Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
868/2018
GZ:
AKR
Sitzungstermin: 22.11.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Sabbagh
Betreff: Neubau Areal Eichstraße: Betrieb der Kindertageseinrichtung

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 21.11.2018, öffentlich, Nr. 458
Ergebnis: ohne Votum Verweisung in den Gemeinderat

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Allgemeine Verwaltung, Kultur und Recht vom 09.11.2018, GRDrs 868/2018, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Die Kindertageseinrichtung im neuen Verwaltungsgebäude Eichstraße wird als öffentliche Kindertagesstätte gewidmet.

2. Der Betrieb der Kindertagesstätte Eichstraße wird dem Jugendamt übertragen.

3. In der Kindertagestagesstätte Eichstraße werden 45 Plätze (davon 15 Plätze für Kinder 0 - 3 Jahre) in folgender Gruppenstruktur eingerichtet:
4. Für den Betrieb beim städtischen Träger werden insgesamt 10,3014 Stellen benötigt (davon 4,766 Stelle in Entgeltgruppe S 8b, 4,0957 Stellen in Entgeltgruppe S 8a, 0,85 Stellen in Entgeltgruppe S 3 und 0,5897 Stellen in Entgeltgruppe EG 3). Das Jugendamt wird ab Inbetriebnahme der Einrichtung ermächtigt, Personal im Umfang von 10,3014 Vollzeitkräften zu beschäftigen. Über die Stellenschaffung wird zum Stellenplan 2020 entschieden.
5. Für die betriebliche Kinderbetreuung bei der Landeshauptstadt Stuttgart werden 45 zusätzliche Belegplätze (davon mindestens 15 Plätze für Kinder 0 - 3 Jahre) bereitgestellt. Diese werden bedarfsgerecht über das Stadtgebiet auf die in der Trägerschaft des Jugendamtes stehenden öffentlichen Kindertageseinrichtungen verteilt. Sollte die Bedarfsprüfung ergeben, dass ein besonderer Bedarf an betrieblicher Kinderbetreuung in der Innenstadt besteht, werden die Belegungsrechte bevorzugt in der Kindertagesstätte Eichstraße platziert.

6. Den jährlichen Folgelasten von insgesamt 627.678 € wird zugestimmt. Die Mittel für die Folgelasten (ohne Abschreibung und Verzinsung) sind bei der Kita-Betriebskostenpauschale 2018/2019, Teilergebnishaushalt 510 - Jugendamt, Amtsbereich 5103651 - Förderung von Kindern in städtischen Tageseinrichtungen, Kontengruppe 42510 - Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen veranschlagt und werden mit Inbetriebnahme der Einrichtung entsprechend in die Ämterbudgets umgesetzt.


StRin Ripsam (CDU) begründet die Zustimmung ihrer Fraktion zur Vorlage. Dabei hebt sie insbesondere die Chance hervor, 10 Plätze mehr zu schaffen. Die Belegungsrechte für städtische Beschäftigte setzten zudem ein Signal und ermöglichten die sozialräumliche Anbindung, die insbesondere für 3- bis 6-Jährige wichtig sei.

Letzteres bestätigt StR Lazaridis (90/GRÜNE). Er betont den Vorteil der Stadt als größte Kitaträgerin. Sie könne ihren Beschäftigten dezentrale Belegplätze anbieten, die pädagogisch die beste Lösung darstellten. Seine Fraktion folge dem Votum der Fachverwaltung und stimme ebenfalls zu.

Für eine Betriebskita, wie sie ursprünglich geplant gewesen sei, spricht sich dagegen StRin Vowinkel (SPD) im Namen ihrer Fraktion aus. Diese hätte dann z. B. auch am Wochenende während eines Großeinsatzes der Polizei öffnen können. Sie plädiert für eine Kombilösung - Betriebskita und Belegplätze außerhalb - und kritisiert die schlechte Kommunikation zwischen Verwaltung und GPR. Ihre Fraktion werde die Vorlage ablehnen.

Die allgemeine Situation bei der Kinderbetreuung beleuchtet StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS). Die Idee der Belegungsrechte für städtische Beschäftigte sei prinzipiell gut und sollte künftig bei jeder neuen Kita angewandt werden. Am Standort Eichstraße sollte - auch im Hinblick auf die Personalgewinnung - eine Betriebskita mit der vom GPR vorgeschlagenen Konzeption entstehen. Er sehe kein Problem darin, wenn in der Betriebskita nicht belegte Plätze dem Jugendamt zur Belegung zur Verfügung gestellt würden. Der in der Vorlage präsentierten Lösung könne seine Fraktionsgemeinschaft nicht zustimmen.

Auf die trotz Rechtsanspruchs fehlenden Kitaplätze weist StRin von Stein (FW) hin. Mit einer Betriebskita und günstigeren Gebühren für Kinder städtischer Beschäftigter würde man eine Klientelpolitik betreiben. Ihre Fraktion stimme der Vorlage aus tiefer Überzeugung zu.

StR Dr. Oechsner (FDP) sieht keinen allzu großen Unterschied zwischen den beiden Konzepten. Entscheidend sei die Zahl der geschaffenen Plätze, weshalb seine Gruppierung der Vorlage der Verwaltung zustimme.
Mit Blick auf die Personalgewinnung lehnt StR Klingler (BZS23) die Vorlage im Namen seiner Gruppierung ab. Zugleich bedauert er, dass die Vorlage nicht auch im Jugendhilfeausschuss behandelt worden ist.

StR Dr. Schertlen (STd) schließt sich inhaltlich StRin Vowinkel und StR Rockenbauch an und lehnt die Vorlage ebenfalls ab.

Herr Freitag (GPR) stellt vorab klar, dass beide Konzepte - Betriebskita und dezentrale Belegplätze - vom GPR gefordert worden seien. Insofern gehe es hier nicht um die Frage, ob Belegplätze besser als eine Betriebskita seien oder umgekehrt, sondern es gehe um einen Standort, der so nicht wiederkomme. Rund ein Drittel der städtischen Beschäftigten arbeite im Umkreis dieser Kita und könne sie in maximal 15 Minuten fußläufig erreichen. Sie würde die bestehende, konzeptionell ebenfalls falsch ausgerichtete Kita im Tagblattturm mit nur 10 Plätzen für 0- bis 3-Jährige ideal ergänzen, sodass man zentral 30 Plätze für 0- bis 3-Jährige hätte anbieten können. Belegplätze könne man bei jeder Kita für die Beschäftigten der Stadt laufend neu ausweisen. Der GPR verstehe nicht, dass die Verwaltung den strategischen Vorteil, den eine Betriebskita im Hinblick auf die Personalgewinnung biete, aus der Hand gebe. Was sie jetzt vorschlage, könne sie übermorgen ohne Problem wieder vorschlagen.

Einigkeit besteht nach BM Dr. Mayer zwischen GPR, Verwaltung und Gemeinderat darin, dass mit diesem Projekt die betriebliche Kinderbetreuung in der Stadtverwaltung verbessert werden solle. In der Erläuterung der Vorlage weist er explizit darauf hin, dass das System der Belegungsrechte erst im September 2015 eingeführt worden sei. In Zeiten eines unerfüllten Rechtsanspruchs könne die Stadt es sich nicht erlauben, unbesetzte Plätze zu haben. Das sei in der Betriebskita Eberhardstraße im Bereich der 3- bis 6-Jährigen immer wieder einmal der Fall. Belegplätze seien dagegen alle besetzt. Er unterstreicht, dass die Belegplätze je nach Bedarf am Standort Eichstraße konzentriert oder dezentral verteilt werden könnten. Beides - Betriebskita und Belegplätze an öffentlichen Kitas - zugleich sei nicht möglich, da man die zusätzlichen Belegplätze dann nur erhalte, indem man diese Plätze dem Markt entziehe. Das sei angesichts des unerfüllten Rechtsanspruchs schwer zu begründen.

Was die Kommunikation mit dem GPR anbelange, so habe es vier oder fünf Gespräche gegeben. Dennoch habe man sich nicht auf ein gemeinsames Konzept einigen können.

Seine Fraktion, so StR Körner (SPD), habe kein Verständnis dafür, dass man angesichts der großen Probleme bei der Personalgewinnung nicht jede Möglichkeit nutze, für Fachkräfte attraktiver zu werden. Für eine Betriebskita sprächen geringere Gebühren für Beschäftigte der Stadt und die Mitbestimmung des GPR. Außerdem verstehe er nicht, wie sich die Verwaltungsspitze beim Thema Betriebskita mit dem GPR habe anlegen können. Andere Betriebe achteten hier auf ein Einvernehmen. Und das Argument von 10 Plätzen mehr oder weniger sei angesichts der 1.000 Plätze, die nicht besetzt seien, weil das Personal fehle, zu vernachlässigen.

An dieser Stelle beantragt StR Dr. Fiechtner (BZS23) das Ende der Debatte. Dieser Geschäftsordnungsantrag wird, so stellt OB Kuhn fest, bei 3 Ja-Stimmen mehrheitlich abgelehnt.

StR Rockenbauch schließt sich den Ausführungen von StR Körner an. Er halte es für sachgerecht, dass es in der Betriebskita weniger Plätze für 3- bis 6-Jährige gebe, wenn der Bedarf der Beschäftigten vor allem bei Plätzen für 0- bis 3-Jährige liege. Diese Flexibilität sehe er bei Belegungsrechten nicht, da diese von der jeweiligen Gruppenstruktur abhängig seien.

An StR Körner gewandt erklärt StR Lazaridis, Gebühren seien für alle Eltern ein Thema. Bei den letzten Haushaltsplanberatungen habe der Gemeinderat die Gebührenstaffelung beschlossen. Diesen Weg sollte man bis zur Gebührenfreiheit weiterbeschreiten. Er weist auf die unterschiedliche Verantwortung hin. Mit Blick auf die Belegungsrechte erläutert er, während Unternehmen über kein Netz von Kitas verfügten und nur für ihre Beschäftigten zuständig seien, müsse die Stadt für alle Familien Plätze schaffen und könne als Trägerin der Kitas dafür aber dezentrale Angebote machen.

StR Dr. Oechsner hält es für übertrieben, 20 Kitaplätze als Personalunterstützungsprogramm hochzustilisieren. Und auch er weist auf den Unterschied in der Verantwortung hin, die eine private Firma oder eben die Stadt habe, die den Rechtsanspruch erfüllen müsse.

StR Klingler vertritt die Auffassung, dass die zugesagte Betriebskita realisiert werden solle, zumal man damit auch Personal gewinnen könne.

Dass Verwaltungsspitze und GPR nicht immer einer Meinung seien, sei nichts Ungewöhnliches, merkt OB Kuhn an. Im Übrigen unterstreicht er die Aussagen von StR Lazaridis zu den Kitagebühren.

Er stellt abschließend fest:

Der Gemeinderat beschließt mit 35 Ja- und 19 Nein-Stimmen mehrheitlich wie beantragt.
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