Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
910/2012
GZ:
OB 9318
Sitzungstermin: 20.12.2012
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:Herr Blumenschein (RPA)
Protokollführung: Frau Sabbagh
Betreff: 1. Bericht der Stadtkämmerei zum Jahresabschluss 2011 (LHS)
2. Schlussbericht des RPA über die Prüfung des Jahresabschlusses 2011 (LHS)
3. Feststellung des Jahresabschlusses 2011 (LHS)

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 19.12.2012, öffentlich, Nr. 452

Ergebnis: Vorberatung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 06.12.2012, GRDrs 910/2012, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Vom Bericht der Stadtkämmerei zum Jahresabschluss 2011 der Landeshauptstadt Stuttgart wird Kenntnis genommen (§95 GemO).

2. Vom Schlussbericht des Rechnungsprüfungsamts (RPA) über die Prüfung des Jahresabschlusses 2011 der Landeshauptstadt Stuttgart wird Kenntnis genommen (§110 Abs. 2 GemO).

3. Der Jahresabschluss 2011 der Landeshauptstadt Stuttgart wird wie folgt festgestellt (§ 95b Abs. 1 GemO):


3.1 Jahresabschluss 2011 - Gesamtergebnisrechnung/-verwendung:
Einzahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit 2.330.724.308,08EUR
Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit-1.933.034.907,22EUR
Zahlungsmittelüberschuss aus laufender Verwaltungstätigkeit 397.689.400,86EUR
Einzahlungen aus Investitionstätigkeit 153.441.021,12EUR
Auszahlungen aus Investitionstätigkeit -226.800.772,26EUR
Saldo aus Investitionstätigkeit -73.359.751,14EUR
Finanzierungsmittelüberschuss 324.329.649,72EUR
Einzahlungen aus der Aufnahme von Krediten und inneren Darlehen für Investitionen 0,00EUR
Auszahlungen für die Tilgung von Krediten und inneren Darlehen für Investitionen -15.299.026,79EUR
Saldo aus Finanzierungstätigkeit -15.299.026,79EUR
Änderung Finanzierungsmittelbestand 309.030.622,93EUR


PASSIVA
01.01.2011
31.12.2011
EURO
EURO
1.Kapitalposition
6.197.869.311,84
6.417.560.142,08
1.1Basiskapital
5.762.732.909,19
5.755.388.592,20
davon Stiftungskapital
56.276.904,33
57.319.426,93
1.2Rücklagen
435.136.402,65
662.171.549,88
1.2.1Rücklage aus Überschüssen des ordentl. Erg.
173.265.064,32
234.973.035,19
1.2.2Rücklage aus Überschüssen des Sondererg.
17.061.109,75
78.399.850,62
1.2.3Zweckgebundene Rücklagen
244.810.228,58
348.798.664,07
2. Sonderposten
1.019.894.348,82
1.017.496.678,60
2.1für Investitionszuweisungen
546.406.776,49
567.298.109,42
2.2für Investitionsbeiträge
467.948.282,33
442.296.260,91
2.3für Sonstiges
5.539.290,00
7.902.308,27
3.Rückstellungen
288.716.298,81
322.559.182,67
3.1Altersteilzeitrückstellung
11.051.768,91
9.322.305,02
3.2Unterhaltsvorschussrückstellung
2.800.000,00
2.500.000,00
3.3Stilllegungs- und Nachsorgerückstellung
19.561.588,79
19.558.685,19
3.4Altlastensanierungsrückstellung
57.260.752,99
52.716.179,80
3.5Rückst. für drohende Verpfl. aus anh.Gerichtsverf.
609.300,00
1.301.128,49
3.6Sonstige Rückstellungen
197.432.888,12
237.160.884,17
4. Verbindlichkeiten
230.894.596,22
212.384.760,94
4.1Verbindlichkeiten aus Kreditaufnahmen
62.379.886,34
47.080.859,55
4.2Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
5.578.934,30
3.762.057,96
4.3Verbindlichkeiten aus Transferleistungen
29.117,71
7.184,46
4.4Sonstige Verbindlichkeiten
162.906.657,87
161.534.658,97
5. Passive Rechnungsabgrenzungsposten
76.731.785,75
76.209.705,63
Bilanzsumme
7.814.106.341,44
8.046.210.469,92
Zunächst stellt Herr Blumenschein den Schlussbericht vor (nachfolgend im leicht überarbeiteten Wortlaut):

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr verehrte Damen und Herren des Gemeinderats, nach § 110 der Gemeindeordnung hat das Rechnungsprüfungsamt den Jahresabschluss vor der Feststellung durch den Gemeinderat zu prüfen und seine Bemerkungen in einem Schlussbericht zusammenzufassen. Dieser Bericht liegt Ihnen vor.

Die Finanzsituation der Landeshauptstadt Stuttgart war im Haushaltsjahr 2011 wiederum außerordentlich gut. So schloss die Gesamtergebnisrechnung nach Berücksichtigung unserer Prüfungsfeststellungen mit einem Jahresüberschuss von 242,5 Mio. € ab, während noch im Nachtragshaushaltsplan von einem Jahresüberschuss von nur 71,5 Mio. € ausgegangen wurde. Dieses sehr gute Ergebnis resultiert in erster Linie aus deutlich über den Planansätzen liegenden Steuereinnahmen und Landeszuweisungen, die der Liquidität der Stadt zugutekamen. So konnte der nicht gedeckte Aufwand für Investitionstätigkeit und die Tilgung von Krediten vollständig aus dem Zahlungsmittelüberschuss der laufenden Verwaltungstätigkeit in Höhe von 397,7 Mio. € gedeckt werden. Auf Kreditaufnahmen konnte vollständig verzichtet werden. Die Kreditschulden des Stadthaushaltes verringerten sich um 15,3 Mio. € auf 47,1 Mio. €. Unter Berücksichtigung der Eigenbetriebe ergaben sich, ohne die Darlehen der Stadt an die Eigenbetriebe, Gesamtkreditverbindlichkeiten der Stadt in Höhe von 433,3 Mio. €. Durch den Beschluss des Gemeinderats vom 19. Juli 2012 wurde ein Betrag von insgesamt 288,5 Mio. € als investiver Budgetrest ins Haushaltsjahr 2012 übertragen. Das sind 67 % des für das Jahr 2011 festgelegten Haushaltsansatzes für Investitionen. Davon entfallen 208 Mio. € auf Baumaßnahmen. Zum Vergleich: Aus dem Haushaltsjahr 2010 wurden bereits 275,7 Mio. € an investiven Haushaltsresten ins Folgejahr übertragen. Die investiven Haushaltsreste liegen damit auf einer Rekordhöhe. Ein Punkt, den wir seit langem thematisieren.

Ich gehe nun auf die wesentlichen Prüfungsfeststellungen zur Rechnungslegung ein. Wir mussten feststellen, dass im vorläufigen Jahresabschluss Rücklagen unzulässigerweise ergebniswirksam verbucht wurden. Unsere Feststellung hat, nachdem sie von der Stadtkämmerei strittig gestellt worden war, die Gemeindeprüfungsanstalt bestätigt. Nach Korrektur des Jahresergebnisses durch die Stadtkämmerei verbesserte sich das Ergebnis um 118,9 Mio. €.

Ein noch offener Dissens zwischen der Stadtkämmerei und uns besteht zu zwei wesentlichen Feststellungen aus der Prüfung der Eröffnungsbilanz und dem Jahresabschluss 2010, und zwar zu den Wertansätzen bei Beteiligungen und Eigenbetrieben sowie zur Bildung einer Wahlrückstellung zu eingegangenen Verpflichtungen des Ergebnishaushalts. Hier vertritt die Gemeindeprüfungsanstalt ebenfalls unsere Meinung. Die Entscheidung der hierzu von Referat WFB angerufenen Rechtsaufsichtsbehörde steht jedoch weiterhin aus. Bis dahin wird die Vorgehensweise der Stadtkämmerei vom Regierungspräsidium geduldet.

Nun zu den wesentlichen Einzelbemerkungen aus der Verwaltungsprüfung. Unsere Prüfungen haben hier zu Erfolgen in Höhe von 2,9 Mio. € geführt.

Teilhaushalt 150 - Bezirksämter
Im Zusammenhang mit einer Kassenprüfung, die als Folge eines Bargelddiebstahls durchgeführt wurde, haben wir auf Unklarheiten hinsichtlich des Tagesabschlusses in den Dienstanweisungen für die Zahlstelle der Standesämter und der Bürgerinformation bei den Bezirksämtern hingewiesen. Die Stadtkämmerei hat zugesagt, die Dienstanweisungen zu präzisieren.

Teilhaushalt 370 - Branddirektion
Der Feuerwehr mit ihrer besonderen Stellung steht nur ein kleiner Kreis von spezialisierten Anbietern gegenüber. Dies kann zu einer monopolartigen Stellung der Anbieter führen. Von 66 größeren Vergaben von Beschaffungen und Instandsetzungen im Jahr 2010 hat die Branddirektion 46 freihändig vergeben, das heißt ohne Ausschreibung. Um eine höhere Transparenz zu gewährleisten und ggf. neuen Anbietern den Markt zu öffnen, haben wir empfohlen, vermehrt öffentlich auszuschreiben.

Ein anderer Punkt, aus der Abrechnung von Einnahmen der Notfallrettung und des Krankentransports der Jahre 2000 bis 2007 bestehen gegen einen früheren Vertragspartner Forderungen in Höhe von 650.000 €. Dieser macht eigene Forderungen von 80.000 € gegenüber der Stadt geltend. Die Überprüfung ist im Gange.

Teilhaushalt 400 - Schulverwaltungsamt
Wegen des Verdachts, städtische Gelder seien zu Privateinkäufen verwendet und Elternbeiträge zur Schulversicherung nicht weitergeleitet worden, hat uns das Schulverwaltungsamt Anfang 2012 gebeten, im Sekretariat einer Grund- und Hauptschule eine Kassenprüfung durchzuführen. Durch unsere Prüfung wurde der Verdacht bestätigt. Das Rechtsreferat hat gegen die Schulsekretärin Strafanzeige erstattet. Gleichzeitig haben wir dem Amt Vorschläge unterbreitet, wie das finanzielle Risiko im Sekretariatsbereich minimiert werden kann.

Teilhaushalt 510 - Jugendamt
Die Bemessung der Gebühren für die Benutzung von Kindergärten und Kindertageseinrichtungen richtet sich nach § 19 Kommunalabgabengesetz. Dem Gemeinderat muss bei der Festsetzung der Gebühr eine Gebührenbedarfsberechnung vorliegen, aus der die gebührenfähigen Kosten der Einrichtung hervorgehen. Bei der Beschlussfassung im Mai 2012 lag dem Gemeinderat jedoch keine Gebührenkalkulation vor, weshalb der Gebührenteil der Satzung nichtig sein dürfte. Wir haben empfohlen, die Gebührensatzung nochmals vom Gemeinderat beschließen zu lassen.

Teilhaushalt 660 - Tiefbauamt
Seit Oktober 2010 wird ein städtischer Parkplatz für ein Bauprojekt in Anspruch genommen, ohne dass der Stadt vom Bauträger eine Entschädigung für den Ausfall der Pachteinnahmen, die sich auf über 1 Mio. € belaufen, gezahlt wurde. Erst in diesem Monat erhielt die Stadt nun zumindest eine Abschlagszahlung.

Nun zu den Prüfungen im Bauwesen.

Die jährlich wiederkehrenden Prüfungen von Vergaben und von Abrechnungen haben hier im Jahr 2011 zu Prüfungserfolgen in Höhe von 3,8 Mio. € geführt. Hierzu zwei Beispiele.

Vergabeprüfung
Bei einer öffentlichen Ausschreibung von Maler- und Lackiererarbeiten mussten von 12 eingegangenen Angeboten die 6 günstigsten aus unterschiedlichen Gründen von der Wertung ausgeschlossen werden. Da das zur Vergabe vorgeschlagene 7. Angebot sowie alle weiteren unangemessen hohe Preise aufwiesen, haben wir vorgeschlagen, die Ausschreibung aufzuheben. Das daraufhin durchgeführte zweite Vergabeverfahren ergab eine Einsparung von 123.500 €.

Abrechnungsprüfung
Beim Neubau eines Streckenabschnitts der Stadtbahn verbrachte der Auftragnehmer wesentlich mehr Aushubmaterial auf ein Zwischenlager, als für die spätere Verfüllung notwendig war. In der Folge entstanden vermeidbare Mehrkosten in Höhe von 2 Mio. €. Wir legten dem Tiefbauamt, das von der SSB mit der Oberbauleitung beauftragt war, nahe, den Betrag beim Auftragnehmer zurückzufordern. Ein zwischenzeitlich geschlossener Vergleich zwischen der SSB und dem Auftragnehmer ließ nun allerdings eine Rückforderung nicht mehr zu. Da es sich um eine nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz geförderte Maßnahme handelt, haben wir darauf hingewiesen, dass daher unter Umständen es zur Rückforderung von Zuschüssen kommen kann.

Eigenbetriebe
Der vom Eigenbetrieb AWS mit einem Entsorgungsunternehmen geschlossene Entsorgungsvertrag verpflichtet die Stadt, bis zum Jahr 2024 jährlich eine feste Mindestmenge an Restabfällen abzuliefern. Bleibt sie darunter, bezahlt sie dennoch den dafür vereinbarten Preis. Eine vergleichbare Vereinbarung gibt es auch mit dem Zweckverband Restmüllheizkraftwerk Böblingen. Durch den steigenden Anteil verwertbaren Abfalls kann der AWS diese Mindestmengen jedoch nicht mehr anliefern. Die Situation dürfte sich durch das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz, das ebenfalls auf Vermeidung von Abfällen setzt, noch verschärfen. Der AWS prüft zwischenzeitlich, ob und inwieweit eine Änderung des Vertrages mit dem Entsorgungsunternehmen möglich ist. Wir empfehlen, auch die Möglichkeit eines Ausstiegs aus dem Zweckverband zu klären.

Zum Schluss noch ein Wort zur Korruptionsprävention. Hier konnte mittlerweile unter unserer Federführung eine städtische Dienstanweisung zum Sponsoring erlassen werden. An dieser Stelle herzlichen Dank an alle, die aktiv an ihrer Erstellung mitgewirkt haben.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister und meine Damen und Herren des Gemeinderats, viele Prüfungsfeststellungen wurden bereits im Jahresabschluss korrigiert. Die beiden Punkte, die von der Stadtkämmerei nicht korrigiert und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden sind, werden von dieser im vorliegenden Jahresabschluss geduldet, vorausgesetzt zukünftige Abschlüsse berücksichtigen die Entscheidung der Rechtsaufsicht. Unter dieser Maßgabe kann ich dem Gemeinderat empfehlen, den Jahresabschluss 2011 der Landeshauptstadt Stuttgart nach § 95 b Abs. 1 GemO festzustellen.

Ich danke allen, die zum Erstellen des Schlussberichts beigetragen haben, und Ihnen, Herr Oberbürgermeister und meine Damen und Herren des Gemeinderats, für die Unterstützung, die das Rechnungsprüfungsamt erfahren hat. Und nachdem dies unsere letzte gemeinsame Sitzung ist, danke ich Ihnen, Herr Oberbürgermeister, für Ihr Wohlwollen ganz besonders. Und vor allem auch dafür, dass Sie nie die Unabhängigkeit des Rechnungsprüfungsamts bei unserer Entscheidungsfindung infrage gestellt haben. Herzlichen Dank."

OB Dr. Schuster dankt Herrn Blumenschein und seinem Team für den Bericht und die überaus qualifizierte Arbeit. Dabei weist er auf die beiden Komponenten dieser Arbeit, die Kontrolle und die Prävention, hin.

Nachdem eine Aussprache vom Gemeinderat nicht gewünscht wird, stellt er abschließend fest:

Der Gemeinderat beschließt einstimmig wie beantragt.

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