Landeshauptstadt Stuttgart
Technisches Referat
Gz: T
GRDrs 52/2012
Stuttgart,
01/31/2012



Planung und Bau einer Bioabfallvergärungsanlage in Stuttgart




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Umwelt und Technik
Bezirksbeirat Zuffenhausen
Ausschuss für Umwelt und Technik
Betriebsausschuss Abfallwirtschaft
Gemeinderat
Einbringung
Beratung
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
nicht öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
07.02.2012
14.02.2012
06.03.2012
07.03.2012
08.03.2012



Beschlußantrag:

1. Dem Vorhaben zur Planung und Realisierung einer Bioabfallvergärungsanlage in Stuttgart wird grundsätzlich zugestimmt.

2. Vom Gutachten „Standortalternativenvergleich“ des Büros Planung + Umwelt Prof. Koch, Stuttgart wird Kenntnis genommen (Anhang 1).

3. Die Verwaltung wird beauftragt, die erforderlichen planungsrechtlichen Schritte für eine Realisierung am Standort Zuffenhausen, Gewann Sauhalde, einzuleiten sowie ein Zielabweichungsverfahren beim Regierungspräsidium zu beantragen.

4. Die Verwaltung wird beauftragt, für die Planung der Anlage ein europaweites VOF - Verfahren durchzuführen und die Planungsarbeiten zu vergeben.


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Über den derzeitigen Stand der Bioabfallverwertung in Stuttgart und den Rahmenbedingungen zur Realisierung einer Bioabfallvergärungsanlage wurde mit GRDrs. 281/2011 berichtet.

Die Novelle des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes sieht ab dem 01.01.2015 die flächendeckende Getrenntsammlung der Bioabfälle bundesweit vor.

Mit einem Anschluss- und Benutzungszwang für die Biotonne könnte die Gesamtmenge an getrennt erfasstem Bioabfall in Stuttgart von derzeit ca. 15.000 Mg/a auf mehr als 30.000 Mg/a verdoppelt werden.

Durch eine Vergärung des Bioabfalls wird sowohl dessen energetisches Potenzial genutzt als auch hochwertige Produkte (Kompost, Flüssigdünger) gewonnen, welche konventionelle Dünger ersetzen können.

Eine eigene Anlage in der Nähe des Entstehungsorts der Bioabfälle spart Transportwege und bringt abfallwirtschaftliche Planungssicherheit.

Im Rahmen einer Standortsuche wurden in einem mehrstufigem Suchlauf verwaltungsintern geeignete Standorte vorgeprüft und anschließend durch ein externes Büro ein Standortalternativenvergleich durchgeführt.

Als Ergebnis wurde festgestellt, dass grundsätzlich drei Standorte für die Errichtung einer Bioabfallvergärungsanlage unter Einschränkungen geeignet wären. Zwei dieser potenziellen Standorte befinden sich im Eigentum der EnBW und sind derzeit nicht verfügbar. Bei dem dritten Gelände handelt es sich überwiegend um städtische Flächen im Gewann Sauhalde in Zuffenhausen. In Anbetracht des geplanten Realisierungsablaufs ist der Standort Sauhalde derzeit der einzige in Frage kommende Standort. Neben der Verfügbarkeit weist der Standort weitere Vorteile auf. Hier ist eine Kooperation mit dem Garten-, Friedhof- und Forstamt zur Gärresteverwertung und –vermarktung sowie insbesondere die Nutzung der entstehenden Energie im Stadtbad Zuffenhausen zu nennen.

Für das Gelände gibt es einen rechtskräftigen Bebauungsplan, der allerdings der Realisierung des Vorhabens widerspricht. Es ist ein neuer Bebauungsplan aufzustellen, der den bestehenden ersetzt. Parallel zum Bebauungsplan ist der Flächennutzungsplan in diesem Bereich zu ändern. Eine weitere Einschränkung besteht darin, dass die Ziele der Raumordnung (Regionaler Grünzug) dem Vorhaben entgegenstehen. Hierfür ist ein Zielabweichungsverfahren erforderlich, welches beim Regierungspräsidium zu beantragen ist.

Finanzielle Auswirkungen

Planungskosten (Leistungsphasen 3 – 4): 158 000 €


Beteiligte Stellen

Referat WFB, Referat StU

Vorliegende Anträge/Anfragen

keine

Erledigte Anträge/Anfragen

keine




Technisches Referat
      Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart
Dirk Thürnau
Bürgermeister
      Dr. Thomas Heß
      Geschäftsführer


Anlagen

Anlage 1: Ausführliche Begründung
Anlage 1 zur GRDrs 52/2012

Ausführliche Begründung

Vorbemerkung

Mit der GRDrs 281/2011 wurden die Grundlagen und Rahmenbedingungen zur Realisierung einer Bioabfallvergärungsanlage in Stuttgart erläutert.

Die Verwaltung wurde zugleich beauftragt, mögliche Standorte für eine solche Anlage zu suchen und zu bewerten.


Zu Beschlusspunkt 1:

Vor dem Hintergrund der Novelle des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, welches die flächendeckende Getrenntsammlung der Bioabfälle ab dem 01.01.2015 vorsieht, ist eine Überprüfung und Entscheidung über die zukünftige Sammlung und Verwertung dieser Abfälle in Stuttgart erforderlich.

Im Sinne eines ganzheitlichen Umweltschutzes ist es sinnvoll, den anfallenden Bioabfall in dezentralen Anlagen zu behandeln und neben den wertvollen Endprodukten Kompost und Flüssigdünger auch dessen energetisches Potenzial als Strom und Wärme zu nutzen.

Der AWS hat deshalb schon frühzeitig Überlegungen angestellt, den Kooperationsvertrag mit dem LK Esslingen zur Verwertung des Stuttgarter Biomülls im Kompostwerk Kirchheim/Teck zu kündigen. Der Kooperationsvertrag kann erstmals zum 22.11.2012 mit einer Frist von 3 Jahren gekündigt werden. Dies bedeutet, dass ab 2015 die über die Biotonne eingesammelten Abfälle einer ökologisch besseren und ökonomisch günstigeren Verwertung zugeführt werden können.

In diesem Zusammenhang ist zunächst zu prüfen, ob eine Verwertung in einer eigenen Anlage in Stuttgart in Betracht kommen kann.

Neben der Planungssicherheit und Entsorgungssicherheit, welche eine eigene Anlage bietet, kommt – auch vor der aktuellen Diskussion zur Erzeugung regenerativer Energie (Biogas) und deren lokalen Nutzung mittels Kraft-Wärme-Kopplung – diesem Thema eine immer stärkere Gewichtung zu.

Darüber hinaus werden umweltrelevante Beeinträchtigungen durch Reduzierung der Transportwege vermieden. Wenn ein geeigneter Standort zur Verfügung steht und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen, ist es sinnvoll eine solche Anlage als weiteren Bestandteil der Stuttgarter Abfallwirtschaft zu realisieren.


Zu Beschlusspunkt 2:

Eine wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Bau und Betrieb einer Bioabfallvergärungsanlage ist die Verfügbarkeit eines geeigneten Grundstücks.

Die Verwaltung hat in einem mehrstufigen Suchlauf insgesamt 16 in Betracht kommende Flächen untersucht. Das Augenmerk wurde insbesondere auf im Flächennutzungsplan dargestellte gewerbliche Bauflächen, Ver- und Entsorgungsflächen sowie verfügbare städtische Grundstücke gelegt. Aufgrund von Ausschlusskriterien wie Abstand zur Wohnbebauung und Schutzgebieten wurden 8 Standorte ausgeschieden.

Um entsprechende Planungssicherheit und eine fundierte Grundlage für die Änderung des Planrechts zu erhalten, wurde für die verbleibenden 8 Standorte eine Standortalternativenprüfung durchgeführt, die auch für die Umweltprüfung im Rahmen der Bauleitplanverfahren relevant wird.

Mit der Durchführung dieses Standortalternativenvergleichs wurde das Büro Planung + Umwelt Prof. Koch aus Stuttgart beauftragt.

Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass von den 8 Standorten grundsätzlich 3 Standorte unter Einschränkungen geeignet wären (Anhang 1).

Hierbei handelt es sich um folgende Standorte:

a) Gaisburg, Gaswerk EnBW
b) Gaisburg, Kraftwerk EnBW
c) Zuffenhausen, Gewann Sauhalde

Die beiden Standorte a) und b) befinden sich im Eigentum der EnBW.

Die EnBW erklärt in Gesprächen, dass sie mit dem Gelände Gaisburg (Gaswerk und Kraftwerk) möglicherweise andere Ziele verfolgt. Damit ist eine abschließende Aussage hinsichtlich der Verfügbarkeit dieser Standorte momentan nicht möglich.

Innerhalb des Stadtgebietes verbleibt somit nur der Standort „Gewann Sauhalde“ im Stadtteil Zuffenhausen, welcher unter Zugrundelegung der Standortkriterien in Frage kommen kann (s. Beschlusspunkt 3).

Auch eine mögliche Kooperation mit den Landkreisen der Region Stuttgart wurde geprüft. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass kurz- und mittelfristig keine Kooperation mit einem oder mehreren Kreisen der Region realisiert werden kann.

Der Landkreis Böblingen sowie der Rems-Murr-Kreis betreiben in Leonberg bzw. in Backnang-Neuschöntal bereits eigene Bioabfallvergärungsanlagen.

Seitens der Landkreise Esslingen und Ludwigsburg werden zwar ebenfalls Überlegungen zur künftigen Vergärung von Bioabfällen angestellt, konkrete Zusagen über eine evtl. gemeinsame Anlage können allerdings nicht gegeben werden.


Zu Beschlusspunkt 3:

Bei dem Standort Zuffenhausen, Gewann Sauhalde (Flurstück 2499/6, 2505/5, 2730/1,2732/5, 2735/1 und 2016) handelt es sich größtenteils um Flurstücke in Eigentum der Stadt. Das Flurstück 2016 ist Eigentum des Bundes. Das Gelände liegt an der Ludwigsburger Straße, gegenüber dem Kompostplatz des Garten-, Friedhofs- und Forstamts. Als ehemalige Lehmgrube dient es derzeit übergangsweise als Lagerplatz für eine Baufirma, die beim Bau der Stadtbahntrasse der U 15 tätig war.


Planungsrechtliche Situation:

Für den Standort besteht ein rechtskräftiger Bebauungsplan aus dem Jahr 1998, der für die Realisierung der Bioabfallvergärungsanlage durch einen neuen Bebauungsplan zu ersetzen ist. Der aktuelle Bebauungsplan setzt ein Sondergebiet (Fuhrbetrieb) und öffentliche Grünfläche mit Ausgleichsmaßnahmen in größerem Umfang fest. Zudem ist zur Herstellung einer wichtigen Fuß- und Radwegeverbindung eine Verkehrsfläche festgesetzt, die über die Ludwigsburger Straße und das Plangebiet in Ost-West-Richtung verläuft.

Im Rahmen des Verfahrens zur Aufstellung eines neuen Bebauungsplans werden Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden, für deren Realisierung u. U. weitere Grundstücke auch außerhalb des Plangebietes erforderlich werden.

Parallel zum Bebauungsplan ist der Flächennutzungsplan in diesem Bereich zu ändern. Aktuell ist die Kombination Sonstige Grünfläche und Waldfläche zur Realisierung des sog. Valentienwaldes dargestellt.

Der Regionalplan legt für den Bereich einen Regionalen Grünzug fest. Somit stehen dem Bau der Bioabfallvergärungsanlage Ziele der Raumordnung entgegen. In diesem Zusammenhang ist ein Zielabweichungsverfahren beim Regierungspräsidium zu beantragen.

Aus Sicht der Flächennutzungsplanung hatte der Standort Gewann Sauhalde erst einmal nicht Priorität 1. Ein Standort im Innenbereich hätte dem Leitbild des Flächennutzungsplans „Innen- vor Außenentwicklung“ eher entsprochen – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass der Gemeindrat im Rahmen der Anhörung zur Fortschreibung des Regionalplans im Juli 2008 (GRDrs. 301/2008) die Einbeziehung des Bereichs in den Regionalen Grünzug selbst angeregt hat.

Solange kein anderer Standort zum Erwerb zur Verfügung steht, wird der Standort Gewann Sauhalde aufgrund der bestehenden Vorbelastungen und möglichen Synergieeffekte als eingeschränkt geeignet angesehen.


Angaben zur geplanten Anlage:

Geplant ist eine Anlagengröße von zunächst 17.500 Mg/a. Diese wäre nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (4. BImSchV) im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. Die Anlage soll aber so konzipiert werden, dass eine spätere Erweiterung (technisch und planrechtlich) auf 35.000 Mg/a möglich ist. Ob eine entsprechende Anlage an diesem Standort auch realisiert werden kann, wurde in einer Machbarkeitsstudie im Auftrag des AWS überprüft. Danach ist die Realisierung der Anlage samt Erweiterungsoption an diesem Standort machbar (Anhang 2, Anlagenlayout).

Die Studie kommt ferner zum Ergebnis, dass unter den gegebenen Rahmenbedingungen mit Behandlungskosten in der Größenordnung von ca. 60 €/Mg zu rechnen ist.

Die günstigen Behandlungskosten kommen u. a. dadurch zustande, da ein Großteil des entstehenden Biogases über eine neu zu errichtende Biogasleitung zum Stadtbad Zuffenhausen transportiert werden soll. In einem neu zu errichtenden Blockheizkraftwerk (BHKW) soll es dort in Strom und Wärme umgewandelt werden und den Heizenergiebedarf des Bades und der angrenzenden Schulen zu ca. 75 % decken.

Ein weiterer Vorteil dieses Standorts ist die unmittelbare Nähe zum Kompostplatz des Garten-, Friedhofs- und Forstamts. Dort könnte über ein gemeinsames Konzept Vermarktung des Kompostes und der flüssigen Gärreste auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen in der unmittelbaren Umgebung erfolgen. Dies würde lange Transportwege mit entsprechenden Umweltauswirkungen minimieren.


Zu Beschlusspunkt 4:

Im Dezember 2011 wurde mit den Vorarbeiten für ein europaweites VOF-Verfahren begonnen. Die Leistungen zur Auswahl eines Generalplaners für die Realisierung einer Bioabfallvergärungsanlage sollen voraussichtlich im Februar 2012 ausgeschrieben werden. Mit einer Vergabe der Leistungen ist ab April 2012 zu rechnen.

Es soll ein Vertrag mit einem erfahrenen Büro über die Leistungsphasen 3-9 HOAI abgeschlossen werden (die Leistungsphasen 1-2 wurden im Rahmen der Machbarkeitsstudie für den Standort Zuffenhausen bereits erbracht). Bis zur Herstellung des Planungsrechts sollen jedoch nur die Leistungsphasen 3-4 (Entwurfs- und Genehmigungsplanung) beauftragt werden. Die Kosten für diese beiden Leistungsphasen betragen ca. 158.000 €.

Bei geschätzten Baukosten für eine Anlage mit 17.500 Mg/a am Standort Zuffenhausen in Höhe von ca. 10,9 Mio. € (brutto) belaufen sich die gesamten Honorarkosten für Planung und Bauleitung auf ca. 0,95 Mio. € (brutto).


Stellungnahme beteiligter Referate

Im Rahmen der Referatsbeteiligung wurden vom Referat StU verschiedene Fragen aufgeworfen, welche nachfolgend beantwortet werden:

1. Der geplante Standort befindet sich auf einer Fläche, die Bestandteil einer im Stadtbezirk Zuffenhausen zugesagten Ausgleichsfläche ist (Aufforstung nach dem Valentiensplan: „Valentienswald“). In der weiteren Planung wird dies soweit wie möglich mit berücksichtigt und ggf. Ausgleichsmaßnahmen auch außerhalb des Plangebiets vorgeschlagen.

2. Da es in Zuffenhausen ein örtliches LKW-Durchfahrtsverbot gibt, ist die Andienung zur geplanten Anlage von Norden über die B 27 geplant. Lediglich die Anlieferung vom Sammelgebiet Zuffenhausen erfolgt durch den Stadtbezirk. Der Kostenvorteil durch den Wegfall der Fahrten nach Kirchheim ist offensichtlich.

Die Alternativstandorte in Gaisburg liegen näher am Abfallschwerpunkt und wären, in Bezug auf die Fahrten, kostengünstigen als der Standort Sauhalde. Diese Standorte sind jedoch momentan nicht verfügbar.

3. Die empfohlene gutachterliche Betrachtung der kleinklimatischen Verhältnisse mit Darstellung der Auswirkungen einer Vergärungsanlage werden im weiteren Genehmigungsverfahren mit ausgeführt.

Das Referat WFB regt an, die Leistungsphase 4 (Genehmigungsplanung) HOAI erst zu beauftragen, wenn das benötigte Planrecht geschaffen ist.

Die Verwaltung wird somit eine stufenweise Beauftragung vornehmen, bei der die einzelnen Leistungsphasen getrennt beauftragt werden.

Die für die Bioabfallvergärungsanlage benötigten Grundstücksflächen werden zu gegebener Zeit zum Verkehrswert in das Anlagevermögen des Eigenbetriebs AWS übertragen.


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Anhang 2.2.pdf Anhang 2.1.pdf Anhang 1.pdf