Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Städtebau/Wohnen und Umwelt
Gz:
SWU
GRDrs
472/2021
Stuttgart,
09/15/2022
Prüfung der Klimarelevanz von Beschlussvorlagen
Beschlußvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Ausschuss für Klima und Umwelt
Gemeinderat
Ausschuss für Klima und Umwelt
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
30.09.2022
13.10.2022
28.10.2022
17.11.2022
Beschlußantrag:
1. Die Verwaltung stellt in städtischen Gemeinderatsdrucksachen mit klimarelevanten Beschlussanträgen, die Auswirkung auf das Klima in einem gesonderten Abschnitt dar.
Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1
Mit dem Beschluss „Weltklima in Not - Stuttgart handelt Aktionsprogramm Klimaschutz“ (GRDrs 975/2019) hat sich
der Gemeinderat der Stadt Stuttgart verpflichtet Maßnahmen zum Schutz des Klimas umzusetzen. Zukünftig sollen bei sämtlichen relevanten Beschlüssen die Auswirkungen auf das Klima durch den Gemeinderat berücksichtigt werden. Hierfür ist eine Prüfung der Beschlüsse hinsichtlich der Klimarelevanz notwendig. Das Ergebnis der Prüfung klimarelevanter Beschlussanträge soll innerhalb der Drucksache unter einem neuen Abschnitt aufgezeigt werden. Damit hat der Gemeinderat, zukünftig die Möglichkeit auch die Auswirkung auf das Klima in seinen Entscheidungsprozess mit aufzunehmen.
Grundsätzliches
Hauptziel der Prüfung ist es, die Auswirkungen der Beschlüsse des Gemeinderats auf das Klima im Entscheidungsprozess darzustellen. Weiter soll die Thematik innerhalb des Verwaltungshandelns einen höheren Stellenwert erhalten und gleichzeitig die Mitarbeitenden aller Ämter und Eigenbetriebe sensibilisiert werden.
Dies soll durch ein vereinheitlichtes, sachgerechtes und nachvollziehbares Prüfverfahren ermöglicht werden. Dabei werden die Prüfungen so aufgebaut, dass sie auf ohnehin, für die jeweilige Entscheidung bekannten Werte / Daten zurückgreifen und somit lediglich ein geringer Mehraufwand für die Verwaltung entsteht.
Die Stuttgarter Prüfung der Klimarelevanz von relevanten Beschlussvorlagen baut im Grundprinzip auf der vom Deutschen Institut für Urbanistik (DIFU) und dem Deutschen Städtetag (DST) erarbeiteten Orientierungshilfen zu diesem Thema auf. Außerdem greift es Ideen aus dem KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlichen Projekten) Projekt von „Klima Bündnis“ und dem Institut für Energie- und Umweltforschung (IFEU) auf.
Ziel ist es, bei allen Beschlussvorlagen mit energierelevanten Beschlüssen eine Quantifizierung der CO
2
-Emissionen zu erarbeiten. Ist eine Quantifizierung nicht möglich, so wird angegeben, ob die Maßnahme vom Grundsatz her eine positive oder negative Auswirkung auf das Klima hat.
Nach Ablauf eines Zeitraums von längstens zwei Jahren, erfolgt unter Einbeziehung der Erfahrungen aller relevanten Stakeholder innerhalb der Verwaltung eine Evaluation, die sowohl Zielerreichung und Methodik des Verfahrens betrifft, als auch verwaltungsinterne Aspekte wie Klimasensibilität der Mitarbeitenden, Umsetzungsdauer von Verfahren und finanzielle Gesichtspunkte beleuchtet.
Der Prüfprozess ersetzt keine bisherigen Anforderungen (z. B. Berücksichtigung CO
2
-Kosten) und tritt auch nicht in Konkurrenz zu anderen Umweltzielen.
Ziel der Landeshauptstadt Stuttgart ist es die Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, kurz: SDGs) der Agenda 2030 der Vereinten Nationen auf lokaler Ebene umzusetzen (GRDrs 206/2018).
Die Prüfung der Klimarelevanz deckt sich mit dieser Zielsetzung. Diese Prüfung schafft Voraussetzungen zur Steuerung und zur konkreten Umsetzung insbesondere des Nachhaltigkeitsziels SDG 13 „Maßnahmen zum Klimaschutz“. Perspektivisch kann dieses Instrument durch flankierende Maßnahmen der CO
2
-Reduktion und Kompensation erweitert werden.
Zuständigkeit der Prüfung
Die Begleitung der Einführung und Umsetzung des Vorhabens erfolgt durch das Amt für Umweltschutz. Das Amt für Umweltschutz erstellt in Abstimmung und unter Einbeziehung und fachlicher Expertise der Fachämter eine Berechnungsvorlage und stellt diese den Referaten zur Verfügung.
Die Zuständigkeit der eigentlichen Prüfung liegt bei dem für die Beschlussvorlage zuständigen Fachamt oder Eigenbetriebs und ist durch den Ersteller der Vorlage durchzuführen. Sollte das zuständige Fachamt oder Eigenbetrieb im Laufe der Prüfung auf Probleme stoßen, so steht das Amt für Umweltschutz unterstützend zur Seite.
Ablauf der Prüfung
Beschlussvorlagen mit potenziell klimarelevanten Beschlussanträgen, werden mit Hilfe einheitlicher Fragen wie etwa in Anlage 1 überprüft. Stellt sich bei einer dieser Fragen eine Klimarelevanz heraus, so ist die Klimaauswirkung zu quantifizieren.
Zur Berechnung der CO
2
-Emissionen von Maßnahmen werden vom Amt für Umweltschutz entsprechend des obigen Ansatzes Berechnungsvorlagen zur Verfügung gestellt. Der Ablaufplan ist in Bild 1 dargestellt.
Bild 1
Ablauf der Klimarelevanzprüfung
Aktuell liegen für folgende Bereiche Berechnungsgrundlagen vor (Anlage 2):
§
Gebäude Neubau
§
Vorprojektbeschluss / Investitionskostenzuschuss Hochbau
§
Fahrzeugbeschaffung
Die Berechnungsvorlagen werden so erstellt, dass die für die Bewertung notwendigen Daten, dem Fachamt oder Eigenbetrieb in aller Regel vorliegen. Damit wird sichergestellt, dass es aufgrund der Bewertung der Klimarelevanz zu keiner Verzögerung oder gar zu Mehrkosten kommt.
Aufgrund der Komplexität der Bewertung von Maßnahmen die die Mobilität betreffen, werden solche vorerst nicht betrachtet. Es werden zunächst die Ergebnisse aus dem Klimamobilitätsplan (Ende 2022) abgewartet und sofern möglich, ein Bewertungsansatz daraus erarbeitet.
Sollten für einzelne Maßnahmen den Fachämtern oder Eigenbetrieben die Daten bisher noch nicht in der notwendigen Form vorliegen, ist bei zukünftigen Projekten frühzeitig darauf zu achten und gegebenenfalls im Rahmen von Ausschreibungen oder Förderbekanntmachungen die jeweilige Information mit einzufordern.
Bei Fällen, die mit den zur Verfügung gestellten Berechnungsansätzen nicht quantifizierbar sind, ist „nicht quantifizierbar“ anzugeben. Bei Bedarf des Fachamts wird das Amt für Umweltschutz weitere Berechnungsvorlagen zur Quantifizierung erstellen.
Ermittlung der CO
2
-Emissionen
Für die Ermittlung der CO
2
-Emissionen wird auf die einheitlich in Stuttgart verwendeten Emissionsfaktoren der Energie- und Klimabilanzierung zurückgegriffen, eine Tabelle hierzu wird im Amt für Umweltschutz gepflegt (Anlage 3). Es wird die Änderung der jährlichen CO
2
-Emissionen aufgeführt.
Die Emissionsfaktoren werden mit dem für das Projekt zu erwarteten Änderungen im Energieverbrauch multipliziert. D.h. wird z.B. zusätzlich ein komplett neues Gebäude gebaut, so führt das zu einer Steigerung der CO
2
-Emissionen. Wird ein Gebäude saniert, so hat es zur Folge, dass die jährlichen CO
2
-Emissionen im Vergleich zum Status Quo sinken.
Es werden ausschließlich Emissionen aus dem „laufenden Betrieb“ der jeweiligen Maßnahmen betrachtet. Emissionen aufgrund der grauen Energie können aktuell nicht quantifiziert werden und sind somit auch nicht Bestandteil der Betrachtung.
Ausschreibungen zu Beschaffungen, die nicht im Zusammenhang mit einem Gesamtprojekt stehen, sind bezüglich ihrer Klimarelevanz zu quantifizieren. Für die Vergabeentscheidung ist keine erneute Quantifizierung durchzuführen.
Reduktionen der CO
2
-Emissionen aufgrund von Kompensationsmaßnahmen werden im Rahmen der Quantifizierung nicht berücksichtigt.
Im Folgenden sind Beispiele für die Ermittlung der Klimarelevanz für verschiedenen Bereiche dargestellt (siehe Anlage 3 für detaillierte Berechnungen):
§
Hochbaumaßnahme (zum Zeitpunkt Vorprojektbeschluss):
Anhand von spezifischen Energieverbrauchskennwerten, abhängig von Gebäudetyp (Art der Nutzung) und einer ersten Schätzung für die Nutzfläche (Nettogrundfläche) wird ein Energiebedarf ermittelt, der mit dem CO
2
-Emissionsfaktor des schlechtesten zu erwartenden Energieträger multipliziert wird.
§
Hochbaumaßnahme (zum Zeitpunkt Baubeschluss):
Anhand der Endenergiekennwerte aus dem Energetischen Datenblatt sowie den städtischen CO
2
-Emissionsfaktoren werden die jährlichen CO
2
-Emissionen berechnet (Zu diesem Zeitpunkt erfolgt eine abschließende Ermittlung der jährlichen CO
2
-Emissionen ohne der Möglichkeit auf das Projekt einzuwirken).
§
Fahrzeugbeschaffung (sofern sie relevant für eine Beschlussvorlage sind):
Durchschnittlicher Verbrauch, geplante jährliche km Laufleistung und Emissionsfaktor Energieträger werden miteinander multipliziert.
Bei Sammelvorlagen (Vorlagen in denen mehrere Maßnahmen, z.B. Veranstaltungen in einer Vorlage beschlossen werden) sind die Maßnahmen einzeln zu bewerten. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird nur die Summe aller Auswirkungen auf der Sitzungsvorlage aufgeführt.
Mögliche zukünftige Darstellung in klimarelevanten Beschlussvorlagen des Gemeinderats
Für alle klimarelevanten Beschlussvorlagen wird ein Abschnitt über die Klimarelevanz verpflichtend. Dabei werden folgende vorgegebene Textbausteine verwendet:
§
Der Beschlussantrag führt zu einer Zunahme um […] Tonnen CO
2-
Emmissionen pro Jahr. ODER
§
Der Beschlussantrag führt zu einer Abnahme um […] Tonnen CO
2-
Emmissionen pro Jahr. ODER
§
Die Auswirkungen des Beschlussantrags auf das Klima sind nicht quantifizierbar.
Darüber hinaus haben die Ämter und Eigenbetriebe die Möglichkeit vertieft, erklärend und argumentativ auf die Bewertung einzugehen.
Finanzielle Auswirkungen
Es entstehen der Stadt Stuttgart zum heutigen Zeitpunkt keine zusätzlichen finanziellen Auswirkungen. Das Bewertungssystem wurde so aufgebaut, dass auf ohnehin bekannte Daten zurückgegriffen wird.
Im Rahmen des Aktionsprogramms Klimaschutz wurde bereits zum Stellenplan 2020 eine Stelle für die CO
2
-Bewertung und Bilanzierung beim Amt für Umweltschutz geschaffen.
Beteiligte Stellen
Referate AKR, WFB, SOS, JB, SI, T
Vorliegende Anträge/Anfragen
Keine
Erledigte Anträge/Anfragen
Keine
Peter Pätzold
Bürgermeister
Anlagen
Anlage 1: Fragen zur Klimarelevanzprüfung
Anlage 2: Emissionsfaktoren
Anlage 3: Beispielberechnungen
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