Mit dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz – ZwEWG - vom 19. Dezember 2013 hat das Land die Grundlage für ein Zweckentfremdungsverbot von Wohnraum geschaffen, das auf kommunaler Ebene per Satzung von Gemeinden mit Wohnraummangel umgesetzt werden kann. Das Gesetz gibt den Gemeinden bei einer bestehenden Mangellage auf dem Wohnungsmarkt ein Instrumentarium, um zu verhindern, dass Wohnraum dem Wohnzweck entzogen werden kann und die dadurch eintretende Verringerung des vorhandenen Bestands an Wohnraum zu einer Verschärfung des Wohnungsmangels führt. Voraussetzung ist, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist und sie diesem Wohnraummangel nicht mit anderen zumutbaren Mitteln (z.B. Wohnbautätigkeit und Wohnraumförderung) in angemessener Zeit begegnen können. Die Geltungsdauer einer Zweckentfremdungsverbotssatzung ist gesetzlich auf maximal fünf Jahre beschränkt. Die derzeit geltende Satzung gilt bis 31. Dezember 2020. Eine Zweckentfremdung von Wohnraum liegt nach § 2 Abs. 1 ZwEWG insbesondere vor, wenn dieser
2. durch bauliche Veränderung für eine Wohnnutzung nicht mehr geeignet ist
3. nicht nur vorübergehend gewerblich für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt wird
4. länger als sechs Monate leer steht
5. beseitigt wird (Abbruch)
In der Landeshauptstadt ist die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet. Dies ist dadurch belegt, dass die Landeshauptstadt Stuttgart in die Verordnungen der Landesregierung zur Absenkung der Kappungsgrenze (ab 1. Juli 2020) und zur Mietpreisbremse (ab 1. April 2020) aufgenommen wurde, die ebenso eine Wohnungsmangellage voraussetzen. Ergänzend dazu ist aus nachstehender Aufstellung ersichtlich, dass die Entwicklung des Wohnungsbestandes mit der Haushaltsentwicklung nicht Schritt gehalten hat. Das rechnerische Wohnungsdefizit hat sich in den letzten Jahren stark erhöht. Während die Zahl der Haushalte seit 2011 durchschnittlich jährlich um 1,0 Prozent zugenommen hat, ist der Wohnungsbestand durchschnittlich nur um 0,5 Prozent gewachsen.
Nach dem in Baden-Württemberg geltenden Gesetz unterliegen schon vor 2016 bestehende Leerstände nicht mehr dem Zweckentfremdungsverbot, wie der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung vom 8. September 2016 letztinstanzlich festgestellt hat (Beschluss vom 8.9.2016, Az. 3 S 1456/16). Gerade diese langjährigen „Altleerstände“, gegen die es damit keine rechtliche Handhabe gibt, werden aber in der Öffentlichkeit besonders wahrgenommen und thematisiert. Das geltende Recht gibt zudem keine Möglichkeit, die Wiedernutzung von Wohnraum oder die Vermietung an die Gemeinde direkt anzuordnen, sondern nur eine Bußgeldbewehrung für strafbare Leerstände. Für das eigentliche Ziel, Wohnungen wieder dem Wohnungsmarkt zuzuführen, ist die Verwaltung auf aufwendige Beratungs- und Überzeugungsgespräche angewiesen. Eine entscheidende Schwäche des Zweckentfremdungsrechts in Baden-Württemberg im Kampf gegen die ungenehmigte Umwandlung von Wohnungen in Ferienwohnungen stellt die bisherige sehr enge Ausgestaltung des Auskunftsrechts in § 4 des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes Baden-Württemberg dar. Danach hat die Gemeinde nur Auskunftsrechte gegenüber den dinglich Verfügungsberechtigten (insbesondere den Eigentümern) und den Besitzern (insbesondere den Mietern) von Wohnungen, nicht aber gegenüber den Betreibern von Vermittlungsplattformen. Es gibt derzeit in Baden-Württemberg noch keine Auskunftspflicht für Betreiber von Vermietungsplattformen, anders als bspw. in Bayern. 4. Novelle des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes
Bereits im September 2019 kündigte das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg in einer Presseerklärung eine Novelle des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes an. Im Juni 2020 wurden die nachgeordneten Behörden bezüglich des zu erwartenden Erfüllungsaufwands bei verschiedenen möglichen Neuregelungen befragt. Ein konkreter Zeitplan für das förmliche Gesetzgebungsverfahren und das Inkrafttreten der Novelle existiert allerdings noch nicht, wie das Ministerium auf Nachfrage mitgeteilt hat. Nach Pressebericht der Stuttgarter Nachrichten vom 15. September 2020 sollte der Gesetzentwurf im Kabinett beraten werden. Der Gesetzentwurf orientiert sich an der Rechtsprechung aus Bayern. Angedacht und ausweislich der angeforderten Kostenabschätzung für den möglichen Vollzug derzeit in der Prüfung durch das Ministerium sind nachstehende Änderungsmöglichkeiten, die dann jeweils noch der Übernahme in die kommunale Satzung bedürften, um für Stuttgart wirksam zu werden. - Einführung einer Auskunftspflicht für Dienstanbieter im Sinn des Telemediengesetzes
Bis Ende 2019 wurden insgesamt 1.161 Verfahren nach der Zweckentfremdungsverbotssatzung eingeleitet. Davon sind noch 459 Verfahren anhängig (Stand 30. Juni 2020), überwiegend von Amts wegen eingeleitete Verfahren wegen Fehlnutzung (in der Regel Ferienwohnungen) oder Leerstand. Es wurden Zweckentfremdungsgenehmigungen für insgesamt fast 113.000 m² Wohnraum erteilt. Im Gegenzug wurde die Neuerrichtung von über 240.000 m² Wohnraum gesichert und Ausgleichszahlungen in Höhe von mehr als 325.000 € festgesetzt. Ohne Gegenleistung der Antragsteller in Form von Ersatzwohnraum oder Ausgleichszahlungen wurden im öffentlichen Interesse in 28 Fällen Zweckentfremdungsgenehmigungen erteilt. In den seitherigen Wohnräumen wurden dann vom Jugendamt befürwortete Kinder- und Jugendeinrichtungen, Obdachloseneinrichtungen, andere im öffentlichen Interesse liegende Einrichtungen für soziale oder kulturelle Zwecke und Einrichtungen für die lokale medizinische Versorgung geschaffen. 6. Städtische Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in der Landeshauptstadt Stuttgart - ZwEVS
Die wesentlichste Änderung ist der § 13 der ZwEVS. - Inkrafttreten (§ 13)
Sobald das Gesetz beschlossen ist, wird dem Gemeinderat ein Vorschlag unterbreitet, in dem die eröffneten Möglichkeiten und der für den Vollzug anfallende Erfüllungsaufwand abgewogen werden. Dies kann aber erst geschehen, wenn der Inhalt der Gesetzesnovelle feststeht. Am 1. Juli 2020 wurde eine erfahrene Mitarbeiterin des Amtes zur Zweckentfremdung umgesetzt, zum 1. August 2020 hat eine neue Mitarbeiterin ihren Dienst angetreten. Beide Mitarbeiterinnen bedürfen der Einarbeitung in das neue Rechtsgebiet. Damit sind dann die zwei Vollzeitstellen beim Baurechtsamt durch drei Teilzeitkräfte wieder vollständig besetzt. Finanzielle Auswirkungen --- Beteiligte Stellen --- Vorliegende Anträge/Anfragen --- Erledigte Anträge/Anfragen Antrag Nr. 324/2020 SPD Zweckentfremdungssatzung verlängern Fritz KuhnOberbürgermeister Anlagen Satzungsentwurf <Anlagen> zum Seitenanfang