Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
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GZ:
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Sitzungstermin: 17.10.2013
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:Roberta Walser, Marcel Wolf (beide Jugendrat)
Protokollführung: Frau Sabbagh
Betreff: Bericht des Jugendrats

Wie vereinbart berichten die beiden Mitglieder des Jugendrats, Roberta Walser und Marcel Wolf, dem Gemeinderat über ihre Arbeit. Die dabei gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


Zunächst bedanken sie sich für die Möglichkeit, vor dem Gemeinderat über den Jugendrat zu berichten.

Frau Walser ist 18 Jahre alt und seit vier Jahren Mitglied des Jugendrats Stuttgart-Ost, seit zwei Jahren Sprecherin des gesamtstädtischen Jugendrats. Ihr macht es Spaß, sich politisch zu engagieren, etwas zu verändern und selbst aktiv zu werden, statt nur zu klagen. Herr Wolf ist 20 Jahre alt und seit vier Jahren im Jugendrat Stuttgart-West. Seine Motivation beruht darauf, dass er sich für seine Stadt interessiert und die Erfahrung gemacht hat, dass man auf kommunaler Ebene ziemlich viel für junge Menschen bewegen kann. Als Beispiele nennt er Sportplätze und den Nachtverkehr.

Zur Geschichte des Stuttgarter Jugendrats führt er aus, erstmals seien 1995 in vier Stadtbezirken Jugendräte gewählt worden. Seitdem hätten acht weitere Jugendratswahlen stattgefunden, es seien zehn Jugendforen in Stadtbezirken und drei Jugendhearings veranstaltet worden. Aktuell gebe es in 20 Stadtbezirken Jugendräte. Durch die Entscheidung des Gemeinderats könne der Jugendrat nun auch Anträge an die Verwaltung stellen und während der Gemeinderatssitzungen anwesend sein. Diese Chance wollten sie in ihrer verbleibenden Amtszeit nutzen und sie gingen davon aus, dass auch ihre Nachfolger dies erfolgreich fortsetzen werden.

Anschließend stellen Frau Walser und Herr Wolf einige der zahlreichen Projekte des Jugendrats 2012 bis 2014 anhand der Präsentation vor (nachstehend im redigierten Wortlaut):

Roberta Walser:

"Wir treffen uns nicht nur, sondern haben auch schon einiges durchgesetzt. Deshalb hier ein paar Beispiele. Das erste war die Nachtverkehrsaktion im März dieses Jahres ab 22:00 Uhr in der Innenstadt. Wir haben uns getroffen, um Werbung zu machen für die Nachtbusse, die ja donnerstags auch fahren, und vor allem auch für die Nacht-S-Bahnen, die ja jetzt neu auch die ganze Nacht durch fahren. Dabei haben wir Kondome unter dem doppeldeutigen Wort Nachtverkehr verteilt und dazu einen Flyer mit den Abfahrtszeiten der Nachtbusse. Uns als Jugendrat waren die guten Nachtverbindungen schon immer wichtig. Und wir sehen uns durch die Entscheidung des Gemeinderats darin ja auch bestätigt.

Das nächste Projekt betrifft den öffentlichen Raum. Zum Beispiel hat sich die Projektgruppe Mitte engagiert, das Areal hinter dem Züblin-Parkhaus neu zu gestalten, und Planungs- und Beteiligungs-Workshops ins Leben gerufen, damit Jugendliche ihre Ideen zur Nutzung einbringen können. Diese Ideen sind dann auch beim Bezirksbeirat angekommen und in die Nutzung eingeflossen. Die Bauarbeiten starten im nächsten Frühjahr.

Unsere nächste Idee ist der Pfandring, der am Mülleimer angebracht wird, um Personen, die darauf angewiesen sind, das Flaschensammeln zu erleichtern. So entsteht auch weniger Flaschenmüll. Wir finden das eine sehr gute Idee und werden da weiter dranbleiben.

Das nächste ist das Thema Sport. Wir engagieren uns immer dafür, dass Jugendliche in ihrer Freizeit Möglichkeiten bekommen und die auch ausüben können, wenn die Stadt da mal was verändert, wie z. B. bei der Skate-Halle in Bad Cannstatt, am Cannstatter Wasen, die durch die Neubebauung des NeckarPark-Areals nun abgerissen wird. So hat der Jugendrat aber eine Alternative gefunden, die am Cannstatter Bahnhof neben dem Jugendhaus Cann jetzt gebaut wird.

Wir veranstalten aber auch Events oder Bandfestivals für Jugendliche. Zum Beispiel hat der Jugendrat Stuttgart-Ost jetzt schon das zweite Mal in Kooperation mit der Hip-Hop-Gemeinschaft ReimDaHeim ein Bandfestival veranstaltet, ist dann mit denen gemeinsam bei der Langen Ost-Nacht aufgetreten, hat Getränke verkauft und ein kleines Konzert mit verschiedenen Rappern und Hip-Hop-Künstlern gegeben.

Und wir kümmern uns auch immer darum, dass es freie, legale Graffitiflächen für Jugendliche gibt. So machen z. B. der Jugendrat Nord, der Jugendrat West oder auch der gesamtstädtische AK viele Workshops dazu. Dieses Bild zeigt die Sprayaktion des Jugendrats West beim EnBW-Gebäude am Vogelsang.

Unser letztes Projekt, das wir jetzt hier vorstellen, ist zum Thema politische Bildung für Jugendliche. Und zwar die Podiumsdiskussion im Juli zur Bundestagswahl 2013. Wir haben dazu die Kandidaten/-innen aller zu diesem Zeitpunkt im Bundestag vertretenen Parteien aus dem Wahlkreis Stuttgart II eingeladen. Die Podiumsdiskussion wurde vom Jugendrat moderiert. Die wichtigen Themen waren vor allem Bildung, die Deutsche Bahn und Europa. Sie kam bei Jugendlichen sehr gut an, es wurden auch viele Fragen dazu gestellt. Wir wollen mit solchen Veranstaltungen einfach erreichen, dass politische Bildung Jugendlichen nähergebracht wird und Jugendliche sich dafür interessieren und auch mal zu solchen Veranstaltungen gehen.

Weil wir jetzt aber nicht aufhören wollen, uns politisch zu engagieren, wird Marcel noch kurz unsere Zukunftspläne vorstellen."


Marcel Wolf:

"Womit beschäftigen wir uns momentan? Wir sind der Meinung, dass die Interessen der Jugendlichen stärker in der Stadtplanung berücksichtigt werden sollten. Was fehlt diesbezüglich in Stuttgart für Jugendliche und junge Menschen? Unserer Meinung nach fehlt es an ausgewiesenen Freiflächen im öffentlichen Raum, auf denen Trendsportarten, wie z. B. Skaten und Biken, stattfinden können. So haben sich u. a. die Jugendräte und Bezirksbeiräte in Ost und Sillenbuch in dieser Amtszeit für die Einrichtung von Skaterparks an dafür geeigneten Stellen starkgemacht. Für diese Planung sollten wir Mittel bereitstellen. Wir stellen uns die Frage: Wo gibt es weitere geeignete Freiflächen, die sich Jugendliche selbst aneignen können? Dazu werden Sie in nächster Zeit von uns hören.

Derzeit steht die nächste Jugendratswahl vor der Tür. Es werden in den Stadtbezirken wieder ausreichende Kandidaten gesucht. Allerdings spüren wir, dass Schule oder Ausbildung und das Engagement im Jugendrat sich zeitlich kaum vereinbaren lassen. Wir hoffen dennoch, dass in allen Stadtbezirken Jugendräte gewählt werden können."


Die Vertreter der Fraktionen danken für den Bericht und loben das Engagement der Mitglieder des Jugendrats.

StRin Deparnay-Grunenberg (90/GRÜNE) äußert sich zuversichtlich, dass dieses Engagement und die Begeisterung auf andere Jugendliche ansteckend wirkt. Man lerne dabei auch Geduld und Kompromissfähigkeit. Es sei sicher nicht einfach, sich mit den Wünschen von Jugendlichen und Kindern und dem Machbaren auseinanderzusetzen, doch sehe sie die Jugendräte hier auf einem guten Weg. Den Mitgliedern des Gemeinderats wünsche sie weiterhin ein offenes Ohr und auch einen offenen Blick für die Belange der Jugendlichen. Man müsse den Spagat schaffen zwischen dem jugendlichen Engagement und den Grenzen des Realisierbaren. Wichtig seien ein guter Austausch und das Respektieren der verschiedenen Sichtweisen, sodass dieser demokratische Weg gemeinsam fortgeführt werden könne.

Von einem fast schon historischen Moment spricht StR Kotz (CDU). Er beglückwünscht den Jugendrat zu dessen neuen Rechten und hofft, dass diese neuen Möglichkeiten viele dazu motivieren, sich noch stärker im Jugendrat zu engagieren. Die Vielfalt der Themen zeige auf, dass sich der Jugendrat nicht nur in speziellen Nischen bewege, sondern die gesamte Breite der für Jugendliche relevanten Themen in Stuttgart abdecke. Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Gemeinderat und Jugendrat bestehe im Zeitrahmen, in dem Projekte umgesetzt sein sollten. Die Mitarbeit im Jugendrat liege im Allgemeinen deutlich unter zehn Jahren und sei nur dann attraktiv, wenn Projekte in dieser Zeit auch realisiert würden. Daran müsse man in den nächsten Jahren gemeinsam arbeiten. Seine Fraktion sei für Hinweise und Anregungen aus dem Jugendrat immer dankbar.

Auch StR Reißig (SPD) unterstreicht die historische Bedeutung dieses ersten Jugendratsberichts im Gemeinderat - nach 18 Jahren Jugendrat. Doch habe die Vergangenheit und vor allem die Präsentation gezeigt, dass viele Projekte deutlich schneller erfolgreich realisiert würden. Es habe ihn sehr beeindruckt, wie sich die Jugendlichen konkret auf die Kommunalpolitik eingelassen hätten und noch einließen. Man sehe dies an den Erfolgen im Hinblick auf den öffentlichen Nahverkehr, die Gestaltung von Spielflächen und kulturelle und politische Veranstaltungen. Seine Fraktion freue sich auf die weitere gute Zusammenarbeit und positive Impulse. Er rät den Mitgliedern des Jugendrats: "Bleiben Sie unbequem, dann haben Sie weiterhin Erfolg."

Der Bericht, so StR Zeeb (FW), bestätige seiner Fraktion, dass es nicht falsch gewesen sei, die Arbeit des Jugendrats und vor allem auch das Werben um Kandidaten zu unterstützen. Beispielhaft erwähnt er das Café 13 in Weilimdorf, bei dem man für eine Dauerförderung gesorgt habe. Das vorbildliche Engagement des Jugendrats korrigiere das oft verfälscht dargestellte Bild der heutigen Jugendlichen. Er ermuntert sie, sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen.

StR Klingler (FDP) würdigt ebenfalls den historischen Moment. Er nehme immer gerne an Sitzungen des Jugendrats teil, der mit jugendlicher Leichtigkeit und aus einem anderen Blickwinkel heraus an eine Sache herangehe. Hier sollte der Gemeinderat Rahmenbedingungen schaffen, damit möglichst vieles umgesetzt werden könne. Seine Fraktion sei offen für Wünsche und Anregungen und werde sich bemühen, diese zu transportieren.

Die Arbeit der Jugendrätinnen und Jugendräte erhöhe die Lebensqualität und die Lebendigkeit in der Stadt spürbar, erklärt StR Rockenbauch (SÖS und LINKE). Er wünsche sich, dass der Jugendrat ungeduldig und unbequem bleibe und so den Gemeinderat zum Nachdenken und Handeln anrege. Der Gemeinderat sollte sich gemeinsam mit dem Jugendrat dem Thema Mitbestimmung stellen und überlegen, wie man diese voranbringen könne. Er hoffe, dass sich diese Entwicklung beschleunige und der Jugendrat von sich aus den Anspruch erhebe, nicht nur über Jugendthemen zu reden und mitzubestimmen, sondern über alle Belange der Zukunft der Stadt und des Planeten.

Abschließend dankt Herr Wolf für das einhellige Lob. Mit dem Hinweis auf das Ende der Amtszeit der aktuellen Jugendräte kündigt er an, die Nachfolger zu unterstützen. Er bittet den Gemeinderat, auf die neuen Jugendräte zuzugehen, um ihnen den Einstieg zu erleichtern.

OB Kuhn bedankt sich ebenfalls und stellt die Kenntnisnahme des Berichts fest.
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