Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB
GRDrs 824/2013
Stuttgart,
09/11/2013



Grundsatzbeschluss zum Eiermann-Campus im Stadtbezirk Stuttgart-Vaihingen



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Umwelt und Technik
Bezirksbeirat Vaihingen
Ausschuss für Umwelt und Technik
Gemeinderat
Einbringung
Beratung
Vorberatung
Beschlussfassung
nicht öffentlich
nicht öffentlich
öffentlich
öffentlich
17.09.2013
17.09.2013
24.09.2013
26.09.2013



Beschlußantrag:

1. Die 4 denkmalgeschützten Gebäude des ehemaligen IBM Campus Vaihingen (Pascalstraße 100) des Architekten Egon Eiermann aus den Jahren 1969 bis 1972 sowie die Freiflächen im Umfeld dieser Gebäude (Rossow-Planung) sollen erhalten und gesichert werden.

Das nachträglich vom Architekturbüro Kammerer und Belz geplante östliche Gebäude (Baujahr 1984) soll entweder erhalten oder im Falle eines Abbruchs in gleicher kubischer Form (Länge, Breite und Höhe) wieder aufgebaut werden.

2. Um den Erhalt des Ensembles gewährleisten zu können, soll auf den Flurstücken 5944/1 und 5944/22 der Gemarkung Stuttgart-Vaihingen mit einer Gesamtfläche von ca. 19,5 ha eine zusätzliche Bebauung ermöglicht werden, die über das im rechtsverbindlichen Bebauungsplan 1968/61 festgesetzte Maß (GRZ 0,4, GFZ 0,7, Z=VI) hinaus geht.

3. Von der Planung der Büros Sorg und Frosch Projekt GmbH und Drees & Sommer, Variante 9 vom 6. August 2013, mit den vorgesehenen Nutzungen Büro, Wohnen, Gewerbe, Handel und Sondernutzungen, mit einer modularen Anordnung der Gebäude in Form von Kleinstquartieren mit 4 bis 7 Geschossen, einem Hochpunkt und einer Geschossfläche von insgesamt 193 000 m² sowie den mündlich vorgetragenen Ergebnissen der 3. Kolloquiumssitzung am 10. September 2013 wird Kenntnis genommen. Diese Planung soll Grundlage für die Suche nach Investoren sein.

4. Ein Eingriff in die Waldflächen nach dem Landeswaldgesetz, zu denen auch die im Inneren des Areals gelegene Waldfläche zählt, sollte vermieden werden. Auf jeden Fall müsste der gesetzlich geforderte forstrechtliche Ausgleich (Waldersatzflächen) auf Stuttgarter Gemarkung realisiert werden.

5. Die Verwaltung wird beauftragt, den gemeinsamen Aufstellungsbeschluss für ein Änderungsverfahren des Flächennutzungsplans sowie ein Bebauungsplanverfahren für diesen Bereich vorzubereiten.

6. Nach erfolgtem Aufstellungsbeschluss und Vorliegen eines konkreten Investoreninteresses sind als Grundlage für die Weiterbearbeitung des Flächennutzungsplanänderungsverfahrens und des Bebauungsplanverfahrens Gutachten und Untersuchungen erforderlich, insbesondere zu folgenden Themen:
Eingriff in Waldflächen, Artenschutz, Kartierung der Biotoptypen, Eingriffs-/Aus-gleichsbilanzierung, Lärm bzw. Lärmschutzmaßnahmen, Luftschadstoffe, Altlasten, Wasserschutz, Baumaufnahme, Verkehrserschließung und technische Infrastruktur.


7. Die Planung ist nach Vorliegen der Ergebnisse der Gutachten und den konkreten Ansiedlungswünschen eines Investors entsprechend weiterzuentwickeln und zu detaillieren.

8. Über die Kosten für die Gutachten und ihre Finanzierung wird der Gemeinderat mittels einer haushaltsrelevanten Mitteilungsvorlage informiert (GRDrs 765/2013).

Sobald ein Investor gefunden wird, ist die Refinanzierung der Kosten anzustreben. In einem städtebaulichen Vertrag mit dem Investor sollen Regelungen zum Erhalt des denkmalgeschützten Ensembles sowie -soweit möglich- zur Kostenübernahme, z. B. von Planungskosten sowie für Gutachten, vereinbart werden.




Begründung:


Denkmalschutz
Der zwischen den Jahren 1969 und 1972 erbaute sogenannte Eiermann-Campus (Pavillon 1 bis 3 sowie Kantinengebäude und Freifläche) steht seit 2000 als Kulturdenkmal nach § 2 Denkmalschutzgesetz (Sachgesamtheit) unter Denkmalschutz. Die ursprüngliche Eigentümerin IBM hat das Grundstück im Jahr 2000 verkauft und im Jahr 2009 das Grundstück schließlich geräumt. Seither wird der Campus nicht mehr genutzt. Im Jahr 2011 haben die Eigentümer Insolvenz gemeldet und im März 2013 Anträge auf baurechtliche Genehmigung des Abbruchs der Gebäude auf dem Eiermann-Campus eingereicht. Weitere Unterlagen zur Wirtschaftlichkeitsberechnung wurden von der Stadtverwaltung nachgefordert, sie liegen bis heute nicht vor. Auf Grundlage der vorliegenden Fakten ist die ehemalige IBM-Hauptverwaltung in ihren denkmalkonstituierenden Teilen zu erhalten. Darüber hinaus wird auch der Erhalt des durch Kammerer und Belz gebauten Pavillons 4, der die Eiermann- Planung fortsetzt, bevorzugt.

Bedenken gegen den mit der zusätzlichen Bebauung verbundenen Eingriff in die denkmalgeschützten Freiflächen können möglicherweise im Rahmen der Abwägung zurückgestellt werden.

Geplante Nutzungen

Aufgrund der Nähe zu renommierten Wissenschafts- und Forschungsstätten sowie besonders nachgefragten Dienstleistungsstandorten (u. a. STEP) und geringem Entwicklungspotenzial für solche Nutzungen im Bereich Vaihingen ist aus stadtplanerischer Sicht schwerpunktmäßig eine gewerbliche Nutzung als Dienstleistungs-, Innovations- und Wissenschaftsstandort anzustreben (z. B. Büronutzung, Hochschul- bzw. hochschulaffine Nutzungen, private wie staatliche Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen sowie Institute).

Die in der Variante 9 der Planung der Büros Sorg und Frosch Projekt GmbH und Drees & Sommer vorgesehenen „Hybride“, sprich nutzungsgemischte Gebäudestrukturen mit hoher städtebaulicher Dichte, beinhalten auch die Komponente Wohnen. Die Nutzung „Wohnen“ sollte in Affinität zu den oben genannten Nutzungen stehen und ist im weiteren Verfahren näher zu bestimmen. Die Unterbringung von studentischem Wohnen o. Ä. wird als bereichernd angesehen. Da in Gewerbegebieten derartige Wohnnutzungen nicht möglich sind, müsste in Teilen z. B. ein Sondergebiet festgesetzt werden.

Die Entscheidung über Details der möglichen Nutzungsarten bleibt dem Bebauungsplanverfahren vorbehalten. Dadurch kann gewährleistet werden, dass neuartige Nutzungskonzepte z. B. durch Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Bauer (Stellvertretender Institutsleiter Fraunhofer IAO und IAT Universität Stuttgart und Projektleiter des Innovationsnetzwerks „Morgenstadt“) im Gemeinderat vorgestellt werden können mit anschließender Diskussion und Beschlussfassung.

Einzelhandelsnutzungen sind an diesem Standort im Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt Stuttgart nicht vorgesehen. Kleine Einzelhandelsläden mit dem Sortiment Lebensmittel sind im Sinne einer untergeordneten Nahversorgung zur Deckung des täglichen Bedarfs jedoch denkbar. Inwieweit darüber hinaus Einzelhandel zugelassen werden kann, ist im Zusammenhang des vorgesehenen städtebaulichen Gesamtkonzepts zu prüfen.

Vergnügungsstätten und sonstige Einrichtungen (Gewerbebetriebe wie Bordelle, bordellartige Nutzungen, Wettbüros) sind entsprechend der Vergnügungsstättenkonzeption für Stuttgart auszuschließen.

Kolloquium zum Eiermann-Campus
Um einen Weg aufzeigen zu können, den Erhalt des Eiermann-Campus zu sichern, wurde ein Kolloquium mit Sitzungsleitung durch Herrn Oberbürgermeister Kuhn anberaumt. Das Kolloquium umfasste eine Sequenz von 3 Sitzungen (am 2. Juli 2013, am 17. Juli 2013 und am 10. September 2013), bei denen ausgelotet wurde, welche Optionen in planerischer und baulicher Hinsicht bestehen, um durch bauliche Ergänzungen unter ökologischen, ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten den denkmalgeschützten Gebäudebestand auf dem Eiermann-Campus weitestgehend erhalten zu können.

Am Kolloquium teilgenommen haben neben Vertretern der Stadtverwaltung Stuttgart, darunter auch der Erste Bürgermeister Herr Föll und Bürgermeister Herr Hahn, Vertreter des Regierungspräsidiums Stuttgart, des Fraunhofer-Instituts, der Architektenkammer, des Bunds Deutscher Architekten (BDA), der Egon Eiermann Gesellschaft, der Ingenieurkammer, der Insolvenzverwaltung, der mit der Ausarbeitung von Konzepten beauftragten Projektplaner sowie weitere Berater. Damit wurde die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Forschung und Wissenschaft gewährleistet.

In den 3 Sitzungen, koordiniert durch die Wirtschaftsförderung der Stadt Stuttgart, wurden die von den Projektplanern ausgearbeiteten Konzepte vorgestellt, diskutiert und entsprechend der im Kolloquium verabschiedeten Vorgaben überarbeitet bzw. weiterentwickelt.

Der enge Terminplan sieht vor, bis zum 30. September 2013 einen abgestimmten Rahmenplan bereitzustellen, um auf dieser Basis mit Investoren verhandeln zu können. Es war daher erforderlich, die vorliegende Gemeinderatsdrucksache Grundsatzbeschluss zum Eiermann-Campus im Stadtbezirk Vaihingen bereits vor der 3. Kolloquiums-Sitzung am 10. September auszuarbeiten.

Planung Sorg und Frosch Projekt GmbH, Drees & Sommer
Variante 9 vom 6. August 2013
Der Stand der Planung Sorg und Frosch Projekt GmbH bezieht sich aus o. g. Gründen auf die Planung, die bei der durchgeführten stadtinternen Vorbesprechung am 6. August 2013 vorlag. Sollten sich in der Kolloquiumssitzung am 10. September 2013 Änderungen dieser Planung ergeben, wird über diese mündlich im Rahmen der Behandlung dieser Vorlage berichtet.

Auf der Grundlage der Planung vom 6. August 2013 und der Ergebnisse aus dem Kolloquium vom 10.September 2013 sollen Investoren gefunden werden. Nach Vorliegen der Ergebnisse der Gutachten und konkreten Ansiedlungswünschen eines Investors ist eine entsprechende Überarbeitung und Konkretisierung der Planung erforderlich.

Flächennutzungsplanänderung/Bebauungsplanverfahren
Um die geplante Nutzung realisieren und damit den Erhalt des denkmalgeschützten Ensembles des Eiermann-Campus sichern zu können, ist die Änderung des derzeit gültigen Planungsrechts erforderlich.


Finanzielle Auswirkungen

Über die Kosten für die Gutachten und ihre Finanzierung wird der Gemeinderat mittels einer haushaltsrelevanten Mitteilungsvorlage informiert (GRDrs 765/2013). Sobald ein Investor gefunden wird, ist die Refinanzierung dieser Kosten (durch einen städtebaulichen Vertrag) anzustreben.


Beteiligte Stellen

OB/82, Referat WFB, Referat RSO, Referat T

Vorliegende Anträge/Anfragen

Nr. 199/2013 der CDU-Gemeinderatsfraktion vom 30. April 2013
Ehemalige IBM-Zentrale in Vaihingen - ein Nutzungskonzept für die Zukunft tut Not


Erledigte Anträge/Anfragen

Keine



Fritz Kuhn
Oberbürgermeister


Anlagen

1. Luftbild
2. Darstellung der denkmalgeschützten Bereiche
3. Variante 9 vom 6. August 2013 Planung der Büros Sorg und Frosch Projekt GmbH und Drees & Sommer
4. Waldflächen nach Landeswaldgesetz





zum Seitenanfang
Anlage 1_Luftbild.pdfAnlage 1_Luftbild.pdfAnlage 2_Denkmalgeschützte Bereiche.pdfAnlage 2_Denkmalgeschützte Bereiche.pdfAnlage 3_Variante-9_SFP.pdfAnlage 3_Variante-9_SFP.pdfAnlage 4_Waldflächen.pdfAnlage 4_Waldflächen.pdf