Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz:
GRDrs 720/2016
Stuttgart,
09/21/2016



Direktvergabe der Verkehrsleistungen
an die Stuttgarter Straßenbahnen AG




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
05.10.2016
06.10.2016



Beschlußantrag:


Begründung:


Mit der GRDrs 19/2015 hat der Gemeinderat Anfang 2015 dem Projekt „Direktvergabe“ zur Prüfung der Vergabe der Verkehrsleistungen ab 01.01.2019 an die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) zugestimmt.

Hintergrund dafür ist die zum 31.12.2018 auslaufende Betrauung der SSB sowie die Neuregelung der EU-rechtlichen Vorschriften für öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße durch die Verordnung 1370/2007 der Europäischen Union (EU-VO 1370/2007). Inhalt der Verordnung ist insbesondere, unter welche Bedingungen Behörden den Verkehrsunternehmen im öffentlichen Verkehr Ausgleichsleistungen für die Erfüllung von Gemeinwohlverpflichtungen gewähren können. Sie regelt jedoch auch, wie ein Aufgabenträger Verkehrsleistungen in seinem Zuständigkeitsbereich vergeben kann.

Ab 01.01.2019 sind für die Betrauung eines Verkehrsunternehmens mit Verkehrsleistungen die Regelungen der EU-VO 1370/2007 als in Deutschland unmittelbar geltendes Recht zusammen mit den Regelungen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) anzuwenden. Demnach kommt für die Vergabe der Verkehre entweder eine wettbewerbliche Ausschreibung oder aber eine Direktvergabe (hier in Stuttgart an die SSB) in Betracht, wenn die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 EU-VO 1370/2007 erfüllt sind. Vereinzelt wird auch gefordert, dass die Voraussetzungen an eine Inhouse-Vergabe nach den Vorschriften des § 108 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vorzuliegen haben.

Die LHS muss in ihrer Funktion als Aufgabenträger sowohl die grundsätzliche Entscheidung über die Direktvergabe als auch die Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung des öffentlichen Dienstleistungsauftrags (mit der Festsetzung der Anforderungen hinsichtlich Qualität und Quantität des Verkehrs) zur Direktvergabe treffen. Bevor die endgültige Vergabe erfolgen kann, muss die Entscheidung für eine beabsichtigte Direktvergabe auch bekanntgegeben und veröffentlicht werden (sog. Vorabbekanntmachung).


I. Rechtliche Voraussetzungen

Im Projekt Direktvergabe wurden die rechtlichen Voraussetzungen geprüft und bereits dem Unterausschuss Direktvergabe näher erläutert.

Die Prüfung ergab, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Direktvergabe an einen internen Betreiber gemäß Art. 5 Abs. 2 EU-VO 1370/2007 bei der SSB erfüllt werden:

Aufgrund unterschiedlicher Meinungen zu den Voraussetzungen einer Direktvergabe in der Literatur und der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung wurden rein vorsorglich zudem die Voraussetzungen für eine Inhouse-Vergabe gemäß § 108 GWB geprüft. Diese werden ebenfalls bei der SSB erfüllt:

Durch das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Direktvergabe an einen internen Betreiber, hat die LHS gemäß EU-VO 1370/07 ein Wahlrecht zwischen einem wettbewerblichen Vergabeverfahren und einer Direktvergabe an einen internen Betreiber. Der Gemeinderat der LHS kann somit die Entscheidung treffen, dass die Stadt beabsichtigt, die öffentlichen Personenverkehrsdienste in ihrem Zuständigkeitsgebiet im Wege einer Direktvergabe gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung 1370/2007 der Europäischen Union (EU-VO 1370/2007) an die SSB zu vergeben.


II. Begründung für eine Direktvergabe an die SSB

Als wesentliche Gründe für die Entscheidung für die beabsichtigte Direktvergabe an die SSB sind mitunter folgende Punkte zu nennen:


III. Die Vorabbekanntmachung

1. Verfahren

Zur Durchführung der Direktvergabe muss die LHS ihre Entscheidung nach Art. 7 Abs. 2 VO 1370/2007 spätestens ein Jahr vor der Direktvergabe in einer entsprechende Vorabbekanntmachung im EU-Amtsblatt veröffentlichen.

In der Vorabbekanntmachung sind die Standards vorzugeben, die der Aufgabenträger erfüllt wissen will. Das heißt, das aufsetzend auf den Inhalten des Nahverkehrsplans in der Vorabbekanntmachung die Leistungsvorgaben zur Erbringung der öffentlichen Personenverkehrsdienste im Stadtbahn- und Omnibusverkehr im Gebiet der LHS mit Vorgaben zur Qualität und Quantität der Verkehre enthalten sind. Diese Leistungsvorgaben werden in einem sog. Ergänzenden Dokument beschrieben (vgl. Anlage 1: Vorinformation für den beabsichtigten öffentlichen Dienstleistungsauftrag der LHS über Verkehrsleistungen im Stadtbahn- und Omnibusverkehr).

Die Bekanntmachung löst dann eine dreimonatige Antragsfrist für eigenwirtschaftliche Verkehre aus (§ 12 Abs. 6 Satz 1 PBefG). Nach Ablauf dieser Frist sind eigenwirtschaftliche (Konkurrenz-)Anträge unzulässig. Sofern eigenwirtschaftliche Konkurrenzanträge gestellt werden, hat die Genehmigungsbehörde (hier das Regierungspräsidium Stuttgart) zu prüfen, ob diese genehmigungsfähig sind. Maßgeblich ist dabei, ob der eigenwirtschaftliche Antrag die in der Vorabbekanntmachung genannten Standards erfüllt. Ist dies nicht der Fall, kann der Aufgabenträger nach einer einjährigen Wartefrist den öffentlichen Dienstleistungsauftrag (ÖDLA) an das eigene Unternehmen vergeben.

2. Leistungsbeschreibung

Wesentlicher Inhalt der Vorabbekanntmachung zur Direktvergabe ist die Leistungsbeschreibung im sog. Ergänzenden Dokument (Anlage 1), welches auf den Nahverkehrsplan aufsetzt und die Basis für den ab 2019 geltenden öffentlichen Dienstleistungsauftrag (ÖDLA) bildet.

Es definiert die mit dem beabsichtigten Dienstleistungsauftrag verbundenen Mindestanforderungen an die Gesamtleistung für Fahrplan, Beförderungsentgelt und Standards. Damit bestimmt es die Leistung, die sowohl die SSB im Rahmen der Direktvergabe als auch ein möglicher eigenwirtschaftlicher Antragsteller zu erbringen hat.

Analog zum neuen Nahverkehrsplan werden generelle Anforderungen und Qualitätsstandards festgelegt und das Verkehrsangebot über eine funktionale Beschreibung definiert.

Der Vorteil einer funktionalen Beschreibung gegenüber der Vorgabe eines konkreten Fahrplans oder von Liniensteckbriefen liegt darin, dass sie sowohl verbindliche Kriterien zur Bedienungsqualität und der Befriedigung der öffentlichen Verkehrsinteressen vorgibt. Gleichzeitig ermöglicht sie dem Verkehrsunternehmen einen gewissen Spielraum für die Einbringung des verkehrsplanerischen Know-Hows und die Gewährleistung einer möglichst hohen betrieblichen Effizienz. Dies ist beispielsweise auch bei den Auswirkungen neu eröffneter Stadtbahnabschnitte auf parallel verkehrende Buslinien relevant. Die funktionale Beschreibung bildet die Mindestanforderungen ab und sichert die generellen Anforderungen (so z.B. an die Beförderungskapazitäten) sowie die qualitativen Anforderungen an die Leistungen.

a.) Anforderungen an das Fahrplanangebot

Die Bedingungen an das Fahrplanangebot werden durch die generellen Anforderungen und die funktionale Beschreibung des Fahrplanangebots dargestellt.

Zu den generelle Anforderungen zählen demnach der Leistungsumfang, die Beförderungskapazitäten, Umsteigebeziehungen, Haltestelleneinzugsbereiche, Beförderungszeiten und die Berücksichtigung der Auswirkungen von Baumaßnahmen von Stuttgart 21 auf den städtischen ÖPNV.

Die funktionale Beschreibung des Fahrplanangebots für die Gesamtleistung erfolgt getrennt für den Stadtbahnverkehr (inklusive Zahnradbahn), den Busverkehr und den Veranstaltungsverkehr.

Beim Stadtbahn- und Busverkehr werden jeweils Betriebszeiten, Taktfolgezeiten und Erschließungsachsen vorgegeben. Dabei sind alle Stadtbahnlinien einer Erschließungskategorie zugeordnet, lediglich für die Zahnradbahn gelten gesonderte Anforderungen. Beim Busverkehr wird zwischen fünf Erschließungskategorien (z.B. Innenstadtbereich, äußere Stadtbezirke, Randlagen, etc.) mit differenzierten Rahmenwerten unterschieden.

Für die Veranstaltungsverkehre werden hinsichtlich der Kombiticket-Verkehre und des Messe-Shuttles die bestehenden vertraglichen Vereinbarungen wiedergegeben, für Volks- und Frühlingsfest gelten die Rahmenwerte der vergangenen Jahre.

b.) Qualitative Anforderungen an die Leistungen

Die Qualitätsstandards orientieren sich an den Vorgaben des Nahverkehrsplans. Die Gliederung wurde im Vergleich zum NVP differenziert und mitunter wurden Qualitätsstandards konkretisiert.

Folgende Themen und Elemente sind in den Qualitätsstandards vorgegeben:
3. Weiteres Vorgehen

Die Verwaltung wird die Veröffentlichung der Vorabbekanntmachung (mitsamt des sog. Ergänzenden Dokuments, vgl. Anlage 1) in die Wege leiten. Sofern keine genehmigungsfähigen eigenwirtschaftlichen Anträge vorliegen, wird sie den öffentlichen Dienstleistungsauftrag vorbereiten.




Fritz Kuhn
Oberbürgermeister


Anlage: Sog. Ergänzendes Dokument


Finanzielle Auswirkungen

<Finanzielle Auswirkungen>



Beteiligte Stellen








Anlagen



<Anlagen>



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160922_ErgaenzDok_VAB_LHS_Endfassung_Beschluss.pdf160922_ErgaenzDok_VAB_LHS_Endfassung_Beschluss.pdf