Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
767/2020 und 767/2020 Neufassung
GZ:
0300
Sitzungstermin: 03.12.2020
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: Novellierung der Hauptsatzung

Vorgang: Gemeinderat vom 08.10.2020, nicht öffentlich, Nr. 294
Ergebnis: Einbringung

Verwaltungsausschuss vom 21.10.2020, öffentlich, Nr. 457
Ergebnis: Vertagung

Verwaltungsausschuss vom 04.11.2020, öffentlich, Nr. 485
Ergebnis: Vorberatung

Verwaltungsausschuss vom 18.11.2020, öffentlich, Nr. 518
Ergebnis: Beratung

Gemeinderat vom 19.11.2020, öffentlich, Nr. 322
Ergebnis: Vertagung

Verwaltungsausschuss vom 02.12.2020, öffentlich, Nr. 548
Ergebnis: Vorberatung der GRDrs 767/2020 Neufassung und mehrheitliche Zustimmung mit Maßgaben


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 07.10.2020, GRDrs 767/2020, mit folgendem

Beschlussantrag:

Die Hauptsatzung der Landeshauptstadt Stuttgart (Hauptsatzung, HS) (Stadtrecht 0/1) wird gemäß Anlage 1 erlassen.


Weitere Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 26.11.2020, GRDrs 767/2020 Neufassung, mit folgendem

Beschlussantrag:

Die Hauptsatzung der Landeshauptstadt Stuttgart (Hauptsatzung, HS) (Stadtrecht 0/1) wird gemäß Anlage 1 erlassen.


OB Kuhn nimmt Bezug auf den Beratungsgang und die ausführliche Aussprache im Verwaltungsausschuss, wo den Vorlagen mit großer Mehrheit bei 1 Nein-Stimme und 1 Enthaltung mit Maßgaben zugestimmt wurde.

StR Pitschel (90/GRÜNE) hebt hervor, erstmals seit 1978 gebe der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart sich eine neue Hauptsatzung. Es sei gut, diese heute zu beschließen, denn eine Hauptsatzung sollte die Veränderungen und Weiterentwicklungen in der Stadtgesellschaft widerspiegeln. Bürger*innen wollten nicht mehr einfach abwarten, was Politiker*innen in ihren Verhandlungen beschließen, sondern sie wollten zu Recht aktiv beteiligt werden. Deswegen habe der Gemeinderat die Bürger*innen-Beteiligung ganz oben in § 1 der Hauptsatzung geschrieben. Er freue sich genauso, dass die verpflichtende Umsetzung des Leitbilds zur Wahrung und Sicherung der Kinderrechte Eingang in die Hauptsatzung gefunden hat. Einig sei man sich, dass beim großen Zukunftsthema Wohnungspolitik, welches elementar sei für die Zusammensetzung einer vielfältigen und funktionierenden Stadtgesellschaft, man nur vorankommen werde, wenn ein Teil des Grunds und Bodens in Stuttgart auf Dauer der Spekulation entzogen wird. Deswegen lege man mit dieser Hauptsatzung die Zuständigkeit für die Ausübung von Vorkaufsrechten in die Zuständigkeit des Gemeinderats. Die neue Hauptsatzung sichere außerdem die Handlungsfähigkeit des Gemeinderates für die Zukunft, indem sie digitales Tagen rechtssicher ermöglicht. Zu guter Letzt sei er froh und dankbar dafür, dass es für die Mehrheit in diesem Gemeinderat selbstverständlich ist, dass sich ein neues Stadtrecht im Jahr 2020 an alle Einwohner*innen richtet und es deshalb in eine geschlechtergerechte respektvolle Sprache gefasst wurde.

Für die viele Arbeit, die in diese neue Hauptsatzung investiert wurde und dafür, dass der Rat während des gesamten Prozesses immer kompetent und zuverlässig mir Rat und Tat unterstützt wurde, dankt er ganz besonders herzlich Herrn Stadtrechtsdirektor Steinmetz und seinem Team und Herrn EBM Dr. Mayer.

Dem Dank an EBM Dr. Mayer und an Herrn Steinmetz - jeweils stellvertretend für das gesamte Team, das in den letzten Monaten am neuen Stadtrecht gearbeitet hat - schließt StR Kotz (CDU) sich vollumfänglich an. Er unterstreicht, trotz der noch geltenden alten Hauptsatzung habe in den letzten Jahren niemand im Gemeinderat die Meinung vertreten, man wolle keine Beteiligungsprozesse starten, weil dies nicht in § 1 der Hauptsatzung verankert ist. Diese Dinge seien selbstverständlich und wurden gemacht und sie werden auch zukünftig so oft gemacht, wie sie richtig und angemessen sind. Eine neue Akzentuierung habe man gesetzt, indem mit der neuen Hauptsatzung die Bezirksbeiräte gestärkt werden, da der Vorschlag und die Benennung des Vertreters oder der Vertreterin für das Thema Migration in den Bezirksbeiräten nicht mehr nur aus dem Internationalen Ausschuss herauskommt, sondern die Bezirksbeiräte in eigener Verantwortung dem Internationalen Ausschuss eine geeignete Person vorschlagen können.

Was das Thema der sprachlichen Ausgestaltung angeht, so hätte sich seine Fraktion durchaus gewünscht, dass - wie es in vielen Papieren auch im Jahr 2020 noch gemacht wird - in der Einleitung in ein, zwei Sätzen formuliert wird, dass in allen sprachlichen Ausprägungen alle Geschlechter und alle Persönlichkeiten gemeint sind. Dies hätte man sich was Lesbarkeit und Optik eines solchen Papiers angeht, sehr viel besser vorstellen können wie eine Ansammlung von Sternchen auf vielen Seiten dieser Satzung. Selbstverständlich stimme man dieser Satzung dennoch zu, denn es gehe um den Inhalt und nicht um die sprachliche Darstellung.

StR Urbat (FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) geht ein auf den zeitintensiven Prozess, der insgesamt zu einem guten Ergebnis geführt habe. Dennoch seien noch Dinge offengeblieben, wie z. B. mehr Transparenz im Gemeinderat und seinen Gremien. Auf dieses Thema werde man bei der Geschäftsordnung zurückkommen. Ein weiteres Thema sei die Direktwahl der Bezirksbeiräte, was man ebenfalls noch adressieren werde. Der Novellierung der Hauptsatzung in der heutigen Form stimme man zu.

Auch StR Perc (SPD) dankt für die kompetente Begleitung bei diesem langen Prozess durch EBM Dr. Mayer und vor allem Herrn Steinmetz und dessen Team. Für die Kennzeichnung dieser Novellierung seien die Schlagworte aus Sicht der SPD "Modernisierung, Aktualisierung, Klarstellung, Erweiterung und Stärkung" zu nennen, was er an Beispielen erläutert. Besonders stolz sei man darauf, dass es künftig möglich sein wird, das wichtige Thema Vorkaufsrecht in den Ausschüssen und im Gemeinderat aufzugreifen, zu verhandeln und darüber zu entschieden. Nicht ganz glücklich sei man darüber, dass in den Vorberatungen keine Mehrheit für die Direktwahl der Bezirksbeiräte erreicht werden konnte. Man hoffe, bei anderer Gelegenheit diesbezüglich noch Überzeugungsarbeit leisten zu können. Das Thema werde ohnehin erst zur nächsten Kommunalwahl relevant, weshalb man darum bitte, nochmals darüber nachzudenken, ob die Direktwahl der Bezirksbeiräte nicht ein Modell für Stuttgart sein könnte. Im Hinblick auf den Wortbeitrag von StR Kotz die sprachliche Ausgestaltung betreffend, betont der Stadtrat: "Sprache schafft Bewusstsein!" Insofern sei es gut und wichtig, dass es in diese Hauptsatzung hineinformuliert wurde. Es gehöre sich heute einfach, alle Menschen formuliert anzureden. Daher genüge es nicht, "nur mit einem Sternchen irgendwo im Vortext ganz unten darauf hinzuweisen, dass immer bei der männlichen Form auch die weibliche mit gemeint ist."

Aus Sicht von StRin Yüksel (FDP) war die Novellierung der Hauptsatzung überfällig und man freue sich, heute der Beschlussfassung samt den Maßnahmen zustimmen zu können. Besonders begrüße man den Eingang der Bürgerbeteiligung in die Satzung und die Stärkung der Bezirksbeiräte im Verfahren zur Bestellung der sachkundigen Einwohnerinnen und Einwohner für Migration und Integration. Sie persönlich hätte es für sinnvoll erachtet, den Bezirksbeiräten auch die Entscheidung über das "ob" zu überlassen. Im Hinblick auf die neuen Zuständigkeiten zur Ausübung der Vorkaufsrechte hätte man es begrüßt, wenn es im Sinne eines pragmatischen Verwaltungshandelns beim ursprünglichen Verwaltungsvorschlag und den höheren Wertgrenzen geblieben wäre. Man habe in diesem Bereich eine gut funktionierende Fachverwaltung, wo der Rat ohne Wenn und Aber darauf vertrauen könnte, dass Grundstücke von städtebaulicher Relevanz unabhängig von Wertgrenzen dem Gemeinderat vorgelegt werden. Zwar könne man mit den neuen Wertgrenzen mitgehen, dennoch müsse man insgesamt darauf achten, den Gemeinderat und die Ausschüsse mit Aufgaben nicht völlig zu überfrachten. Das Gemeinderatsmandat sei ein Ehrenamt; wenn man so weitermache, werde es irgendwann kaum mehr möglich sein, Mandat und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Dem Dank an die Fachverwaltung, namentlich Herrn EBM Dr. Mayer und Herrn Steinmetz, schließt sie sich ausdrücklich an.

StRin von Stein (FW) erklärt Zustimmung zur Novellierung der Hauptsatzung. Ihrer Fraktion hätte zur Vereinfachung der Lesbarkeit eine Vorbemerkung ausgereicht, dass die männliche Form durchgehend für alles im Text gilt. Was das Thema höhere Wertgrenzen angeht, schließt sie sich dem Wortbeitrag ihrer Vorrednerin an. Sie dankt all denjenigen, die diesen langen Prozess so konstruktiv vorbereitet und begleitet haben.

Seine Fraktion lehne diese Satzung nicht wegen ihrer Inhalte ab, auch wenn es da manches zu kritisieren gäbe, schickt StR Köhler (AfD) voraus. Grund für die Ablehnung sei die Form der Satzung. Der darin verwendete Gendersternchen-Mix sei nicht nur
disfunktional, sperrig und entspreche keinesfalls einer natürlichen Sprachentwicklung. Es sei vielmehr die Durchsetzung einer Sprachmacht in die Form dieser Satzung. Er befürchte, es sei nur ein kleiner Schritt, bis man weitere Worte und Formulierungen verbieten kann, denn die verwendete Sprachform sei "die machtvolle Durchsetzung der Symbolik eines bestimmten politischen Lagers in die Sprache der Satzung selbst."


StRin Schumann (PULS) begrüßt hingegen die Novellierung der Hauptsatzung sehr. Vor allem sei natürlich der Inhalt sehr wichtig, doch freue man sich auch über die Form, die die Hauptsatzung gefunden hat mit einer geschlechterinklusiven Sprache, die alle Menschen anerkennt und sich jeder darin angesprochen fühle, vielleicht in ein solches Amt eintreten zu wollen. Einziger Wehmutstropfen sei ein Antrag der GRÜNEN, der jedoch heute nicht zur Abstimmung stehe, aber zukünftig in einer Änderungssatzung seinen Platz finden soll, zur Stärkung der Demokratie. Die Fraktionsgemeinschaft sehe in diesem Antrag eher eine Schwächung der Demokratie.


Abschließend lässt OB Kuhn über die Vorlagen einschließlich der Änderungen und Maßgaben des Verwaltungsausschusses vom 02.12.2020 abstimmen und stellt fest:

Der Gemeinderat beschließt die Novellierung der Hauptsatzung gemäß der GRDrs 767/2020 und 767/2020 Neufassung in der Fassung des Verwaltungsausschusses vom 02.12.2020 mit 51 Ja-Stimmen und 4 Nein-Stimmen mehrheitlich wie beantragt.
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