Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
244
2
VerhandlungDrucksache:
848/2019 und Neufassung
GZ:
Sitzungstermin: 26.09.2019
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Sabbagh
Betreff: 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart
- Anhörung

Vorgang: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik vom 24.09.2019, öffentl., Nr. 17

Ergebnis: Ohne Votum Verweisung in den Gemeinderat


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 03.09.2019, GRDrs 848/2019, mit folgendem

Beschlussantrag:

Die Verwaltung wird beauftragt, zur 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart im Rahmen des öffentlichen Anhörungsverfahrens folgende Stellungnahme abzugeben:

1. Vom Entwurf der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart wird Kenntnis genommen.

2. Den folgenden Maßnahmen des Entwurfs der 4. Fortschreibung wird ohne Änderungen zugestimmt:

M3 Aufstellen von Filtersäulen

M5 Geschwindigkeitsbegrenzung auf der B27 als Zulaufstrecke zur Hohenheimer Straße

3. Den folgenden Maßnahmen des Entwurfs der 4. Fortschreibung wird mit Änderungen zugestimmt:

M1 Einzelstreckenverkehrsverbot

M2 Geschwindigkeitsbegrenzung auf 40 km/h

M4 Ausbau des Parkraummanagements


Weitere Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 25.09.2019, GRDrs 848/2019 Neufassung, mit folgendem

Beschlussantrag:

Die Verwaltung wird beauftragt, zur 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart im Rahmen des öffentlichen Anhörungsverfahrens folgende Stellungnahme abzugeben:

1. Vom Entwurf der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart wird Kenntnis genommen.

2. Den folgenden Maßnahmen des Entwurfs der 4. Fortschreibung wird ohne Änderungen zugestimmt:

M3 Aufstellen von Filtersäulen

M5 Geschwindigkeitsbegrenzung auf der B27 als Zulaufstrecke zur Hohenheimer Straße

3. Den folgenden Maßnahmen des Entwurfs der 4. Fortschreibung wird mit Änderungen zugestimmt:

M1 Einzelstreckenverkehrsverbot

M2 Geschwindigkeitsbegrenzung auf 40 km/h

M4 Ausbau des Parkraummanagements

4. Folgende neue und zusätzliche Maßnahmen regt die Landeshauptstadt Stuttgart zur Aufnahme in die 4. Fortschreibung an:

M6 Zuflussdosierung an der Gemarkungsgrenze

Die GRDrs 848/2019 Neufassung ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokoll-exemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Einleitend weist OB Kuhn auf die Neufassung der Vorlage hin und berichtet aus dem Ältestenrat, man habe sich auf eine Redezeit von drei Minuten verständigt. Die Verwaltung werde ein Rechtsgutachten zur Auslegung des Bundesimmissionsschutzgesetzes und des darin enthaltenen Verdrängungsverbots nachreichen, demzufolge Grenzwertüberschreitungen nicht von A nach B weitergeleitet werden dürften. Dieses Gutachten werde er an die Fraktionen und gegebenenfalls ans Land weiterleiten.

Die Notwendigkeit einer Verkehrswende betont StR Peterhoff (90/GRÜNE). Hier habe die Stadt schon viel angepackt in den letzten Jahren - Tarifreform, Parkraummanagement, Expressbusse und Tempo 40 - und damit auch viel erreicht. Er kritisiert den Bund, denn die effektivste Maßnahme für eine saubere Luft wäre seiner Ansicht nach eine Umrüstung der Fahrzeuge gewesen. Er verweist auf den Antrag seiner Fraktion und die Ergebnisse der Abstimmungen im STA am 24.09.2019. Diesen Weg könne man so weitergehen. Fahrbeschränkungen seien nur an einigen Stellen erforderlich, nicht in der gesamten Stadt. Die Auswirkungen sollten dann nochmals dargestellt werden.

StR Kotz (CDU) bestätigt die von seinem Vorredner erwähnten gewaltigen Fortschritte, was die Luftqualität anbelange. Dies gelte umso mehr, wenn man die letzten 20 oder 30 Jahre betrachte. Er begrüßt, dass der Vorschlag seiner Fraktion einer Zuflussdosierung an der Gemarkungsgrenze im STA eine breite Mehrheit gefunden habe und dann hoffentlich auch in den Luftreinhalteplan aufgenommen werde. Die Ausweitung der Tempo 40-Strecken lehne seine Fraktion aus den im Antrag aufgeführten Gründen ab. Da die Einzelstreckenfahrverbote bis zum 01.01.2020 nicht eingeführt werden könnten, beantragt er die Messung ihrer Wirkung ebenfalls zu verschieben, um der Prüfung einen Zeitraum von 6 Monaten zugrunde legen zu können.

Seine Fraktion könne der Vorlage nicht zustimmen, so StR Ozasek (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei), weil das Einzelstreckenfahrverbot für Euro 5-Diesel nicht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entspreche. In Stuttgart und der Region habe man absolute Höchststände an Kraftfahrzeugen, auch an gemarkungsübergreifenden Pendlerfahrzeugen. Mit Blick auf den städtebaulichen Wettbewerb B 14, der im nachfolgenden TOP beraten wird, erklärt er, die Verkehrsmenge müsse in einem überschaubaren Zeitraum mindestens halbiert werden. Hier begrüßt er Pförtnerampeln. Seine Fraktion unterstütze weiterhin Temporeduzierungen und bedaure den Trend hin zu mehr SUVs. Als positives Verhandlungsergebnis hält er fest, dass sich die Stadt als Modellkommune zur Verfügung stellen möchte, um die Wirkweise einer Drittnutzerfinanzierung zu untersuchen.

Im Namen seiner Fraktion erklärt StR Körner (SPD) die Zustimmung zu fast allen Maßnahmen des Luftreinhalteplans mit Ausnahme der streckenbezogenen Fahrverbote aus den im Antrag seiner Fraktion dargelegten Gründen. Seine Fraktion erwarte ein Gutachten zu den Verlagerungsverkehren, denn die 8-seitige Präsentation im letzten STA habe nicht viel zur Aufklärung beigetragen. Deshalb werde sich seine Fraktion bei der Schlussabstimmung enthalten.

StR Dr. Oechsner (FDP) geht von der Rechtmäßigkeit der Vorlage aus und signalisiert deshalb die Zustimmung seiner Fraktion, zumal die Maßnahmen zur Geschwindigkeitsbegrenzung noch geprüft würden.

Die Stimmenthaltung ihrer Fraktion kündigt StRin von Stein (FW) an. Unter Verweis auf den Antrag ihrer Fraktion erklärt sie, sie könne einer ganzen Reihe von Maßnahmen zustimmen, nicht jedoch den Einzelstreckenverkehrsverboten. Sehr kritisch betrachte sie die Drittnutzerfinanzierung bzw. Nahverkehrsabgabe.

StRin Köngeter (PULS) hätte sich mutigere Maßnahmen gewünscht, die nicht nur die Auswirkungen, sondern auch die Ursachen beträfen. Immerhin sollten nun die Pförtnerampeln in die Stellungnahme der Verwaltung aufgenommen werden. Bis die Zuflussregelung funktioniere, seien Übergangslösungen wie z. B. das Dieselfahrverbot notwendig. Einem Einzelstreckenfahrverbot könne sie nicht zustimmen, denn es bewege niemanden, vom Auto auf den ÖPNV umzusteigen.

Die Ablehnung seiner Fraktion begründet StR Köhler (AfD). Zum einen vertrete sie eine ganz andere Auffassung bezüglich der Stickstoffdioxid- und Feinstaubgrenzwerte. Und zum anderen könne man nicht davon ausgehen, dass die geringfügige Änderung der gemessenen Werte auf die Maßnahmen zurückgehe. Bei den Messungen in der realen Umwelt gelte es, viele weitere Faktoren zu berücksichtigen.

Nach dieser ersten Runde informiert OB Kuhn zum Verfahren, er werde zunächst die Punkte gemäß der Neufassung der GRDrs 848/2019 aufrufen und einzeln zur Abstimmung stellen. Dabei macht er deutlich, dass nur die beschlossenen Punkte in die Stellungnahme aufgenommen werden.

Im Verlauf der Abstimmung regt StR Kotz an, den Termin für die der Entscheidung zugrunde liegende Messung so zu verschieben, dass zwischen der kompletten Beschilderung und der Messung 6 Monate lägen. Dem daraufhin von OB Kuhn formulierten Ergänzungsantrag, das Land zu bitten, dieses Zeitfenster bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, kann StR Kotz im Namen seiner Fraktion zustimmen. Nach Ansicht von StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei), der in diesem Zusammenhang an seinen Antrag Nr. 228/2005 erinnert, sollten zum Schutz der Gesundheit stattdessen zonale Fahrverbote erlassen werden. Auf Nachfrage von StR Peterhoff führt Herr Dr. Münter (S/OB) aus, eine Strecke sei erst dann vollständig mit einem Verkehrsverbot belegt, wenn die gesamte Vorwegweisung und die spezifische Verbotsbeschilderung umgesetzt seien. StR Peterhoff erklärt die Zustimmung seiner Fraktion zu dem von OB Kuhn formulierten Vorschlag.

OB Kuhn stellt abschließend fest:

Ziffer 1: wird vom Gemeinderat zur Kenntnis genommen.

Ziffer 2: Die Maßnahme M3 beschließt der Gemeinderat mit 11 Gegenstimmen mehrheitlich wie beantragt.

Die Maßnahme M5 wird mit 16 Gegenstimmen ebenfalls mehrheitlich beschlossen wie beantragt.

Ziffer 3: Die Maßnahme M1 wird vom Gemeinderat in der Neufassung der GRDrs 848/2019 mit der Ergänzung, dass das Land bei seiner Entscheidung, ob flächendeckende Fahrverbote für Euro 5-Diesel einzuführen seien, das erforderliche Zeitfenster berücksichtigen solle, mit 31 Ja- und 20 Nein-Stimmen bei 5 Enthaltungen mehrheitlich beschlossen.

Die Maßnahme M2 wird vom Gemeinderat in der Neufassung der Beschlussvorlage mit 15 Gegenstimmen mehrheitlich beschlossen.

Die Maßnahme M4 wird vom Gemeinderat mit 4 Gegenstimmen mehrheitlich beschlossen.

Ziffer 4: Die Maßnahme M6 wird vom Gemeinderat einstimmig beschlossen wie beantragt.


Da die Ziffern 1 bis 4 jeweils mehrheitlich bzw. einstimmig beschlossen worden sind, kann die Verwaltungsvorlage, so OB Kuhn, inklusive der vom Gemeinderat vorgenommenen Änderungen als Stellungnahme ans Land geschickt werden. Er ergänzt, auch das Rechtsgutachten zur Frage, ob aufgrund des Verdrängungsverbots des Bundesimmissionsschutzgesetzes streckenbezogene Fahrverbote zulässig seien, wenn man kalkulieren müsse, dass dadurch die Immissionswerte an anderen Stellen stiegen, werde nachgereicht und ans Land geschickt.
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