Protokoll:
Gemeinderat
der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
253
9b
Verhandlung
Drucksache:
594/2020
GZ:
SWU
Sitzungstermin:
29.07.2020
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
OB Kuhn
Berichterstattung:
Protokollführung:
Frau Faßnacht
pö
Betreff:
Neues Stuttgarter Eigentumsförderprogramm (SEP) und Anpassung der Einkommensgrenzen im städtischen Programm Mietwohnungen für mittlere Ein-
kommensbezieher
Vorgang: Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 17.07.2020, öffentlich, Nr. 94
Ergebnis: mehrheitl. Zustimmung bei 9 Ja-, 1 Nein-Stimme, 3 Enthaltungen
Gemeinderat vom 23.07.2020, öffentlich, Nr. 225
Ergebnis: Vertagung
Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Städtebau, Wohnen und Umwelt vom 09.07.2020, GRDrs 594/2020, mit folgendem
Beschlussantrag:
1. Die beiden Eigentumsförderprogramme der Landeshauptstadt Stuttgart "Preiswertes Wohneigentum" (PWE) und "Familienbauprogramm" (FBP) werden zu einem neuen Eigentumsförderprogramm "Stuttgarter Eigentumsprogramm" (SEP) zusammengefügt.
2. Die drei Einkommensgruppen und die entsprechenden Einkommensgrenzen aus den Förderprogrammen PWE und FBP werden im SEP vollumfänglich übernommen.
Bezugsgröße ist der jeweilige Betrag aus der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau zum Förderprogramm Wohnungsbau BW in der letzten geltenden Fassung.
3. Die städtische Förderung soll als Subjektförderung in Form von Zuschüssen an berechtigte Haushalte erfolgen.
4. Mit Veröffentlichung im Amtsblatt tritt das SEP in Kraft und die bisherigen Eigentumsförderprogramme PWE und FBP außer Kraft.
5. Im Stuttgarter Innenentwicklungsmodell, aktuell GRDrs 1060/2019, wird der Begriff Preiswertes Wohneigentum (PWE) durch SEP ersetzt. Die Bindungsdauer der Eigentumsförderung im SIM wird an das SEP angepasst. Zukünftig beträgt diese 15 anstelle von bislang 10 Jahren.
Die Vorhabenträgerin im SIM verpflichtet sich, die Kaufpreise einer vergleichbaren freifinanzierten Wohnung im gleichen Vorhaben gestaffelt nach den Einkommensgruppen des berechtigten Personenkreises um einen nachstehend definierten Betrag je m² Wohnfläche zu reduzieren:
Für Einkommensgruppe I beträgt dieser: 1.250 Euro je m² Wohnfläche
Für Einkommensgruppe II beträgt dieser: 750 Euro je m² Wohnfläche
Für Einkommensgruppe III beträgt dieser: 250 Euro je m² Wohnfläche
Die Vorhabenträgerin in SIM soll alle Einkommensgruppen abbilden. Nach Abschluss der Maßnahme hat die Vorhabenträgerin nachzuweisen, dass die durchschnittlich gewährte Reduzierung der Kaufpreise im Programm SEP der Verbilligung der Einkommensgruppe II entspricht.
In SIM wird der Vorhabenträgerin eine Last in Höhe von 750 Euro je m² Wohnfläche anerkannt.
6. Die Einkommensgrenzen im städtischen Förderprogramm "Mietwohnungen für mittlere Einkommensbezieher" (MME) werden geringfügig erhöht.
7. Die neuen Einkommensgrenzen Programm MME gelten ab Veröffentlichung im Amtsblatt.
StR
Conzelmann
(SPD) lehnt die Vorlage zur Neugestaltung der PWE-Förderung ab. Seine Fraktion erkenne zwar an, dass mit der Verlängerung der Bindungsfristen und der Maßgabe, einen Verkauf während der Bindungsfrist nur an den berechtigten Personenkreis zu erlauben, Schritte in die richtige Richtung unternommen werden. Trotzdem bleibe man bei der grundsätzlichen Skepsis bezüglich des Förderprogramms, insbesondere in Verbindung mit SIM. Bei Neubaupreisen um die 6.000 € pro m² könne eine Eigentumsförderung, die Einkommensobergrenzen setzt, eigentlich nur am Bedarf vorbeigehen. Man habe großes Verständnis für den Wunsch insbesondere junger Familien, sich Wohneigentum zuzulegen. Allerdings sehe man mit Blick auf die schwindenden kommunalen Steuereinnahmen die Eigentumsförderung primär als Angelegenheit des Bundes und des Landes an. Zu Recht weise die Vorlage darauf hin, dass die Landeswohnraumförderung im Jahr 2020 deutlich attraktiver ausgestaltet ist als in den Jahren zuvor. Wegen der schlechteren finanziellen Ertragslage der Kommune vertrete man die Ansicht, dass die Stadt alle verfügbaren Mittel im Bereich Wohnen in die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum investieren soll.
Überrascht von dieser Argumentation zeigt sich StRin
Fischer
(90/GRÜNE), die darauf hinweist, dass bei den vorigen Tagesordnungspunkten es eher darum ging, mehr kommunale Mittel auszugeben. Ihre Fraktion halte in der Gesamtabwägung die Eigentumsförderung in diesem bescheidenen Rahmen für eine wichtige Sache, um Familien in Stuttgart halten zu können und ihnen eine Altersvorsorge ermöglichen zu können. Es handle sich um schon lange bestehende Programme, die zusammengeführt werden. Man halte es für richtig, sich an die Einkommensgrenzen, von denen die L-Bank ausgeht für zinsverbilligte Darlehen, weiter zu halten. Dies gelte auch bezüglich attraktiver Anschlussdarlehen. Auch dass die Weiterveräußerung während der Laufzeit nur an Berechtigte gehen kann, halte man für richtig. Die Zusammenführung und Neugestaltung sei eine deutliche Verbesserung der früheren beiden Programme, weshalb man der Vorlage gerne zustimmen werde.
StR
Mörseburg
(CDU) bestätigt, nur eine sehr kleine Gruppe sei von diesem Programm betroffen, weil entweder Familien die Einkommensgrenzen überschreiten oder Schwierigkeiten haben, sich für einen Bankkredit zu qualifizieren. Trotzdem sei es gerade im Bereich der Familien mit mehreren Kindern deutlich wahrscheinlicher, dass sie die Voraussetzungen erfüllen. Solange es diese kleine Gruppe gibt, halte die CDU es für äußerst förderwürdig, Leute in Eigentum zu bringen, die für sich und für ihre Familie die Verantwortung übernehmen, so großes Wohneigentum anzuschaffen und damit auch der Gesellschaft dienen. Man begrüße die Zusammenlegung der beiden Programme und hoffe auf Synergieeffekte, wissend, dass es sich um einen Baustein in der Wohnraumpolitik der Stadt handelt.
StR
Adler
(FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) verweist auf die Diskussion im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen. Dort habe die FrAKTION anerkannt, dass die Zusammenführung bisher getrennter Programme eine sinnvolle Korrektur ist. Dies ändere aber nichts daran, dass man die für Eigentumsförderung vorgesehenen Mittel als klassischen Fehleinsatz öffentlicher Mittel betrachte. Die Not sei nicht am größten bei denen, deren Einkommenssituation es erlauben würde, sich eigene Wohnungen zu kaufen. Die Mittel müssten dorthin, wo die Not am größten ist. Insofern sei ganz klar, dass das Programm kein Beitrag zu einer sozialen Wohnungspolitik für alle in Stuttgart ist. Die Vorlage lehne man daher ab.
StR
Dr. Oechsner
(FDP) unterstreicht, eine der wichtigsten Altersvorsorgen sei eigenes Wohneigentum. Wer dies ablehnt, argumentiere immer nur in die Richtung "Es muss bezahlbaren Wohnraum geben". Dies gelte aber auch für diejenigen, die das Wohneigentum haben. "Das ist eine Gruppe, die ganz genau an der Grenze ist, die zwei, vielleicht drei Kinder haben und die ein Einkommen haben, das gerade noch erlaubt Wohneigentum und damit für sein Alter vorzusorgen." Seine Fraktion stimme der Vorlage zu.
StR
Zaiß
(FW) findet die Vorlage ausgewogen. Es sei wichtig, dass die Stadt eine ausgewogene Bevölkerung hat. Eigentum gehöre auch dazu. So habe man beste Erfahrungen mit durchmischten Soziale-Stadt-Gebieten gemacht, Beispiel Hallschlag. Auch angesichts des vergleichsweise geringen privaten Wohneigentums in Deutschland sei es ein kleiner Beitrag. Der Vorlage stimmen die Freien Wähler gerne zu.
Selbstverständlich werde man der Vorlage zustimmen, so StR
Köhler
(AfD). "Eine Stadt der Eigentümer, das ist eine sesshafte Stadt, das ist eine Stadt, die nach sich schaut!"
StR
Körner
bittet darum, die Beschlussantragsziffern 1 bis 5, in denen es ums Eigentumsprogramm geht, zusammen abzustimmen und danach über die Beschlussantragsziffern 6 und 7.
Für die Verwaltung erklärt BM
Pätzold,
man halte die Förderung von Eigentum in Stuttgart - gerade auch bei städtischen Flächen - für einen wichtigen Baustein beim Wohnungsbau. Man könne auch nicht so tun, als ob alle Mittel in die Eigentumsförderung fließen. Die Nachfrage nach solchen Programmen zeige sich an den Anfragen. Man habe den Auftrag angenommen, aus dem bisherigen Familienbauprogramm und dem Preiswerten Wohneigentum ein neues Programm zu machen, und habe deshalb die Förderung angepasst. "Und wir haben auch dafür gesorgt, dass wir mehr Zuschüsse, insbesondere für die niedrigen Einkommensgruppen 1 und 2, fördern können und diese mehr Zuschüsse erhalten. Und wir haben insbesondere auch darauf geschaut, dass ein Wiederverkauf nur an berechtigte Haushalte geht. Also wir haben ein Paket geschnürt, das wir als sehr gut erachten, und auch für notwendig halten. Ich glaube, dass wir sehr ausgewogen arbeiten in unseren Wohnungsbauprogrammen und sowohl für Mieter, für bezahlbaren Wohnraum, aber auch für Eigentum, insbesondere für Familien, die dieses nachfragen und wollen, sorgen."
OB
Kuhn
stellt zunächst die
Beschlussantragsziffern 1 bis 5
der GRDrs 594/2020 gemeinsam zur Abstimmung. Er stellt fest, dass der Gemeinderat diese wie beantragt mehrheitlich
beschließt
(15 Nein-Stimmen).
Anschließend ruft er zur Abstimmung über die
Beschlussantragsziffern 6 und 7
und stellt fest: Der Gemeinderat
beschließt
bei 8 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung mehrheitlich wie beantragt.
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