Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
86
3a
VerhandlungDrucksache:
983/2016
GZ:
JB
Sitzungstermin: 01.06.2017
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Sabbagh fr
Betreff: Auswirkungen der geplanten Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG)

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 31.05.2017, öffentlich, Nr. 184

Ergebnis: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Jugend und Bildung vom 23.05.2017, GRDrs 983/2016, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Von der aufgezeigten Sachlage und vom zusätzlichen Personalbedarf beim Jugendamt zur Erfüllung der Aufgaben nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) wird Kenntnis genommen.

2. Das Jugendamt wird ermächtigt, vom 1. Juli 2017 bis 31. Dezember 2017, zusätzliches Personal bis zu einem Umfang von 3,5 Vollzeitkräften in Entgeltgruppe 9c außerhalb des Stellenplans zu beschäftigen. Die Einstellung des Personals erfolgt entsprechend des Fallzuwachses. Über die dauerhaften Stellenbedarfe ist im regulären Stellenplanverfahren 2018/2019 zu entscheiden.

3. Der Stellenbedarf wird nach Vorliegen der tatsächlichen Auswirkungen der Reform des UVG überprüft. In diesem Zusammenhang ist ein Stellenbemessungsverfahren ergänzt durch einen Städtevergleich unter Federführung des Haupt- und Personalamtes bis Ende 2019 durchzuführen.
4. Der vorgeschlagenen Neuorganisation der Dienststelle Unterhaltsvorschusskasse/
Kindertagespflege (51-00-83) wird zugestimmt, sofern diese haushalts- und stellenneutral umgesetzt werden kann.


5. Dem überplanmäßigen Aufwand im Jahr 2017 im Teilhaushalt 500 - Jugendamt, Amtsbereich 5103690 - Unterhaltsvorschussleistungen, wird wie folgt zugestimmt:


StR Dr. Nopper (CDU) weist zunächst auf die Mehrkosten für die Stadt hin. Doch vorausgesetzt, dass die erhöhten Leistungen ihre Wirkung entfalteten, erfüllten sie den wichtigen und richtigen Zweck der Existenzsicherung von Alleinerziehenden und deren Kindern, die einem erhöhten Armutsrisiko ausgesetzt seien. Beeinflussen könne die Stadt die Rückgriffsquote. Aus Sicht seiner Fraktion sei es wünschenswert, vermehrt Rückgriff bei denjenigen zu nehmen, die ihrer Verantwortung für ihre Kinder nicht gerecht würden. Deshalb sollte die Rückgriffsquote eher bei 30 als bei 25 % angesetzt werden.

Im Namen ihrer Fraktion begrüßt StRin Nuber-Schöllhammer (90/GRÜNE) die geplante und schon lange überfällige Reform, mit der Alleinerziehende nun Planungssicherheit bis zur Volljährigkeit ihrer Kinder erhielten. Damit bekämpfe man das erhöhte Armutsrisiko in alleinerziehenden Familien. Die Kommunen müssten dafür große finanzielle Leistungen erbringen. Insofern müsse man darauf achten, dass sie die Möglichkeit hätten, die bezahlten Vorschussleistungen auch wieder einzutreiben. Sie habe den Eindruck, dass dies momentan deutlich vernachlässigt werde.

StRin Vowinkel (SPD) beschreibt Fälle aus ihrer Berufstätigkeit bei der ambulanten Jugendhilfe, um auf die Einzelschicksale hinter den Zahlen hinzuweisen. Mit Blick auf den Antrag Nr. 156/2017 ihrer Fraktion mahnt sie die Dringlichkeit an, mit der die Gesetzesreform umgesetzt werden müsse. Um den Ansturm an Antragstellerinnen bewältigen zu können, müssten mindestens 3,5 zusätzliche Stellen beim Jugendamt angedockt werden. Sie regt an, wie andere Städte dies handhabten, die Stellen in der Unterhaltsvorschusskasse zu erhöhen, um in direktem Kontakt mit den Vätern - auch in Hausbesuchen - an deren Verantwortung zu appellieren und sie zu motivieren, dieser in finanzieller und persönlicher Hinsicht gerecht zu werden.

Auch die StRe Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS), Zaiß (FW), Brett (AfD) und
Dr. Schertlen (STd) stimmen dem "guten Gesetz" gerne zu. Dabei legt StR Brett im Namen seiner Fraktion Wert darauf, dass der Sozialmissbrauch nicht gefördert werde. Deshalb sollte die Stadt mit Nachdruck versuchen, die Rückgriffsquote zu erhöhen.

StRin Yüksel (FDP) spricht sich ebenfalls für eine Anhebung der Rückgriffsquote aus. Sie würde sich aber eine bessere Zusammenarbeit zwischen Jobcenter, Unterhaltsvorschusskasse und Anwälten wünschen. Auch ihre Gruppierung werde der Gesetzesreform sehr gerne zustimmen.

EBM Föll schickt voraus, auch er begrüße die inhaltlichen Änderungen im Gesetz, nicht jedoch die Umsetzung. Das Gesetz komme extrem kurzfristig, und die Verwaltungsvorschrift zur Umsetzung sei noch offen. Darüber hinaus gehe das Gesetz - bei allem Positiven für die Betroffenen - finanziell zulasten der Kommunen. Bund und Länder hätten im Rahmen des Gesamtpakets die Leistungen ausgedehnt. Der Bund habe seine Quote zugunsten der Länder erhöht, und die Kommunen finanzierten diesen Teil von 33,3 % bei ausgeweiteten Leistungen auch weiterhin. Doch handle es sich um eine staatliche Leistung, die Bund und Länder vollständig gemeinsam zu finanzieren hätten. Insofern sei ein kommunaler Anteil, egal ob in Höhe von 33 oder 25 %, in jedem Fall fehl am Platz.

Mit einer Rückgriffsquote von 30 % habe die Landeshauptstadt eine der höchsten Quoten der großen deutschen Städte. Zu berücksichtigen sei dabei, dass ein Teil der Unterhaltspflichtigen gar nicht in der Lage sei, Unterhalt zu zahlen, etwa, weil dieser selbst Leistungsempfänger sei. Es werde großer Anstrengungen bedürfen, bei Ausweitung des leistungsberechtigten Kreises die Rückgriffsquote bei 30 % zu halten. Und die Stadt habe in den vergangenen Jahren erheblich sowohl in Stellenschaffungen, also auch in die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Jugendamt und Stadtkämmerei, die für die Beitreibung zuständig sei, investiert.


OB Kuhn stellt abschließend fest:

Der Gemeinderat beschließt einstimmig wie beantragt.

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