende Entwicklung werde ein guter Einwohnermix und ein lebendiges und erfolgreiches Quartier gesichert. Begrüßenswert sei das Vorhaben, alle fünf Jahre zu prüfen, ob der in der heutigen Sitzung beschlossene Weg noch der richtige sei. Zum einen sei das Erbbaurecht nicht der heilige Gral für mehr sozialen Wohnungsbau in der LHS. Bei der Hochrechnung mit einem zweiprozentigen Erbbauzins bei hundert Jahren Laufzeit müsse ein Grundstück siebenmal bezahlt werden. Zudem müsse es auch über die Miete bezahlt werden. Zum anderen sei die für den Degerlocher Stadtteil Hoffeld beschlossene Vorkaufssatzung ein ebenfalls wichtiges Instrument einer aktiven Bodenpolitik, da über diese Vorkaufssatzung der Zugriff auf eventuell veräußerte Grundstücke - auch im Außenbereich - bestehe. Abschließend bietet der Stadtrat dem Gremium eine Wette an: Er glaube, dass es in den nächsten fünf Jahren kein einziges abgezinstes Erbbaurecht in der Stadt geben werde.

StR Körner (SPD) betont, rund 5.000 Menschen hätten im vergangenen Jahr die LHS verlassen und seien ins Umland gezogen. Dies seien vor allem Familien mit Kindern, da sie sich das Wohnen in Stuttgart nicht mehr leisten könnten. Es gebe Gründe für diese Stadtflucht, die es in diesem Umfang seit vielen Jahren nicht mehr gegeben habe. Es würden kaum neue Wohnungen in dieser Stadt gebaut. Der Stadtbezirk Stammheim sei der einzige Stadtbezirk, der einen Einwohnerzuwachs verzeichnen könne. Hier sei gegen heftige Widerstände vor einigen Jahren ein Neubaugebiet beschlossen worden. Nun sei es positiv, dass dieses Gebiet bestehe und dass dort Familien mit Kindern einen Platz fänden.

Im Vergleich zu anderen Städten bestünden zu wenige genossenschaftliche und kommunale Wohnungen, die im Schnitt bezahlbarer als auf dem freien Markt seien. Das sei auch ein Grund für die hohen Wohnkosten in Stuttgart im Vergleich mit Großstädten wie Wien oder Hamburg. Zudem spielten die explodierenden Bodenpreise eine gravierende Rolle und trieben die Kosten für das Wohnen in dieser Stadt nach oben, da sich hierdurch ebenso die Kosten für neue Wohnungen erhöhten. Da nahezu 50 % der Baukosten bereits auf den Grundstückspreis entfielen, könnten kaum noch bezahlbare Wohnungen in Stuttgart angeboten werden. In solch einer Situation erwarteten die Menschen zu Recht eine Reaktion der Stadt. In der heutigen Sitzung zeige sich die Reaktion in einem guten Grundsatzbeschluss für eine Neuausrichtung der Stuttgarter Bodenpolitik. Allerdings stelle dieser Grundsatzbeschluss für seine Fraktion keinen sehr guten Grundsatzbeschluss dar, da mehr Mut erforderlich sei. Der Grundsatzbeschluss sei als gut zu bewerten, da die Stadt laut Aussage des Oberbürgermeisters eine aktivere Rolle bei der Grundstücksvorratspolitik spielen müsse. Das bedeute im Kern, mehr Grund und Boden solle in städtische Hand kommen, was einen Paradigmenwechsel darstelle. Dies sei bemerkenswert, da u. a. in der CDU-Fraktion dieses Thema vor 20 Jahren sicherlich noch anders diskutiert worden sei.

Allerdings hätte sich seine Fraktion noch mehr gewünscht. Daher stelle sie erneut zur Abstimmung, dass mehr Grund und Boden in städtische Hand gelange und die Regelung bestehe, bei großen Grundstücken wie z. B. bei dem der EnBW am Stöckach, es gebe einen neuen Bebauungsplan erst, wenn die Flächen in städtischer Hand seien. Dieses werde in der Stadt Ulm erfolgreich so praktiziert. Den Worten "aktivere Bodenvorratspolitik" müssten mehr Taten folgen. Gut sei der Grundsatzbeschluss, da Anteile der städtischen Flächen für Bauträger reserviert würden, die bezahlbare Mieten bieten (SWSG und Wohnungsbaugenossenschaften). Der Stadtrat lobt den Gemeinderat, dass dieser gute Kompromiss gefunden worden sei. Allerdings wäre es aus Sicht seiner Fraktion sehr gut gewesen, wenn jeweils 30 % schon hätten festgeschrieben werden können.

Mit dem Grundsatzbeschluss solle zudem das langfristige Bestehen bezahlbarer Wohnungen auf städtischen Flächen nachhaltig sichergestellt werden. Deswegen sei es richtig, Grundstücke zunächst nicht zu verkaufen, sondern diese in Erbpacht zu vergeben. Eine Ausnahme könne für diejenigen Wohnungsunternehmen bestehen, die durch ihre Rechtsform ein nachhaltiges Wohnen zu fairen Konditionen sicherstellten. Dies seien die SWSG, da sie sich in städtischer Hand befände, und ebenso die Wohnungsbaugenossenschaften, welche qua Geschäftsmodell gar nicht anders handeln könnten. Schließlich sei die Genossenschaft im Eigentum der Mieterinnen und Mieter, welche ein lebenslanges Wohnrecht besäßen. Der Ausnahme für die Bündnis für Wohnen-Partner hätte seine Fraktion nicht zugestimmt, da dort nachhaltig nicht sichergestellt sei, dass dort zu fairen Konditionen gewohnt werden könne. Positiv nehme seine Fraktion einen Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN auf, der zum Zeitpunkt des Vorliegens der Vereinbarungen mit dem Bündnis für Wohnen behandelt werde.

StR Körner spricht seinen Dank an OB Dr. Nopper aus, da dieser einen Antrag der SPD-Fraktion aufgenommen habe und zugesagt habe, mit den Kirchen und mit Institutionen, die sich in öffentlicher Hand befänden (z. B. die EnBW), über die Notwendigkeit eines Konsenses zu diskutieren, dass diese Institutionen bei nicht mehr benötigten Grundstücken den Austausch zunächst mit der Stadt suchten, damit diese Grundstücke in städtische Hand fielen. Ein Referent aus Ulm (Herr Soldner) habe sehr eindrücklich geschildert, dass diese Vorgehensweise in Ulm selbstverständlich sei. Dieses Vorgehen erwarte seine Fraktion ebenso von einem Landesunternehmen der grün-schwarz geführten Landesregierung wie von der EnBW. Er hoffe, OB Dr. Nopper werde bei den zugesagten Gesprächen in diesem Bereich etwas erreichen können.

BM Fuhrmann habe begrüßenswerterweise den Vorschlag aufgenommen, dass im Falle einer Reservierung von städtischen Grundstücken, wie beispielsweise im Rosenstein-Areal bei den Wagenhallen, für neue Genossenschaften geprüft werde, ob die LHS nicht einen Grundstücksanteil in diese neue Genossenschaft einbringen könne, damit sich eine neue Genossenschaft mit diesem städtischen Grundstücksanteil gründen könne. Die Stadt werde damit ebenso Mitglied der Genossenschaft, wie sie es beispielweise in Zürich mit der Gruppe "Neuer Norden" sei. Auch die Stadt Tübingen habe Interesse an einem solchen Modell.

Der Neubau von Wohnungen in der LHS sei unerlässlich, damit Familien mit Kindern in der Stadt eine neue Wohnung finden könnten. Daher müsse in der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Technik (STA) in der kommenden Woche ein Einstieg in die Diskussion über ambitioniertere Neubauziele erfolgen, da in diesem Bereich derzeit skandalös wenig geschehe. Allerdings müssten die Neubauziele realistisch erfolgen. Hierbei müsse die Innenentwicklung im Vordergrund stehen und zu 80 % erfolgen. Dies bedeute im Umkehrschluss, das größte Innenentwicklungsgebiet hinter dem Bahnhof gemeinsam so rasch wie möglich voranzutreiben. Die Außenentwicklung dürfe in der europäischen kompakten und urbanen LHS nicht komplett ausgeschlossen werden, da dadurch arbeitsplatznah neue Wohnungen erstellt werden könnten. StR Körner wirbt und appelliert für diese Vorgehensweise. Es dürfe nicht der zukünftige Weg sein, dass die Menschen ins Umland zögen, dort auf der grünen Wiese Wohnungen entstünden und mit viel Aufwand und Verkehr alle Personen wieder nach Stuttgart zur Arbeit kämen. Vielmehr sei eine Bewegung hin zum Wohnen in der Stadt für Familien mit Kindern wünschenswert.

StRin Tiarks (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) betont, über die Vorlage 146/2021 sei monatelang in den einzelnen Gremien diskutiert worden. Darüber hinaus habe ein Austausch stattgefunden, wie der zukünftige Weg in Stuttgart beim Thema Bodenpolitik gestaltet werden solle. Der Boden sei auch in der LHS kein vermehrbares Gut und müsse für das Allgemeinwohl zur Verfügung stehen. Die letzten Jahre hätten gezeigt, dass die Spekulation mit Boden immer weitergetrieben worden sei. Die Grundstückspreise stiegen weiter und der Quadratmeterpreis für Boden im NeckarPark sei beispielsweise von 288 € auf 2.500 € gestiegen. Der Gemeinderat und die Verwaltung seien vor der Herausforderung gestanden, einen wirklichen Perspektivwechsel durchzuführen und dadurch der Bodenspekulation das Handwerk zu legen, um den Stuttgarter*innen leistbaren Wohnraum bieten zu können.

Ihre Fraktion habe in den letzten Jahren keinem einzigen Verkauf zugestimmt, was darin begründet sei, dass lediglich mit eigenem Grund und Boden verstärkter Einfluss auf die Nutzung des eigenen Bodens ausgeübt werden könne. Vor dem Hintergrund des raren Guts von städtischem Boden in der LHS müsse hierauf besonders darauf geachtet werden. Dennoch habe ihre Fraktion einen Kompromiss mit der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN versucht zu finden, der nicht nur kleine Schritte in die richtige Richtung beinhaltet hätte, sondern einen wirklichen Fortschritt bedeutet hätte. Der Kompromiss habe vorgesehen, dass das Bündnis für Wohnen und die Investorinnen und Investoren rausfallen sollten, und dass dafür dem Verkauf von Grundstücken an die SWSG und die Genossenschaften zugestimmt werden solle. Darauf habe sich die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN bedauerlicherweise nicht einlassen können. Dabei hätten die Bündnisteilnehmenden bis auf die SWSG nicht erreicht, ihren Bündnisverpflichtungen nachzukommen. Es stelle sich die Frage, warum mit Investorinnen und Investoren, die sich nicht an die Regeln hielten, weitergearbeitet werden solle. Daher stelle ihre Fraktion in der heutigen Sitzung erneut den Antrag, dass die Auswahl für Kauf und Erbbaurecht nur der SWSG und den Genossenschaften angeboten werde. Dies bedeute, es werde gemeinsam mit der SPD beantragt, dass Ziffer 3.1c in der Neufassung der Vorlage gestrichen werde. Ebenso werde darüber hinaus die Streichung von Ziffer 3.1d der Vorlage beantragt.

Ihrer Fraktion sei es besonders wichtig gewesen, auf städtischem Boden keine Eigentumswohnungen mehr zu bauen und dass es zu einer hohen Quote von Sozialmietwohnungen und Wohnungen für Menschen mit mittlerem Einkommen komme. Brisant sei, dass die Vorlage eine Verschlechterung der Quoten für Sozialmietwohnungen vorsehe, auch wenn diese Quoten in der Vergangenheit nicht tatsächlich umgesetzt worden seien. Während vorher 60 % Sozialmietwohnungen vorgesehen seien, bestehe nun eine Spanne von 40 bis 60 %.

Zwar werde der Schwerpunkt auf geförderten und preisgedämpften Wohnungsbau gelegt, aber der frei finanzierte und die Eigentumswohnungen seien weiterhin beinhaltet. Die Stadträtin erinnert daran, in der Vormerkdatei für Wohnungssuchende und Wohnungsvergaben habe es 4.634 Vormerkungen im Jahr 2020 gegeben mit einem Anteil von knapp 3.000 Dringlichkeitsfällen. Wie von OB Dr. Nopper ausgeführt, nehme die Zahl der Sozialmietwohnungen weiter ab. Diese Entwicklung dürfe nicht weitergeführt werden. Daher stelle ihre Fraktion erneut den Antrag, dass es zukünftig auf städtischem Boden nur 70 % Sozialmietwohnungen und 30 % Wohnungen für mittlere Einkommen geben dürfe. Dagegen dürften keine Eigentumsprogramme, dürfte kein frei finanzierter Wohnungsbau und kein preisgedämpfter Mietwohnungsbau bestehen. Es werde leistbarer Wohnraum für Menschen mit geringen Einkommen benötigt und keine Eigentumswohnungen.

Wohnen sei ein Menschenrecht. Es bestehe die Pflicht, das Ausbluten der Stuttgarter*innen wegen Wohnraum zugunsten von Investorinnen und Investoren zu beenden. Vielmehr müsse ein ausreichender Bestand an Sozialwohnungen und Mietwohnungen für mittlere Einkommensbezieher*innen sichergestellt werden, damit Sozialhotels der Vergangenheit angehören sollten. Ebenso dürfe nicht vergessen werden, dass die Hälfte der Stuttgarter*innen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein habe. Dies bedeute, die dringend benötigten Pflegefachfrauen und -männer, die Reinigungsfachpersonen, Mitarbeiter*innen beim AWS und bei der Feuerwehr stellten die soziale Durchmischung der LHS dar.

Die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN hätte in der gesamten Diskussion keine Bewegung gezeigt und stattdessen für ihre Inhalte Mehrheiten auch bei der CDU-Fraktion gesucht. StRin Tiarks appelliert an die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, einen wirklichen Fortschritt nicht scheitern zu lassen, und in der heutigen Sitzung für eine wirkliche Bodenvorratspolitik und eine wirkliche Wende hin zu leistbarem Wohnraum zu stimmen - nicht nur für kleine Schritte in die richtige Richtung.

Der Oberbürgermeister sei in seinen Ausführungen auf die soziale Durchmischung eingegangen, so StRin Tiarks. Für ihre Fraktion wäre es begrüßenswert, eine soziale Durchmischung beispielweise auf dem Killesberg für mehr Sozialmietwohnungen durchzuführen. Die von StR Dr. Vetter angebotene Wette sei eine Farce, da bei der Wahl zwischen Kauf und Erbpacht sich kein Investor - auch bei verbesserten Konditionen - für die Erbpacht entscheide. Daher könne sie seine Wette nicht annehmen.

StR Neumann (FDP) betont, bereits in einer seiner ersten Sitzungen vor rund zweieinhalb Jahren im Unterausschuss Wohnbau sei über das Thema Erbbauzinsen diskutiert worden. Als Neuling habe er damals über keine Kenntnisse über diese Materie verfügt, aber die Komplexität der Themen Bodenpolitik und Wohnbau bemerkt. Das Thema sei "empfindlich wie ein Uhrwerk". In einem Uhrwerk könne man durchaus Schrauben zu fest drehen und es damit kaputtmachen. Seiner Auffassung nach sei die Beurteilung von StR Körner, der Grundsatzbeschluss der heutigen Sitzung sei lediglich gut aber nicht sehr gut, voll zutreffend. Dies zeige, dass die Schrauben genau richtig angedreht worden seien.

Sogar aus Ulm sei ein sehr lehrreicher Expertenrat hinzugezogen worden. In diesem Zusammenhang dankt er den Freien Wählern, die dieses initiiert hätten. Als Ergebnis sei für ihn wichtig, dass sich die LHS nicht direkt mit Ulm vergleichen könne, und dass das Thema Erbpacht nicht unbedingt der ausschließliche Königsweg sei. So viel Ehrlichkeit müsse bestehen.

Dennoch sei erreicht worden, gemeinsam oder zumindest mehrheitlich eine Formulierung zu finden, durch die sehr viel vereint werde. Er äußert seinen persönlichen Dank an StRin Rühle, die koordinierend gewirkt habe, damit in teilweise sehr harten Diskussionsrunden eine Einigung hätte erzielt werden können.

Es liege nun ein Grundsatzbeschluss mit einem langfristigen Charakter vor. Langfristig bedeute, dieser Beschluss sei vermutlich zunächst nicht unmittelbar in den nächsten fünf Jahren im Wohnungsbau hilfreich, was klar sein müsse. Es dürfe nicht die Hoffnung bestehen, dass durch eine Veränderung der Erbbauzinsen umgehend die Erbpacht auf breiter Front nachgefragt werde. Dies werde so nicht eintreten, denn auch 2 % Zinsen seien insbesondere für die SWSG und ebenso für die Wohnbaugenossenschaften unattraktiv, wenn die aktuellen Zinsen in der normalen Finanzierung für den Kauf eines Grundstücks betrachtet werden. Insofern sei gut und wichtig zu bewerten, dass ein Wahlrecht implementiert worden sei. Zudem sei es positiv, dieses Wahlrecht ebenso für andere Partner implementiert zu haben: Für Bündnispartner für Wohnen und auch für Investoren. Alleine mit der SWSG und den Baugenossenschaften könnte der Wohnbau nicht realisiert werden. Insofern sei dieser Kompromiss in dieser Vorlage absolut richtig und konsequent.

Angesicht einer möglichen Hochzinsphase in einigen Jahren, werde das Thema Erbpacht evtl. bereits interessant bei 2 % Zinsniveau. Dann könne das Problem entstehen, dass mehr Menschen Erbpacht nachfragten, als es im Sinne von Verwaltung und Gemeinderat sei. Dann müsse die Refinanzierung der LHS berücksichtigt werden. Auf diese Diskussion in den Gremien sei er gespannt. Es bestehe jederzeit die Möglichkeit, regelmäßig die Erbbauzinsen zu evaluieren. Dies stelle ein ebenso guter Beschluss in der Vorlage dar. Nach dem Beschluss der Neufassung der Vorlage in der heutigen Sitzung sei nicht der Zeitpunkt, die Hände in den Schoß zu legen. Vielmehr stelle der Aspekt "Nachhaltige und aktive Bodenpolitik" für den Gemeinderat und die Verwaltung ein Langläuferthema dar. Seine Fraktion werde der Vorlage der Stadt zustimmen.

StR Puttenat (PULS) führt aus, die Neuausrichtung der Bodenpolitik werde vermutlich für viele Jahre und somit für kommende und veränderte Zusammensetzungen des Gemeinderats gelten. Insofern sei es nicht zuletzt deshalb wichtig, in der heutigen Sitzung mit einer breiten Mehrheit in die Zustimmung zu dieser Beschlussvorlage zu gehen. Sowohl die Fraktionen als auch die Verwaltung hätten aus den Problemen eines überhitzten Boden- und Immobilienmarkts gelernt, was gut und wichtig sei. Seine Fraktion sei schlussendlich zufrieden, würde einen soliden Kompromiss all dieser Aushandlungen erkennen und könne heute zustimmen.

Zwar sei nicht alles Gold, jedoch liege dies in der Natur der Kompromisse. Es sei erfreulich, dass seine Fraktion mit ihrem Änderungsantrag die einleitenden Ziffern 1 und 2 der Beschlusspunkte deutlich in Richtung gemeinwohlorientierter und ökologischer Schwerpunkte gestärkt und geschärft habe. So sei unter Ziffer 2 die Konzeptvergabe eingebracht worden. Dieses wertvolle von der LHS im Jahr 2015 eingeführte Instrument werde durch die Neuausrichtung der Bodenpolitik geschärft. Seine Fraktion verschreibe sich dabei der neuen Charta von Leipzig als Leitlinie für eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung, um aktuelle und zukünftige soziale, ökologische und wirtschaftliche Herausforderungen zu bewältigen. Die Stadt Stuttgart sei durch die Konzeptvergabe in der Lage, die Rahmenbedingungen und Anforderungen vorzugeben, nach welchen Baudamen und -herren zukünftig auf kommunalem Grund und Boden bauen dürfen. Diese Chance der Konzeptvergabe solle konsequent genutzt werden. Ebenso solle sich auf neu zu bebauende Flächen konzentriert werden, das jeweilige Milieu geprüft und achtsam die Vorgaben ausgelotet werden, unter welchen ausgeschrieben werde. All dieses müsse unter den Aspekten der sozialen Gerechtigkeit und der Nachhaltigkeit stehen, da somit die kommunale Hoheit gestärkt und mehr Verantwortung im Namen einer diversen Stadtgesellschaft übernommen werde.

Zur Stärkung des Erbbaurechts sollten städtische Flächen wo immer möglich nicht verkauft, sondern in Erbpacht vergeben werden. Auch wenn es angesichts der derzeitigen Zinssituation nicht die einfachste Aufgabe darstelle, die Konditionen der Erbpacht attraktiver zu gestalten, gehe der Beschluss in die richtige Richtung im Bereich des Möglichen.

Grundsätzlich sei es nicht vorrangige Absicht seiner Fraktion, Flächen zu verkaufen. Dennoch werde es in Zukunft realistischerweise nicht ausbleiben, dass die Stadt die eine oder andere Fläche veräußern werde. In solchen Fällen müsse die Beschlussvorlage beim Wort genommen und die Karte des Wiederkaufsrechts gezogen werden, falls das mit den Baudamen oder -herren vereinbarte Konzept nicht wie von der Stadt gewünscht umgesetzt worden sei. Grundsätzlich halte seine Fraktion die in der Vorlage formulierten Absicherungen seitens der Stadt bezüglich Missbrauch von verkauften Flächen für gut und richtig.

Bezüglich der Einzelfallentscheidung sei anzumerken, dass Degerloch nicht Zuffenhausen sei, und der Stuttgarter Westen nicht Birkach sei. Insofern werde es auf Grundlage dieser Neuausrichtung der Bodenpolitik stets wichtig sein, sich neu zu bebauende Areale und Bauflächen samt ihrem Umfeld genau anzuschauen. Daraufhin gelte es, kluge Konzeptvorgaben zu erarbeiten, um eine dem jeweiligen Quartier angemessene soziale Durchmischung zu erreichen. In diesem Sinne sei es nach Auffassung seiner Fraktion richtig, die Quoten für den sozialen Mietwohnungsbau, den preisgedämpften Mietwohnungsbau und das Bauen für das mittlere Einkommenssegment nicht starr, sondern vielmehr als Leitlinien zu verstehen. Die Priorität liege dabei beim sozialen Mietwohnungsbau. Die Einzelfallentscheidungen würden darüber hinaus in Zukunft zeigen, wie stark sich der jetzige und zukünftige Gemeinderat an diese Neuausrichtung der Bodenpolitik halte.

Seine Fraktion sei und bleibe skeptisch gegenüber dem Bündnis für Wohnen. Dies habe nichts mit der zugrundeliegenden Intention zu tun, sondern mit der fehlenden Transparenz gegenüber dem Gemeinderat. Es bestehe daher der Wunsch nach einer strukturellen Neuausrichtung, die den Stadträtinnen und Stadträten mehr Einblick erlaube. Schließlich werde ein Vertrauen in alle potenzielle Partner*innen benötigt, die die stadteigenen Flächen sozial gerecht und klimatologisch nachhaltig bebauten. Die von seiner Fraktion geschätzte SWSG sei von dieser Kritik ausgenommen.

Bezüglich des Stuttgarter Eigentumsprogramm SEP sei es seiner Fraktion gemeinsam mit der SPD und der Fraktionsgemeinschaft Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei nicht gelungen, die Förderquoten des Eigentums aus der Beschlussvorlage zu streichen. Seine Fraktion stelle sich nicht prinzipiell gegen Eigentum. In Zeiten jedoch, in welchen Menschen in der LHS händeringend nach bezahlbarem Mietwohnraum suchten und wo die Mietpreise längst nicht nur für Geringverdienende, sondern auch für die Mittelschicht zu einer hohen Bürde würden, sehe PULS die Stadt nicht in der Verantwortung und Position, Eigentum finanziell zu fördern.

Als Fazit hält StR Puttenat fest, die Bodenpolitik der Stadt müsse mutiger, progressiver und selbstbestimmter werden und sich dabei dem nachhaltigen Gemeinwohl sowie der Schaffung sozial inklusiver Quartiere verschreiben. Die Neuausrichtung bodenpolitischer Grundsätze und Regularien habe die Aufgabe, Stuttgart zukunftsfähig und resilient gegenüber Spekulation und negativen Entwicklungen des freien Marktes zu gestalten. Dazu gehören für alle Gesellschaftsschichten leistbarer Wohnraum, integratives und inklusives Zusammenleben und städtebauliche sowie landschaftsplanerische Qualitäten. Zu berücksichtigen seien dabei sich verändernde Lebensrealitäten, die Familie und neue Arbeitswelten nahräumlich in produktiven Quartieren zusammenführen. All diese Faktoren seien in ihrer Gesamtheit grundsätzlich und dringlich unter dem Aspekt der zu erreichenden Klimagerechtigkeit zu betrachten. Die ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit in der Landnutzung stelle das bodenpolitische Ziel der Stadt dar. Als integratives und inklusives Leitbild gelte, dauerhaft die vielfältige Sozialstruktur der Stadtgesellschaft in allen Quartieren abzubilden. Abschließend spricht der Stadtrat seinen Dank an die Fachverwaltung und die Fraktionen für die gute Zusammenarbeit aus.

StR Schrade (FW) schließt sich den Ausführungen von StR Dr. Vetter an, dass es für ihn ebenso Ende Januar in der heißen Phase der Beratungen über die Neuausrichtung der Bodenpolitik eher unwahrscheinlich gewesen sei, dass seine Fraktion dem Grundsatzbeschluss am Ende zustimmen würde. Jedoch werde in der heutigen Sitzung die Zustimmung zur Vorlage erfolgen, da seine Fraktion der Meinung sei, dass die Beratungen doch noch ein annehmbares Ergebnis hervorgebracht hätten.

Den in der modifizierten Beschlussvorlage enthaltenen tragbaren Kompromiss habe seine Fraktion maßgeblich mit herbeigeführt. Der Kompromiss sei nach seiner Überzeugung u. a. deshalb möglich, weil der von den Freien Wählern initiierte Vortrag und Austausch über die Ulmer Bodenpolitik einige Stadträtinnen und Stadträte zu einer anderen Sichtweise verholfen habe. In diesem Vortrag sei überdeutlich geworden, welche Bedeutung das Erbbaurecht, welches von einigen Gemeinderätinnen und Gemeinderäten als das Nonplusultra der Bodenpolitik gelte, in der Realität habe. Im Protokoll der WA-Sitzung vom 03.12.2021 sei hierzu der folgenden Aussage von Herrn Soldner aus der Ulmer Stadtverwaltung zu entnehmen: "Die Stadt vergebe seit 25 Jahren keine Grundstücke mehr in Erbbaurecht, sondern verkaufe sie. Nicht weil sie es nicht anbieten würde, sondern weil es nicht angenommen werde, weder von gewerblichen noch von privaten Bauherren."

In der Debatte über die Vorlage sei für die FW-Fraktion von Anfang an sehr wichtig gewesen, dass die Kaufoption bei städtischen Grundstücken bestehen bleibe. Seine Fraktion sei nach wie vor der Überzeugung, die Stadt könne und solle bei der Bodenpolitik eine aktivere Rolle einnehmen. Dabei müssten jedoch ebenso diejenigen Institutionen berücksichtigt werden, welche Wohnungen errichten, bewirtschaften und erhalten sollten. Diese Institutionen sprächen sich für die Kaufoption aus. Für die Akteure am Wohnungsmarkt, insbesondere für diejenigen, die sich im geförderten Wohnungsbau engagierten, müssten Bau und Betrieb von Wohngebäuden über einen langen Zeitraum wirtschaftlich darstellbar sein. Überbordende und weit in die Zukunft reichende Vorgaben und Auflagen, wie sie vor allem von den linksorientierten Fraktionen in ihren Anträgen formuliert worden seien, würden den Rahmen sprengen und vor allem dazu beitragen, den Wohnungsbau zu unterdrücken und nicht anzukurbeln.

Grundsätzlich ärgerlich sei das offenbar weit verbreitete und große Misstrauen gegenüber privatwirtschaftlich organisierten Wohnungsbauunternehmen und Investoren. Auch diese hätten in der Vergangenheit ihren Teil zum Wohnungsbau in der Stadt beigetragen. Sie gänzlich vom Erwerb städtischer Grundstücke auszuschließen, wäre deshalb ein Fehler. Dass sonstige Investoren für die Bebauung von Grundstücken, die im besonderen Interesse der Stadt lägen, jetzt nach Einzelfallentscheidung des Gemeinderats doch auch ein Wahlrecht - Kauf oder Erbbaurecht - erhielten, sei als gut und richtig zu bewerten. Die Kaufoption sei deshalb so wichtig, weil die Stadt damit Geld einnehme, mit dem sie den Ankauf und die Neuordnung anderer Grundstücke und Areale finanzieren könne. Das Verständnis seiner Fraktion von aktiver Bodenpolitik erschöpfe sich eben nicht im ausschließlichen Ankauf und im Halten weiterer Grundstücke, so StR Schrade. Vielmehr gehe es darum, dass die Stadt mit ihrer Bodenpolitik fortlaufend die positive Weiterentwicklung von Stadtquartieren anstoßen und ermöglichen könne. Die unverkennbare soziale Grundausrichtung werde mit dem heutigen Grundsatzbeschluss festgeschrieben.

Das Rosensteinviertel zeige, dass die finanzielle Seite der Bodenpolitik nicht einfach ausgeblendet werden könne und dürfe. Dieses Areal werde ebenso von dem heutigen Beschluss erfasst. Für die dort entstehende Infrastruktur werde die Stadt viel Geld benötigen. Kitas, Schulen, Sport- und Grünflächen, Straßen, Wege, Betriebshöfe, die alten Bahnbauwerke, die erhalten werden sollen: all dies werde hohe finanzielle Mittel benötigen. Über diese würde die Stadt ohne Grundstücksverkauf nicht verfügen. Im Rosensteinviertel befänden sich bis auf wenige Ausnahmen alle Grundstücke in städtischer Hand. Das zeigt, dass OB Dr. Schuster, die damalige Mehrheit des Gemeinderats und die Stadtverwaltung mit dem Projekt Stuttgart 21 schon vor vielen Jahren Bodenbevorratung "at it's best" betrieben hätten. Seine Fraktion stimme der Beschlussvorlage zu und werde ein waches Auge auf die praktische Umsetzung und auf die Auswirkungen dieses Grundsatzbeschlusses behalten.

StR Köhler (AfD) weist darauf hin, dass das Thema Bodenpolitik in den Ausschüssen zu Recht sehr ausführlich behandelt worden sei. Der gesamte Aspekt habe zwar von Anfang an über keinen Geist des Kollektivismus verfügt, aber es sei in den Verhandlungen und im Ablauf der verschiedenen Sitzungen mit einer sehr gesunden Skepsis an das Thema Privatisierung herangegangen worden. Es sei ausgesagt worden, Boden müsse vor Privatisierung geschützt werden und ein kollektives Gut bleiben, da Boden nicht vermehrbar sei. Diese Auffassung sei richtig. Durch die veränderten Rahmenbedingungen beim Erbbaurecht sollte das Instrumentarium für die Stadt erweitert werden. Wie schon oftmals dargestellt, werde eine Erbpacht leider bislang und vermutlich auch in absehbarer Zukunft in jeder Form keine Interessenten finden. Zudem wolle der Stadtrat keine Wette darauf abschließen, was in 30 Jahren oder in absehbarer Zukunft geschehen werde. Die Erbpacht sei also in dem Sinne ein stumpfes Schwert.

Es gebe in diesem Sinne auch wirksamere Möglichkeiten, so der Stadtrat. Die Stadt habe diese bereits: hier seien im Besonderen die verschiedenen Arten des Vorkaufsrechts zu nennen. Damit halte die LHS gewissermaßen die Hand auf den Grundstücken. Es sei offensichtlich, dass der Gemeinderat und die Stadt gewillt seien, diesen Instrumentarienkasten bis an die Grenzen des rechtlich Möglichen durchaus auszureizen. Ob dadurch mehr Wohnungen gebaut würden, könne er abschließend nicht beurteilen, so StR Köhler: Dies sei eine schwierige Diskussion. Seine Fraktion hätte sich zwischen all den Belegungsrechten und den Quotierungen, die dem Wohnungsbau aufgezwungen würden, einen stärkeren Anteil des freien Wohnungsbaus gewünscht. Mit jedem Belegungsrecht wachse ebenso die Wahrscheinlichkeit einer Fehlbelegung, sodass der AfD die direkte einkommensabhängige Bezuschussung der Wohnkosten als viel geeigneteres Instrument erscheine, um den überhitzten Wohnungsmarkt zu dämpfen. Dies sei jedoch eine andere Diskussion und berühre diesen Grundsatzbeschluss weniger. Nichtsdestotrotz begrüße seine Fraktion die Beibehaltung des Wahlrechts für die Partner des Bündnisses für Wohnen. Somit könne für das Eigentum problemlos entschieden werden, weswegen seine Fraktion dem Grundsatzbeschluss gerne zustimmen werde.

Da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, verliest BM Fuhrmann die Formulierung des Antrags der SPD-Fraktion (Antrag Nr. 1328/2021, Antrag Nr. 1)
"Bei neuen Bebauungsplänen, durch die neue Geschossflächen für das Wohnen von mindestens 25.000 m² entstehen sollen, wird der neue Bebauungsplan erst beschlossen, wenn die entsprechenden Grundstücke in städtischer Hand sind."

Über diesen Beschlussantrag sei in der heutigen Sitzung abzustimmen, so BM Fuhrmann. Zudem habe er aus dem Redebeitrag von StRin Tiarks einen Antrag herausgehört. Sie habe angedeutet, dass ihre Fraktion zwei oder drei Anträge zur Abstimmung stellen wolle. Eine ihrer Äußerungen betreffe Antrag Nr. 309/2021 (Beschlussziffer 8):

"Städtische Flächen werden nur mit folgenden Förderquoten entwickelt, die über die gesamte Erbpachtdauer gilt: 70 % SMW und 30 % MME".

StRin Tiarks ergänzt, es werde zudem gemeinsam mit der SPD beantragt werde, die Ziffer 3.1c aus der Neufassung der Vorlage 146/2021 zu streichen.

Außerdem beantrage ihre Fraktion, ebenso die Ziffer 3.1d aus der Neufassung der Vorlage 146/2021 zu streichen.

OB Dr. Nopper stellt zunächst den Antrag der SPD-Fraktion (Nr. 1328/2021) mit der Formulierung

"Bei neuen Bebauungsplänen, durch die neue Geschossflächen für das Wohnen von mindestens 25.000 m² entstehen sollen, wird der neue Bebauungsplan erst beschlossen, wenn die entsprechenden Grundstücke in städtischer Hand sind."

zur Abstimmung und stellt fest:

Der Gemeinderat lehnt bei 18 Ja-Stimmen diesen Antrag mehrheitlich ab.


Der Vorsitzende stellt daraufhin den Antrag der Fraktionsgemeinschaft Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei und der SPD zur Abstimmung, der sich auf die Streichung von Ziffer 3.1c aus der Neufassung der Vorlage 146/2021 richtet und stellt fest:

Der Gemeinderat lehnt bei 18 Ja-Stimmen diesen Antrag mehrheitlich ab.

Der Oberbürgermeister stellt den Antrag der Fraktionsgemeinschaft Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei zur Abstimmung, der sich auf die Streichung von Ziffer 3.1d aus der Neufassung der Vorlage 146/2021 richtet und stellt fest:

Der Gemeinderat lehnt bei 11 Ja-Stimmen diesen Antrag mehrheitlich ab.

Daraufhin stellt OB Dr. Nopper den Antrag der Fraktionsgemeinschaft Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei Nr. 309/2021 (Beschlussziffer 8) mit der Formulierung

"Städtische Flächen werden nur mit folgenden Förderquoten entwickelt, die über die gesamte Erbpachtdauer gilt: 70 % SMW und 30 % MME"

zur Abstimmung und stellt fest.

Der Gemeinderat lehnt bei 11 Ja-Stimmen diesen Antrag mehrheitlich ab.




Schlussendlich stellt OB Dr. Nopper die Neufassung der GRDrs 146/2021 zur Abstimmung und stellt fest:

Der Gemeinderat beschließt bei 5 Gegenstimmen und 1 Enthaltung mehrheitlich wie beantragt.

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