Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OBM
GRDrs 250/2020
Stuttgart,
03/27/2020



Hilfen zur Abmilderung finanzieller Notlagen im Zusammenhang mit COVID-19



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
GemeinderatBeschlussfassungöffentlich02.04.2020



Beschlußantrag:

Als Sofortprogramm werden für den Finanzbereich sowie die Kultur- und Sportförderung in einem ersten Schritt folgende Maßnahmen beschlossen:

1. Zahlungserleichterungen und Stundung von Forderungen

1.1 Im Rahmen von Billigkeitsentscheidungen in Steuersachen (Stundung, Erlass von Nebenforderungen usw.) – insbesondere im Bereich Gewerbesteuer – und bei Vollstreckungsmaßnahmen sind städtische Erhebungs- und Vollstreckungsstellen angehalten, Anträge von Steuerschuldnern, bei denen wirtschaftlichen Probleme auf die COVID-19 - Krise zurückzuführen sind, im Sinne größtmöglicher Zahlungserleichterungen zu behandeln.

1.2 Dies gilt auch für Forderungen der Stadt aus Transferleistungen, für sonstige öffentlich-rechtliche sowie privatrechtliche Forderungen, wie Leistungen der Musikschulen, Schülerbetreuung und Nutzungen von Gemeinwesenzentren und ähnlichen Einrichtungen.

1.3 Die Verwaltung wird ermächtigt, ohne Berücksichtigung von Wertgrenzen der Hauptsatzung, Mieten und Nebenkosten sowie Pachten für städtische Gebäude und Grundstücke auf Antrag zinslos zu stunden, wenn die unverschuldete finanzielle Notlage des Schuldners auf Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 zurückzuführen ist. Dies schließt Nutzer aller Bereiche kommunaler Aufgabenerfüllung ein sowie sämtliche Verträge rein privater Natur unabhängig davon ob es sich um Vereine, Verbände, Unternehmen oder natürliche Personen handelt.

1.4 Um entsprechenden Zahlungs- und Abgabenpflichtigen die Möglichkeit zu geben, eventuell notwendige Anträge zu stellen, werden verschiedene Abbuchungsläufe zum April vorerst verschoben.

2. Zuwendungen im Bereich Kultur- und Sportförderung

2.1 Bis vorerst Ende Juli werden zur Abmilderung finanzieller Notlagen im Zusammenhang mit COVID-19 bereits beschlossene städtische Zuwendungen im Bereich Kultur- und Sportförderung flexibel gehandhabt (z. B. durch vorzeitige Auszahlung von geplanten Zuwendungsraten). 2.2 Die Verwaltung wird unabhängig von Wertgrenzen der Hauptsatzung ermächtigt, gegebenenfalls zusätzliche gesonderte Zuwendungen und Finanzhilfen zu gewähren (z.B. zur Abmilderung der finanziellen Belastungen bei abgesagten Veranstaltungen). Zu diesem Zweck werden über- bzw. außerplanmäßige Aufwendungen im Haushaltsjahr 2020 von in Summe bis zu 5 Mio. EUR bewilligt. Die Deckung erfolgt aus der im Teilhaushalt 900 – Allgemeine Finanzwirtschaft veranschlagten Deckungsreserve (Amtsbereich 9006120 – Sonstige allgemeine Finanzwirtschaft, Kontengruppe 440 – Sonstige ordentliche Aufwendungen).

3. Flexibilisierung im Haushaltsvollzug




Begründung:


Das Corona-Virus ist für die Landeshauptstadt eine ernsthafte Herausforderung. Abgesehen von den getroffenen Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung wird es auch zu weitreichenden finanziellen Auswirkungen in nahezu allen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen kommen. Nach dem Subsidiaritätsprinzip sind im Bereich der Wirtschaft der Bund, das Land und auch die EU gefragt, weitreichende Hilfsmaßnahmen (insbesondere für Unternehmen) auf den Weg zu bringen und zügig umzusetzen. Der Bund hat inzwischen folgende Unterstützungsmaßnahmen beschlossen:

Auch das Land Baden-Württemberg hat ein branchenübergreifendes Soforthilfeprogramm mit Zuschüssen für Gewerbliche Unternehmen, Sozialunternehmen und Angehörige der freien Berufe (mit bis zu 50 Beschäftigten) beschlossen.
Eine Kumulierung der Hilfen ist grundsätzlich möglich.

Bund und Land haben weiter die Voraussetzungen für steuerliche Liquiditätshilfen (insbesondere bei der Einkommenssteuer, Körperschaftssteuer und der Umsatzsteuer) geschaffen.


Darüber hinaus ist es angezeigt, dass auch die Landeshauptstadt Stuttgart durch die hier dargestellten Maßnahmen finanzielle Auswirkungen der Corona-Krise abfedert und abmildert.

Die hier beschriebenen Maßnahmen sollen zunächst bis Ende Juli gelten. Vor der Sommerpause wird sich der Gemeinderat, im Falle einer notwendigen Verlängerung der Maßnahmen, erneut mit den Themen befassen.

1. Zahlungserleichterungen und Stundung von Forderungen

Infolge der Auswirkungen des COVID 19-Virus steht zu befürchten, dass auf Unternehmen und Einzelpersonen erhebliche wirtschaftliche Herausforderungen zu kommen.

Die Landeshauptstadt Stuttgart wird im Rahmen eingeräumter Ermessensspielräume, sogenannter Billigkeitsregelungen, bei Stundung, Erlass von Nebenforderungen usw. und ebenso bei der Einleitung und Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen im Rahmen der gesetzlichen Regelungen (§ 222 Abgabenordnung bzw. § 32 Gemeindehaushaltsverordnung) die wirtschaftliche Situation der Schuldner und Steuerpflichtigen in angemessenem Umfang berücksichtigen und in den Fällen, bei denen die wirtschaftlichen Probleme auf die COVID-19 - Krise zurückzuführen sind, bestehende Beurteilungsspielräume ausschöpfen.

Für die Bereiche Gewerbesteuer und Vergnügungssteuer wird die Verwaltung die allgemeinen Vorgaben des Bundesministeriums der Finanzen entsprechend berücksichtigen und vorübergehend keine strengen Anforderungen stellen.

Für den Bereich der städtischen Forderungen aus Transferleistungen, sonstige öffentlich-rechtliche Forderungen und privatrechtliche Forderungen wie Leistungen der Musikschulen, Schülerbetreuung und Nutzungen von Gemeinwesenzentren und ähnlichen Einrichtungen wird der automatisierte monatliche Einzug der wiederkehrenden städtischen Einnahmen mit sofortiger Wirkung ausgesetzt, um Stundungsanträge zu ermöglichen.

In Fällen, in denen die Landeshauptstadt Stuttgart als Vermieter oder Verpächter von Liegenschaften auftritt, sind ebenso Stundungen von Ansprüchen im Rahmen der gesetzlichen Regelungen (§ 32 Gemeindehaushaltsverordnung) möglich, wenn ihre Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde. Unverschuldete wirtschaftliche Schwierigkeiten infolge der Corona-Krise können solch eine erhebliche Härte darstellen.

2. Zuwendungen im Bereich Kultur- und Sportförderung

Durch Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus (wie die Absagen von Veranstaltungen oder Besucherrückgang) kommen zahlreiche Einrichtungen aus dem Bereich Kultur und Sport an ihre finanziellen Grenzen. Zu den Betroffenen zählen insbesondere nichtstädtische Theater und Konzertbetreiber sowie private Kulturveranstaltungen. Darüber hinaus sind auch Sportveranstaltungen betroffen.

Um die unverschuldeten finanziellen Notlagen im Bereich Kultur und Sport abzumildern, wird die Landeshauptstadt Stuttgart städtische Zuwendungen und Finanzhilfen prüfen. Die Hilfen sollen auf Antrag und in Ergänzung der Maßnahmen des Bundes und der Länder zur Vermeidung von Insolvenzen, Zahlungsunfähigkeit und existenzbedrohender Verschuldung aufgrund der aktuellen Infektionslage und damit einhergehenden Einschränkungen gewährt werden. Vorrangig wird die Verwaltung die Förderbedingungen und Auszahlungen bereits beschlossener Zuwendungen flexibel handhaben.

3. Flexibilisierung im Haushaltsvollzug

Die Bewältigung der Herausforderungen infolge des Corona-Virus wird in allen Bereichen der Verwaltung zu dringlichen und ungeplanten Aufwendungen und Zahlungen führen. Die haushaltsrechtlichen Regelungen und städtischen Vorgaben zum Haushaltsvollzug, insbesondere einschränkende Haushaltsvermerke zum Haushaltsplan bedingen regelmäßig eine rechtzeitige Antragstellung unter Angabe einer Deckung vor Verfügung über Haushaltsmittel.

Durch Aufhebung aller Verfügungsbeschränkungen gilt für den Haushaltsplan 2020 die allgemeine haushaltsrechtliche Regelung des § 20 Abs. 1 i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 1 GemHVO, wonach die Aufwendungen und übertragenen Ermächtigungen eines Budgets und damit die Ansätze innerhalb eines Teilhaushalts gegenseitig deckungsfähig sind.

Die Ämter erhalten damit eine viel höhere Flexibilität im Haushaltsvollzug und werden von formalen Verwaltungsaufgaben entlastet. Hierzu erfolgt ein Informationsschreiben der Stadtkämmerei an die Fachämter.

Diese Flexibilisierung im Haushaltsvollzug dient insbesondere auch dazu, vorerst auf haushaltsrechtliche Maßnahmen, die zur Gegensteuerung bei Ergebnisverschlechterungen vorgeschrieben sind (insb. eine eventuelle Nachtragssatzung), verzichten zu können.

Sofern einzelne Budgets insgesamt überschritten werden und keine Verstärkungsmittel z.B. aus zweckgebundenen Mehrerträgen zur Verfügung stehen, sind weiterhin Mittelbewilligungsanträge notwendig. Sofern die zugrundeliegenden Mehrbedarfe zur Bekämpfung der Ausbreitung von COVID-19 dringlich und unabweisbar sind, ist eine nachträgliche Beantragung möglich.



Finanzielle Auswirkungen

Es ist unbestritten, dass die Corona-Krise erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Bevölkerungen der Landeshauptstadt Stuttgart haben wird. Die konkreten finanziellen Auswirkungen auf den Stadthaushalt können jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genau beziffert werden.

Bis Ende Juni wird die Verwaltung die Entwicklung der Bedarfe und möglicher Ertragsausfälle (insb. im Gewerbesteuerbereich) beobachten und erfassen, damit spätestens bis zur Sommerpause eine Abwägung der erforderlichen Maßnahmen vorgenommen werden kann. Unter Berücksichtigung der Steuerschätzung im Frühjahr und des Jahresergebnisses 2019 wird dem Gemeinderat an Stelle des üblichen Finanzzwischenberichts zur Jahresmitte ein Maßnahmenpaket bzw. eventuell ein Nachtragshaushaltsplan vorgelegt.

Die Verwaltung geht davon aus, dass auch städtische Beteiligungsunternehmen und Eigenbetriebe Unterstützung aus dem Stadthaushalt benötigen.




Fritz Kuhn
Oberbürgermeister


Erledigte Anfragen/Anträge:

Anträge 61/2020, 63/2020, 66/2020, 75/2020, 81/2020 mit entsprechend mündlichen Ergänzungen in der Sitzung








Anlagen

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