Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Städtebau/Wohnen und Umwelt
Gz: SWU
GRDrs 1320/2021
Stuttgart,
02/04/2022



Sanierung Stuttgart 28 -Bismarckstraße- 
Neue Verkehrsführung für die künftige Umgestaltung des Bismarckplatzes
Abschlussbericht des Verkehrsversuchs 




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
Bezirksbeirat West
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
Gemeinderat
Einbringung
Beratung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
22.02.2022
22.02.2022
08.03.2022
10.03.2022



Beschlußantrag:


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Bei der Festlegung des Sanierungsgebiets Stuttgart 28 -Bismarckplatz- wurde 2013 als Sanierungsziel die Aufwertung des Bismarckplatzes beschlossen. Die vorbereitenden Untersuchungen hatten eine Reihe von städtebaulichen Mängeln identifiziert, unter anderem die Trennwirkung der diagonal querenden Schwabstraße, die fehlende Aufenthaltsqualität sowie die Störung der sichtbaren Raumwirkung des Bismarckplatzes durch eine uneinheitliche Gestaltung.

Den Wettbewerb, für die Umgestaltung des Bismarckplatzes und des anschließenden öffentlichen Raums der Schwabstraße, Vogelsangstraße, Bismarckstraße und Elisabethenstraße gewann 2017 das Büro Internationales Stadtbauatelier (ISA) aus Stuttgart, das im folgenden Jahr mit der weiteren Planung beauftragt wurde (GRDrs 598/2018).
Die Realisierung der Umgestaltung des Bismarckplatzes entsprechend dem Siegerentwurf bedingt Änderungen bei der Verkehrsführung. Um Gewissheit zu erlangen, dass diese Änderungen verkehrstechnisch funktionieren und in der Praxis gut angenommen werden, war es erforderlich, sie zunächst in einem Verkehrsversuch zu erproben. Die Durchführung dieses Verkehrsversuchs beschloss der Gemeinderat im November 2019 mehrheitlich (GRDrs 840/2019).

Für die Konzeption, Betreuung, Dokumentation und Auswertung des Versuchs wurde das Büro Koehler & Leutwein GmbH & Co. KG aus Karlsruhe beauftragt. Für die Schadstoffmodellierung wurde zusätzlich das Büro Müller-BBM GmbH beauftragt.

Seit 21. November 2020 sind die baulichen Maßnahmen des Verkehrsversuchs auf dem Bismarckplatz durch das Tiefbauamt eingerichtet.

Wesentliche Elemente des Verkehrsversuchs sind:

Pandemie

Wegen der Corona-Pandemie wurde die Dauer des Verkehrsversuchs (von drei Monate auf unbefristet) verlängert. Aufgrund des bundesweiten Lockdowns Ende 2020 und dessen Verlängerung Anfang 2021 (Homeoffice, Schulschließungen etc.) wurden Verkehrszählungen und Messungen ausgesetzt und verschoben. Durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Mobilitätsverhalten (Homeoffice, Schulschließungen etc.) wären die Messungen im Rahmen des Versuchs im Lockdown und unmittelbar danach nicht aussagekräftig und damit sämtliche Auswertungen angreifbar gewesen.

Grundsatzbeschluss Umgestaltung des Bismarckplatzes

Im Juli 2021 hat der STA den Grundsatzbeschluss für die Umgestaltung des Bismarckplatzes unter Berücksichtigung des laufenden Verkehrsversuchs gefasst (GRDrs 440/2021). In der Vorlage wurde bereits angemerkt, dass die Maßnahmen bei Bedarf nach Auswertung des Verkehrsversuchs korrigiert und die Umgestaltungsplanung ggf. nochmals angepasst werden kann. Dies ist nach Auswertung aus Sicht der Verwaltung für die wesentlichen Elemente des Verkehrsversuchs z.B. Tempo 30, Sperrung der Bismarckstraße, Wegfall der Busbuchten und Verlegung der westlichen Bushaltstelle nicht erforderlich. Gestalterische und funktionale Einzelheiten werden in der weiteren Planung präzisiert.






Ergebnisse des Abschlussberichts „Verkehrsversuch am Bismarckplatz“

Um die Auswirkungen der Umgestaltung zu ermitteln, wurden in einem Verkehrsversuch ein Verkehrsmonitoring, eine schalltechnische Untersuchung, eine Immissionsprognose für Luftschadstoffe (verkehrsbedingte Luftschadstoffbelastung), sowie eine Bürgerbeteiligung durchgeführt und mittels Abschlussbericht zusammengefasst.

1) Verkehrsmonitoring

Um die verkehrlichen Auswirkungen, insbesondere Verkehrsverlagerungen, in das angrenzende Wohngebiet beurteilen zu können, wurden die Verkehrsbelastungen im Untersuchungsgebiet erfasst und zudem auf der Schwabstraße die Geschwindigkeiten der Verkehrsteilnehmer ermittelt.

Zur Beurteilung der verkehrlichen Auswirkungen wurde ein Verkehrsmonitoring durchgeführt. Hierzu wurden Verkehrszählungen während des Verkehrsversuchs zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten durchgeführt.

Die Verkehrszählungen wurden über Videokameras durchgeführt. Die Geschwindigkeitserfassung im Bereich der Schwabstraße erfolgte über Seitenradarmessgeräte.

Die Sperrung der Bismarckstraße hat erwartungsgemäß zu Verkehrsverlagerungen geführt. Am deutlichsten betroffen hiervon sind die Rötestraße und der Abschnitt der Ludwigstraße zwischen Schwabstraße und Rötestraße, wobei auf der Ludwigstraße absolut betrachtet die höchsten Verkehrszunahmen registriert wurden.

Die gefahrenen Geschwindigkeiten im Zuge der Schwabstraße haben sich durch den Verkehrsversuch und der Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 nicht maßgeblich verändert. Der provisorische Umbau der Schwabstraße auf zwei Fahrspuren und die Einrichtung der Buskaps direkt am Straßenrand haben somit im Bereich des Bismarckplatzes zu keiner deutlichen Änderung des Geschwindigkeitsniveaus geführt. Im Mittel blieb die gefahren und gemessene Geschwindigkeit bei 40 km/h.

Die aus der Sperrung der Bismarckstraße resultierenden Verkehrsverlagerungen haben auf keinem Streckenabschnitt zu Verkehrsbelastungen geführt, die sowohl städtebaulich als auch verkehrlich außerhalb der Grenzwerte der Straßenkategorie „Wohnstraße“ liegen.

Dies trifft auch auf die Ludwigstraße zu. Den Rückmeldungen der dortigen Wohnbevölkerung zu Folge, wurde eine Verschlechterung vor allem durch Stau und durch sich gegenseitig blockierenden Gegenverkehr wahrgenommen. Durch entsprechende Eingriffe im ruhenden Verkehr, zum Beispiel eine Aufweitung in den Einmündungsbereichen und die Einrichtung von Ausweichstellen für den Begegnungsfall, kann hier der Verkehrsfluss maßgeblich gesteigert werden.


Somit sind aus verkehrlicher Sicht zwar maßgebliche Verkehrsverlagerungen festzustellen, diese führen jedoch auf keinem Streckenabschnitt zu einer Überschreitung der zulässigen Belastungszahlen. Durch die Umsetzung der vorgenannten Maßnahmen werden die Qualitäten einer „Wohnstraße“ bewahrt.

2) Schalltechnische Untersuchung

Im Rahmen des Verkehrsversuchs wurde unter Berücksichtigung des Straßenverkehrslärms eine schalltechnische Untersuchung aufgestellt. Die zu erwartenden Lärmemissionen und -immissionen wurden entsprechend den geltenden Richtlinien berechnet und nach DIN 18005 (Schallschutz im Städtebau) und der 16. BImSchV (Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes) beurteilt.

Durch Verkehrslärm werden im Bestand an der Schwabstraße erhöhte bis hohe Belastungen ermittelt. Dabei werden jedoch die Grenzwerte der 16. BImSchV eingehalten. In den umliegenden Straßen und insbesondere in den durch die vorhandene Bebauung geschützten Innenhöfe zeigen sich im Bestand verträgliche Belastungen durch Verkehrslärm mit Überschreitungen in Einzelfällen.

In der Schwabstraße und am Bismarckplatz zeigen sich auf Grund des Verkehrsversuchs deutliche Verringerungen der Lärmbelastung. Auf dem bestehenden Straßennetz der Ludwigs- Röte und Gutbrodstraße ergibt sich zwar eine Erhöhung der Lärmbelastung von 2,8 dB(A), aber zugleich keine Überschreitungen der Grenzwerte der 16. BImSchV.

Die Verringerung der Lärmbelastung des Bismarckplatzes überwiegt die Erhöhungen in Teilbereichen des Umfelds. An keiner Stelle kommt es zu einer Überschreitung der zulässigen Werte. Der Ausführung der Maßnahmen des Verkehrsversuchs und der damit verbundenen, abschnittsweisen Sperrung der Bismarckstraße für den Kfz-Verkehr stehen aus immissionsschutzrechtlicher Sicht keine Bedenken entgegen.

3) Immissionsprognose für Luftschadstoffe (Feinstaub und Stickstoffoxide)

Auf der Grundlage der verkehrlichen Auswirkungen in einer Vorher -und Nachher-Betrachtung wurden die nach Umgestaltung des Bismarckplatzes zu erwartenden Auswirkungen auf die Luftschadstoffbelastung ermittelt und bewertet. Im Rahmen der Immissionsprognose für Luftschadstoffe wurden besonders die möglichen Auswirkungen durch den Wegfall der Busbuchten auf der Schwabstraße betrachtet. Angenommen wurde ein Rückstau durch den auf der Straße haltenden Bus. Die Prognose wurde auf Grundlage der Verkehrsanalyse 2019 und der Verkehrszähldaten 2021 erstellt.

Hierzu wurde die verkehrsbedingte Luftschadstoffbelastung für die Vorher-Situation 2019 und die Nachher-Situation 2021 ermittelt. Ebenso wurden die durch den Straßenverkehr verursachten Schadstoffemissionen für Stickstoffoxide und Feinstaubpartikel sowie die daraus resultierenden Immissionen ermittelt. Die Bewertung der Immissionen wurde anhand der Grenzwerte der 39. BImSchV bewertet.

Die Grundlage für die Immissionsprognose waren Berechnungen mit einem Strömungs-und Ausbreitungsmodell unter Berücksichtigung der Bebauung.

Die ermittelten Feinstaubimmissionen unterschreiten sowohl 2019 als auch 2021 deutlich die Grenzwerte nach 39. BImSchV. Auch an den straßennahen Gebäuden unterschreiten die Feinstaub-Jahresmittelwerte die vorgeschriebenen Grenzwerte.
Die maximal zulässige Tagesgrenzwert von Feinstaubimmissionen werden ebenfalls eingehalten.
Die 2019 in Bodennähe ermittelten Stickstoffoxid-Jahresmittelwerte sind in der Schwabstraße, v.a. nördlich und südlich des Bismarckplatzes erhöht, teilweise werden die Grenzwerte hier überschritten. In den Seitenstraßen sind die Werte nur geringfügig hoch. 2021 sind die ermittelten Stickstoffoxid-Immissionen aufgrund der abnehmenden Verkehrsbelastung und der emissionsärmeren Fahrzeugflotte geringer als 2019.

In der Nachher-Situation 2021 erfahren die höchstbelasteten Stellen in der Schwabstraße im Vergleich zu 2019 Minderungen der Schadstoffbelastung von bis zu 10,8%. Nach den Ergebnissen der Immissionsprognose ist die Realisierung der Umgestaltung des Bismarckplatzes aus lufthygienischer Sicht zu begrüßen.

4) Bürgerbeteiligung und Rückmeldungen aus der Bürgerschaft

In der Bürgerschaft gab und gibt es kontroverse Diskussionen über die Änderungen des Verkehrsflusses und mögliche negative Auswirkungen der Neuplanung auf die Anwohnerschaft.

Während der Versuchsphase wurde die Verkehrssituation auf dem Bismarckplatz durch ehrenamtliche BeobachterInnen dokumentiert. Mit Hilfe von Beurteilungsblättern konnten die BürgerInnen festhalten, was Ihnen als NutzerInnen des Platzes während der Erprobung der neuen Verkehrsführung auffiel. Im Dezember 2020 fand so (über zwei Wochen), eine intensive Beteiligung der BürgerInnen und Interessierten statt. Hierbei hat das Amt für Stadtplanung und Wohnen viele Anregungen erhalten. Zwischenzeitlich wurden auch Anpassungen - als Reaktion auf Bedürfnisse der Verkehrsteilnehmer vor Ort - vorgenommen (z.B. der Fahrraddurchlass Bismarckstraße).

In einem Erläuterungsbericht hat das Büro Koehler und Leutwein die Rückmeldungen der BürgerInnen vom Dezember 2020 zusammengefasst.

Darüber hinaus gab es noch weitere Rückmeldungen über die gesamte Laufzeit des Versuchs. BürgerInnen nutzten hierzu besonders die Möglichkeit ihre Fragen oder Anregungen über gelbe Karten zu stellen. Auch einige ansässigen Unternehmen haben sich hierüber gemeldet.

Vor allem die Sperrung der Bismarckstraße sorgte sowohl für negative als auch positive Rückmeldungen im Sommer 2021. Beide Meinungsgruppen haben eine Unterschriftensammlung beim Bezirksbeirat West eingereicht.

Auf Wunsch aus dem Bezirk und der Bürgerschaft wurden an der gesperrten Bismarckstraße Sitzmöglichkeiten aufgestellt, um die Fläche für BürgerInnen nutzbarer zu machen. Von Juni bis September 2021 war außerdem das mobile grüne Zimmer aufgestellt. Ehrenamtlich fanden Aktivitäten wie Tangotanz und Tischtennis statt.

Weiteres Vorgehen

1) Die Regelungen des Verkehrsversuchs bleiben provisorisch bis zur eigentlichen Umgestaltung des Bismarckplatzes bestehen.



2) Mögliche Maßnahmen und Lösungsansätze gegen die negativen Auswirkungen (Aufweitung in Einmündungsbereichen, Einrichtung von Ausweichstellen, Wechselseitige Stellplatzanordnung), vor allem in der Röte- und Ludwigstraße, sollen in Form von Fahrbahn- und Sperrflächenmarkierungen zeitnah umgesetzt werden.


Finanzielle Auswirkungen

keine



Beteiligte Stellen

Referat T
Referat SOS
OB/82


Vorliegende Anträge/Anfragen

keine

Erledigte Anträge/Anfragen

keine



Peter Pätzold
Bürgermeister


Anlagen

Anlage 1: Abschlussbericht des Verkehrsversuchs am Bismarckplatz

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