Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Städtebau und Umwelt
Gz: StU
GRDrs 224/2012
Stuttgart,
12/05/2012



Erhaltungssatzung gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB
zur Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im Gebiet Nordbahnhof-, Mittnacht- und Rosensteinstraße in S-Nord




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Umwelt und Technik
Bezirksbeirat Nord
Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen
Ausschuss für Umwelt und Technik
Gemeinderat
Einbringung
Beratung
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
nicht öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
18.12.2012
14.01.2013
01.02.2013
26.02.2013
28.02.2013



Beschlußantrag:

1. Erhaltungssatzung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB

Zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung wird für das in Anlage 2 näher bezeichnete Gebiet Nordbahnhofstraße, Mittnachtstraße und Rosensteinstraße in Stuttgart-Nord folgende Satzung erlassen.

§ 1 Satzungsziel, räumlicher und sachlicher Geltungsbereich

(1) In dem in Abs. 2 näher bezeichneten Gebiet bedürfen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung der Abbruch, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB der Genehmigung.

Von der Genehmigungspflicht ausgenommen sind Vorhaben auf den in § 26 Nr. 2 und 3 BauGB bezeichneten Grundstücken (§ 174 Abs. 1 BauGB).

Eine Genehmigungs-, Zustimmungs- oder Erlaubnispflicht nach anderen Vorschriften bleibt unberührt.

(2) Der Geltungsbereich der Satzung wird im Wesentlichen umgrenzt von Eckartstraße, Nordbahnhofstraße, Rosensteinstraße, Schlierholzweg, Steinbeisstraße und Rümelinstraße.

Maßgebend ist der Lageplan des Amts für Stadtplanung und Stadterneuerung vom 16. April 2012.

§ 2 Antragstellung

Der Antrag auf Genehmigung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist bei der Landeshauptstadt Stuttgart zu stellen. Insoweit Vorhaben auch bauaufsichtlich antragsrelevant sind, wird diese Genehmigung gemäß § 173 Abs. 1 BauGB zusammen mit der Baugenehmigung erteilt.

§ 3 Inkrafttretung, Geltungsdauer

(1) Die Satzung tritt am Tag nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung in Kraft.

Hinweise:

Um zu verhindern, dass während des Zeitraums bis zum Inkrafttreten der Erhaltungssatzung die Erhaltungsziele des § 172 BauGB unterlaufen werden, regelt § 172 Abs. 2 BauGB eine entsprechende Anwendung des § 15 Abs. 1 BauGB. Danach können Anträge auf Abbruch, Änderung, Nutzungsänderung oder Errichtung einer baulichen Anlage auf die Dauer von bis zu zwölf Monaten zurückgestellt werden.

Wer eine bauliche Anlage in dem durch die Satzung bezeichneten Gebiet ohne die erforderliche Genehmigung abbricht oder ändert, handelt gemäß § 213 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit kann gemäß § 213 Abs. 2 BauGB mit einer Geldbuße bis zu 25 000 € geahndet werden.
2. Allgemeines Vorkaufsrecht gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB Für den Fall einer Weiterveräußerung von Teilen des Wohnungsbestands im Erhaltungsgebiet wird die Stadt auf der Grundlage einer Beurteilung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr.2 BauGB gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB i. V. m. Abs. 2 und Abs. 3 BauGB ein allgemeines Vorkaufsrecht ausüben, sofern die Gefahr besteht, dass Modernisierungs- und Umwandlungsmaßnahmen und damit einher gehende Mietpreiserhöhungen zu einer sozialen Destabilisierung führen können.

Die jeweiligen Käufer können eine Verpflichtungserklärung zur Abwendung des Vorkaufsrechts gemäß § 27 BauGB abgeben und so die Ziele zur Erhaltung von (knappem) preisgünstigem Wohnraum für die ansässige Bevölkerung zu erreichen. Die Abwendungserklärung beinhaltet insbesondere den Verzicht

- auf eine Umwandlung des Objekts in Wohn- und Teileigentum,

- auf Nutzungsänderung,

- auf „Luxusmodernisierungen“,

- auf Neuvermietungen an Mieterhaushalte, deren Einkommen über den Grenzen der städtischen Wohnbauförderung liegen. Maßgebend sind die jeweiligen Einkommensgrenzen des Programms: „Mietwohnungen für mittlere Einkommensbezieher“. Die derzeitigen Einkommensgrenzen sind aus der Anlage 3 ersichtlich.

Im Gegenzug verzichtet die Stadt auf die Ausübung ihres Vorkaufsrechts.

Auf dem Weg des Vorkaufsrechts erworbene Grundstücke sind gem. § 89 Abs. 3 BauGB bei Erfüllung des Erwerbszweckes wieder zu veräußern (Reprivatisierung).



Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Mit der Vergabe des Wohnungsportfolio der LBBW Immobilien ist insbesondere ein umfänglicher Teil des Gebäudebestands im Nordbahnhofviertel (848 Wohnungen) sowie benachbart an der Friedhofstraße (Conradi-Hochhäuser mit 248 Wohnungen) und im „Postdörfle“ (mit 88 Wohnungen) an ein börsennotiertes Wohninvestment-Unternehmen veräußert worden. Dieses hat sich im nachträglichen Benehmen mit der Stadt auf eine erweiterte Sozialcharta verpflichtet, die innerhalb der vertraglich gesicherten Fristen auch für Rechtsnachfolger gilt.

Weiterverkäufe und Umwandlungen des Mietwohnungsbestandes und darüber hinaus-gehende Mietpreissteigerungen infolge zulässiger Bestandsinvestitionen bis zum allgemein üblichen Wohnstandard sind jedoch nicht ausgeschlossen.

Darüber hinaus ist mit der Verwirklichung des Projekts „Stuttgart 21“ und in Erwartung der künftigen Aufsiedlung des RosensteinViertels mit einer deutlich verbesserten Marktposition der Grundstücke und Wohnungsbestände zu rechnen. Veränderte städtebauliche Rahmenbedingungen und Immobilienbewertungen haben zusammen genommen einen nicht unerheblichen Einfluss auf die gewachsenen sozialen Verhältnisse im Gebiet.

So ist auch nicht ausgeschlossen, dass auch künftig gewinnorientierte Wohnungstransaktionen und Investmentstrategien mit der Absicht gezielter und durchgreifender Bestandsaufwertungen mit kurzfristiger Wirkung zu einer Verringerung des preisgünstigen Wohnraums im Nordbahnhofviertel und zu einer sozialen und sozialräumlichen Fehlentwicklung führen.

Um die soziale Stabilität und einen möglichst weitreichenden und dauerhaften Mieterschutz und damit den umfänglichen Erhalt eines Kernbestands an preiswertem Wohnraum zu gewährleisten und andererseits Eigentümer und deren Rechtsnachfolger über die Pflicht zu Instandhaltungs- und Modernisierungs- sowie Veräußerungsgenehmigungen und die Einhaltung von Mietobergrenzen noch strikter und dauerhafter an sozialpolitische Ziele der Stadt zu binden, ist die Aufstellung einer Erhaltungssatzung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB („Milieuschutzsatzung“) erforderlich. Nach Erlass der Satzung besteht die Möglichkeit der Ausübung des Allgemeinen Vorkaufsrechts gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB.

Chancen und Grenzen der Erhaltungssatzung

Erhöhungen der Bestandsmieten bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete können weder durch die Erhaltungssatzung noch durch die Sozialcharta verhindert werden. Dies gilt auch für darüber hinausgehende Mietsteigerungen für Modernisierungen bis zur Grenze des allgemein üblichen Standards und für energetische Maßnahmen.

Da die aktuellen Mieten mindestens teilweise unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, darüber hinaus ein nicht unerheblicher Modernisierungsstau besteht und die Gebäude den heutigen energetischen Anforderungen meist nicht entsprechen, ergibt sich ein nicht unerhebliches Potenzial zulässiger Mieterhöhungen. Auch mit der Erhaltungssatzung lässt sich nicht ausschließen, dass zulässige Mieterhöhungen zu einer gewissen Verdrängung von Mietern führen, da sich nicht alle die höheren Mieten werden leisten können.


Finanzielle Auswirkungen

keine


Beteiligte Stellen

Referat WFB

Vorliegende Anträge/Anfragen

- Antrag Nr. 875-2011 "Erhaltungssatzung Nordbahnhofviertel, um preiswerten Wohn- raum sicher zu stellen" vom 16.12.2011 der SPD-Gemeinderatsfraktion
- GR-Beschluss zum "Verkauf der LBBW-Wohnungen - weiteres Vorgehen" vom 16.02.2012





Matthias Hahn
Bürgermeister


Anlagen

1. Ausführliche Begründung
2. Geltungsbereich
3. Einkommensgrenzen des Programms: Mietwohnungen für mittlere Einkommensbezieher
4. Erfahrungen mit Erhaltungssatzungen




Ausführliche Begründung

1. Anlass und Auftrag für die Erhaltungsatzung

Mit der Vergabe des Wohnungsportfolio der LBBW Immobilien ist ein umfänglicher Teil des Gebäudebestands im Nordbahnhofviertel (insbesondere das „Eisenbahnerdörfle“), an der Friedhofstraße sowie westlich der Heilbronner Straße („Postdörfle“) an ein börsennotiertes Wohninvestment-Unternehmen veräußert worden. Insgesamt handelt es sich hierbei um 1 184 Wohnungen. Dieses hat sich im nachträglichen Benehmen mit der Stadt auf eine erweiterte Sozialcharta verpflichtet, darunter

- die Erhaltung eines Kernbestands der Wohnungen in Baden-Württemberg, wobei die Weiterveräußerungsoption nach 2016 auch für das Nordbahnhofviertel bleibt,

- deutlich erhöhte Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen sowie energetische Sanierungen für einen Zeitraum von 10 Jahren,

- auf durchschnittlich 3 % jährlich zuzüglich Inflation begrenzte Mieterhöhungen für den gesamten Wohnungsbestand und für die bislang vereinbarte Bestandsschutzzeit von 5 Jahren ab dem 1. Januar 2012,

- der generelle Ausschluss von Luxussanierungen, die eine andere Zielgruppe als die jetzige Bewohnerschaft anspricht (obligatorisch ist die Einwilligung der Bestandsmieter),

- einen auf bis zu 20 Jahre verlängerten Mieterschutz vor Kündigung wegen Eigenbedarfs und der Verhinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung, unter Berücksichtigung eines erweiterten Kündigungsschutzes für ältere Mieter ab 60 Jahre und 60 % Schwerbehindertengrad (garantiertes Dauerwohnrecht) und

- ein Vorkaufsrecht der Mieter bei Weiterverkäufen. Die erweiterte Sozialcharta gilt innerhalb der vertraglich gesicherten Fristen auch für Rechtsnachfolger. Darüber hinaus existieren aus dem Bestand der Eisenbahnersiedlungsgesellschaft vereinzelt Altverträge mit besonderen Kündigungsschutzwirkungen.

Weiterverkäufe des Wohnungsbestandes und überdurchschnittliche Mietpreissteigerungen infolge zulässiger Bestandsinvestitionen bis zum allgemein üblichen Wohnstandard (darüber hinaus handelt es sich i. S. d. § 554 Abs. 2 BGB um so genannte „Luxusmodernisierungen“), insbesondere über die befristete Bestandsschutzzeit hinaus, sind jedoch nicht auszuschließen.

Mieterhöhungen bei Bestandsmieter von durchschnittlich 3 % jährlich zuzüglich der Inflation (Bestandsschutzzeit) und danach auch höhere, entsprechend der Investitionstätigkeit und zur Deckung von Unterhaltungsaufwendungen zu rechtfertigende Mieterhöhungen bis zu der ortsüblichen Vergleichsmiete der jeweils geltenden Fassung des Stuttgarter Mietspiegels für den allgemein üblichen Wohnstandard sind zulässig.

Die derzeitige Regelung bei Mieterhöhungen sieht vor, dass Vermieter nur alle drei Jahre die Mieten um 20 %, maximal bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen dürfen (§ 558 Abs. 3 BGB). Derzeit können gemäß § 559 BGB Modernisierungsaufwendungen (nicht Instandsetzungsmaßnahmen) zusätzlich mit bis zu 11 % jährlich umgelegt werden (unter Herausrechnung von Fördermitteln und Zinsvergünstigungen und anteiligen Instandsetzungsaufwendungen).

Bei Neuvermietungen greift § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (§ 5 WiStG) mit dem Verbot der Mietpreisüberhöhung ab 20 % über Mietspiegel.

Die faktische Ausnutzung der damit verbundenen Mieterhöhungsspannen wird für den Zeitraum des auf 20 Jahre verlängerten Mieterschutzes seitens der Landeshauptstadt Stuttgart nicht befürwortet.

Ebenfalls nicht befürwortet werden eine umfängliche Umwandlung des preiswerten Mietwohnungsbestandes sowie eine Aufteilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG), auch wenn hierzu die maßgebliche landesrechtliche Regelung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB fehlt. Auch diese hätten nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Versorgungslage der im Gebiet ansässigen Bewohnerschaft, sondern aufgrund des engen Marktsegments auch auf andere Teile der Stadt. Mieterprivatisierungen sind dagegen begrenzt sinnvoll, um auf längere Sicht die Bindung der Bewohnerschaft an ihr Viertel zu stärken.

Darüber hinaus ist mit der Verwirklichung des Projekts „Stuttgart 21“ und in Erwartung der künftigen Aufsiedlung des RosensteinViertels mit einer deutlich verbesserten Marktposition der Grundstücke und Wohnungsbestände zu rechnen. Veränderte städtebauliche Rahmenbedingungen und Immobilienbewertungen haben zusammen ggf. einen nicht unerheblichen Einfluss auf die gewachsenen sozialen Verhältnisse im Gebiet.

So ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass auch künftig gewinnorientierte Wohnungstransaktionen und Investmentstrategien mit der Absicht gezielter und durchgreifender Bestandsaufwertungen mit kurzfristiger Wirkung zu einer Verringerung des überwiegend preisgünstigen, jedoch nur in geringem Umfang geförderten Wohnraums im Nordbahnhofviertel und zu einer nachteiligen sozialen und sozialräumlichen Fehlentwicklung führen. Davon unbenommen sind Veränderungen, soweit sie im Zuge des Altersübergangs oder der normalen Bewohnerfluktuation zustande kommen.

Im Satzungsgebiet liegen 100 öffentlich geförderte Wohnungen. Die Mieten dieser Wohnungen ergeben sich aus der Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart über die Höhe der zulässigen Mieten für öffentlich geförderte Wohnungen und Personalfürsorgewohnungen vom 18.12.2008 in der Fassung vom 2.7.2009. Dies gilt auch für deren künftige Mietentwicklung und für eventuelle Modernisierungs- und Energieeinsparungsmaßnahmen. Außerdem gibt es zwei nicht öffentlich geförderte Sozialmietwohnungen. Deren Mieten ergeben sich aus den Förderbescheiden und Vereinbarungen.

Um die soziale Stabilität und einen möglichst weitreichenden und dauerhaften Mieterschutz und damit den umfänglichen Erhalt eines Kernbestands an preiswertem Wohnraum zu gewährleisten, ist die Aufstellung einer Erhaltungssatzung für das Gebiet Nordbahnhof-, Mittnacht- und Rosensteinstraße erforderlich (vgl. Geltungsbereich, Anlage 2).

Die Erhaltungssatzung i. S. d. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB wird als geeignetes Mittel angesehen, Eigentümer und deren Rechtsnachfolger über die Pflicht zu Instandhaltungs- und Modernisierungsgenehmigungen und die Einhaltung von Mietobergrenzen noch strikter und dauerhafter an sozialpolitische Ziele der Stadt zu binden.


2. Zielstellung, Zulässigkeit und Zweck einer Erhaltungssatzung

Ziel der „Milieuschutzsatzung“ als präventives wohnungspolitisches Instrument des Spekulations- und Verdrängungsschutzes ist es, den in einem intakten Gebiet (in welcher Zusammensetzung auch immer) wohnenden Menschen den Bestand der Umgebung zu sichern und so die Bevölkerungsstruktur in einem bestimmten Ortsteil vor unerwünschten Veränderungen zu schützen (vgl. BVerwG vom 20. Januar 1987). In diesem Sinne hat die Milieuschutzsatzung eine befristete sozialplanerische Funktion.

Als intakt kann ein städtebaulich gewachsenes Gebiet mit funktionierenden und gegenüber Zuzügen robusten Nachbarschaften, einem Netz von lokalen Einrichtungen, Initiativen und Vereinen oder einer funktionsfähigen und bedarfsorientiert ausgelegten Gemeinbedarfsinfrastruktur bezeichnet werden.

Die Zulässigkeit der Milieuschutzsatzung ist auf besondere städtebauliche Gründe beschränkt und allein entscheidend ist, ob (auch) besondere städtebauliche Gründe für ihre Aufstellung sprechen.

So können folgende besondere städtebauliche Gründe benannt werden:

- Probleme bei der Versorgung mit preiswertem Wohnraum – angesichts eines in die­sem Marktsegment weiterhin angespannten und sich durch Auslaufen von Belegungsbindungen und vorzeitiger Tilgung öffentlicher Darlehen noch enger werdenden Wohnungsmarkts, da kein adäquater Ersatzwohnraum geschaffen werden kann;

- Sicherstellung einer angemessenen Nutzung einer seit Jahren bedarfsorientiert ausgelegten Infrastruktur im zu schützenden Gebiet bzw. in benachbarten Gebieten, in die hinein eine Verdrängung der Bewohnerschaft stattfinden kann;

- die starke, nachbarschaftswirksame Bindung der Wohnbevölkerung und die Gefahr
einer durchgreifenden Veränderung des Gebietscharakters.


Grundstücksgeschäfte, die der Gewinnerzielung dienen, eine verstärkte Umwandlungstätigkeit von Miet- in Eigentumswohnungen und die Aufteilung von Mietwohngebäuden in Wohnungseigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sowie eine über den allgemein üblichen Standard hinaus gehende Modernisierung der Mietwohnungen können in der Folge in einem Gebiet den Verlust an sozialer Stabilität bzw. eine Verdrängung der Gebietsbevölkerung in andere Stadtteile implizieren und die Stadt vor städtebauliche Probleme stellen.

Die Gemeinden können daher, gestützt auf den § 1 Abs. 5 BauGB („… dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozial gerechte Bodennutzung …“, durch Satzungsrecht Gebiete kennzeichnen, in denen bauliche und Nutzungsänderungen sowie Abrissmaßnahmen, welche die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung betreffen, der Genehmigung bedürfen (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB – „Milieuschutzsatzung“).


3. Genehmigungsvoraussetzungen bei Rückbau, Änderung und Nutzungsänderung baulicher Anlagen

Genehmigungspflichtige Maßnahmen:

Die Genehmigungspflicht gilt ausdrücklich für den Rückbau, die Änderung und die Nutzungsänderung von baulichen Anlagen (insbesondere betreffend Abbrüche von benutzten oder leer stehenden Gebäuden, soweit sie dem Wohnen zweckdienlich sind). Eine Genehmigung ist auch für Vorhaben und Maßnahmen erforderlich, die baurechtlich keiner Genehmigung bedürfen. Hierbei ist es unerheblich, ob die Änderungen die innere Struktur und Ausstattung oder die äußere Gestalt eines Gebäudes betreffen.

Genehmigungsfreie Maßnahmen:

Hierunter verstanden werden Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen,

- die keine Änderungen der baulichen Anlagen darstellen

- die baurechtlich nicht relevant oder mit geringen Eingriffen in die Bausubstanz verbunden sind und Mietpreissteigerungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete auslösen und

- die nach staatlichen oder städtischen Richtlinien für die Wohnraum- und Energieeinsparförderung ohne gesonderte Genehmigungserfordernisse durchgeführt werden.

Gemäß § 172 Abs. 4 Satz 1 BauGB darf eine Genehmigung von Bau- und Nutzungsänderungen nur versagt werden, wenn die Zusammensetzung aus besonderen städtebaulichen Gründen erhalten werden soll.

Sie ist jedoch gemäß § 172 Abs. 4 Satz 2 BauGB zu erteilen, wenn auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls die Erhaltung der baulichen Anlage oder ein Absehen von der Begründung von Wohneigentum oder Teileigentum wirtschaftlich nicht mehr zumutbar ist.

Die Grenze der Zumutbarkeit ist erreicht, wenn es sich um eine unzeitgemäße Wohnungsstruktur handelt („Substandard“) und zugleich die zur Deckung von Aufwendungen für erforderliche Anpassungs- und Modernisierungsmaßnahmen notwendigerweise zu
erwirtschaftenden Einnahmen dauerhaft beschränkt würden (z. B. durch „Einfrieren“ der Mietobergrenze). So können gravierende wohnungsstrukturelle Defizite und Anpassungsprobleme eine effektive Wohnungsbewirtschaftung durchaus erschweren. Zumutbar erscheint jedoch, wenn beispielsweise eine mietpreisneutrale Modernisierung zu einem Standard nach den Konditionen der Landeswohnraumförderung möglich ist (Erhöhung der Kaltmiete, Verringerung der Betriebs- und damit Nebenkosten).

Die Genehmigung ist ferner zu erteilen, wenn die Änderung einer baulichen Anlage der Herstellung des zeitgemäßen Ausstattungsstandards einer durchschnittlichen Wohnung unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen dient. Dieses korrespondiert mit § 554 Abs. 2 BGB, wonach Modernisierungsmaßnahmen vom Mieterhaushalt zu dulden sind, insoweit die Wohnung in einen allgemein üblichen Zustand versetzt wird. Damit verbunden ist auch eine angemessene energetische und demografische Anpassung der Wohnungen.

Versagt werden daher Genehmigungen bei Modernisierung und Wohnraumanpassung, die über den zeitgemäßen Ausstattungsstandard einer durchschnittlichen Wohnung im Viertel hinausgehen („Luxusmodernisierungen“) und entsprechende Mietpreiserhöhungen implizieren.

Der mietrechtliche Rahmen bestimmt sich bei Neuvermietungen nach § 5 Wirtschaftsstraf-gesetz, wonach Mietzinsen bis zu 20 % über dem ortsüblichen Mietspiegel erzielt werden können. Ordnungswidrigkeiten können hierbei mit einer Geldbuße bis zu 50 000 € geahndet werden.

Zuständigkeiten im Genehmigungsverfahren:

Die Genehmigung ist beim Amt für Liegenschaften und Wohnen zu beantragen (Antragsvordrucke werden zur Verfügung gestellt). Das Amt entscheidet über Anträge, soweit das Vorhaben keine baurechtliche Genehmigung oder Zustimmung erfordert. Ist für das Vorhaben eine baurechtliche Entscheidung zu treffen, prüft das Amt für Liegenschaften und Wohnen die Vereinbarkeit mit den Zielen der Erhaltungssatzung, nimmt dazu Stellung und übergibt die Stellungnahme dem Baurechtsamt zur Entscheidung. Sofern eine baurechtliche Genehmigung erforderlich ist, ist diese beim Baurechtsamt zu beantragen.

Vor einer Entscheidung sind durch das Amt für Liegenschaften und Wohnen die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen mit den Eigentümern oder sonstigen zur Erhaltung der baulichen Anlage Verpflichteten zu erörtern und Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte anzuhören. Eine Anhörung der Mieter wird nur insoweit durchgeführt, wie der Antrag Aussicht auf Erfolg hat.

Die Genehmigung greift nicht in bestehende Miet-, Pacht- oder sonstige Nutzungsverhältnisse ein. Auch löst sie keine gesetzliche Pflicht zur Duldung der vorgesehenen Maßnahmen aus.

Unberührt bleiben öffentlich-rechtliche Vorschriften, z. B. der Denkmalschutz.

Ordnungswidrigkeiten:

Wer eine bauliche Anlage in dem durch die Satzung bezeichneten Gebiet ohne die erforderliche Genehmigung abbricht oder ändert, handelt gemäß § 213 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit kann gemäß § 213 Abs. 2 BauGB mit einer Geldbuße bis zu 25 000 € geahndet werden.

Der Beschluss über die Aufstellung einer Erhaltungssatzung ist jeweils ortsüblich bekannt zu machen.


4. Ausübung des allgemeinen Vorkaufsrechts gem. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB

Für den Fall einer Weiterveräußerung von Teilen des Wohnungsbestands im Erhaltungsgebiet kann die Stadt gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB i.V.m. Abs. 3 BauGB ein allgemeines Vorkaufsrecht ausüben, sofern die Gefahr besteht, dass Modernisierungs- und Umwandlungsmaßnahmen und damit einher gehende Mietpreiserhöhungen zu einer sozialen Destabilisierung führen können. Ausgeschlossen ist die Anwendung des Vorkaufsrechts beim Verkauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten (§ 24 Abs. 2 BauGB).

Im Weiteren gelten die Bestimmungen gemäß §§ 26-28 BauGB (Ausschluss und Abwendung des Vorkaufsrechts, Ausübung Vorkaufsrecht zugunsten Dritter zum Zwecke der sozialen Wohnraumförderung, Verfahrensweise und Entschädigung).

Ziel ist im Falle eines Verkaufsvorgangs, die Eigentümer bzw. Investoren davon zu überzeugen, eine Verpflichtungserklärung zur Abwendung des Vorkaufsrechts gemäß § 27 BauGB abzugeben und so einvernehmlich die Ziele zur Erhaltung von (knappem) preisgünstigem Wohnraum für die angestammte Bevölkerung zu erreichen. Die Abwendungserklärung soll insbesondere einen Verzicht

- auf den Genehmigungsantrag für eine Abgeschlossenheitserklärung sowie zur Aufteilung von Mietwohngebäuden in Wohnungseigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) oder einer ähnlichen Aufteilung in Verbindung mit Sondernutzungsrechten (außer Mieterprivatisierungen),

- auf Nutzungsänderung,

- auf Durchführung baulicher Veränderungen und Modernisierungen, die über die Herstellung des zeitgemäßen Ausstattungsstandards einer durchschnittlichen Wohnung im Viertel hinausgehen („Luxusmodernisierungen“),

- auf Neuvermietungen an Mieterhaushalte, deren Einkommen über den Grenzen der städtischen Wohnbauförderung liegen (orientiert an den Einkommensgrenzen des Programms „Mietwohnungen für mittlere Einkommensbezieher“, vgl. Anlage 3),

beinhalten. Es besteht hierbei die Pflicht zur frühzeitigen Erörterung der Umwandlungsabsichten mit Beteiligten und Genehmigungsbehörde und zur aktiven Mitwirkung an einem Sozialplan.

Im Gegenzug verzichtet die Stadt auf die Ausübung ihres Vorkaufsrechts.

Die Ausübung des Vorkaufsrechts steht im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde; auf der Grundlage einer städtebaulichen Beurteilung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB abzuwägen sind die öffentlichen und privaten Belange an der Nutzung des Grund­stücks auf der Grundlage einer städtebaulichen Beurteilung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB.

Pflicht zur Wiederveräußerung:

Auf dem Wege des Vorkaufsrechts erworbene Grundstücke sind gemäß § 89 Abs. 3 BauGB bei Erfüllung des Erwerbszweckes wieder zu veräußern (Reprivatisierung).

Die Zuständigkeit für die Ausübung des Vorkaufsrechts liegt beim Amt für Liegenschaften und Wohnen.


5. Fachliche Grundlagen zur Gebietsbeschreibung

Bei dem Stadtteil Auf der Prag/Nordbahnhofviertel handelt sich um ein stadträumlich durch Barrieren stark isoliertes und sozial segregiertes Gebiet, in dem eine durchgreifende Milieudynamik nicht oder wahrscheinlich erst mit weitgehender Aufsiedlung des neuen Stadtteils zu erwarten ist. Vom Wohnungsbau an der Rosensteinstraße gingen nach Einschätzung der Verwaltung noch keine unverhältnismäßig negativen Wirkungen aus. Mittelfristig wird jedoch davon ausgegangen, dass nicht unerhebliche Aufwertungs- und Verdrängungspotenziale bestehen.

Das Gebiet weist heute erhebliche wohnungsstrukturelle Defizite auf (Pro-Kopf-Wohn­raumversorgung ca. 30 % unter dem gesamtstädtischen Durchschnittswert). Dieses ist dem spezifischen Angebot des historischen Werkswohnungsbaus (kleine Wohnungsgrundrisse) sowie des nach einfachen Standards errichteten Zwischen- und Nachkriegswohnungsbaus geschuldet.

Im Gebiet leben insgesamt 3 180 Einwohner, davon im Wohnungsbestand der ehem. LBBW Immobilien 2 045 Einwohner. Die sozioethnische Struktur des Nordbahnhofviertels ist spezifisch: Ein hoher Anteil an Bewohnern mit Migrationshintergrund (insgesamt 63 %, darunter über 43 % mit Ausländerstatus) in Kombination mit überdurchschnittlichen Anteilen an arbeitslos Gemeldeten, armutsgefährdeten und auf Transfers angewiesenen Haushalten und Bedarfsgemeinschaften (Empfängern von ALG II inkl. Sozialgeld/SGB II, HLU+GSiAE, Grundsicherung, Wohngeldbezug).

Ein entscheidender Indikator im Hinblick auf die Kaufkraft der Bevölkerung ist der Nettoeinkommensindex; auch er liegt ca. 30 % unter dem Stuttgarter Durchschnitt.

Die Situation zeigt sich gefestigt und ist Ergebnis jahrzehntelanger insbesondere wohnungsmarktbedingter und schulischer Segregation der Bevölkerung am nördlichen Stuttgarter Innenstadtrand.

Zur weiteren Abschätzung der Aufwertungs- und Verdrängungspotenziale und zur fachgerechten Abgrenzung des Geltungsbereichs der Erhaltungssatzung sind eigentums-, wohnungs- und sozialstrukturelle Grundlagen einzeln auszuwerten.
Als Indikatoren sind zu nennen:

a) Sozialstruktur (erfasst wurden Baublöcke mit ehem. LBBW-Wohnungen, in Klammern Vergleichswerte für das Gesamtgebiet)

Gebietsbevölkerung (2012)2 045 Einw.
Arbeitslose (SGB II und III) in % der 15- bis 65-Jährigen9,5 %
Quote Grundsicherung Lebensunterhalt

(ALG II und Sozialgeld/ ALG II und Sozialgeld + Beschäftigte 0- bis 64-Jährige)

18,0 %
Einwohner mit Migrationshintergrund (vgl. „Ausländer“ 1995: 52 %)

davon nicht-deutsche Staatsangehörigkeit:

60,7 % (63,0 %)

42,0 % (43,3 %)

Altergruppe über 65 Jahre (vgl. 1995: 13 %)15,4 % (14,1 %)
Haushalte mit Kindern16,2 % (19,6 %)
Haushalte mit alleinerziehendem Haushaltsvorstand15,2 % (17,9 %)
Wohndauer über 10 Jahre der Einwohner über 18 Jahre47,8 %
Kaufkraft / Nettoeinkommensindex (Stuttgart = 100)70,3

b) Wohnungsstruktur (erfasst wurde das Gesamtgebiet)

Zahl der Wohnungen1 481 WE
Wohngebäude (insgesamt 182)ab 4 WE

ab 7 WE

95,6 %

76,0 %

Wohnungsbestand nach Zahl der Räume bis 3 Räume

mehr als 3 Räume

30,6 %

69,4 %

Indikatoren der Wohnungsversorgung Einw./WE

Wohnfläche/Einw.

Wohnfläche/WE

2,19

29,5 m²

64,7 m²

Bestand an Wohnungen nach Baualtersgruppen vor 1918

1919 – 1948

1949 – 1960

nach 1960

45 %

29 %

19 %

7 %

Bestandserneuerungsquote

(Baufertigstellungen je 1 000 WE des Vorjahresbestandes)

---
Anteil mietpreisgebundene Sozialwohnungen

davon 2 Wohnungen mit städtischem Belegungsrecht (GWG)

und 100 Sozialmietwohnungen ohne städtisches Belegungsrecht (Postbaugenossenschaft)

102 WE

c) Preis- und Belegungsstruktur (wird noch genauer erhoben)



d) Eigentümerstruktur

Erläuterung zur Grundlagenerhebung:

Das Gebiet wurde aufgrund einer kleinräumigen Erhebung seitens des Statistischen Amtes sowie nach dem vorliegenden Datenkompass und dem Sozialdatenatlas der Stadt Stuttgart beurteilt. Der Beurteilung liegt eine Clusteranalyse zugrunde, basierend auf den verschiedenen Auswertungen der Sozialindikatoren auf Stadtteilebene (Cluster 7). Eine genauere baublockscharfe Datenauswertung nach dem Sozialmonitoring kann jedoch erst im Laufe des Jahres 2013 erfolgen.

Auf dieser Grundlage beabsichtigt die Stadtentwicklungsplanung, eine Sozialraumkonzeption für den räumlichen Umgriff der größeren Stuttgarter Entwicklungsprojekte auszuarbeiten.


6. Räumlicher Geltungsbereich der Erhaltungssatzung (vgl. Anlage 2)

Das Nordbahnhofviertel setzt sich aus verschiedenen Teilgebieten unterschiedlicher Prägung und mit abweichenden Kenn- und Strukturdaten zusammen. Eine Erhaltungssatzung wird in folgenden Teilgebieten für zweckmäßig und erforderlich erachtet:

a) Teilgebiet Mittnachtstraße, umgrenzt von Rosensteinstraße, Schlierholzweg und Nordbahnhofstraße.


b) Teilgebiet Rosensteinstraße, umgrenzt von Steinbeisstraße, Rümelinstraße, Eckart-straße und Nordbahnhofstraße.


In den übrigen Teilgebieten ist die städtebauliche Neuordnung und Entwicklung bereits eingeleitet worden und wird im Zuge der Verwirklichung des Projektes „Stuttgart 21“ erforderlich. Darüber hinaus befindet sich entlang der westlichen Zeile der Nordbahnhofstraße ein hoher Anteil der Gebäude in privatem Einzel- und Teileigentum, der keinen Anlass zu einer systematischen Investmentstrategie bietet.


7. Befristung der Regelungen

Für die Erhaltungssatzung ist zunächst keine zeitliche Befristung vorgesehen. Sie soll aufgehoben werden, wenn der in der Sozialcharta festgelegte Schutz der ansässigen Bevölkerung vor Verdrängung und darüber hinaus das Ziel einer ausgewogenen sozialen Mischung durch natürliche Bevölkerungsfluktuation nachhaltig garantiert ist.

Eine Berichterstattung und turnusgemäße Überprüfung auf der Grundlage von Ergebnissen eines Gebietsmonitoring ist im 5-jährigen Turnus vorgesehen. Spätestens nach 10 Jahren soll über die Fortführung der Erhaltungssatzung unter Berücksichtigung des Entwicklungsfortschritts im RosensteinViertel grundlegend entschieden werden.


8. Ausblick und langfristige Strategie:

1985 wurde die Nordbahnhofstraße für den Durchgangsverkehr gesperrt. 1986 wurde das ganze Gebiet Nordbahnhof/Rosensteinstraße innerhalb des Gäubahnbogens als Stadterneuerungsvorranggebiet (SVG) in das „Programm einfache Stadterneuerung“ (PES) aufgenommen mit einem Fördervolumen von 6 Mio. DM.

Mit diesem Programm wurden überwiegend Maßnahmen im Straßenraum gefördert, die der Verbesserung des Wohnumfeldes dienen sowie Begrünungen in Baublockinnenflächen. In Vorbereitung dazu wurde bereits 1985 die Nordbahnhofstraße für den Durchgangsverkehr gesperrt und der Verkehr auf die Rosensteinstraße verlagert. Das gesamte Gebiet hat mit den bisher durchgeführten Maßnahmen bereits eine städtebaulich wünschenswerte Aufwertung erfahren.

Zwischen 1986 und 1996 wurden zudem fast flächendeckend für das Gebiet Fördermittel zur Wohnungsmodernisierung im Rahmen des Landesmodernisierungsprogramms eingesetzt.

Das Erhaltungsgebiet liegt in dem 1999 beschlossenen Stadterneuerungsvorranggebiet (SVG) Stuttgart 17 – Nordbahnhof-/Rosensteinstraße/Postdörfle (GRDrs 188/1999).

Es wurde in einem voran gegangenen Fachgutachten als Gebiet für einen Präventions-ansatz mit dem Ziel der sozialen Flankierung der Stadtteilentwicklung und der Sicherung einer sozial ausgewogenen Entwicklung unter Berücksichtigung der Erhöhung der Wohn-zufriedenheit und der Marktchancen eingestuft. Dieser Ansatz hat an Aktualität nicht ver-loren.

Darauf aufbauend und mit einer Perspektive über eine Generation hinaus wird ein strategisches Vorgehen zur Gebietsrevitalisierung, im Sinne eines kombinierten Milieuschutzes und einer längerfristig gesteuerten Milieudynamik zur Erreichung einer sozial ausgewogenen Mischung, empfohlen:

1. Aufstellung einer Erhaltungssatzung zur Verbesserung des Mieterschutzes (Milieuschutz mit mind. 10-jähriger Bindung und der Möglichkeit der Fortführung bei Nicht-erreichung der Ziele, Berichterstattung auf Grundlage des Sozialmonitoring).

2. Einsatz des Stuttgarter Innenentwicklungsmodells (SIM) im weiteren Aufsiedlungsprozess des RosensteinViertels, verstärkt nach 2020 zur Schaffung eines differen-zierten Wohnungsangebots und insbesondere von gefördertem Ersatzwohnraum (Mindestquote von 20 %).

3. Beginn eines Stadterneuerungsverfahren (zur Wohnumfeldverbesserung), Beantragung von Fördermitteln zur energetischen und altersgerechten Wohnraummoderni-sierung mit Sicherung von Belegungsrechten sowie Einbeziehung Bewohnerschaft (Dialogverfahren);

4. Dabei Erforderlichkeitsprüfung im Hinblick auf die Aufstellung eines Sozialplans gemäß § 180 BauGB zur Umsetzung von Mieterhaushalten aufgrund nachteiliger Auswirkungen und persönlicher Härten infolge der Gebietsaufwertung und Modernisierungstätigkeit, gemäß § 172 Abs. 5 BauGB Versagen der Genehmigung, um einen den sozialen Belangen Rechnung tragenden Ablauf auf der Grundlage eines Sozialplans zu sichern.



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Anlage 2_Geltungsbereich.pdfAnlage 2_Geltungsbereich.pdfAnlage 3 Einkommensgrenzen.pdfAnlage 3 Einkommensgrenzen.pdfAnlage 4_Erfahrungen Erhaltungssatzungen.pdfAnlage 4_Erfahrungen Erhaltungssatzungen.pdf