Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OBM
GRDrs 1017/2021
Stuttgart,
11/25/2021



Stuttgarter Klima-Innovationsfonds: Förderlinie „Efeu“ für
naturbasierte Innovationen zur Klimafolgenanpassung




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Klima und Umwelt
Gemeinderat
Beratung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
10.12.2021
16.12.2021



Beschlußantrag:






1. Die Verwaltung wird beauftragt, bei der Weiterentwicklung des Aktionsprogramms
Klimaschutz die Förderung von naturbasierten Innovationen zur Anpassung an Klimafolgen mit einer Fördersumme von insgesamt 3 Mio. EUR zu berücksichtigen. Die neue Förderlinie „Efeu“ wird im Rahmen der „Förderrichtlinie Stuttgarter Klima-Innovationsfonds – für eine klimagerechte Stadt“ vergeben. Aufgrund der Aufnahme dieser neuen Förderlinie wird die Richtlinie, wie aus Anlage 1 ersichtlich, neu gefasst.

2. Die Nichtregierungsorganisation The Nature Conservancy in Europe gemeinnützige GmbH (TNC Europe) mit Sitz in Berlin kann einen Anteil in Höhe von 750.000 Euro (25 %) zu der Förderlinie „Efeu“ beitragen. Die Stabsstelle Klimaschutz im Referat Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität wird beauftragt, mit TNC Europe eine Kooperationsvereinbarung zur gemeinsamen Umsetzung der Förderlinie „Efeu“ zu schließen. TNC Europe wird für die Begleitung eigene Personalkapazität einbringen, die im Sinne eines Co-Workings in den Büros der Stabsstelle Klimaschutz eingebunden wird.

3. Die Aufwendungen in Höhe von 2.250.000 EUR werden im Teilergebnishaushalt 810 – Bürgermeisteramt, Amtsbereich 8107015 – Referat Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität, Kontengruppe 42510 – Sonstige Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen gedeckt. Der Aufwand wird über die Änderungsliste in den Doppelhaushalt 2022/2023 übernommen. Die Finanzierung erfolgt aus der vom Gemeinderat gebildeten davon-Position „Klimaschutzfonds“.

4. Das Management und die Öffentlichkeitsarbeit des Stuttgarter Klima-Innovationsfonds und des Stuttgarter Klima-Innovationsrats obliegen der Stabsstelle Klimaschutz. Mit der Aufstockung des Fondsvolumens werden auch die darin enthaltenen Budgets für das Management und die Öffentlichkeitsarbeit entsprechend angehoben und für die Jahre 2022 bis 2023 zusätzlich jeweils 55.000 Euro zur Verfügung gestellt (insgesamt 110.000 Euro). Nicht benötigte Finanzmittel werden zusätzlich zum Fördervolumen nach Absatz 1 für innovative Projekte im Jahr 2023 zur Verfügung gestellt.

Die Aufwendungen in Höhe von 110.000 EUR werden im Teilergebnishaushalt 810 – Bürgermeisteramt, Amtsbereich 8107015 – Referat Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität, Kontengruppe 42510 – Sonstige Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen gedeckt. Der Aufwand wird über die Änderungsliste in den Doppelhaushalt 2022/2023 übernommen. Die Finanzierung erfolgt aus der vom Gemeinderat gebildeten davon-Position „Klimaschutzfonds“.

5. Der Oberbürgermeister wird Dr. Nadja Kabisch und Dr. Robert McDonald in den Stuttgarter Klima-Innovationsrat berufen, der somit neun Mitglieder umfasst. Das Stimmrecht dieser beiden zusätzlichen Mitglieder im Stuttgarter Klima-Innovationsrat beschränkt sich auf die Auswahl der Projekte der Förderlinie „Efeu“. Der Gemeinderat nimmt die geplante Berufung in den Klima-Innovationsrat zustimmend zur Kenntnis.


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Luft in Städten durchschnittlich ein bis drei Grad wärmer als im Umland

Im Vergleich zum Umland ist die Luft in Städten bereits jetzt durchschnittlich ein bis drei Grad wärmer. Die Herausforderungen sind in Städten besonders hoch, da sie so genannte Wärmeinseln bilden. Die dichte Bebauung schränkt den natürlichen Luftstrom ein. Gebäude haben einen anderen Energie und Wasseraustausch als Wiesen und Wälder. Außerdem strahlen Menschen, Gebäudetechnik und Fahrzeuge viel Wärme ab. Deshalb wirkt sich die Erderwärmung stärker auf das lokale Klima in Städten aus. Darüber hinaus sind Städte auch erheblich anfälliger für die negativen Folgen der Erderwärmung.

Nach Angaben des Statistischen Landesamts sind allein im heißen Sommer 2019 knapp 1.700 Menschen in BadenWürttemberg aufgrund hoher Temperaturen verstorben. Sommerlicher Hitzestress dürfte in den kommenden Jahren die Belastungen noch erheblich verstärken.

Stuttgart besonders von den Folgen des Klimawandels betroffen

Die Region Stuttgart gehört zu den Regionen Deutschlands, die nach aktuellem Kenntnisstand von den Folgen des Klimawandels überproportional stark betroffen sind und sein werden (nach „Klimawandel in Baden-Württemberg“, LUBW 2016).

Der Klimawandel führt dazu, dass Hitzeperioden in Stuttgart in besonderem Umfang häufiger und intensiver werden. Stuttgart werde Deutschlands heißeste Großstadt, so die Prognosen der Studie des Deutschen Wetterdienstes. Die Stadt müsse an bis zu 70 Tagen im Jahr mit Temperaturen von 30 Grad und mehr rechnen. Das wären mehr als doppelt so viele Hitzetage, wie im Hitzesommer 2018 oder im „Jahrhundertsommer“ 2003 und vier Mal so viele, wie im Jahr 2050 auf die Hauptstadt Berlin zukämen.

Ebenso ist zukünftig mit mehr Starkregenereignissen zu rechnen. Nach den heftigen Regenfällen im Sommer 2021 in Stuttgart und vor allem nach den verheerenden Überschwemmungen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sieht sich Stuttgart darum der Frage ausgesetzt, welche zukunftsorientierten Vorkehrungen Stuttgart als eine „Stadt im Kessel“ auch zum Schutz vor Starkregen oder Überschwemmungen treffen könne.

Aktionsprogramm zeigt den politischen Willen, Vorkehrungen zu treffen

Ende 2019 beschloss der Gemeinderat das 200 Millionen Euro starke Programm „Weltklima in Not – Stuttgart handelt“. Das Aktionsprogramm Klimaschutz ist auf vier Jahre angelegt, bis Ende 2023 soll die Umsetzung abgeschlossen sein. Das Programm enthält unter anderem Mittel in Höhe von 38 Mio. Euro, die für die Anpassung an den Klimawandel verwendet werden sollen, zum Beispiel, um Risiken von Starkregen und vor allem Hitzestress zu reduzieren.

Brunnen, Wasserläufe und Bepflanzung machen die Stadt resilienter. Gewässer mildern starke Hitze und Kälte ab. Jedoch bedarf es guter Planung und vorausschauender Entscheidungen, um Feuchtigkeit in die urbanen Räume zu bringen. Entsiegelte, begrünte und Wasserflächen lassen sich nur in gutem Miteinander mit der Bevölkerung ins Stadtbild integrieren und benötigen eben auch Platz. Platz, der bisher anders genutzt wurde und der rar und teuer ist. Im Ergebnis zeigt die GRDrs 786-2021 mit dem Klima-Bericht 2020, dass von den Finanzmitteln, die für die Anpassung an den Klimawandel verwendet werden sollen, im ersten Jahr nur weniger als 10% der für die vier Jahre 2020 bis 2023 vorgesehen Mittel eingesetzt werden konnten.

Innovative Ansätze verhelfen Städten wie Stuttgart zu neuer Geschwindigkeit

Die Dynamik des Klimawandels stellt Städte vor neue Anforderungen, denen die Geschwindigkeit und Innovationskraft der Lösungen gewachsen sein müssen. Mit dem Stuttgarter Klima-Innovationsfonds hat die LHS die Möglichkeit geschaffen, neue Ideen aus der Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu fördern, um den Klimawandel zu bremsen. Der Stuttgarter KlimaInnovationsfonds unterstützt sowohl den Transfer von innovativen Lösungen in die Praxis als auch die Skalierung von Pilotprojekten in einer Großstadt. Der Stuttgarter KlimaInnovationsfonds ist der europaweit größte kommunale Innovationsfonds für das Klima.

Die erste Ausschreibungsrunde hat bereits die Schlagkraft und das Potenzial des Stuttgarter Klima-Innovationsfonds bewiesen. So hat der hierfür eingerichtete Stuttgarter Klima-Innovationsrat aus 39 Projektanträgen zehn innovative Ideen zur Förderung ausgewählt, die jetzt in Stuttgart zügig umgesetzt werden. Die Verwaltung schlägt nunmehr vor, nach dieser bewährten Methodik mit einer zusätzlichen Förderlinie „Efeu“ für naturbasierte Innovationen auch die Folgen des Klimawandels zu adressieren.

Die Stuttgarter Topographie stellt die Stadt Stuttgart vor besondere Herausforderungen, die innovative Lösungen brauchen. Durch die dichte Bebauung und die wenigen Flächen mit Pflanzen und Wasser heizt sich insbesondere der Stuttgarter Kessel noch mehr auf und kann über die Nacht nur schwer abkühlen.

Hier setzt die LHS an, um Vorreiter im Bereich der naturbasierten Lösungen zur Klimafolgenanpassung zu werden. Eine zusätzliche Förderlinie „Efeu“ des Stuttgarter Klima-Innovationsfonds stärkt das Thema „Anpassung an Klimafolgen“ mit innovativen neuen Lösungsansätzen.

I) Rahmenbedingungen und Fördersystematik

Die Förderlinie „Efeu“ fügt sich in die bestehende Struktur ein. Die grundsätzliche Fördersystematik, die Rahmenbedingungen und Auswahlkriterien des Stuttgarter Klima-Innovationsfonds ändern sich nicht. Weitere Änderungen der Förderrichtlinie sind vorwiegend redaktioneller Natur.

Nachrichtlich ist in Anlage 2 eine Version der Förderrichtlinie mit hervorgehobenen Änderungen gegenüber der am 6. Mai 2021 verabschiedeten Fassung beigefügt.

II) Mittelverwendung

Das zusätzliche Volumen der Sonderförderlinie beträgt 3,11 Millionen Euro, die für die Zuschüsse und das Management der Auswahlverfahren verwendet werden. Für die Zuschüsse der Förderlinie „Efeu“ sind mindestens 3.000.000 Euro vorgesehen. Die zusätzlichen Kosten für das Management des Innovationsfonds, darunter Fachgutachten, Rechtsberatung, Veranstaltungen, Öffentlichkeitsarbeit und Reichweitenerhöhung, sowie des Innovationsrats werden 55.000 Euro pro Jahr nicht übersteigen und in einem angemessenen Verhältnis zur Anzahl eingereichter Projektskizzen und Projektanträge stehen. Nicht genutzte Mittel, die für das Management vorgesehen sind, werden im Jahr 2023 zusätzlich für Projekte vergeben.

Kooperation mit TNC Europe für mehr Wirkungskraft

Die Verwaltung schlägt vor, die Förderlinie „Efeu“ in Kooperation mit der Nichtregierungsorganisation The Nature Conservancy in Europe (TNC Europe) durchzuführen. Die gemeinnützige Umweltschutzorganisation TNC Europe führt mit Unterstützung aus dem Amazon Klimafonds das „Urban Greening“-Programm durch und hat neben dem Pilotprogramm in Berlin zwei weitere deutsche Städte ausgewählt, um naturbasierte Klimaanpassungslösungen zu unterstützen. Als eine davon konnte sich die Stadt Stuttgart behaupten.

Neben einer finanziellen Zuwendung in Höhe von 750.000 Euro wird TNC Europe eine im Co-Working bei der Stabsstelle Klimaschutz eingesetzte Personalstelle für das unterstützende Projektmanagement und die Begleitung der Projekte der Förderlinie „Efeu“ bereitstellen.

Die Stabsstelle Klimaschutz wird eine Kooperationsvereinbarung mit TNC Europe abschließen, in der die Kooperation und insbesondere Fragen der Öffentlichkeitsarbeit und des Außenauftritts geregelt sind. In der Öffentlichkeitsarbeit achten die Partner, dass das Verhältnis ihrer Beiträge (LHS und TNC Europe) angemessen berücksichtigt ist.

Dr. Nadja Kabisch von der Humboldt Universität Berlin und Dr. Robert McDonald von TNC Europe werden in den Innovationsrat berufen. Beide Personen haben nur bei der Förderlinie „Efeu“ ein Stimmrecht.

Dr. Robert McDonald ist leitender Wissenschaftler für die naturbasierten Lösungen bei TNC. Er erforscht die Auswirkungen und Abhängigkeiten von Städten auf die natürliche Welt und trägt dazu bei, die wissenschaftlichen Grundlagen für einen Großteil der städtischen Naturschutzarbeit der Conservancy zu schaffen. Er hat an der Duke University in Ökologie promoviert und mehr als 50 von Peer-Reviewed Publikationen sowie ein kürzlich erschienenes Buch mit dem Titel Conservation for Cities veröffentlicht, das die Rolle der grünen Infrastruktur für das Wohlbefinden der Stadtbewohner dokumentiert.

Dr. Nadja Kabisch leitet die Arbeitsgruppe "Urbane Ökosysteme, Gesundheit und Umweltgerechtigkeit" am Geographischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit dynamischen urbanen Systemen, urbanen Ökosystemleistungen, Natur-basierten Lösungen und Grüner Infrastruktur und deren Beiträge für Gesundheit und Wohlbefinden. Nadja Kabisch promovierte 2011 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Sie ist Editorin des Buchs "Nature-Based Solutions for Climate Change Adaptation in Urban Areas".

Finanzielle Auswirkungen

Insgesamt ist für diese Weiterentwicklung des Stuttgarter Klima-Innovationsfonds mit Kosten von maximal 3 Mio. EUR für die Förderung und 110.000 EUR für das Management und die Öffentlichkeitsarbeit zu rechnen.

Alle Beschlüsse mit einer Finanzierung aus der davon-Position Klimaschutzfonds" werden bis zur Fortschreibung des Aktionsprogramms im Frühjahr zurückgestellt und stattdessen als "Zielbeschlüsse" mit dem Auftrag an die Verwaltung gefasst, diese Punkte bei der Fortschreibung des Aktionsprogramms zur berücksichtigen.




Beteiligte Stellen

Die Referate SWU, WFB und AKR haben mitgezeichnet.




Dr. Frank Nopper

Anlagen

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