Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 04.02.2021
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Nopper, EBM Dr. Mayer
Berichterstattung:
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: Amtseinführung von Herrn Oberbürgermeister
Dr. Nopper (inkl. Bestellung zum und Vereidigung als Amtsverweser)

Die Reden von Herrn Ministerpräsident Winfried Kretschmann und EBM Dr. Fabian Mayer, die Grußbotschaft der Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats, Frau Claudia Häußler, sowie die Antrittsrede von Herrn Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper sind im leicht redigierten Wortlaut wiedergegeben.

Beim Eintritt in diesen Tagesordnungspunkt weist EBM Dr. Mayer auf den Livestream zur Sitzung hin. So dürfe er später Herrn Ministerpräsident Kretschmann begrüßen, der sich digital live in die Sitzung zuschalten werde.

EBM Dr. Mayer:
"Ja, lieber Herr Oberbürgermeister, jetzt ist es soweit. Mit dem heutigen Tag übernehmen Sie die Verantwortung für die Landeshauptstadt Stuttgart. Wir Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die gesamte Stadtverwaltung und der Gemeinderat heißen Sie ganz herzlich willkommen im Stuttgarter Rathaus. 1962, also vor ca. 60 Jahren, hat der Soziologieprofessor und ehemalige Ministerialbeamte Niklas Luhmann in der Schriftenreihe Verwaltungsarchiv den Aufsatz "Der neue Chef" veröffentlicht. In diesem Aufsatz kann man Folgendes nachlesen, Zitat: "Der Wechsel des Vorgesetzten gehört zu den wenigen aufregenden Ereignissen im Verwaltungsalltag". Luhmann fährt fort: "Man fühlt die Nervosität auf den Fluren, wenn ein neues Regime in Aussicht steht. Dann setzt die Arbeit fast aus, weil niemand recht weiß, was zu erwarten ist. Und man findet für eine Weile in Gerüchten eine Art Ersatzsicherheit". Lieber Herr Oberbürgermeister, bei uns hat die Arbeit zwar nicht ausgesetzt, sie wird auch nicht aussetzen, und nach meinem Eindruck brodelt auch die Gerüchteküche noch nicht über. Aber natürlich sind wir gespannt auf das, was auf uns zukommt. Wir freuen uns auf Sie, lieber Herr Dr. Nopper.
Sie bringen einen reichen Erfahrungsschatz als Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt Backnang mit. Wie erfolgreich Ihre Arbeit dort war, zeigen die beeindruckenden Wiederwahlergebnisse aus den Jahren 2010 und 2018, beide Male fast 90 %. Was Ihre Arbeit in Backnang ausgezeichnet hat, war u. a. eine große Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern sowie ein großes gestalterisches Engagement und der unbändige Wille, Ihre Stadt voranzubringen. Das wünschen wir uns für Stuttgart auch, gerade jetzt, wo die Stadt unter der Pandemie und ihren Folgen und wir alle so sehr leiden. Die Stadt braucht einen erfahrenen und führungsstarken Oberbürgermeister. Und, Herr Dr. Nopper, Sie übernehmen eine Landeshauptstadt, die in vielen Bereichen sehr gut aufgestellt ist. Die Wirtschaft ist stark, die Stadt attraktiv, lebenswert und schuldenfrei. Ein besonderer Zusammenhalt und großes ehrenamtliches Engagement zeichnet sie aus. Das kulturelle Angebot ist ganz herausragend. Und Sie treffen auf eine funktionierende und engagierte Stadtverwaltung mit tollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Gleichwohl gibt es natürlich auch viel zu tun. Sie sind im vergangenen Wahlkampf mit einer Vielzahl von Erwartungen, Wünschen und Hoffnungen versehen worden, große und kleine Themen, die Zeit, Herzblut und Kärrnerarbeit erfordern. Und wenn man in den vergangenen Wochen so die Zeitung gelesen hat und gelesen hat, was Sie nun sofort alles zu entscheiden und zu lösen haben, dann fragt man sich, ob manche Erwartungen nicht schon fast übermenschlich sind. Lassen Sie mich im Angesicht dieser Erwartungen und Herausforderungen noch einmal auf Niklas Luhmann zurückkommen. Er hat sich nämlich nicht nur mit den Erwartungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch mit der Rolle des neuen Vorgesetzten auseinandergesetzt und sich in diese Rolle hineinversetzt. Luhmann schreibt: "Schwierigkeiten des Anfangs bestehen auch aufseiten des Chefs. Seine Rolle erlaubt es nicht, sich nur die kleinste Unsicherheit anmerken zu lassen. Auf ihn dringt eine Fülle von neuen Mitarbeitern ein, die noch keine persönlichen Gesichter haben und deren Hintergedanken er nur vermuten, nicht aber erraten kann. Und dazu kommt, dass die konzentrierte Aufmerksamkeit seiner Umgebung die Bedeutung erster Fehler erst recht vergrößert".

Ich möchte Ihnen von unserer Seite aus versichern, wir werden alles tun, damit möglichst keine Fehler passieren. Wir werden Sie engagiert und loyal unterstützen und wünschen Ihnen von Herzen einen erfolgreichen Start in der Stuttgarter Stadtverwaltung. Auf ein gutes Miteinander, lieber Herr Oberbürgermeister.

Meine Damen und Herren, bevor der neue Oberbürgermeister nun seinen Platz in unserer Mitte ein- und die Sitzungsleitung übernehmen kann, sind noch einige wenige Formalien abzuhandeln, die uns Recht und Gesetz vorschreiben, so z. B. die Übergabe und Beglaubigung der Ernennungsurkunde, das Bestellungsschreiben und natürlich die Verpflichtung. Zu diesem Zweck, lieber Herr Dr. Nopper, darf ich Sie bitten, zu den Stehtischen zu kommen.

Das ist ein regelrecht euphorisches Ereignis für einen Verwaltungsbeamten, was jetzt kommt. Wir starten, lieber Herr Dr. Nopper, mit der Ernennungsurkunde, in der Folgendes zu lesen ist:

"Herr Dr. Frank Nopper, geb. am 25.05.1961, wird mit Wirkung vom 04.02.2021 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von zwei Jahren zum Amtsverweser ernannt. Er führt die Bezeichnung Oberbürgermeister."

Das war jetzt allerdings erst der Aktenbeleg. Jetzt kommt die Urkunde.
Als Nächstes kommt nun die Einweisung in die Bezüge, nicht ganz unwichtig. So, und wie es sich gehört, lässt sich natürlich jetzt die Stadtverwaltung auch noch den Empfang quittieren: Hier bitte zweimal unterschreiben.

Zu guter Letzt kommen wir jetzt zur Vereidigung. Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Nopper. Sie sind am heutigen Tage vom Gemeinderat zum Amtsverweser mit der Bezeichnung Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart gewählt worden. Ich bitte Sie nun, Ihren Diensteid zu leisten."

Die Anwesenden folgen der Bitte von EBM Dr. Mayer, sich von ihren Plätzen zu erheben. Der von ihm in Absätzen vorgesprochene Diensteid wird von OB Dr. Nopper nachgesprochen:

OB Dr. Nopper:
"Ich schwöre, dass ich mein Amt nach bestem Wissen und Können führen,
das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland,
die Landesverfassung und das Recht achten und verteidigen
und Gerechtigkeit gegenüber jedermann üben werde,
so wahr mir Gott helfe."

Nachdem OB Dr. Nopper die Vereidigung per Unterschrift auf der dafür vorbereiteten Niederschrift bestätigt hat, überreicht EBM Dr. Mayer ein Weingeschenk und bittet anschließend Frau Nopper nach vorne zu kommen. "Liebe Frau Nopper, das Amt des Oberbürgermeisters fordert ja nicht nur den ganzen Menschen, sondern oftmals auch seine Familie. Und als Stadt Stuttgart möchten wir uns jetzt mit einem kleinen Blumenpräsent schon dafür entschuldigen, dass Sie in den nächsten acht Jahren öfters mal auf Ihren Mann werden verzichten müssen."

OB Dr. Nopper übernimmt ab nun die Sitzungsleitung, begrüßt die Anwesenden vor Ort und am Livestream sehr herzlich und dankt EBM Dr. Mayer für seine freundlichen einleitenden Worte. Anschließend übergibt er das Wort an Herrn Ministerpräsident
Kretschmann für dessen virtuelle Grußadresse.


MP Winfried Kretschmann:
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper, ich begrüße natürlich auch die ganze Familie, die Sie begleitet, recht herzlich, den Ersten Bürgermeister der Stadt Stuttgart, Herrn Dr. Mayer, der Sie soeben vereidigt hat, und alle Damen und Herren Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, ganz besonders natürlich die Damen und Herren Gemeinderätinnen und Gemeinderäte und Fraktionsvorsitzende des Gemeinderats. Besonders auch Ihre Vorgänger im Amt, OB a. D. Fritz Kuhn und OB a. D. Prof. Schuster, und Sie alle, meine Damen und Herren.

Lieber Herr OB Dr. Nopper, Sie sind soeben vom Gemeinderat der Stadt Stuttgart zum Amtsverweser bestellt und anschließend vereidigt worden, herzlichen Glückwunsch dazu. Ich möchte Ihnen dazu auch persönlich und im Namen meiner Landesregierung recht herzlich alles Gute, Erfolg und Gottes Segen wünschen. Lieber Herr Nopper, wir kennen uns ja vor allem von der großen 950-Jahr-Feier der Stadt Backnang. Damals habe ich viel Lobendes über Backnang sagen können, und Vieles davon war und ist bis heute mit Ihrer Arbeit als Oberbürgermeister verbunden - zahlreiche städtebauliche Maßnahmen, mehr Kinderbetreuung, der neue S-Bahn-Link, der Neubau und die Sanierung von Schulen und Sporthallen. Oder - die Wähler von morgen fest im Blick - ein neues Geburts- und Hebammenhaus. Zweimal haben die Backnangerinnen und Backnanger Sie in Ihrem Amt bestätigt. Beide Male mit einem sehr guten Ergebnis. Selbst Ihnen nicht so Wohlgesonnene räumen ein, dass Sie sich sehr für Backnang eingesetzt haben und dabei immer den Zusammenhalt der Bürgerschaft im Blick hatten. In Ihrer letzten Neujahrsrede sagten Sie im Januar 2020, ich zitiere: "Wir Backnangerinnen und Backnanger sind überall auf der Welt zu gebrauchen, manche meinen sogar im Rathaus der Landeshauptstadt Stuttgart".

Und dort sind Sie nun angekommen, an der Spitze des Rathauses in Ihrer Geburtsstadt Stuttgart. Hier in Stuttgart sind Sie tief verwurzelt, Ihr Urgroßvater war Stadtschultheiß in Cannstatt, Ihr Vater war viele Jahre lang Stadtrat in Stuttgart, ihr Bruder ist es heute ebenfalls. Ihre Frau haben Sie hier kennengelernt, und Ihre beiden Söhne sind wie Sie selbst in Stuttgart zur Schule gegangen, mindestens einer Ihrer Söhne war früher sogar einmal bei den Grünen aktiv. Zwar nicht in der Partei, sondern im grünen Fußballtrikot von Viktoria Backnang. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Beim Vater wird das sicher schon schwieriger. Aber immerhin haben Sie, lieber Herr OB Dr. Nopper, Ihren Wahlkampf ja u. a. mit dem Slogan geführt "Ökologie und Ökonomie versöhnen". Das kommt mir bekannt vor und lässt doch für die Zukunft sehr hoffen.

Lieber Herr Dr. Nopper, meine Damen und Herren, Land und Landeshauptstadt tragen nicht nur dieselben Wappenfarben, sie tragen auch gemeinsam Verantwortung. Damit meine ich nicht nur Staatstheater, Flughafen oder Messe. Damit meine ich vor allem unsere gemeinsame Verantwortung für die zentralen Zukunftsaufgaben für Klimaschutz, für Mobilität, für eine starke Wirtschaft und die Digitalisierung, für die Kultur genauso. Natürlich auch unsere gemeinsame Verantwortung im Kampf gegen die Pandemie. Hier ist es ganz wichtig, dass in der entscheidenden Phase, in der wir uns gerade befinden, weiter hellwach, umsichtig und diszipliniert das Land, Kreise und Kommunen daran arbeiten und an einem Strang ziehen.

Klimaschutz und Mobilität, das ist und bleibt in Stuttgart ein Megathema. Gerade in diesem Bereich haben wir in den zurückliegenden Jahren sehr eng und konstruktiv zusammengearbeitet. Hier geht es um die Transformation des Automobilstandorts Baden-Württemberg und um neue, klimaschonende Formen der Mobilität. Aber es geht genauso um Arbeitsplätze, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit. Sie, lieber Herr OB Dr. Nopper, wissen aus Backnang, wie ein Transformationsprozess eine Stadt verändern kann. Ich sage nur von der Bleichwiese bis zu den Lerchenäckern, wobei es hier in Stuttgart natürlich nicht darum geht, den Automobilbau durch eine andere Industrie zu ersetzen, sondern darum, das Auto, den Automobilbau neu zu erfinden. Und genau das geschieht gerade in dieser Region. Mit großem Erfolg. Und was für den Automobilbau gilt, gilt auch für andere Bereiche - für die Energieversorgung, für Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, wenn ich nur an das Cyber Valley denke, die Kooperation von den Universitäten Stuttgart, Tübingen, Max-Planck-Institut und vielen Unternehmen für diese Kerntechnologie der Zukunft.

Aber natürlich auch in Stadtentwicklung und Wohnungsbau, überall werden neue Wege in Zukunft gegangen und die Bürgerinnen und Bürger daran beteiligt. Und das ist auch gut so. Ich hoffe und wünsche mir, dass die Stadt Stuttgart auf diesen neuen Wegen mutig vorangeht.

Das Amt des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt gilt ja als das höchste, was man hierzulande erreichen kann. Darüber steht nur noch die Bundeskanzlerin. Aber immerhin schon knapp darunter dann der Ministerpräsident. Als solcher habe ich es im Land seit vielen Jahren mit erfolgreichen und sehr selbstbewussten Oberbürgermeistern zu tun. Und Ihnen, lieber Herr Dr. Nopper, eilt ja ebenfalls der Ruf voraus, beides zu sein. Mich freut das. Denn je erfolgreicher unsere Kommune ist, desto erfolgreicher unser Land. Und umgekehrt.

Oberbürgermeister von Stuttgart zu sein, das ist wirklich eine ganz besondere Herausforderung und Ehre. Sie, lieber Herr Dr. Nopper, haben diese Herausforderung gesucht, gewonnen und die ehrenvolle Aufgabe nun übernommen. Ich wünsche Ihnen dafür von Herzen Erfolg und sage: Alles Gute für eine gute Nachbarschaft und eine gute Partnerschaft.

Auch Ihnen, liebe Frau Weichselgartner-Nopper, wünsche ich alles Gute. Ich weiß, dass Sie sich in Backnang gesellschaftlich und sozial sehr engagiert haben. Sie haben dort einen eigenen Verein gegründet und sich besonders für Kinder starkgemacht. Mit Ihnen bekommt Stuttgart nun erneut eine engagierte First Lady.

Ich möchte aber natürlich auch den Mitgliedern des Stuttgarter Gemeinderats und des Bezirksbeirates alles Gute wünschen. Es ist ja bekannt, der Oberbürgermeister in Baden-Württemberg hat eine enorm starke Stellung, Chef der Verwaltung, Chef des Gemeinderates, Durchgriffsrecht in der Verwaltung - davon kann ich nur träumen als Ministerpräsident -, natürlich Repräsentant der Stadt nach außen. Es gibt in Deutschland kein Amt, das solch eine Machtfülle hat. Aber, das ist das Knitze unserer Kommunalverfassung, das letzte Wort hat halt nicht der OB, sondern der Gemeinderat. Das Ehrenamt hat das letzte Wort sozusagen über die professionelle Verwaltung. Und ich glaube, genau das hat Baden-Württemberg und seine Kommunen, das Land, so stark gemacht. Diese so knitze Verfassung. Ich will Ihnen noch mal sagen, obwohl es oft so in der Zeitung steht: Der Stadtrat von Stuttgart ist kein Stadtparlament. Er ist das höchste Verwaltungsorgan. Es gibt da keine Opposition und Regierung, sondern der Geist der Kommunalordnung meint, dass alle Strömungen der Bürgerschaft, die durch die Wahl offenkundig werden, in das Verwaltungshandeln einfließen. Und deswegen ist der Gemeinderat das höchste Verwaltungsorgan. Was ich mir wünsche und worum ich Sie auch eindringlich bitte, ist, dies in einer produktiven Spannung auch so umzusetzen. Zivilisierter Streit gehört immer zur Demokratie natürlich, aber wir dürfen uns schon gar nicht zwischen Verwaltung und Gemeinderat zerstreiten, sondern müssen immer um die besten Lösungen kämpfen. Und dazu wünsche ich Ihnen eine glückliche Hand, lieber Herr Oberbürgermeister. Und den Gemeinderäten eine gute, produktive Zusammenarbeit mit Ihnen zum Wohle der Stadt. Denn die Landeshauptstadt ist sozusagen das Flaggschiff der kommunalen Selbstverwaltung, auf sie wird sehr geschaut. Deswegen wünsche ich Ihnen allen, den Bürgerinnen und Bürgern von Stuttgart, der Landeshauptstadt selbst, dem Oberbürgermeister, den Gemeinderäten, der Verwaltung, den vielen Mitarbeiter*innen der Verwaltung alles Gute, viel Geschick, viel Fortune, eine glückliche Hand für die Zukunft Stuttgarts."

OB Dr. Nopper:
"Ein ganz herzliches Dankeschön in die Villa Reitzenstein, ein ganz herzliches Dankeschön an Sie, verehrter lieber Herr Ministerpräsident Kretschmann, für diese freundliche und wohlwollende Grußadresse. Der Herr Ministerpräsident, wenn ich es richtig sehe, bleibt uns den ganzen Abend erhalten am Livestream und wird die Sitzung verfolgen. Wir alle werden jetzt acht Grußbotschaften hören der Fraktionsvorsitzenden. Anschließend die Gratulationsadresse der Gesamtpersonalratsvorsitzenden Claudia Häußler. Und dann zum Schluss folgt noch meine Antrittsrede."

Anschließend richten die Fraktionsvorsitzenden kurze Grußworte an OB Dr. Nopper, verbunden mit guten Wünschen für sein Wirken zum Wohle der Stadt.

StRin Nuber-Schöllhammer (90/GRÜNE) geht insbesondere ein auf die Themen Stadtentwicklung und Wohnen, wo weit mehr in Stuttgart passiere, als von der Öffentlichkeit wahrgenommen werde. Die Grundsteine zu bezahlbarem Wohnraum seien durch die ökosoziale Mehrheit wieder gelegt worden, beispielsweise durch das Stuttgarter Innenentwicklungsmodell SIM. Wohnungsbau heiße für die GRÜNEN weiterhin: bezahlbar und ökologisch und innen vor außen. Das Kernthema der GRÜNEN aber sei die Klimapolitik, wo man im Kleinen - z. B. dem Baum- und Streuobstwiesen-Programm - beginne und im Großen mit dem Luftreinhaltungsprogramm und der Verkehrswende enden wolle. Auch das 200 Mio. €-Klimapaket werde man weiterschnüren und in die Umsetzung gehen. Ihre Fraktion werde an diesen entscheidenden und die Zukunft prägenden Themen gerne in gemeinsamer Übereinstimmung weiterarbeiten. Man werde jedoch, wenn es sein muss, auch die harte Auseinandersetzung nicht scheuen. Als Geschenk überreicht sie Herrn OB Dr. Nopper ein Hochstamm-Apfelbäumchen einer alten Sorte für die Streuobstwiesen in Stuttgart.

StR Kotz (CDU) legt den Fokus auf die bereits 2015 von seiner Fraktion beantragte Erarbeitung einer gemeinsamen "Vision Stuttgart 2030", die klären soll, wohin sich Stuttgart mittel- und langfristig entwickeln soll, und wo Fragen der Bildungslandschaft, des Wirtschaftsstandorts, des Tourismus, des Wohnens, des sozialen Miteinanders, der Kultur und der Mobilität und Vieles mehr erörtert werden. Der Gemeinderat hatte sich dieser Aufgabestellung gegenüber bereits sehr positiv positioniert, doch sei das Thema in den letzten Jahren nicht als Chefsache weiter vorangetrieben worden. Im aktuellen Doppelhaushalt habe der Gemeinderat ein kräftiges Budget und die notwendigen Personalstellen für den Visionsprozess bereitgestellt, sodass man diese Aufgabe nun energisch angehen wolle. Die CDU-Fraktion freue sich, ab morgen diesen Prozess gemeinsam mit OB Dr. Nopper voranzutreiben.

StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzparte) begrüßt vor allem die angekündigte Zuordnung der Stabsstelle Integration in den direkten Zuständigkeitsbereich des Oberbürgermeisters. Dessen achtjährige Amtszeit werde entscheidend sein, um bei Wohnen, Verkehr und Klima große Schritte nach vorne zu machen. Das Klimathema sei aus Sicht der FrAKTION davon das wichtigste. Das Präsent der Fraktionsgemeinschaft besteht aus einem S21-kritischen Buch "Abgrundtief und bodenlos", einem "Freiheitskaffee" (mit rebellischem Charakter) und einer Fridays for Future-Flagge.

StR Körner (SPD) sichert OB Dr. Nopper die faire, konstruktive Unterstützung der SPD-Fraktion zu und sieht die großen Chancen, die die Kommunalpolitik bietet, bei ihm in guten Händen. Die Hoffnung der SPD-Fraktion sei, dass der Wohnungsbau zu einer zentralen Frage in Stuttgart wird und dabei auch neue Wege gegangen werden. Weiter hoffe man, dass einiges in der kommunalen Daseinsvorsorge bewegt werden kann, dort, wo es um die "Hausaufgaben" der Stadt geht, bei Schulsanierungen, und bei den Chancen, das Trinkwassernetz und die Energiewende endlich in städtischer Hand machen zu können. Er überreicht Herrn Dr. Nopper ein aktuelles rotes VfB Stuttgart-Trikot mit dem Rückenaufdruck "Oberbürgermeister".
StRin Yüksel (FDP) bedauert, dass OB Dr. Nopper das Amt zunächst als Amtsverweser ohne Stimmrecht ausüben muss. Ihre Fraktion setze große Hoffnungen in ihn, was die Schaffung von Wohnraum betrifft. Man hoffe darüber hinaus, mit ihm einen großen Schritt nach vorne zu tun, was die Entwicklung eines einheitlichen Verkehrskonzeptes und die Transformation Stuttgarts in eine kinder- und familienfreundliche Stadt samt ihren Rahmenbedingungen angeht. Weiter betont sie, nicht nur die Menschen aus 180 Nationen, die in Stuttgart leben, erwarten eine klare Positionierung gegen jegliche Form von Extremismus und Menschenfeindlichkeit, insbesondere gegen sämtliche Bestrebungen von rechts, gegen Verschwörungsideologen, deren Ideologie explizit einhergehe mit Antisemitismus und deren Umtriebe auch das gesellschaftliche Zusammenleben in Stuttgart gefährden. Nicht erst seit dem Ausbruch der Pandemie gebe es auch in Stuttgart diese Spaltung. In der Überwindung dieser gesellschaftlichen Spaltung sowie in der Wiederannäherung sehe man eine der Hauptaufgaben von OB Dr. Nopper. Ihm traue man zu, die vorhandenen Gräben zumindest teilweise wieder zuzuschütten.

StRin von Stein (FW) freut sich sehr, dass OB Dr. Nopper, den die Freien Wähler im Wahlkampf unterstützt haben, nunmehr sein Amt - wenngleich zunächst als Amtsverweser - antritt. Für die vielen anstehenden herausfordernden Aufgaben überreicht sie dem Oberbürgermeister ein Care-Paket, bestehend aus einer Flasche Rotwein für inspirierende Reden, selbst gestrickten Socken gegen kalte Füße, einem Schnäpschen für den Fall, das etwas quer im Magen liegt, Entspannungstees und -bädern sowie Oropax, wenn es einmal viel zu laut werden sollte in den Diskussionen.

StR Köhler (AfD) unterstreicht, seine Fraktion blicke mit sehr positiven Erwartungen auf die nächsten Jahre mit OB Dr. Nopper. Man hoffe, dass mit seinem Amtsantritt der eine oder andere bürgerliche Akzent im Rathaus stärker gesetzt werden kann, beispielsweise das Bekenntnis zur Technologieoffenheit in allen energiepolitischen Fragen. Generell freue man sich auf eine kollegiale gemeinsame Zusammenarbeit.

Auch StRin Schumann (PULS) bittet OB Dr. Nopper, sich ein offenes Ohr für frische Perspektiven zu bewahren und sich gegenüber Ideen der jungen Nachbarschaft und teilweise desillusionierten Bürger*innen nicht zu verschließen. Seinem Vorhaben einer Imageaufwertung Stuttgarts steht die Stadträtin skeptisch gegenüber, denn sie frage sich angesichts des begrenzten Raums, der Wohnungsknappheit und zu viel Verkehr, warum? Es gelte, das verantwortungsvolle Amt der Oberbürgermeisterin klug und umsichtig zu nutzen und dennoch Mut zu wagen. Diesbezüglich schlage PULS konkret vor, die weitere Nutzung des Breitling-Hauses in Varianten zu nutzen.

Frau Häußler (GPR):
"Sehr geehrter Herr Dr. Nopper, sehr geehrte Damen und Herren Fraktionsvorsitzende, sehr geehrte Stadträt*innen, sehr geehrte Bürgermeister*innen, sehr geehrte Familie Nopper, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister a. D. Prof. Dr. Schuster und - ich habe gehört, der Herr Kuhn ist uns auch zugeschaltet - sehr geehrter Herr OB a. D. Kuhn, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleg*innen, ich darf Ihnen, sehr geehrter Herr Dr. Nopper im Namen des Gesamtpersonalrats der Stadt Stuttgart und damit der gewählten Vertretung von nunmehr über 16.000 Beschäftigten herzlich zu Ihrem Amtsantritt als Oberbürgermeister gratulieren. Wir wünschen Ihnen für diese neue Aufgabe alles erdenklich Gute. Mit Antritt Ihres neuen Amtes sind Sie auch der Chef einer ebenso großen wie vielfältigen Kommunalverwaltung und drittgrößter Arbeitgeber der Stadt. Sie sind für uns Ansprechpartner und Verhandlungspartner. Wir werden also viel miteinander zu tun haben. Die Stadt Stuttgart steht in den nächsten 8 Jahren über die schwierige Situation der Pandemie und ihrer Bewältigung hinaus vor riesengroßen Aufgaben, deren gelingende Bewältigung auch davon abhängt, wie diese große Kommunalverwaltung nach innen und nach außen aufgestellt ist.

Fortschritte in allen wichtigen Belangen der Stadt, sei es Klimawandel und Strukturwandel, Wohnen, Bildung und Erziehung bis hin zu Bauwesen oder Integration, um nur einige Bereiche zu nennen, sind nur zu erreichen, wenn die Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung gut ausgestattet, motiviert, engagiert und qualifiziert ihre Arbeit tun können. Das Funktionieren der Stadt, ihre Weiterentwicklung sind nur möglich mit einem funktionierenden kommunalen öffentlichen Dienst. Eines ohne das andere ist nicht denkbar. Und so ist es kein Selbstzweck, die kommunale Belegschaft und ihre Arbeitsbedingungen zur Chefsache zu machen, auf die zu hören und sich um die zu kümmern, die tagtäglich den Laden am Laufen halten. Hier gibt es viel für Sie zu tun.

Das jahrzehntelange Sparen am Personal, an Räumen, Sachmitteln und Technikausstattung hat nach wie vor deutliche Spuren hinterlassen, auch wenn der Gemeinderat und die Verwaltungsspitze in den letzten Jahren - nicht zuletzt auf unser Drängen hin - viel getan haben, um dem Mangel entgegenzuwirken. Wir hoffen und wünschen uns, dass Sie als Oberbürgermeister diesen Kurs gemeinsam mit uns, dem Gemeinderat, dem Ersten Bürgermeister Dr. Mayer sowie allen Bürgermeister*innen und last but not least den Beschäftigten fortsetzen werden.

Es gilt, dem demografischen Wandel und dem damit verbundenen stetig steigenden Fachkräftemangel durch gute und gut bezahlte Arbeitsangebote, ausreichend attraktive und gesunde Arbeitsplätze, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Qualifizierungs- und Aufstiegsmöglichkeiten so zu begegnen, dass die Stadtverwaltung Stuttgart begehrenswerteste Arbeitgeberin in der Region wird. Die Stuttgarter Kommunalverwaltung braucht Strukturen, Haltungen und Fachkräfte, die es ermöglichen, die zentralen und entscheidenden Zukunftsthemen beherzt anzugehen, gut, sozial und sinnstiftend gestalten zu können. Zu diesen internen Herausforderungen gehören die komplexe Umsetzung der Digitalisierung, eine fortschrittliche Personalentwicklung und Personalerhaltung, ein guter betrieblicher Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie die Versorgung der Mitarbeiter*innen mit ausreichenden gut ausgestatteten Büroräumen und Arbeitsplätzen. Wir wollen mit Ihnen gerne in vertrauensvoller Kooperation daran arbeiten, die Stadtverwaltung mit ihren Ämtern und Eigenbetrieben, um Ihre Worte aufzugreifen, Herr Dr. Nopper, zu Orten zu machen, wo Mitarbeiter*innen gut und gerne arbeiten. In diesem Sinne finden Sie in uns als Gesamtpersonalrat eine ebenso konstruktive wie kritisch streitbare Partnerin.

Wir haben, wie die anderen auch, ein kleines Präsent für Sie. Dieses steht sinnbildlich für die Energie der Beschäftigten und soll Sie stets ans Personal erinnern. Sie bekommen von uns eine starke Powerbank mit 15.000 mAh. Dieses kleine Gerät schenkt Ihren Mobilgeräten die nötige Power. Es muss aber auch immer wieder geladen werden, um diese Energie abgeben zu können. Denn nur, wo man Energie einspeist, kann auch Energie wieder rauskommen. Ein solches Wechselspiel im Geben und Nehmen besteht auch zwischen Oberbürgermeister und Belegschaft. Ihnen, Herr Nopper, einen guten Start ins neue Amt, herzlich willkommen im Rathaus und auf gute Zusammenarbeit."

OB Dr. Nopper dankt allen Redner*innen sehr herzlich für die wohlwollenden Grußworte. Er tritt anschließend selbst ans Mikrofon für seine Antrittsrede:

"Herr Ministerpräsident, Herr Alt-Oberbürgermeister und Ehrenbürger Prof. Schuster, Herr Alt-Oberbürgermeister Kuhn, der unsere Sitzung virtuell verfolgt, meine Damen und Herren Stadträte und Bürgermeister, Frau Gesamtpersonalratsvorsitzende, liebe Stuttgarterinnen und Stuttgarter, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bedanke mich in aller Form für die ermunternden Worte aller Rednerinnen und Redner, die teilweise so wohlwollend ausfielen, dass ich mich zeitweise selbst nicht wiedererkannt habe. Ja, ich dachte sogar bei der Amtseinsetzung von jemand ganz anderem zu sein. Ich bin jedoch geständig, dass mir die Worte sehr gut gefallen haben und dass ich alles daransetzen werde, diesen in den nächsten acht Jahren zumindest ansatzweise gerecht zu werden. Auch wenn von der Inauguration neuer Amtsträger nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland oftmals geradezu messianische Heilserwartungen ausgehen, möchte ich an Folgendes erinnern: Auch ein Oberbürgermeister, selbst derjenige der Landeshauptstadt, hat durchaus menschliche Züge und ist fehlbar. Selbst wenn er alles in seiner Kraft Stehende gibt, so kann er dennoch leider keine Wunder bewirken.

Dank, verehrter Herr Ministerpräsident, ist bekanntermaßen die stärkste Form der Bitte, der Bitte um stets fürsorgliche, pflegliche und wohlwollende Behandlung durch das Land, die auch eine Landeshauptstadt braucht. Stuttgart ist ja in der Tat eine wohlgeratene und vorzeigbare, aber auch höchst eigenständige Tochter des Landes, die dort mit einer Mischung aus Unbehagen und Hochachtung betrachtet wird. Sogar der Gründungsherausgeber der Stuttgarter Zeitung, Sebastian Blau alias Josef Eberle, ist vom überzeugten Rottenburger zum begeisterten Stuttgarter mutiert. Jedenfalls schließt sein Gedicht 'Schduagordr' mit folgender Sympathieerklärung für Stuttgart: 'Freilich i gschdand offa ei, wär i ed a Raudaburger, möcht i schier vo Schduagord sei'.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist in Stuttgart guter Brauch und gute Übung, dass bei der Amtseinsetzung des Oberbürgermeisters alle Fraktionsvorsitzenden zu Wort kommen. Die süddeutsche Ratsverfassung baden-württembergischer Prägung gibt dem Oberbürgermeister, wir haben es vorher schon vom Herrn Ministerpräsidenten gehört, eine ungewöhnlich starke Stellung als Vorsitzender des Rates, als Leiter der Stadtverwaltung und oberster Dienstvorgesetzter, als rechtlicher und politischer Repräsentant der Stadt. Der Gemeinderat ist als Hauptorgan, als Leitorgan, als Zentralorgan dennoch der Chef im kommunalen Ring, was manche Oberbürgermeister im Lande nur schwer akzeptieren können und wollen, natürlich nur solche außerhalb dieses Saales.

Die Tätigkeit im Gemeinderat gilt vielen als der schwierigste Bereich, als der anspruchsvollste Bereich der Demokratie, in dem man das Gras wachsen hören muss. In diesem kommunalen Gras muss man sich jedoch manchmal ziemlich vorsichtig bewegen, weil dort allerlei Gefahren in Gestalt von kommunalen Brennnesseln lauern können. Eine übertriebene Vorsicht sollte der Oberbürgermeister im Gemeinderat aber dennoch nicht walten lassen. Vielmehr muss er die unterschiedlichen Positionen in einem Gemeinderat beim Ringen um die beste Lösung für die Stadt zusammenführen, wenn möglich in einer alle Fraktionen übergreifenden großen Koalition der Vernunft, die auch das finanziell Machbare im Auge behält.

Ich habe mich bisher nie, nie als Oberbürgermeister einer einzelnen Partei oder Fraktion verstanden und will dies auch zukünftig so handhaben mit dem Anspruch, Oberbürgermeister aller Stuttgarterinnen und Stuttgarter zu sein, gleich welcher Herkunft, gleich welchen Geschlechts, gleich welcher Hautfarbe, gleich welcher Überzeugung und Orientierung. Selbst wenn es im Gemeinderat einmal etwas habhafter werden sollte, wird eine baldige Befriedung an mir nicht scheitern, da ich von meinem persönlichen Naturell her eigentlich gar nicht in der Lage bin, länger als zehn Minuten nachtragend zu sein. Wir müssen gemeinsam mit einer breiten Mehrheit der Bürgerschaft und der politischen Kräfte Stuttgart voranbringen. Dabei orientiere ich mich an einer langen und bewährten Tradition der Rathauspolitik in Württemberg. Deswegen rufe ich Ihnen mit Blick auf unseren Gemeinderat einen Vers von Eduard Mörike zu, der einst als Vikar in Möhringen sowie als Lehrer für Literatur am Königin-Katharina-Stift wirkte: 'Gesegnet sei des Rates Macht, der uns das Licht der Welt gebracht!'

Mein herzlicher Dank gilt auch unserer Gesamtpersonalratsvorsitzenden Claudia Häußler für ihr freundliches und kollegiales Grußwort. Und mein Antrittsgruß gilt allen Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung sowie der städtischen Eigenbetriebe und Beteiligungsgesellschaften. Der wichtigste Schatz einer Stadtverwaltung sowie aller städtischen Betriebe und Gesellschaften sind die vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ohne die ein städtisches Gemeinwesen nicht funktioniert. Damit dieser Schatz auch wirklich gehoben werden kann, braucht es ein Klima wechselseitiger Wertschätzung und Anerkennung, verbunden mit dem großen Ziel, gemeinsam der Stadt Bestes zu suchen und zu finden. Schließlich sind wir nicht für uns selbst da, sondern den Stuttgarterinnen und Stuttgartern verpflichtet. Unser täglicher Auftrag ist eine bürgerfreundliche und funktionierende Verwaltung. Ich habe bisher zu Mitarbeiterschaft und Personalrat stets eine Kultur der offenen Kommunikation, der konstruktiven Kritik und der partnerschaftlichen Zusammenarbeit gepflegt und will dies mit großer Überzeugung auch in Zukunft fortsetzen.

Mein Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren, gilt vor allem, natürlich vor allem, auch meiner Familie: meiner Frau, mit der ich, hoffentlich nicht nur aus meiner Sicht, seit vielen Jahren glücklich verheiratet bin, die einem zuhause auch mal mürrischen OB oder OB-Kandidaten, jedenfalls meistens, mit liebevoller Geduld und Nachsicht begegnet. An dieser Stelle möchte ich mich auch für ihr großartiges, nicht selbstverständliches ehrenamtliches Engagement in Backnang für den dortigen, von ihr gegründeten und geleiteten Verein für Kinder und die Kinder-Uni sowie für ihren bereits in Vorbereitung befindlichen ehrenamtlichen Einsatz in Stuttgart bedanken.

Lange Tage und lange Nächte kennzeichnen das Berufsbild des Oberbürgermeisters. Nach den oftmals schier endlosen Gemeinderatssitzungen schließt sich in Nicht-Corona-Zeiten meist noch eine inoffizielle Nachsitzung im geselligen Kreis an, hoffentlich bald auch wieder in Stuttgart, bei der ein kluger Oberbürgermeister bereits die nächste Sitzung vorbereitet und die Erfolgsaussichten seiner Projekte möglichst unauffällig auslotet. Meine beiden Söhne dachten als kleine Kinder deswegen zeitweise, dass ich im Rathaus wohnen würde. Ich danke ihnen dafür, dass sie die manchmal auch nicht ganz einfache Rolle der OB-Söhne klaglos einnahmen und einnehmen und sie sich überdies so fulminant im Stuttgarter OB-Wahlkampf eingebracht haben. Auch meinen Eltern gilt ein ganz herzliches Dankeschön, meinem verstorbenen Vater, einem bodenständigen Ur-Schwaben, der in mir das Interesse und die Begeisterung für Kommunalpolitik geweckt hat, und meiner Mutter, einer Düsseldorferin, die mir die rheinische Fröhlichkeit mitgegeben hat. Beide haben mich gewissermaßen zu einer Symbiose aus gemäßigtem württembergischen Pietismus und heiterem rheinischen Katholizismus gemacht.

Dank gebührt an dieser Stelle auch meinen Vorgängern: Zunächst einmal dem Ersten Bürgermeister und heutigen Sitzungsleiter, Dr. Fabian Mayer, der zwischen Dreikönig und dem heutigen Abend als "Oberbürgermeister auf Probe" fungierte, wie er von der Stuttgarter Zeitung tituliert wurde. Er hat nach meiner Beobachtung nicht nur die Sitzungsleitung, sondern auch die Übergangszeit bravourös gemeistert. Meine Amtsvorgänger nach dem Kriege, Arnulf Klett, Manfred Rommel, Wolfgang Schuster und Fritz Kuhn, haben - allesamt in ihrer Zeit stehend - ihre bleibenden Verdienste für und um Stuttgart. Arnulf Klett war der Oberbürgermeister des Wiederaufbaus und des Wirtschaftswunders. Manfred Rommel hat Stuttgart auf nationaler und sogar auf internationaler Ebene zum Glänzen gebracht. Wolfgang Schuster war ein für unglaublich viele Ideen sprühender Macher, und Fritz Kuhn hat gerade auch unser vielleicht noch etwas unterentwickeltes ökologisches Bewusstsein geschärft. Der legendäre Bundespräsident mit formvollendetem schwäbischen Zungenschlag und Stuttgarter Ehrenbürger Theodor Heuss hat schon im Jahr 1919, also 33 Jahre vor dessen Gründung, in weiser Voraussicht den Südweststaat als Modell deutscher Möglichkeiten bezeichnet.

In Anlehnung an diese Heuss'schen Worte müssen wir alles daransetzen, dass Stuttgart mehr und mehr zur Modellstadt deutscher und europäischer Möglichkeiten wird mit den folgenden zehn Punkten für Stuttgarts Zukunft:

1. Wir brauchen eine Gesamtverantwortung für eine florierende Wirtschaft mit sicheren Arbeitsplätzen und für eine intakte Umwelt. Wir brauchen eine blühende Wirtschaft und eine gesunde Umwelt. Die Leistungsfähigkeit der Stadt für Bildung, für sozialen Ausgleich, für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz hängt an der Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft. Wir müssen wieder stärker mit der Wirtschaft und nicht nur über sie sprechen; etwa auch im Rahmen eines Jobgipfels, damit bestehende Arbeitsplätze erhalten und neue geschaffen werden. Gerade auch diejenigen, die morgens aufstehen und engagiert zur Arbeit gehen, die als Schaffer unser Gemeinwesen tragen, haben unsere volle Aufmerksamkeit und Rückendeckung verdient.

2. Wir müssen Ökonomie und Ökologie miteinander verbinden. Die Umsetzung des Klimapakets der Stadt Stuttgart zur Reduktion des CO2-Ausstoßes ist beschlossene Sache und muss deswegen beherzt und nicht mit angezogener Handbremse umgesetzt werden. Die Sitzungen des Gemeinderats am Donnerstag werden damit nachgerade auch immer wieder zu einer "Thursdays for Future"-Demonstration. Aber wir dürfen die Ökonomie nicht aus dem Auge lassen. Greta Thunberg hatte recht, als sie vor wenigen Tagen von den reichen Ländern einen überdurchschnittlichen Einsatz für den Klimaschutz gefordert hat, aber wir müssen auch alles dafür tun, dass wir gerade auch im Interesse des Umwelt- und Klimaschutzes wirtschaftlich stark bleiben.

3. Wir brauchen Mobilität für alle, wir brauchen eine Vernetzung, Verbindung und Versöhnung der verschiedenen Mobilitätsformen, wir brauchen ein ganzheitliches Verkehrskonzept, das alle Verkehrsmittel mit einbezieht - den ÖPNV, das Fahrrad, den Fußgänger und das Automobil, insbesondere das umweltfreundliche und transformierte Automobil der Zukunft. Stuttgart muss Mobilitätshauptstadt werden und zugleich Automobilhauptstadt bleiben.

4. Stuttgart 21 war und ist immer noch in der Stadt, deren Bewohnern der unvergessene schwäbische Schriftsteller Thaddäus Troll schon in seinem Buch 'Deutschland, deine Schwaben' das Zweiflerische, Wägende, Querköpfige, Kritische als Wesenszug attestiert hat, ein umstrittenes Projekt. Ich habe dies über Jahre hinweg auch in der eigenen Familie erfahren, da mich mein Vater, ein CDU-Altstadtrat und Stuttgart 21-Kritiker, bei jedem Besuch in meinem Elternhaus mit einem Spickzettel bewaffnet mit investigativen und kritischen Fragen zu Stuttgart 21 überhäufte. Nach meiner festen Überzeugung sollten wir den Blick nach vorne richten auf die riesigen städtebaulichen und verkehrlichen Chancen von Stuttgart 21. Das Projekt darf Stuttgart nicht länger spalten. Deswegen muss die Eröffnung von Stuttgart 21 auch ein großes Versöhnungsfest werden.

5. Bei allen technischen Innovationen müssen wir in der Stadt der Erfinder und Tüftler, in der Stadt von Robert Bosch, von Gottlieb Daimler, von Ferdinand Porsche, immer an der Spitze der Bewegung stehen. Hierzu gehört nicht nur die Transformation zu ressourcenschonenden und emissionsarmen Automobilen, hierzu gehört auch die Ausschöpfung aller energetischen Möglichkeiten zur Reduktion des CO2-Aus-stoßes, hierzu gehören auch viel mehr Ladepunkte im öffentlichen Raum, hierzu gehört die zügige Umsetzung von digitalen Zugsteuerungssystemen, die zur Taktverdichtung und zu mehr Pünktlichkeit führen. Hierzu gehören auch die dynamische und entschlossene Digitalisierung der Stadtverwaltung mitsamt ihrem Bürgerservice sowie der Schulen. Die zügige Transformation Stuttgarts zur Gigabit-Stadt, die Unterstützung von Unternehmen bei der Digitalisierung sowie nicht zuletzt auch die Förderung von jungen Unternehmen in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Digital Media und IT. Stuttgart muss die Smart City Deutschlands sein.

6. Stuttgart braucht dringend mehr Wohnungen. Gerade auch preiswerte Wohnungen. Deswegen muss der Wohnungsbau auf den verschiedenen Wegen und in den verschiedensten Bereichen der Stadt intensiviert werden mithilfe eines breiten Bündnisses für Wohnen, mithilfe der SWSG, mithilfe der Baugenossenschaften und mithilfe von Privaten, ohne deren Hilfe wir es nicht schaffen werden. Wir müssen uns dabei vor allem der Nachverdichtung und den neuen Wohnquartieren zuwenden, den neuen Wohnquartieren, die da sind das Rosensteinquartier im neuen Herzen der Stadt, die Neckar-City, der NeckarPark, das Stöckach-Areal, der Eiermann-Campus. Das Bauen im Außenbereich darf dabei nur die Ultima Ratio sein und nur nach intensiver Einbeziehung der Bürgerschaft erfolgen.

7. Sicherheit und Sauberkeit sind keine Ziele von einigen wenigen vermeintlich ewig gestrigen Law and Order-Protagonisten, sondern sie sind fundamentale Voraussetzungen für ein gutes Zusammenleben in unserer Stadt. Dunkle und finstere Orte, an die sich viele Bürgerinnen und Bürger, auch junge Leute, nicht mehr trauen hinzugehen, müssen in Stuttgart der Vergangenheit angehören. In den Abend- und Nachtstunden brauchen wir auch mehr Sicherheitspersonal an den Haltestellen und Bahnhöfen, die Brennpunkte darstellen, aber auch in den Zügen. Und Stuttgart muss auch wieder sauberer werden, schon allein deswegen, weil unsaubere Orte auch oft zu Unorten der Sicherheit werden.

8. Kunst und Kultur gehören zum Stuttgarter Lebensgefühl, Stuttgart verdankt seine Ausstrahlung in Deutschland und in Europa gerade auch seiner lebendigen Kulturlandschaft. Das größte Drei-Sparten-Haus der Welt braucht eine Zukunftsperspektive. Stuttgart ist eine bedeutende Konzert-, Literatur- und Theaterstadt, die als solche weiterentwickelt werden sollte. Und in der Geburtsstadt des Weltphilosophen Hegel wird uns der Hegel'sche Weltgeist sicherlich eingeben, auch alle anderen Formen von Kunst und Kultur zu fördern und zu stärken.

9. Kinder und junge Familien müssen sich in Stuttgart wohlfühlen, sonst wandern sie ins Umland ab. Deswegen muss es unser Ziel sein, zu den kinder- und familienfreundlichsten Großstädten in Deutschland zu gehören. Und Stuttgart muss auch ein soziales Herz haben für Menschen im Alter, für Menschen mit Behinderung, für Menschen in sozialen Notlagen und für Menschen in Armut. Deswegen sind wir gerade auch bei adäquaten Wohnangeboten, bei Pflegeeinrichtungen und bei Begegnungsstätten ganz besonders gefordert.

10. Stuttgart ist zu Recht stolz auf sein engagiertes Bürgertum. Die Ehrenamtlichen verdienen Anerkennung, und sie brauchen den direkten Draht zur Stadtverwaltung und zum Oberbürgermeister. Oberbürgermeister und Verwaltung müssen wieder näher an die Bürgerinnen und Bürger rücken, und wir brauchen vitale und eigenständige Stadtbezirke. Bei Fragen mit reinem Stadtbezirksbezug sollten die Bezirksbeiräte das letzte Wort haben. Vor Ort weiß man am besten, was es braucht. Deswegen werde ich, sobald es Corona wieder zulässt, bis zum Sommer alle 23 Stadtbezirke besuchen und dort auch regelmäßig und immer wieder Bürgersprechstunden durchführen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Corona-Pandemie bedroht und bedrückt uns alle. Sie macht uns allen zu schaffen, sie ist eine in ihrer Art, Dimension und Ausprägung einzigartige Herausforderung. Einzigartig jedenfalls seit Kriegsende. Noch nie waren Kinder und Jugendliche über Monate hinweg daran gehindert, ihre Schulen und Kindertagesstätten zu besuchen, noch nie durften wir uns selbst im Kreis von Familie und Freunden nur sehr eingeschränkt treffen und versammeln, noch nie wurden Gastronomie, Einzelhandelsgeschäfte, Dienstleister, Sport- und Kultureinrichtungen per Verordnung geschlossen, noch nie hatten wir Ausgangsbeschränkungen und Ausgangssperren. Noch nie gab es eine so ernsthafte Gefahr, dass unser Gesundheitssystem überlastet sein könnte und deswegen Kranken nicht mehr geholfen werden kann.

Die Auswirkungen der Pandemie sind noch völlig ungewiss. Geht vielen, vielen, etwa Sport-, Kultur- und Sozialvereinen, den Gastronomen und Einzelhändlern und irgendwann auch den Kommunen das Geld aus? Gibt es eine Verödung der Innenstädte? Gibt es sogar eine De-Urbanisierung? Lässt die Sogwirkung der Städte und damit auch der innerstädtische Verkehr und vielleicht auch die Nachfrage nach Wohnungen in Städten nach? Welche wünschenswerten Effekte halten auch nach Corona an? Haben wir uns bewusst gemacht, dass wir uns nicht wegen jeder einstündigen Besprechung ins Flugzeug setzen müssen? Werden unsere Arbeitsabläufe effizienter? Beschleunigt sich die Digitalisierung? Werden durch das Homeoffice Wohnen und Arbeiten nachhaltig zusammengeführt? Können wir als Stadtverwaltung in Teilbereichen dauerhaft vom Homeoffice aus arbeiten? Oder kehren wir bald zu unserem alten Trott zurück?

Ich freue mich auf die Nach-Pandemie-Zeit, ja, ich sehne sie herbei! Aber wir müssen auch aus und von Corona lernen und die Chancen für Stuttgart ausloten. Bis dahin dürfen wir zwar nicht zusammenstehen, aber wir müssen zusammenhalten. Vernunft, Gemeinsinn und Solidarität sind das Gebot der Stunde, und sobald wie möglich müssen wir eine große Corona-Runde mit allen Akteuren der Stadtgesellschaft und der Wirtschaft einberufen, um zu besprechen und zu erörtern, wie wir die Innenstadt und die Stadtbezirke, wie wir Einzelhandel, Gastronomie, Kunst, Kultur, Sport, das Nacht- und Tag-Leben wiederbeleben können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Stuttgart ist eine Stadt, die mich immer wieder aufs Neue begeistert, Stuttgart ist die ideale Mischung von Moderne und Tradition, von Spätzle und Spitzentechnologie. Stuttgart ist die Geburtsstadt der ersten, der besten, der innovativsten und der umweltfreundlichsten Automobile. Stuttgart ist die Stadt mit schaffigen und lebensfrohen Menschen zwischen Umsatz und Grundsatz, Stuttgart ist die Kultur-, Ballett- und Opernhauptstadt Europas. Stuttgart ist die Stadt in wunderbarer Lage, umsäumt von Wald und Reben. Stuttgart ist die Stadt wegweisender Baukultur und hoffentlich auch immer die Stadt mit einem VfB, der in Deutschland und in Europa ganz nach vorne stürmt.

Ich werde mich mit meiner ganzen Kraft für diese großartige Stadt einsetzen, die meine Geburts- und Heimatstadt ist. Ein Oberbürgermeister braucht hierfür auch den Gemeinderat und die ganze Einwohnerschaft. In einem Glückwunschschreiben, das mich nach der OB-Wahl erreichte, stand: 'Große Siege werden durch Mut, größere Siege durch Liebe und die größten Siege durch Beharrlichkeit errungen'. In diesem Sinne lassen Sie uns Stuttgart gemeinsam mit Mut, Liebe und Beharrlichkeit zum leuchtenden Stern des deutschen Südens machen. Vielen herzlichen Dank."

Verbunden mit dem Wunsch für einen freudvollen Abend und ein baldiges Wiedersehen bei einer der nächsten Ausschuss- und Gremiensitzungen schließt OB Dr. Nopper die Sitzung.
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