Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
39/2020
GZ:
AKR
Sitzungstermin: 09.07.2020
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: Deserteur-Denkmal für Stuttgart

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 08.07.2020, öffentlich, Nr. 253
Ergebnis: mehrheitliche Zustimmung bei 1 Gegenstimme

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Allgemeine Verwaltung, Kultur und Recht vom 03.06.2020, GRDrs 39/2020, mit folgendem

Beschlussantrag:

Das Deserteur-Denkmal wird im Zuge der Umgestaltung der Dorotheen- und Goerdelerstraße von seinem bisherigen Standort vor dem Theaterhaus in die Goerdelerstraße vor das Waisenhaus versetzt.


StR Dr. Mayer (AfD) spricht sich dafür aus, das Deserteur-Denkmal an seinem jetzigen Standort beim Theaterhaus zu belassen. Es wäre aus seiner Sicht absurd und eine historische Dummheit, wenn man ein Denkmal mit dem Text "Gewidmet den Deserteuren aller Kriege" ausgerechnet in der Goerdelerstraße errichten würde, und verfolge sogar vielleicht damit die Absicht, im Umkehrschluss alle pflichtgetreuen Soldaten anzuklagen.

StR Roth (90/GRÜNE) unterstreicht, weil es immer weniger Zeitzeuginnen und Zeitzeugen gibt, die z. B. den Holocaust überlebt haben, sei es wichtig, sich heute Gedanken darüber zu machen, wie in Zukunft Erinnerungskultur gelebt und antifaschistische Erinnerungsarbeit in dieser Stadt geleistet wird. Es sei deshalb ein sehr guter Vorschlag, dieses Deserteur-Denkmal an einen zentraleren Ort mit mehr Publikumsverkehr zu stellen, um derer zu gedenken, die Widerstand geleistet haben.

StR Sauer (CDU) betont, es gehe um die Verlegung eines Denkmals, das als interfraktionelle Initiative vor vielen Jahren von mehreren Fraktionen beantragt wurde und bereits 2003 am Theaterhaus platziert wurde, aber schon damals mit dem Wunsch, es zu einem richtigen Zeitpunkt an einem richtigen Ort in der Innenstadt anzusiedeln. Dazu habe man die Verwaltung beauftragt, nach einem solchen Standort zu suchen. Dieser sei nun gefunden worden an der Erinnerungsmeile beim Hotel Silber in der Nähe der Stauffenberg-Erinnerungsstätte. Dieser Platz dort sei richtig, "weil wir nach wie vor Erinnerungen brauchen an Menschen, die verfolgt und ermordet worden sind, weil sie desertiert sind. In Unrechtsregimen vor allen Dingen. Und deshalb sind sie ermordet worden. Dafür steht für uns auch dieses Denkmal, dass es richtig war, gegen Unrechtsregime aufzustehen und Widerstand zu zeigen und in diesem Fall auch zu desertieren."

StR Ebel (AfD) bittet zu bedenken, welche Botschaft von der Widmung "Gewidmet den Deserteuren aller Kriege" an diejenigen ausgeht, die als Soldat ihren Dienst tun und Verwundungen, Verletzungen und Tod ausgesetzt sind.

Für StR Perc (SPD) zeigt diese Diskussion, wie richtig und wichtig der Schritt ist, das Denkmal zu verlegen. Es zeige exemplarisch, wie wichtig es ist, auf die eigene Entscheidung und auf das eigene Moral- und Wertegerüst zu rekurrieren. Man sei eben nicht einfach nur Teil der Masse und Befehlsempfänger, der alles ausführen muss, sondern das Denkmal setze ein Zeichen für diejenigen, die sich Gedanken machen, was das eigene Handeln für Konsequenzen hat, und dafür, wie bedeutsam es sein kann, aus der Masse herauszutreten. Dieses Kunstwerk und Denkmal somit direkt am Hotel zu platzieren, werde dem mehr als gerecht.

Anschließend stellt OB Kuhn fest:

Der Gemeinderat beschließt bei 4 Nein-Stimmen mehrheitlich wie beantragt.
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