Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 656/2017
Stuttgart,
07/04/2017



Cross-Border-Lease-Transaktion Kanalnetz
Austausch des Fremdkapital-Erfüllungsübernehmers




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
19.07.2017
26.07.2017
26.07.2017



Beschlußantrag:

Der Übertragung der Zahlungsverpflichtung des Fremdkapital-Erfüllungsübernehmers im Rahmen der Cross-Border-Lease-Transaktion Kanalnetz vom 20. Dezember 2002 von der Portigon AG auf die Deutsche Bank AG wird zugestimmt.



Begründung:


Vorbemerkung

Die LHS hat im Bereich der Abwasserreinigung zwei Cross-Border-Lease-Transaktionen in der Vergangenheit abgeschlossen:

- Im Jahr 1999 wurde zunächst die Transaktion über die Klärwerke abgeschlossen, die unter weitgehender Beibehaltung des Barwertvorteils im Jahr 2009 vorzeitig beendet wurde.

- Der Gemeinderat hat auf der Grundlage der GRDrs 735/2002 am 19. September 2002 der weiteren Cross-Border-Lease-Transaktion (nachfolgend „Transaktion“) über das Kanalnetz zugestimmt. Mit der GRDrs 197/2003 wurden die Ausschüsse und der Gemeinderat über den Abschluss der Transaktion informiert.

Alle Parteien der Transaktion erfüllen ihre Zahlungspflichten und alle weiteren Vereinbarungen vertragskonform. Die Verwaltung prüft aufmerksam Möglichkeiten, die Transaktion insgesamt durch eine einvernehmliche Aufhebungsvereinbarung mit den Transaktionsparteien vorzeitig zu beenden. Allerdings hat der US-Investor John Hancock hieran derzeit kein Interesse.

Fremdkapital-Erfüllungsübernehmer für das B-Darlehen

Bei Abschluss der Transaktion fungierte die WestLB AG, Zweigniederlassung London, unter einem bilateralen Vertrag mit der LHS als Fremdkapital-Erfüllungsübernehmer (nachfolgend „Erfüllungsübernehmer“) für das Darlehen der Bayerischen Landesbank („BayernLB“). Würde der Erfüllungsübernehmer seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, würden diese Verbindlichkeiten auf die LHS übergehen.

Die WestLB erhielt damals rund US$ 46 Mio. von der LHS und verpflichtete sich, als Gegenleistung bis zum 2. Januar 2031 sieben vertraglich festgelegte Zahlungen an die LHS oder einen von dieser benannten Dritten (hier die BayernLB) zu leisten. Wirtschaftlich führen diese Zahlungen das B-Darlehen der BayernLB zurück. Bislang erfolgten alle Zahlungen vertragsgemäß, so dass noch eine letzte Zahlung in Höhe von rund US$ 67 Mio. am 2. Januar 2031 aussteht. Bei dem im Jahre 2002 vertraglich vereinbarten Zinssatz von 6,75 % beträgt der derzeitige abgezinste Wert dieser Zahlungsverpflichtung rund US$ 28 Mio.


Bankenrechtliche Abwicklung der WestLB

Aus der Finanzkrise ergaben sich für die WestLB sehr hohe finanzielle Belastungen, die dazu führten, dass die Bank nach Vorgaben der EU-Kommission abgewickelt werden muss. Die Abwicklung erfolgt über die Portigon AG, die Erste Abwicklungsanstalt („EAA“) und die Landesbank Hessen-Thüringen. Dabei hat die Portigon AG die Aufgaben der WestLB als Erfüllungsübernehmer des B-Darlehens der BayernLB übernommen.

Die Portigon AG hat am 2. Juli 2012 die bankgeschäftlichen Aktivitäten aufgegeben und hat die Aufgabe, den weiteren Rückbau der ehemaligen WestLB gemäß den Vorgaben der EU-Kommission sicherzustellen. Der weitere Abbau der Bilanz und die Schließung von Standorten sind die wesentlichen Aufgaben der Portigon AG.

Die Zahlung, welche die Portigon AG im Jahr 2031 im Rahmen der Transaktion zu leisten hat, ist nicht durch die sogenannte Gewährträgerhaftung des Landes Nordrhein-Westfalen und die NRW.Bank gedeckt. Die Tatsache, dass sich die Portigon AG nun in Abwicklung befindet und das gesamte Unternehmen privatisiert oder einzelne Positionen veräußert werden könnten, wirkt sich risikoerhöhend aus, obgleich auch eine in Abwicklung befindliche Aktiengesellschaft gesetzlich gehalten ist, ihren Verbindlichkeiten unverändert nachzukommen (vgl. §§ 264 ff. Aktiengesetz).

Die transaktionsgegenständliche Zahlung ist daher vom Ausfallrisiko der Portigon AG und durch eine mögliche Veräußerung des Unternehmens gekennzeichnet. Eine Übertragung der Zahlungsverpflichtung von der Portigon AG auf ein anderes Finanzinstitut ist aus Sicht der LHS sinnvoll. Stellt das übernehmende Finanzinstitut ab einer gewissen Bonitätsschwelle zusätzlich Sicherheiten zugunsten der LHS, verbessert sich die Risikoposition der LHS gegenüber der derzeitigen Konstellation.


Austausch des Erfüllungsübernehmers

Die Portigon AG ist aufgrund der Entscheidung der EU-Kommission verpflichtet, sofern möglich alle Risikoaktiva und -passiva zu veräußern oder auf die EAA zu übertragen, um damit die Bilanz zu verkürzen und die Banklizenzen zurückzugeben. Die Portigon AG legte dar, dass die Übertragung der Zahlungsverpflichtung auf die EAA aus steuerlichen und regulatorischen Gründen nicht möglich sei und vor diesem Hintergrund daher nur eine Übertragung ihrer Rolle als Erfüllungsübernehmer auf ein anderes Finanzinstitut in Betracht käme.

Eine Übertragung erfolgt im Wege der Vertragsübernahme, so dass alle Rechte und Pflichten unter der Erfüllungsübernahme, insbesondere die Verpflichtung zur letzten regulären Zahlung im Jahre 2031 in Höhe von rund US$ 67 Mio., auf das in die Rolle des Erfüllungsübernehmers eintretende Finanzinstitut übergehen.

Im vergangenen Jahr hatte zunächst die Deutsche Bank AG Interesse an der Übernahme der Zahlungsverpflichtung signalisiert. Die Verwaltung hatte zusätzlich auch bei der LBBW angefragt, ob grundsätzliche Bereitschaft zur Übernahme der Rolle als Erfüllungsübernehmer besteht. Nach Prüfung der Unterlagen hatte die LBBW der LHS mitgeteilt, dass sie die Erfüllungsübernahme von der Portigon AG im Grundsatz übernehmen würde.

Zur weiteren Verbesserung der Risikostruktur für die LHS wurde mit den beiden Instituten über die zusätzliche Stellung von Sicherheiten gesprochen. Die LBBW lehnte jedoch die Stellung von Sicherheiten grundsätzlich ab. Aufgrund der Umsetzung von regulativen Vorschriften entstünden der Bank zusätzliche Kosten, welche die nach Auffassung der LBBW ohnehin geringe Marge bei einer Übernahme der Zahlungsverpflichtung übersteigen würden.

Insoweit wurde ausschließlich mit der Deutschen Bank AG weiterverhandelt. Zur Absicherung ihrer Zahlungsverpflichtung im Jahr 2031 in Höhe von rund US$ 67 Mio. verpflichtet sich die Deutsche Bank in der Erfüllungsübernahme für den Fall und für den Zeitraum, in dem das Kreditrating (Long Term Deposit Rating) der Deutschen Bank unter Investment Grade (d.h. vier Stufen unter dem heutigen Rating) fallen sollte, der LHS Sicherheiten in der Form von Bankgarantien oder an die LHS verpfändeten Wertpapieren bzw. Kontoguthaben zu stellen, jeweils in Höhe der zu diesem Zeitpunkt noch ausstehenden Verbindlichkeiten der Deutschen Bank. Die Deutsche Bank weist nach Moody´s - einer der führenden Ratingagenturen - derzeit ein Long Term Deposit Rating von A3 auf. Die vertraglich zu vereinbarende Stellung von Sicherheiten im Falle einer Rating-Herabstufung stellt gegenüber der derzeitigen Situation eine wesentliche Verbesserung der Risikoposition der LHS dar.


Wirtschaftliche Beurteilung

Das Angebot der Deutschen Bank wurde wirtschaftlich und rechtlich geprüft. Aufgrund der bedingten Stellung von Sicherheiten bei ansonsten unveränderten Vertragsbedingungen empfiehlt die Verwaltung das Angebot der Deutschen Bank anzunehmen.

Im Hinblick auf die Höhe der Zahlungsverpflichtung und den Zeitpunkt der durch die Deutsche Banj zu leistenden Zahlungen ergeben sich keine Veränderungen im Vergleich zu der Erfüllungsübernahme durch die Portigon AG. Unterschiede bestehen hingegen in der Risikobeurteilung. Die Übertragung der Zahlungsverpflichtung auf die Deutsche Bank verbessert insbesondere durch die ab einer bestimmten Bonitätsverschlechterung der Deutschen Bank zu stellenden Sicherheiten die Risikosituation der LHS.





Die mit der Deutschen Bank vereinbarte Absicherung der Zahlungsverpflichtungen stellt für die LHS eine qualitative Verbesserung gegenüber der derzeitigen Situation dar. Die Verwaltung empfiehlt daher, dem Austausch des Erfüllungsübernehmers zuzustimmen.

Mit der Portigon AG wurde die Übernahme der Kosten der rechtlichen und wirtschaftlichen Beratung der LHS vereinbart. Die Portigon AG übernimmt die Beraterhonorare einschließlich der gesetzlichen Umsatzsteuer bis zu einem Höchstbetrag von € 178.500. Davon ausgehend, dass das Budget für die Beraterhonorare ausreicht, ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen.


Genehmigungserfordernisse

Die Übertragung der Zahlungsverpflichtung der Portigon AG auf ein anderes Finanzinstitut ist ausschließlich von der Zustimmung der LHS abhängig. Eine Zustimmung weiterer Parteien der Transaktion ist nicht erforderlich.

Die Transaktion wurde im Jahr 2002 durch das Regierungspräsidium Stuttgart genehmigt. Der Austritt der Portigon AG und der Eintritt der Deutschen Bank in die Erfüllungsübernahme bedarf – als Austausch einer Vertragspartei – nach § 88 Abs. 3 GemO BW einer ergänzenden Genehmigung durch das Regierungspräsidium Stuttgart. Da sich durch den Austausch der Vertragspartei und die bedingte Stellung von Sicherheiten die Risikoposition der LHS verbessert, ist davon auszugehen, dass das Regierungspräsidium Stuttgart den Austausch genehmigen wird.







Michael Föll
Erster Bürgermeister




Finanzielle Auswirkungen



Vorliegende Anträge/Anfragen

keine






Anlagen

Ausführliche Begründung



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