Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
527/2015
GZ:
OB
Sitzungstermin: 16.07.2015
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Gallmeister fr
Betreff: Villa Berg
- Einigung mit dem derzeitigen Eigentümer

Vorgang:

Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 10.07.2015, öffentlich, Nr. 77
Ausschuss für Umwelt und Technik vom 14.07.2015, öffentlich, Nr. 252
jeweiliges Ergebnis: einmütige Zustimmung

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 30.06.2015, GRDrs 527/2015, mit folgendem Beschlussantrag:

1. Der Einigung zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart und der PDI Property Development Investors GmbH (PDI), Düsseldorf, mit den Inhalten:

1.1 Erwerb der Villa Berg (Gemarkung Stuttgart, Flurstück 782/6, Villa Berg 1, Gebäude- und Freifläche, 2.193 m²) und der ehemaligen SWR-Fernsehstudios (Gemarkung Stuttgart, Flurstück 781/5, Villa Berg 3, Gebäude- und Freifläche, 9.037 m²) durch die Landeshauptstadt Stuttgart zum Preis von 300.000 €,

1.2 Leistung der vertraglich geschuldeten Entschädigungszahlung anlässlich des Zeitablaufs des Erbbaurechtsvertrags über eine Tiefgarage mit 376 Stellplätzen auf dem Grundstück (Gemarkung Stuttgart, Flurstück 782/5, Villa Berg 4, öffentliche Zwecke, 5.401 m²) durch die Landeshauptstadt Stuttgart von 1.450.000 €,


1.3 Verkauf einer Teilfläche von ca. 3.770 m² (entlang der Sickstraße) des Flurstücks 782/1 (Gemarkung Stuttgart, Villa Berg, entsprechend Anlage 2) zum Verkehrswert von 850 €/m² (Verkaufspreis ca. 3.204.500 €) an die PDI Property Development Investors GmbH (PDI) zur Wohnbebauung entsprechend dem noch aufzustellenden Bebauungsplan,

1.4 Verzicht auf die Anwendung des Stuttgarter Innentwicklungsmodells auf die in Ziffer 1.3 beschriebene Grundstücksfläche,

1.5 bei Bedarf Einräumung einer Stellplatzbaulast zugunsten des Eigentümers der in Ziffer 1.3 beschriebenen Grundstücksfläche zum Ablösebetrag von
1.6 bei Bedarf Vermietung von Stellplätzen an die Eigentümer / Mieter der auf dem in Ziffer 1.3 beschriebenen Grundstücksfläche erstellten Wohnungen um 60 € je Stellplatz und Monat zuzüglich Umsatzsteuer,

1.7 Verpflichtung der Landeshauptstadt Stuttgart, die SWR-Fernsehstudios innerhalb von fünf Jahren nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages zurückzuzubauen

2.1 Die Zahlung der Landeshauptstadt nach Ziffern 1.1 und 1.2 von insgesamt 1.750.000 € wird im Finanzhaushalt bei dem PSP-Element 7.232000.100, Sachkonto 78210000, Erwerb von Grundstücken und Gebäuden, gedeckt.

2.2 Die Zahlung der PDI nach Ziffer 1.3 wird im Finanzhaushalt (Teilfinanzhaushalt 230, Amt für Liegenschaften und Wohnen) bei dem PSP-Element 7.232000.002, Grundstücksverkaufserlöse, Sachkonto 68210000, vereinnahmt.


StR Kotz (CDU) beglückwünscht OB Kuhn und EBM Föll zu dem erzielten Verhandlungsergebnis. Das gemeinsam beschlossene Ziel, die Villa, den Park und die Sendestudios wieder in städtischen Besitz zu bekommen, sei erreicht worden. Seine Fraktion freue sich auf die weiteren Schritte, die Diskussion über die Nutzung der Villa und den Abriss der Sendestudios im Park. Dies alles könne nun in einem überschaubaren Zeitrahmen stattfinden. Ein erster großer Schritt könne heute getan werden, weshalb seine Fraktion die Vorlage unterstütze.

StRin Munk (90/GRÜNE) erklärt, ihre Fraktion verfolge seit Jahren konsequent das Ziel, die Villa Berg und den Park den Bürgerinnen und Bürgern zurückzugeben. Deshalb freue sich ihre Fraktion über das Verhandlungsergebnis und danke der Verwaltung, dass der "gordische Knoten" gelöst wurde. Besonders danke ihre Fraktion an dieser Stelle aber auch der Bewegung Occupy Villa Berg, welche die Bedeutung der Villa Berg und des Parks für den Stuttgarter Osten und für die Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger in den Fokus gebracht habe.


Die GRDrs 527/2015, der ihre Fraktion gerne zustimme, ermögliche es, drei Ziele zu erreichen, für welche ihre Fraktion stehe: die Öffnung der Villa und weiterer Teile des Parks für die Bürgerschaft, den Erhalt des bedeutsamen Kulturdenkmals, das den Ort so unverwechselbar mache, und die Renaturierung des Parks durch den Abbruch der Sendestudios. Ihre Fraktion bedauere den Verzicht auf SIM, das Verhandlungsergebnis sei in der Gesamtheit aber so positiv, dass ihre Fraktion in diesem Fall auf SIM verzichte.

Jetzt sei es wichtig, die Bürgerbeteiligung auf den Weg zu bringen, um Nutzungsideen zu sammeln, fährt StRin Munk fort. Ihre Fraktion sei offen für Nutzungsvorschläge und wolle sich nicht im Vorfeld auf eine Nutzung festlegen, sondern wolle die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung abwarten. Unabhängig davon müsse der Substanzerhalt für die Villa umgehend angegangen werden, um den Verfall des Kulturdenkmals aufzuhalten. Ihre Fraktion erwarte auch, dass rasch ein Konzept zur Gestaltung der historischen Parkanlage ausgearbeitet wird. Ihre Fraktion stimme der Vorlage uneingeschränkt zu, kündigt StRin Munk abschließend an.

StR Körner (SPD) erinnert daran, dass vor fast genau 100 Jahren die Stadt die Villa und den Park schon einmal gekauft hat, und zwar von der württembergischen Königsfamilie. Der Park sei daraufhin in den folgenden Jahren von der Bevölkerung "in Besitz genommen und genutzt worden".

Für wichtig halte er es mit Blick auf die Zukunft der Villa, dass der Bürgerbeteiligung breiter Raum eingeräumt wird, wozu auch die notwendigen Ressourcen in der Stadtverwaltung zur Durchführung dieser Beteiligung zur Verfügung gestellt werden sollten. Seine Fraktion gehe davon aus, dass im Haushaltsplanentwurf der Verwaltung hierfür "entsprechende Ansagen" gemacht werden. Seine Fraktion sei erfreut darüber, dass sich die Villa, die Fernsehstudios und der gesamte Park wieder im Besitz der Stadt befinden und eine positive Entwicklung stattfinden könne. Seine Fraktion stimme der Vorlage daher mit Freude zu.

Namens seiner Fraktionsgemeinschaft zeigt sich StR Ozasek (SÖS-LINKE-Plus) erleichtert darüber, dass der fortschreitende Verfall der Villa Berg jetzt gestoppt und die Villa für eine öffentliche Nutzung zugänglich gemacht werden kann. Der besondere Dank seiner Fraktionsgemeinschaft gelte den Bürgerinitiativen, wie Occupy Villa Berg, die sich für eine nachhaltige Lösung eingesetzt haben. Aus Sicht von SÖS-LINKE-PluS eröffne sich hier ein ausgezeichneter Standort für ein nicht kommerzielles kommunales Kino als weiterer Baustein im "Medien-Osten" mit seinen bereits mehr als 80 Unternehmen aus der Medien- und Kreativwirtschaft. Seine Fraktionsgemeinschaft sei überzeugt, dass die Bürgerbeteiligung für die Nachnutzung eine sehr gute Lösung hervorbringen wird.

Dass die Villa Berg nach der Nutzung durch den SDR bzw. den SWR zum "Spekulationsobjekt von Immobilieninvestoren" wurde, sei alles andere als rühmlich. Dass die Stadt keine rechtliche Handhabe besessen habe, um den kalkulierten Substanzschaden an der kulturhistorisch bedeutsamen Villa Berg durch die PDI zu unterbinden, bleibe aus Sicht seiner Fraktionsgemeinschaft zumindest fragwürdig, so StR Ozasek.

"Friss oder stirb" laute die Botschaft der Verwaltung am Ende der Verhandlungen. Diese alternativlose Logik lasse seine Fraktionsgemeinschaft nicht unwidersprochen stehen.

Der Verkauf des Betriebshofgeländes Sickstraße an die PDI, noch dazu unter Verzicht auf die Anwendung von SIM mit der Verpflichtung zur Schaffung von gefördertem Wohnraum, konterkariere die Absichtserklärungen der Stadt zur Durchsetzung von Gemeinwohlinteressen gegenüber den Bauträgern und schaffe einen aus Sicht seiner Fraktionsgemeinschaft problematischen Präzedenzfall, mit dem Investoren künftig die Stadt unter Druck setzen könnten. Zudem erhalte die PDI ein maßgeschneidertes Baurecht für hochpreisige Eigentumswohnungen unmittelbar am Park. Die "leistungslose Rendite" der PDI sei aus Sicht von SÖS-LINKE-PluS mit dem Kaufpreis für die Villa und die Sendestudios an sich und der Tiefgaragenentschädigung schon "mehr als gut bedient".

Dass dem Garten-, Friedhofs- und Forstamt ein Betriebshofstandort verloren gehe, der ein guter Standort gewesen sei, sei aus Sicht seiner Fraktionsgemeinschaft ein fragwürdiger Vorgang. Außerdem habe die Verwaltung bis jetzt keine Vorlage über die Neuordnung der Betriebshöfe vorgelegt.

Der Grundsatzbeschluss habe den Abriss der Sendestudios beinhaltet. Seither habe sich jedoch die Gesamtschau über die Raumbedarfe von Kulturschaffenden verändert. Nach Meinung seiner Fraktionsgemeinschaft dürfe der Investor dem Gemeinderat in einem Vertrag nicht den vollständigen Abriss der Studios diktieren. Vor dem Hintergrund um fehlende Räume für Kunst und Kultur wünsche sich seine Fraktionsgemeinschaft eine erneute Diskussion im Gemeinderat. Aus Sicht von SÖS-LINKE-PluS wären der Erhalt und die Ertüchtigung zumindest der unterirdischen Räume bei gleichzeitiger Wiederherstellung des Parks oberirdisch eine innovative Variante, die zumindest geprüft werden sollte.

Seine Fraktionsgemeinschaft beantrage daher getrennte Abstimmung über die Ziffern 1.3, 1.4 und 1.7 des Beschlussantrags, um deutlich zu unterstreichen, dass das Verhandlungsergebnis mit der PDI bei diesen Punkten als nicht akzeptabel erachtet wird. Eine Gesamtabstimmung über den Beschlussantrag solle am Ende ebenfalls durchgeführt werden.

Ihre Fraktion werde dem ausgehandelten Kompromiss zustimmen und ihn grundsätzlich mittragen, erklärt StRin von Stein (FW). Um die Villa Berg, deren Zustand heute schon schlecht sei, rasch in Besitz nehmen zu können, sei das Nachgeben bei SIM notwendig gewesen. Sie erinnert daran, dass vor 60 Jahren dem SDR für dessen Zwecke Grundstücke im Park zugestanden wurden. Dass die Stadt nach der Insolvenz des ursprünglichen Käufers der Villa Berg und dem daraufhin erfolgten Weiterverkauf aus der Insolvenzmasse jetzt den Zugriff habe, gehöre zum Wirtschaftsleben dazu, so die Stadträtin. Sie hoffe jetzt, dass die Stadt gut ermitteln könne, was an Renovierungs- und Sanierungsaufgaben zu leisten sein wird.




Für StRin von Stein ist es wichtig, dass vor dem Einstieg in die Bürgerbeteiligung klar dargelegt wird, was an Ideen möglich sei im Rahmen dessen, dass viele Elemente der Villa unter Denkmalschutz stehen und der Denkmalschutz auch nicht zur Disposition stehe. Sie gehe davon aus, dass dieses beachtet wird und dass die Bürgerbeteiligung eine gute und für alle tragfähige Empfehlung ergeben wird.

StR Prof. Dr. Maier (AfD) beglückwünscht namens seiner Fraktion OB Kuhn und den Ersten Bürgermeister für die erfolgreiche Verhandlungsführung. Mit der Übernahme der Villa Berg durch die Stadt sei ein lange gehegter Wunsch der allermeisten Stuttgarterinnen und Stuttgarter in Erfüllung gegangen. Seine Fraktion werde der Vorlage zustimmen, würde sich aber wünschen, dass eine möglichst breite Beteiligung für das künftige Nutzungskonzept ermöglicht und durchgeführt wird.

StR Dr. Oechsner (FDP) kündigt die Zustimmung der FDP zur Vorlage an. Man freue sich über das Verhandlungsergebnis; die jetzt zu beschließende Variante sei aus Sicht der FDP die beste. Positiv werde es in der FDP auch gesehen, dass die Vorlage zeige, dass SIM auch flexibel mit anderen Flächen eingesetzt werden könne. Dies könnte vielleicht auch als Beispiel für andere Bauprojekte dienen.

StR Dr. Schertlen (STd) zeigt sich ebenfalls erfreut, dass die Villa Berg wieder in den Besitz der Stadt kommt. Bedauerlich sei es, dass SIM auf den Ersatzflächen für den Investor nicht zum Tragen komme. Der Stadtrat plädiert dafür, den Abriss der Sendestudios nochmals zu überdenken. Er würde es sehr begrüßen, wenn für die nächsten fünf Jahre für die Sendestudios eine Zwischennutzung ermöglicht würde. Außerdem wünsche er sich, dass die Bürgerbeteiligung breit und umfangreich gestaltet und insbesondere die Initiative Occupy Villa Berg mit berücksichtigt wird. Der Vorlage stimme er zu.

Wenn es gelinge, die Villa einer guten Nutzung zuzuführen und den Park der Stadt zurückzugeben und dadurch eine Fehlentwicklung bei einem Park, der auch eine historische Bedeutung habe, zu korrigieren, wäre er sehr glücklich, bemerkt OB Kuhn.

Zur Bürgerbeteiligung legt der Vorsitzende dar, dass selbstverständlich eine informelle Bürgerbeteiligung zur Frage, was die richtige Nutzungsform ist, vorgesehen sei. Es werde so vorgegangen, dass am Anfang ganz klar sei, über was entschieden werden könne und worüber nicht. Eine Rahmenbedingung werde der Denkmalschutz sein. Ansonsten solle die Bevölkerung hinsichtlich der Nutzung vorbereitend tätig sein. In die Bürgerbeteiligung werde auch die Frage einbezogen, wie der Park gestaltet werden solle. Die Alternativen (rein historisierend, wie er nach der Vorstellung wahrscheinlich früher war, oder verbunden mit modernen Elementen zeitgenössischer Parkkultur) könnten erörtert und diskutiert werden. Die Verwaltung wolle auch die benötigten Mittel im Haushaltsplanentwurf darstellen.

Auf Wunsch der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS lässt OB Kuhn über die einzelnen Ziffern der Beschlussantragsziffer 1 der GRDrs 527/2015 getrennt abstimmen und stellt folgende Abstimmungsergebnisse fest:


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