Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 05.05.2022
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Nopper
Berichterstattung:
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: "Die Politik am Bündnis für Wohnen 2.0 beteiligen"
- Antrag Nr. 64/2022 vom 10.03.2022 (Die FrAKTION)

StRin Tiarks (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) dankt der Verwaltung dafür, den Antrag Nr. 64/2022 auf die Tagesordnung des Gemeinderates gesetzt zu haben. Anschließend argumentiert sie im Sinne dieses Antrags und wirbt um Zustimmung. Die Stellungnahme der Verwaltung kritisiert sie dahingehend, dass die Arbeitsgruppen zwar mit OB Dr. Nopper abgestimmt wurden, nicht aber mit dem Gemeinderat. Weiter bemängelt sie, dass offenbleibe, welche Ergebnisse angestrebt werden und keine exakte Angabe gemacht wird, wann der Gemeinderat 2022 im Unterausschuss (UA) Wohnungsbau umfassend informiert werden soll. Zudem heiße es, der Gemeinderat "kann regelmäßig" informiert werden im UA Wohnungsbau. All dies sei zu vage und könne dazu führen, dass der Gemeinderat mit den Ergebnissen der Verhandlungen nicht einverstanden ist und wieder neu begonnen werden müsse.

StRin Fischer (90/GRÜNE) teilt mit, ihre Fraktion habe durchaus eine Sympathie für eine engere Verknüpfung zwischen den Gesprächen und Verhandlungen von Wohnungswirtschaft und Gemeinderat. Die Begründung des Antrags teile man hingegen nicht. So glaube man z. B. nicht, dass die Wohnungswirtschaft eher dazu bereit wäre, Belegungsrechte herzugeben, wenn die Stadträte einen noch größeren Druck auf die Wohnungswirtschaft ausüben, sondern eher das Gegenteil sei der Fall: Es brauche sehr viel Verhandlungsgeschick, um jemanden zu etwas zu bewegen, was dieser eigentlich gar nicht möchte. Und man sollte zudem etwas anbieten können, um zu Kompromissen zu kommen.

Man könne sich jedoch gut vorstellen, dass - dem Beispiel des UA Mobilität folgend - auch im UA Wohnen Sachkundige einbezogen werden, um in einen Austausch zu kommen über die anstehenden Probleme und Themen, die jede Seite darlegen könne, sodass man aus erster Hand erfährt, wo die Haken und Ösen sind. Insofern bitte sie darum, heute nicht über den Antrag abzustimmen, sondern diesen zurückzuverweisen in den UA Wohnen, um dort zu diskutieren, ob dies ein guter Weg sein könnte, der verfolgt werden soll.

Für StR Dr. Vetter (CDU) stellt sich beim Antrag Nr. 64/2022 die Frage, ob das Ergebnis besser wird. Er macht außerdem darauf aufmerksam, dass dies für die Ehrenamtlichen noch mehr Termine und Debatten hieße. Aus seiner Sicht hat es bisher funktioniert, dass der Rat im Rahmen der Neuorientierung der Bodenpolitik die Rahmenbedingungen gesetzt hat für das Thema Vergabe städtischer Grundstücke. Der Rat habe dort genau festgelegt, welche Vorgehensweisen akzeptabel sind auch für das Bündnis für Wohnen. Er sehe keine Notwendigkeit, dem Antrag für ein Bündnis für Wohnen 2.0 zuzustimmen, sondern glaube vielmehr, dass damit keine einzige Sozialwohnung oder ein Belegungsrecht mehr zu erreichen ist.

Seine Bitte an die FrAKTION laute, beim Thema Bebauungsplätze lieber mal eine höhere Nutzung zuzulassen, neues Baurecht zu schaffen und sich positiv an einer Abstimmung zu beteiligen, um zu dokumentieren, "dass Sie das, was Sie auf der einen Seite fordern, auch wirklich leben". Genau diesen Eindruck habe er in der Vergangenheit im STA nicht gewonnen. Auch könne man darüber nachdenken, grundsätzlich Bebauungspläne anzugehen, um vielleicht durch Nachverdichtungen Mehrwerte zu generieren, um damit auch Sozialwohnungen zu schöpfen. Auch hierbei sei die FrAKTION herzlich eingeladen sich zu beteiligen. Die CDU-Fraktion werde dem Antrag folglich nicht zustimmen, auch, weil sie sich bei der Verwaltung mit diesem Thema gut aufgehoben fühle.

StR Conzelmann (SPD) will dagegen diesen Antrag unterstützen, weil selbiger in der Begründung zurückgreife auf einen im Jahr 2014 gestellten Antrag der SPD-Fraktion. Er betont, man wolle diesen Antrag nicht deswegen unterstützen, um Druck auf die Verwaltung oder auf die Wohnungswirtschaft auszuüben, sondern um nachträglich einen Fehler zu heilen. Denn in diesem Antrag von 2014, als die SPD-Fraktion das Bündnis für Wohnen angeregt hat, habe sie explizit auch gefordert, dass auch die Politik an diesem Bündnis beteiligt ist. Dies wiederum sei schlüssig, weil z. B. im Grundsatzbeschluss zur Bodenpolitik Pflichten bzw. Voraussetzungen definiert sind, wann Bündnispartner für Wohnen welche Vorteile genießen können. Folglich sei es nur logisch, dass die Politik bei diesen Voraussetzungen, die sie dem Bündnis für Wohnen stellt, auch mitsprechen will.

StR Dr. Oechsner (FDP) stellt klar, der Gemeinderat habe die Leitplanken für eine Bebauung auf städtischem Grund gelegt, sodass sie jetzt noch ausgefüllt werden müssen. Wer sie nicht ausfüllen will und nicht umsetzt, bekomme auch keinen städtischen Grund zum Bauen. Er würde dem Antrag zustimmen, wenn ihm jemand zusichern könnte, dass es schneller und besser geht, wenn Stadträte bei den Arbeitsgruppen dabei sind. So werde es aber wohl nicht sein, sondern es werde dann noch langsamer gehen. "Jetzt müssen die Baugesellschaften, die Genossenschaften, dort drauf bauen zu unseren Regeln. So einfach ist das eigentlich. Von daher lehnen wir den Antrag rundweg ab."

StR Puttenat (PULS) schickt voraus, für ihn als Stadtrat, der sowohl im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen als auch im UA Wohnen vertreten ist, sei das Bündnis für Wohnen von Anfang an eine Art Phantom gewesen, weil er "diese Leute" nie wirklich kennengelernt habe. Er würde sich bei einem so wichtigen Thema daher vertrauensbildende Maßnahmen wünschen. So begreife er auch diesen Antrag, den seine Fraktionsgemeinschaft unterstützen werde. Ihm gehe es ganz und gar nicht darum, Druck auszuüben oder Prozesse zu verkomplizieren.

Nach Ansicht von OB Dr. Nopper würde es von den Bündnispartnern eher als Misstrauensbekundung wahrgenommen werden denn als vertrauensbildende Maßnahme, wenn jetzt auch noch Emissäre des Gemeinderats in dieses Bündnis eingeführt werden würden. Er teile die Einschätzung von StRin Fischer, wonach dies sogar kontraproduktiv wäre und sei der Meinung, dass die operative Arbeit des Bündnisses für Wohnen eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung ist und keine gemeinderätliche Arbeit. Auch würde dies die eh schon extrem schwierige Arbeit in diesem Bündnis für Wohnen nicht erleichtern, sondern erschweren. Er rate daher dringend davon ab, diesen Antrag zu unterstützen. Über den Antrag der Fraktion 90/GRÜNE hingegen, wonach der UA Wohnen um sachkundige Bürger ergänzt werden kann, könne man sprechen. Gerne könne man in einer der nächsten Sitzungen die Bündnispartner ihre Vorstellungen präsentieren lassen. Auch sei die Verwaltung gerne bereit, bei Bedarf oder in regelmäßigen Abständen aus diesem Bündnis zu berichten.

StR Zaiß (FW) schließt sich den Anmerkungen des Vorsitzenden voll umfänglich an und erklärt Ablehnung zum Antrag der FrAKTION.

StRin Tiarks erklärt sich einverstanden mit der Idee, den UA Wohnen um sachkundige Bürger*innen zu ergänzen und bietet an, einen entsprechenden interfraktionellen Antrag zu stellen. Trotzdem seien es zwei unterschiedliche Dinge, die sie gerne getrennt sehen wolle: Das eine sei, dass die Stadträt*innen beteiligt werden an dem Bündnis für Wohnen, das andere sei, dass Vertreter des Bündnisses für Wohnen in den UA Wohnungsbau kommen. Sie halte es für wichtig, das Bündnis für Wohnen 2.0 kritisch zu begleiten und bitte deswegen darum, über den Antrag ihrer Fraktionsgemeinschaft abzustimmen. Auf einen Einwand von OB Dr. Nopper stellt sie klar, vertrauensvoll miteinander zu arbeiten, heiße auch, dass die Bündnisteilnehmenden die Abmachungen einhalten. Wenn sie das nicht tun, können sie nicht erwarten, andauernd einen neuen Vertrauensvorschuss zu bekommen.

OB Dr. Nopper macht darauf aufmerksam, dass in den letzten Jahren gar keine schriftlichen Vereinbarungen getroffen worden seien. StRin Tiarks fragt daraufhin, warum ihre Anfrage dann entsprechend beantwortet worden sei. Auf Nachfrage des Vorsitzenden teilt StRin Fischer mit, nachdem die FrAKTION ihren Antrag aufrechterhalte, werde ihre Fraktion diesen Antrag heute ablehnen und ggf. selbst einen gesonderten Antrag zum UA Wohnen stellen.

OB Dr. Nopper lässt über den Antrag Nr. 64/2022 abstimmen und stellt fest:
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