Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
151
11a
VerhandlungDrucksache:
857/2019
GZ:
T
Sitzungstermin: 28.05.2020
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: Stuttgart 21: Verlängerung Unterfahrung Gebhard-Müller-Platz, Gestaltung Willy-Brandt-Straße, Sanierung Bestandsbauwerke
Bericht zum Sachstand, Baubeschluss mit Finanzierung, notwendige Vereinbarungen mit der DB Netz AG

Vorgang: Gemeinderat vom 09.04.2020, öffentlich, Nr. 82
Ergebnis: Einbringung
Ausschuss für Stadtentwicklung u. Technik v. 19.05.2020, öffentlich, Nr. 149
Ergebnis: Kenntnisnahme vom Bericht
Verwaltungsausschuss vom 27.05.2020, öffentlich, Nr. 175
Ergebnis: Verweisung ohne Votum in den Gemeinderat
Gemeinderat vom 28.05.2020, öffentlich, Nr. 139
Ergebnis: Vertagung wegen Beschlussunfähigkeit gem. § 37 Abs. 3 GemO


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Technischen Referats vom 23.03.2020, GRDrs 857/2020, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Bericht zum Sachstand
2. Baubeschluss

2.1 Der Verlängerung der bestehenden Unterfahrung der Bundesstraße B 14 vom Gebhard-Müller-Platz bis zur Sängerstraße wird auf Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses PFA 1.1. des Verkehrsprojekts Stuttgart 21 mit Gesamtkosten für die LHS in Höhe von 34.650.000 EUR (einschließlich aktivierungsfähigen Eigenleistungen von 1.960.000 EUR) zugestimmt.

2.2 Der Umsetzung der Oberflächengestaltung und Anpassung im Bereich Willy-Brandt-Straße, des Gebhard-Müller-Platzes und der Schillerstraße im Zuge des Projekts Stuttgart 21 mit Kosten für die LHS in Höhe von 6.400.000 EUR (einschließlich aktivierungsfähigen Eigenleistungen von 360.000 EUR) wird zugestimmt.

2.3 Der Sanierung der Bestandsbauwerke der Unterfahrung Gebhard-Müller-Platz im Rahmen der Baumaßnahme Verlängerung Unterfahrung Gebhard-Müller-Platz mit Gesamtkosten von 7.500.000 EUR (einschließlich aktivierungsfähigen Eigenleistungen von 420.000 EUR) wird zugestimmt.

2.4 Die Gesamtkosten der Ziffern 2.1 bis 2.3 werden im Teilfinanzhaushalt 660 - Tiefbauamt beim Projekt 7.665022 Umgestaltung Willy-Brandt-Straße zwischen Gebhard-Müller-Platz und Neckartor mit Verlängerung Unterfahrung Gebhard-Müller-Platz - wie folgt gedeckt:
JahrAuszahlungenEigenleistungenGesamtkosten
EUREUREUR
2020 und fr.3.050.000271.0003.321.000
20211.100.000100.0001.200.000
202210.000.000600.00010.600.000
202316.800.000878.20017.678.200
202412.714.000762.80013.476.800
20252.146.000128.0002.274.000
Gesamt45.810.0002.740.00048.550.000














3. Notwendige Vereinbarungen mit der DB Netz AG
StR Winter (90/GRÜNE) nimmt Bezug auf die Vorlage, mit welcher der Rat heute über eine weitere Überdeckelung, eine Oberflächengestaltung und gleichzeitig über ein Trogwerk und eine Bestandssanierung am Gebhard-Müller-Platz zu entscheiden habe. Es handle sich um eine städtebaulich sehr zentrale Stelle, über die immer wieder diskutiert wurde im Zuge z. B. der Opernsanierung, vor allem aber im Zuge des B14-Wettbewerbs. Weiter argumentiert der Stadtrat im Sinne des Antrags seiner Fraktion vom 27.05.2020, Nr. 197/2020, der in der gestrigen Sitzung des Verwaltungsausschusses aufgerufen wurde. Er dankt Herrn BM Thürnau für die dort zugesagte Übersendung einer neuen Präsentation und für die Zusage, über die Oberflächengestaltung nochmals intensiv nachzudenken und sie neu zu überarbeiten was die Aufteilung der Verkehrsflächen angeht. Auch die Spuren, die unterirdisch sind in der Verlängerung des Trogbauwerks, müssten neu überdacht werden: "Wie werden die später belegt, wenn wir B14 und wenn wir andere verkehrliche Entwicklungen auch haben?" Ihm ist wichtig, dies in den Verhandlungen mit der Bahn, wo es auch um die Oberflächengestaltung gehe, mit aufzunehmen. Durch den Antrag, die Diskussion und die erfolgten Zusagen seitens der Referate sei man einen guten Schritt weitergekommen, die Planung konkretisieren zu können.

StR Kotz (CDU) ist erfreut zu hören, wenn Vertreter der GRÜNEN-Partei, die immer gegen das Projekt S 21 waren, erkennen, welchen Mehrwert dieses Projekt für Stuttgart hat und welche qualitative Aufwertung man dadurch erleben werde. Der neue Stuttgarter Bahnhof werde einen zentralen Ein- und Ausgang in Richtung des Kernerviertels, in Richtung der Landhausstraße, Sängerstraße haben. Würde man alles belassen wie es bisher war, so würde man in die Unterführung einfach hineinpurzeln. Selbstverständlich wäre dies kein Vorfeld für den Hauptstadteingang eines neuen Bahnhofs und deswegen sei die Grundidee der Planung von damals weiterhin richtig, diese Unterführung ein Stück weiter zu überdeckeln, um ein Entrée, einen Vorplatz für den neuen Bahnhof zu bekommen. Dass man natürlich nach 20 Jahren darüber nachdenkt, "wie die Gestaltung auf dem Deckel aussehen soll, wie viele Fahrradabstellplätze brauchen wir, sind die in Boxen in einem Parkhaus oder offen, wie viele Taxistandplätze brauchen wir, wo braucht es vielleicht E-Mobilität- oder Car-Sharing-Angebote und wie sind die Spuren verteilt?", habe für die CDU-Fraktion nie infrage gestanden. Darum gehe es jedoch heute nicht. Man freue sich daher, das Bauvorhaben heute auf den Weg zu bringen und es damit nicht zu den Mehrkosten kommen werde, die im Raum gestanden haben, wäre sie heute weiter verzögert worden.

Als "planerischen und politischen Super-GAU" bezeichnet StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) den heutigen Beschluss, so er denn gefasst werden sollte. Man verspiele damit die Chance, die Wunde zu heilen, die mit dieser Stadtautobahn ins Herz der Stadt geschlagen worden sei, und investiere zudem 50 Mio. € - die nach seiner Überzeugung nicht reichen werden -, um diesen Zustand zu zementieren. Das Problem lasse sich jedoch nicht durch "Deckel-Kosmetik" heilen. Dieses Projekt sei nicht nur zum Schaden aller Menschen, die sich in diesen Räumen in Zukunft mit dem Fahrrad oder zu Fuß bewegen werden, sondern es sei auch zum Schaden derjenigen, die es heute beschließen. OB Kuhn zerstöre damit am Ende seiner politischen Laufbahn das, was er sich stadtplanerisch mühsam erkämpft hat, indem er dies zulasse. Wenn es um Planung geht, so gehe es darum, Missstände zu heilen. Der allgemein anerkannte Missstand hier sei die Straße, und an der gelte es anzusetzen, nicht an Nebendiskussionen oder an Phänomenen. Einen Deckel zu bauen, um nichts am Missstand ändern zu müssen und den Tunnel dafür um 100 m zu verlängern, halte er für Wahnsinn, so der Stadtrat.

Mit den Beschlüssen zur lebenswerten Innenstadt und den Beschlüssen hin zu einer echten Rad-Stadt sei man in eine gute Richtung gegangen. Fast schon revolutionär für Stuttgart sehe er den Beschluss, für den B14-Wettbewerb den Planungsteams die Vorgabe zu machen, mit bis zu 50 % weniger Autos zu planen, und dafür bis zu 50 % der Verkehrsfläche dafür wegzunehmen, um zu zeigen, welche Qualitäten und anderen Räume damit möglich sind. Er gebe der Initiative Aufbruch Stuttgart recht, wenn diese die Frage stellt, wie ernst nehmen sich eigentlich die Fraktionen/der Gemeinderat, wenn er solche Beschlüsse zulässt. Er appelliert, mit der Beschlussfassung so lange zu warten, bis das Wettbewerbsergebnis vorliegt. Diesen Appell erhebt er zum Antrag.

Weiter kritisiert der Stadtrat den Zeitdruck, den man nicht haben müsste, wenn OB Kuhn den Beschluss des Gemeinderats vom September 2019 ernstgenommen hätte, sowie die nicht verifizierte Zahl von 5 Mio. €, die es angeblich kosten würde, wenn man jetzt verschiebt. "Wir dürfen nicht zulassen, dass am Ende die Bahn AG bestimmt, wo vielleicht in Zukunft die Stadträume, die Verkehrswege sind und am Ende das neue Kulissengebäude oder die neue Oper steht. Wenn Sie das heute machen, dann lassen Sie zu, dass die Bahn AG mit ihrer alten Planfeststellung die Stadtpolitik bestimmt und nicht mehr Sie!"

StR Körner (SPD) unterstreicht, über die Beschlussvorlage sei inzwischen mehrfach beraten worden. In der Beratung sei deutlich geworden, dass es ein - seiner Meinung nach sehr guter - Zwischenschritt sei, dem weitere Schritte folgen müssen. Dieser Zwischenschritt sei seiner Fraktion auch etwas wert, biete er doch gravierende Vorteile zu dem, was sich heute bei der Baustelle abspielt und schon vor der Baustelle abgespielt hat. Es werde an einer neuen Stelle des Bahnhofs ein neuer Bahnhofsvorplatz entstehen, im Herzen der Stadt, hin zum Kernerviertel, mit einer neuen Stadtbahnhaltestelle Staatsgalerie, die schon im Herbst 2020 sich als eine der schönsten Haltestellen Stuttgarts öffnen werde und die ein großer Fortschritt für die Stadt sein werde. Fußgängerinnen und Fußgänger werden ebenerdig vom Kernerviertel über den neuen Deckel über die B14 zur neuen Haltestelle und zum neuen Bahnhof kommen. Oberirdisch werde mehr Platz für Fußgänger und auch für Radfahrer geschaffen.

Ihm sei wichtig, dass BM Pätzold oder BM Thürnau in der heutigen Sitzung nochmals bestätigen, "dass wir bei der Oberflächengestaltung auf der Strecke noch Spielräume haben, um weitere Verbesserungen zu erreichen, z. B. was die Breite der Radspuren anbelangt, vielleicht auch manches, was in Richtung Schillerstraße stattfinden muss" - Stichwort Verlegung des City-Rings Richtung Wolframstraße. Seine Fraktion freue sich über den anstehenden Schritt, der eine große Verbesserung für die Stadt mitten im Herzen von Stuttgart bringen werde und deswegen stimme man der Vorlage gerne zu.

StR Dr. Oechsner (FDP) bestätigt gegenüber StR Winter, der GRÜNEN-Antrag Nr. 197/2020 habe ein bisschen geholfen, doch sei er nicht ausschlaggebend dafür, dass sich alles verbessert hat. Seiner Fraktion sei immer klar gewesen, dass die Planung der Oberflächen, die Verteilung der Verkehre, nicht der Realität entsprechen, nachdem der Deckel gebaut ist. StR Rockenbauch bittet er darum, aufmerksamer bei der Wortwahl zu sein, denn das Wort Super-GAU sei in seiner Bedeutung belegt, nämlich mit der Schmelzung eines Kerns eines Atomkraftwerkes samt all den schrecklichen Folgen. Diese Überdeckelung sei eine große Verbesserung für diese Stadt, und um die Schneisen-Wirkung der B14 zu reduzieren, führe man den Wettbewerb durch. Weil die Gesellschaft nun einmal aus unterschiedlichen Menschen und unterschiedlichen Ansprüchen bestehe, gehe man nun den richtigen Weg, indem an dieser Stelle eine Überwegung der B14 geschaffen wird, ein neuer Bereich, in dem man sich bewegen kann und in welchem später die Oberflächen so gestaltet werden, wie es sein muss: mit mehr Radverkehr, mit mehr Fußverkehr, mit weniger Autos, in der Schillerstraße mit deutlich weniger Verkehr. Hierfür brauche es diesen Schritt. Zudem beinhalte der B14-Wettbewerb dieses Bauwerk seines Wissens bereits. Er fordert StR Rockenbauch dazu auf, sich von der Vorstellung zu befreien, dass es irgendwo immer Feinde gibt. Seine Fraktion stimme der Vorlage zu.

Die vorliegende Planung beruhe auf langjährigen, komplexen Planungen, die technischen Vorgaben geschuldet seien und die von renommierten Stuttgarter Fachleuten geplant und mitgedacht wurden, betont StR Zeeb (Freie Wähler). Aus seiner Sicht wird jetzt ein gutes Ergebnis erzielt, zumal die von der Verwaltung aufgezeigten Verbesserungsmaßnahmen, die heute angesprochen wurden, geprüft und eingearbeitet werden, sofern dies möglich ist.

Sollte hingegen das Gesamtbauvorhaben heute keine Mehrheit finden und man auf das Ergebnis aus dem Ideenteil des B14-Wettbewerbs warten will, so könne er als Architekt schon heute sagen: "Aus dem Ideenteil werden Sie keine Schlüsse für diesen Punkt sehen! Denn entweder die Kollegen der Planungsteams übernehmen das, was vorgegeben war, - weil, wieso sollten sie eine gute vorliegende Planung ändern? Oder, wenn es eine ganz spinnige Idee ist, dann muss man das jahrelang prüfen auf Umsetzbarkeit und dann werden wir diesen Knoten in den nächsten Jahren nicht gelöst bekommen. Und das möchte ich nicht."

StR Köhler (AfD) schließt sich dem Wortbeitrag seines Vorredners an.

StRin Köngeter (PULS) nimmt Bezug auf den Grundsatzbeschluss von 2019 zur Reduzierung des Verkehrsflächenanteils auf 50 % im Wettbewerb zur B14. Damit habe man eine historische Entscheidung getroffen und die Grundlage geschaffen für eine Umverteilung des öffentlichen Raums. Die Fraktionsgemeinschaft wolle mitnichten das allerletzte Auto aus der Stadt verdrängen. Man möchte aber, dass auch anderen Verkehrsteilnehmern, seien es Fußgänger oder Radfahrer, ein fairer Anteil an öffentlichem Raum zur Fortbewegung zuteilwird. Dass man diesen Anteil oft den Autofahrern abknapsen möchte, liege darin begründet, dass dem Automobil vor dem Hintergrund der autogerechten Stadt lange Zeit ein erhebliches Zuviel an öffentlichem Raum zugestanden worden ist und dass es zusätzlich im Hinblick auf Umwelt und Gesundheit zu den schädlichsten Fortbewegungsarten gehöre.

Dem Ziel des Wettbewerbs stehe nun die gutgemeinte Verlängerung des Tunneldeckels entgegen, von dem das S21-geplagte Kernerviertel profitieren soll, und die dadurch bedingte Verlängerung des Tunnels und Verschiebung des Tunnelmundes. Dies stehe dem Wettbewerbsziel deswegen entgegen, weil mit einem Erhalt des Tunnels keine Reduktion auf 50 % der Verkehrsfläche für den motorisierten Verkehr möglich sei, da die unterirdischen Verkehrsflächen vollständig erhalten werden würden und mindestens je eine Spur neben dem Tunnel geführt werden muss, um am Gebhard-Müller-Platz ein Abbiegen zu ermöglichen. Unter sechs Spuren sei also nicht möglich. In den Planfeststellungsunterlagen seien zehn Spuren vorgesehen. Es könne daher von einer Reduktion keine Rede sein, auch nicht von guter Infrastruktur für andere Verkehrsteilnehmer und auch nicht im Hinblick auf die Führung der Hauptradroute an dieser Stelle.

Die Vertreter der Stadt als Ausloberin hätten im Kolloquium zum Wettbewerb auf die Frage nach den Unterfahrungen keine Präferenzen zur Lösung mit oder ohne Tunnel geäußert, sondern im Gegenteil explizit dazu aufgefordert, mutig und visionär zu sein. Dies galt nach ihrem Verständnis für alle im Wettbewerbsgebiet enthaltenen Tunnel. In der Auslobung werde auf die geplante Verlängerung hingewiesen, sie könne jedoch an keiner Stelle im Text finden, dass dies mit Blick auf eine Vision für das Jahr 2050 ausschließt, auch diesen Tunnel irgendwann zu schließen oder umzunutzen. Daher müsse sie weiter davon ausgehen, dass die Wettbewerbsteilnehmer gegebenenfalls auch die Unterführung des Gebhard-Müller-Platzes überplanen, zumal diese im Bereich der Kulturmeile große Probleme mache. In der letzten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Technik (STA) sei darauf hingewiesen worden, dass für die Stadt Mehrkosten von über 5 Mio. € entstünden, wenn die Kostenübernahme nicht schnell bestätigt und die Umsetzung des Projektes verzögert werde. "Vollkommen unnötig, wenn das Projekt sowieso im planfestgestellten Stand zur Umsetzung kommt."

Seit dem Beschluss habe sich nicht nur die Zusammensetzung des Gemeinderates geändert, sondern auch andere Rahmenbedingungen, und es seien Grundsatzbeschlüsse gefasst worden zum Radverkehr und zur lebenswerten Innenstadt. Auch das Problem der Luftreinhaltung sei immer noch nicht vollständig gelöst und es gebe ein zunehmendes Gespür dafür, dass Autofahren vielleicht nicht immer und für alles das Wahre ist. Dies alles seien Gründe, um den Beschluss eben doch noch einmal zu hinterfragen. An der Situation auf der Seite des Staatstheaters und des Königin-Katharina-Stift-Gymnasiums werde sich mit dem Erhalt der Unterfahrung nur wenig ändern lassen, vielmehr verbaue man sich damit zusätzliche Chancen auf dieser Seite der Kulturmeile. Der Workshop von Aufbruch Stuttgart habe gezeigt, dass internationale Verkehrsplaner die Unterfahrung nicht für besonders sinnvoll halten, weshalb auch der aktuell laufende Wettbewerb möglicherweise andere Möglichkeiten aufzeigen werde.

Vor diesem Hintergrund wolle man der Vorlage heute nicht zustimmen, sondern beantrage - wie bereits im STA schon -, das Ergebnis des Wettbewerbs abzuwarten, auch wenn eine andere Umsetzung nicht kurzfristig erfolgen würde. BM Thürnau habe im STA von ca. 10 Jahren gesprochen, was realistisch erscheine. Auch sei man sich bewusst, dass 5,3 Mio. € Mehrkosten generiert werden, würde man sich letztendlich doch für die planfestgestellte Endvariante entscheiden. Dem gegenüber stünde die Chance, die Kosten für die Verlängerung des Tunnels von ca. 35 Mio. € einzusparen anstatt sie auszugeben, um den Tunnel möglicherweise in 20 oder 25 Jahren wieder einzustampfen. Im STA habe sich bereits abgezeichnet, dass es für diesen Antrag keine Mehrheit geben wird. Deshalb halte man es für einen Kompromiss, zumindest die oberirdische Gestaltung deutlich zu hinterfragen und an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen, den PULS mittragen könnte, wenn die Verlängerung kommt. Explizit darauf hinweisen wolle sie, dass der Radverkehr keinesfalls länger im Schlossgarten geführt werden darf, weil die Situation dort viel zu konfliktträchtig sei. "Eine großzügige und sichere Lösung zur Führung des Radverkehrs über den Gebhardt-Müller-Platz muss umgesetzt werden. Im Bereich der Staatstheater darf sich die Hauptradroute nicht gerade noch so knapp vor dem Gebäude vorbeiquetschen!"

OB Kuhn merkt an, er interpretiere den Antrag der GRÜNEN für die Abstimmung so, dass daraus ein Prüfauftrag an die Verwaltung erwächst: "Die Verwaltung wird beauftragt, bis zur Sommerpause zu prüfen, unter welchen Randbedingungen (Anordnung und Aufteilung der Verkehrsflächen) die vorgesehenen Radwege breiter zur Umsetzung kommen können. Die Ergebnisse der Untersuchung werden im Folgenden mit dem Wettbewerbsergebnis "Neuer Stadtraum B14" abgeglichen."

StR Winter dankt für diesen Vorschlag, da diese Aspekte in der Vorlage fehlen. Es sei jedoch wichtig, über die Oberflächen zu reden, über Verkehrsführung und Raumaufteilung, denn seine Fraktion wolle nicht eine autogerechte Stadtplanung. Da die Mehrheit im Rat die Vorlage beschließen werde, liege ihm viel daran, dass diese Punkte aufgenommen werden, um noch gestalten zu können.

StR Körner bittet darum, dass BM Pätzold und BM Thürnau die Zusagen ihrer Mitarbeiter präzisieren. Es sei wichtig, dass realistische Erwartungen entstehen. So müsse deutlich werden, welche Spielräume in den nächsten Monaten bestehen und welche vielleicht nicht mehr. Er habe den Verlauf der gestrigen Beratungen als suboptimal empfunden. "Wir haben die Erwartung, dass in der Oberfläche noch was möglich ist, insbesondere für den Radverkehr!"

Anhand einer Präsentation macht BM Thürnau Ausführungen aus technischen Gesichtspunkten. Seine Ausführungen sind wiedergegeben im leicht überarbeiteten Wortlaut:

"Anhand dieses Plans müssen wir einmal in der Übersicht betrachten, sagen, was da noch für Spielräume drin sind. Also ich fang mal an dieser Stelle an, da ist ja heue noch eine E-Mail vom Aufbruch gekommen, und das ist ja auch die Position hier, wo der ADFC Kritiken geübt hat. Ich würde sagen, am 09.04. haben wir das erste Mal diskutiert hier in diesem Saal, da haben wir schon gesagt und habe ich damals schon gesagt, dass das kein Endzustand ist. Immer wenn Sie von den sieben oder elf Spuren - je nachdem wie man zählt - in der Schillerstraße sprechen, dann ist das ein Zustand, der zunächst hergestellt wird, aber dann, wenn wir über die Schillerstraße Klarheit haben, wie die in der Zukunft aussieht - und das ist ja eine Forderung auch aus dem Antrag der GRÜNEN, dass man das jetzt schneller bearbeitet -, dann wird es dort eine andere Spurenverteilung geben. Das wirkt sich aus auf diese gesamte Kreuzung, während Sie über diesen Bereich hier reden und das wirkt sich auch aus auf das Thema Radverkehr an der Stelle, was die Kreuzung angeht.

Aber jetzt nochmal zum Planungsrechtlichen: Ungefähr hier in dem Bereich liegt der Wulle-Steg. Alles, was vom Wulle-Steg aus in diese Richtung sich bewegt, ist im Bebauungsplan gesichert. Da gibt es im Moment eine Aufteilung - ich geh jetzt auf den Radverkehr ein -, die sagt, wir haben 2,50 m Grünstreifen, 2,50 m Radweg, 2,50 m Fußweg. Das ist aber im Bebauungsplan nicht, ich sag jetzt mal 'parzellenscharf' fixiert. Im Gegensatz zu manchen anderen Sachen in der Planfeststellung. Und wir haben hier z. B. in der ersten Prüfung mal gesagt, wir haben auch noch hier einen Mittel-Trennstreifen vorgesehen, der ist da 1,50 m breit. Darüber müssen wir nochmal mit dem Kollegen Schairer und seinem Referat reden und auch mit dem Kollegen Pätzold, der die Planung als solches auch vorantreiben kann, ob wir diesen Mittelstreifen in Zukunft wirklich brauchen. Weil in den Kurvensituationen gibt es einen solchen Mittelstreifen gar nicht. Wenn ich mir den jetzt wegdenke, dann habe ich schon 1,50 m oder vielleicht nur 1 m, ist ja jetzt egal, und kann diesen Radweg, der da jetzt 2,50 m breit ist, meinetwegen 3,50 m oder 3,80 m breit herstellen. Das ist ein Bewegungsspielraum, den wir haben.

Das Gleiche setzt sich hier vorne fort. Alles, was in diese Richtung weitergeht mit dem Radverkehr auf der Seite, ist jetzt schon 3 m breit. Und natürlich kann man sich überlegen, auch im Rahmen dieser Planfeststellung, nochmals zu schauen, ob man da 10 m oder 20 m oder einen halben Meter in irgendeiner Form dem Radverkehr zuschlagen kann. Was aber zum Beispiel, Frau Köngeter, nie Konzept war, Herr Pätzold kann das bestätigen, ist, dass wir den gesamten Radverkehr, der durch den Schlossgarten geht, jetzt plötzlich hier hinverlagern, und dass der ausschließlich da langläuft. Ich unterstelle auch, dass Sie das gar nicht schaffen werden, weil, wenn ich nicht gerade mit dem Schnellverkehr mit dem Rad unterwegs bin, um ganz schnell ins Rathaus zu kommen, dann sage ich mir, dann fahre ich nicht diese Verbindung hier, egal wie breit die ist. Sondern dann fahre ich nach wie vor durch die landschaftlich schönere und wesentlich breitere Achse hier durch den Schlossgarten. Und ob sich das dann nachher alles am Ferdinand-Leitner-Steg hier hinten bündelt, das hängt ja auch davon ab, wie sieht denn die Schillerstraße der Zukunft aus? Möglicherweise queren wir da ganz entspannt ebenerdig über zwei Fahrspuren oder eine Fahrspur, wer weiß das denn jetzt schon? Das wissen wir doch noch gar nicht.

So, das heißt, im Grunde gibt es sehr wohl Bewegungsspielräume, was die Themen angeht, die ich jetzt angesprochen habe. Was Herr Rockenbauch ja kritisiert und am liebsten möchte, ist - Herr Rockenbauch, bitte nicht böse oder nicht falsch verstehen -, Sie würden da am liebsten das Loch mit Sand verfüllen und sagen, ich brauche diese vier Spuren da unten nicht mehr. Das kann man aber nur tun, wenn man weiß, entweder der Verkehr entwickelt sich von 100 % auf 50 %, und zwar der motorisierte Individualverkehr, da zählen übrigens auch die Busse dazu, und dann brauche ich diese Kapazitäten nicht mehr, oder ich weiß, wo fließt denn der Verkehr der Zukunft irgendwann dann mal entlang. Und das ist doch bis jetzt überhaupt nicht absehbar, das wird auch nicht Ergebnis des städtebaulichen Wettbewerbs sein! Der städtebauliche Wettbewerb, ich weiß nicht mehr, in welchem Wortbeitrag es vorhin gesagt wurde, das ist ein Ideenwettbewerb. Und wenn jetzt einer die Idee hat und sagt, ich brauche da diese Breiten und diese Spuren nicht mehr, und die Verkehrsmengen, darum kann ich auf diesen ganzen Tunnel verzichten, dann muss er uns aber auch mal sagen, wo die Verkehre langfließen und wie ich die denn abwickle, ohne dass die möglicherweise in anderen Bereichen dieser Stadt sich wiederfinden. Und bis man das alles erarbeitet hat - Frau Köngeter, Sie haben die zehn Jahre erwähnt -, wenn ich das alles noch erarbeite, wenn ich den Ideenwettbewerb über eine Machbarkeitsstudie in den Realisierungswettbewerb umsetze, dann habe ich mindestens nochmals fünf Jahre am Start. Und dann muss ich das gesamte Planungsrecht, das ich dort habe, das Planfeststellungsrecht, nochmals ändern. Dann sind wir noch weit mehr als zehn Jahre unterwegs. Und diesen Zwischenzustand können wir uns doch nicht allen Ernstes leisten und sagen, "wir tun jetzt einmal so, als ist das alles nicht mehr da, jetzt brauchen wir diesen Tunnel nicht." Und zum Planungsrechtlichen kann der Kollege Pätzold gleich nochmals ausführen."

BM Pätzold erklärt, sein Referat sehe Optimierungspotenziale in der Oberflächengestaltung, insbesondere die Mittel-Insel werde nicht gebraucht. Man habe vor, bis zur Sommerpause eine überarbeitete Planung, insbesondere was den Radverkehr angeht, vorzulegen.

StR Rockenbauch fragt bei BM Pätzold nach, ob es zutrifft, dass dieser im planfestgestellten Bereich Änderungspotenzial sieht und bis zum Sommer eine Planung vorlegen könne, welche die Planfeststellung ändert. Von BM Pätzold wird dies verneint. StR Rockenbauch möchte wissen, ob die Planung für die Oberflächengestaltung planfestgestellt ist oder nicht. Wenn dies nämlich nicht der Fall sei, so bleibe es bei dem bemerkenswerten Argument des Technik-Bürgermeisters, das da lautet, der Planungs- und der Genehmigungsprozess würde so lange dauern und es müsse eine Machbarkeitsstudie erstellt werden, die simuliert, wohin der wie immer reduzierte Verkehr dann fließt. Warum diese Argumentation "Quatsch" sei, erklärt er folgendermaßen:

Aus seiner Sicht ist der entscheidende Grund, warum in den letzten zehn bis zwanzig Jahren an der B14 nichts passiert ist, der, dass in dieser Stadt die Denke geherrscht habe, der Verkehr sei eine Naturkonstante, die man nur räumlich schieben und verteilen könnte, und es schlicht keine Antwort auf die Frage, wie man ihn denn reduziert, gebe. Andere große Städte - Madrid, Helsinki, Paris - zeigen jedoch das Gegenteil. Auch dort wurden Straßen zurückgebaut, und die Menschen ändern ihr Verhalten und bewegen sich mit anderen Möglichkeiten, die man ihnen anbietet und die attraktiv sind, oder wenn man ihnen die jetzige Möglichkeit, mit dem Auto zu fahren, unattraktiv macht. In keiner dieser Städte habe sich die Mär bewahrheitet, dass in den Wohngebieten Stau oder gar der Verkehrskollaps herrschen würde. Es sei eine Planungserkenntnis, die aus allen Prozessen empirisch bewiesen werden konnte, dass die Menschen ihr Verhalten ändern, "weil die Menschen intelligent sind, weil die Menschen spüren und akzeptieren, dass diese Räume etwas Anderes verdient haben, wenn sie rückgebaut sind". Somit müsse man eben an manchen Stellen Straßen mutig zurückbauen und darauf hoffen, dass die Menschen ihr Verhalten ändern. Die Empirie zeige, dass man sich darauf verlassen kann.

OB Kuhn schlägt vor, zunächst über den Antrag der FrAKTION- und den der PULS-Fraktionsgemeinschaft auf Vertagung abzustimmen. StR Körner begründet in einer kurzen Gegenrede, warum er den Geschäftsordnungsantrag ablehnen werde. Die Ablehnungsgründe seiner Fraktion legt StR Winter dar.

Der Vorsitzende lässt zunächst über den Antrag auf Vertagung abstimmen und stellt dazu mit 2 Ja-Stimmen und 13 Gegenstimmen mehrheitliche Ablehnung fest.

Er verliest anschließend den aus dem Antrag Nr. 197/2020 der GRÜNEN hervorgehenden Prüfauftrag, der da lautet: "Die Verwaltung wird beauftragt, bis zur Sommerpause zu prüfen, unter welchen Randbedingungen (Anordnung und Aufteilung der Verkehrsflächen) die vorgesehenen Radwege breiter zur Umsetzung kommen können. Die Ergebnisse der Untersuchung werden im Folgenden mit dem Wettbewerbsergebnis "Neuer Stadtraum B14" abgeglichen." Bei der Abstimmung darüber hält er einstimmige Beschlussfassung fest.


Abschließend stellt OB Kuhn fest:

Der Gemeinderat beschließt den Beschlussantrag der GRDrs 857/2019 auf der Basis des soeben beschlossenen Prüfauftrags an die Verwaltung mehrheitlich wie beantragt (3 Nein-Stimmen).

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