Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
240
2
VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 12.10.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Nopper
Berichterstattung:
Protokollführung: Herr Haupt fr
Betreff: Generaldebatte "Zukunft gestalten: Stuttgart soll bis 2035 klimaneutral sein"
- Vertagung -

OB Dr. Nopper informiert darüber, dass in der heutigen Sitzung des Ältestenrats eine Verständigung auf eine Vertagung dieses Tagesordnungspunkts (TOPs) erfolgt sei, da die Mehrheit des Gemeinderats eine Übertragung der Debatte via Live-Stream wünsche. Die Verwaltung habe jedoch aufgrund eines Kommunikationsversehens die organisatorischen Vorkehrungen hierfür nicht getroffen. Auch kurzfristig hätten diese Vorkehrungen nicht durchgeführt werden können. Daher müsse nun formal ein Vertagungsantrag gestellt werden.

Ihre Fraktion sei mit der Begründung eines Kommunikationsversehens für die Vertagung der Debatte nicht einverstanden, betont StRin Meergans (SPD). Schließlich sei die Übertragung der Generaldebatte per Live-Stream bereits seit sehr langer Zeit angekündigt worden. Für ihre Fraktion habe das Thema Klimaneutralität eine sehr hohe Relevanz und es sei für sie nicht nachvollziehbar, wie dieses Versehen habe geschehen können. Zudem sei nicht über die Social-Media-Kanäle darauf hingewiesen worden, dass eine Übertragung per Live-Stream habe erfolgen sollen. Dies lasse auf die Prioritätensetzung innerhalb der Verwaltung schließen. Für die Debatte über das Thema der Klimaneutralität wünsche sich ihre Fraktion eine breite Öffentlichkeitsarbeit, in der für das Thema geworben werde. Schließlich sei seitens der Verwaltung für die Allgemeine Aussprache zum Haushalt in der letzten Woche auch eine Pressemitteilung herausgegeben worden.

OB Dr. Nopper betont, aus seiner Sicht hätte die Generaldebatte durchaus in der heutigen Sitzung geführt werden können. Ihm sei unklar, warum das Versehen mit der Übertragung per Live-Stream geschehen sei. Schließlich könne er nicht alle Vorgänge im Rathaus organisieren. Frau Klett-Eininger (L/OB) betont, auch sie könne das Versehen nicht erklären. Offensichtlich sei die zuständige Abteilung in der Verwaltung nicht über die Notwendigkeit einer Live-Übertragung informiert worden. Zwar sei über die Generaldebatte ausreichend gesprochen worden, allerdings sei hierzu die Notwendigkeit eines Videoformats schlichtweg untergegangen. Dies liege möglicherweise daran, dass die Verwaltung derzeit die Videos für die Haushaltsplanberatungen vorbereite. Sie wolle sich für die Verwaltung entschuldigen, so Frau Klett-Eininger. OB Dr. Nopper stellt heraus, das Versehen bei der Videoübertragung liege nicht an der Geringschätzung des Themas durch die Verwaltung.

An dieser Einschätzung sei er sich nicht sicher, betont StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei). Er sei seit 19 Jahren Mitglied im Gemeinderat und habe zwei Oberbürgermeister erlebt. In dieser Zeit sei ihm zu keiner Zeit ein derartiges Versehen widerfahren. Aus Sicht der Verwaltung sei ein solcher Vorgang unprofessionell. Hinzu komme die Geringschätzung nicht nur dem Thema gegenüber, sondern ebenso in Bezug auf die politische Debatte. Es sei schließlich bekannt, dass sich der Oberbürgermeister mit Vorliebe auf Festen aufhalte und das Versehen sei kein Zufall. Es stelle sich die Frage, was noch alles geschehen müsse, damit der Klimanotstand anerkannt werde. Es handle sich schließlich um ein Rekordjahr und einen Rekordseptember. Obwohl die Welt brenne und ertrinke, handle der Gemeinderat in dieser Not auf eine Art und Weise, was genauso schlimm sei, wie die Leugnung des Klimawandels. Falls in der jetzigen Situation keine Hilfe geleistet werde und der Klimaschutz verzögert werde, laufe dies ebenso auf eine Leugnung des Klimawandels hinaus. Es bestehe nun keine Gelegenheit mehr, noch rechtzeitig vor den Doppelhaushaltsplanberatungen eine Generaldebatte über dieses zentrale wichtige Thema des Klimaschutzes zu führen. Die gleiche Geringschätzung der Verwaltung schlage sich in der grünen Liste wieder. Hierbei stelle sich die Frage, wo die Mittel für die Maßnahmen für die Wärmeplanung und den Bürger*innenrat Klima enthalten seien. StR Rockenbauch beantragt eine Generaldebatte zum Klimaschutz noch vor der Dritten Lesung. Andernfalls müsse im Januar oder Februar nächsten Jahres ausgesagt werden, es würden zwei weitere Jahre versäumt. Dieser Fall sei bereits vor zwei Jahren eingetreten: Im Sommer sei über das Klimaziel diskutiert worden, wonach die Fraktionen und die Verwaltung ausgesagt hätten, sie seien noch nicht bereit für eine Generaldebatte Klimaschutz. Im Herbst hätten daraufhin die Fraktionen diese Debatte auf den Zeitraum nach den Haushaltsplanberatungen geschoben. Dieses dürfe sich der Oberbürgermeister nicht erneut leisten, da er Verantwortung im Gemeinderat besitze.

OB Dr. Nopper betont, er halte nichts von der Showdebatte von StR Rockenbauch. Die Verwaltung leugne das Klimaproblem durchaus nicht. Der Oberbürgermeister bekräftigt seinen Vorschlag, umgehend eine Debatte über den Klimaschutz zu führen. In der Debatte in der heutigen Sitzung des Ältestenrats habe StR Rockenbauch ausgesagt, er wünsche eine Übertragung der Debatte über Live-Stream und schlage daher eine Vertagung vor. Die Verwaltung habe geprüft, ob eine Live-Übertragung kurzfristig organisiert werden könne, was jedoch nicht gelungen sei. Daraufhin habe die Verwaltung erklärt, falls unbedingt der Wunsch nach einem Live-Stream bestehe, bleibe bedauerlicherweise keine andere Möglichkeit als die Vertagung der Generaldebatte. Im Ältestenrat sei ebenso mehrheitlich ausgesagt worden, es mache aus organisatorischen Gründen keinen Sinn, die Debatte in den Zeitraum der Haushaltsplanberatungen zu verschieben. Vielmehr sei es als sinnvoll erachtet worden, diese Debatte in einem ruhigeren Zeitraum im Januar oder Februar durchzuführen.

StR Rockenbauch habe ihn in der heutigen Sitzung des Ältestenrats überzeugt, so StR Peterhoff (90/GRÜNE). Schließlich sei keine Video-Übertragung vorbereitet worden und dieser Aspekt sei bei der Einladung nicht genügend gewürdigt worden. Seine Fraktion hätte mit Vorliebe die Generaldebatte in der heutigen Sitzung geführt. Das Thema Klimaschutz werde durchaus einen Bestandteil der Haushaltsplanberatungen darstellen. Schließlich fehlten dort zahlreiche Themen in Bezug zu dem Klimaschutz. Diesem Thema solle der notwendige Raum gegeben werden und es werde zu umfassenden Diskussionen zu diesem Aspekt bei der Einbringung der Haushaltsanträge in der nächsten Woche kommen. In Bezug auf das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 müsse konkret ermittelt werden, wie die Stadt auf diesen Weg gelange. Dies könne nicht in einer halbstündigen Diskussion geschehen, was genau den Fehler in der Planung der heutigen Gemeinderatssitzung darstelle. Für eine Generaldebatte zum Klimaschutz sei der Januar nächsten Jahres angebracht und werde diesem Thema gerecht.

Es sei eine Tatsache, dass die Vertagung der Generaldebatte nicht auf Anregung der Verwaltung erfolgt sei, sondern auf Vorschlag von StR Rockenbauch, hält OB Dr. Nopper fest.

StR Kotz (CDU) betont, StR Rockenbauch werfe ihm oftmals vor, er werde in den Diskussionen zu persönlich, was zu einer ungeeigneten Argumentation führe. Daher könnte dem Oberbürgermeister nicht vorgeworfen werden, auf welchen Veranstaltungen er seine Freizeit in der Stadt verbringe. Dies stehe glücklicherweise nicht in Zusammenhang mit dem Engagement bezüglich der Klimadebatte. Er behaupte auch nicht, StR Rockenbauch dränge nur aus dem Grund auf eine Live-Übertagung, weil dieser sich "einmal ordentlich angezogen habe", so StR Kotz. Das Thema Klimaschutz werde in den anstehenden Haushaltsplanberatungen durchaus eine wichtige Rolle spielen. Dies geschehe über Antragstellungen, Diskussionen in Lesungen sowie entsprechende Beschlussfassungen bis zur Dritten Lesung. Nur auf diese Art und Weise könne der Aspekt des Klimaschutzes im Gegensatz zu einer Generaldebatte weiter vorangebracht werden. Daher könne er nicht nachvollziehen, warum StR Rockenbauch eine Generaldebatte noch vor der Dritten Lesung fordere. Eine derartige Debatte zu diesem Zeitpunkt sei in Bezug auf das Engagement beim Klimaschutz völlig sinnlos und binde lediglich große Teile der Verwaltung.

Die unsäglichen Beiträge von StR Rockenbauch hätten gezeigt, dass es bei dieser Debatte nicht um einen Sachaustausch gehe, sondern vielmehr um die Selbstdarstellung "von respektlosen bis hin zu niveaulosen Narzisten", betont StR Goller (AfD). Diese verschöben zunächst diese angebliche wichtige Debatte, um sich danach umzuentscheiden und Vorwürfe an die falsche Seite zu richten. Dieses Vorgehen sei infam und dadurch leide das gesamte Niveau des Gremiums.

StR Rockenbauch betont, in einer Demokratie könne durchaus die Auffassung vertreten werden, dass sich durch eine öffentliche Debatte keine Veränderungen ergäbe. Diese Einschätzung stelle allerdings eine Geringschätzung gegenüber einer öffentlichen Debatte dar, da diese zentral und wichtig sei. Die Auffassung, eine öffentliche Debatte führe zu keinen Veränderungen, stelle eines der Probleme dar, warum die Stadt bei dem Thema Klimaschutz nur derartig verzögert vorankomme. Der Oberbürgermeister habe selbstbewusst ausgesagt, er sei zu jeder Zeit bereit, sich der Diskussion zum Thema Klimaschutz zu stellen. Der Stadtrat bekräftigt seine eigene Aussage, der Rahmen für eine Generaldebatte in der heutigen Sitzung sei dem Thema nicht angemessen und nicht würdig. Allerdings habe er darauf hingewiesen, eine Generaldebatte nach den Haushaltsplanberatungen stelle ein Problem in der Form dar, dass es sich dann lediglich um eine Showdebatte handle, so StR Rockenbauch. Es stelle sich die Frage, was damit bewirkt werden solle. Daher müsse die Generaldebatte mit einer gebührenden Zeit für dieses komplexe Thema vorher stattfinden, damit die nötigen Schlüsse in Anträgen u. a. auch in nicht öffentlichen Beratungen gezogen werden könnten. So solle die Debatte in etwa vier Wochen beim übernächsten Gemeinderat öffentlich angesetzt und geführt werden. Er habe nicht ausgesagt, die Verwaltung leugne den Klimawandel, sondern es laufe auf das Gleiche hinaus, ob der Klimawandel geleugnet werde, oder ob wirksame Maßnahmen dagegen wissentlich verzögert würden, was gerade mit der Vertagung geschehe.

OB Dr. Nopper betont, StR Rockenbauch verdrehe die Dinge: Schließlich habe der Stadtrat in der heutigen Sitzung des Ältestenrats den Wunsch auf Vertagung der Debatte geäußert. Diesem Wunsch sei die Verwaltung nachgekommen. Nach Auffassung des Oberbürgermeisters hätte in der heutigen Gemeinderatssitzung eine Generaldebatte stattfinden können. Das Gleiche gelte in vier Wochen oder Anfang des nächsten Jahres. Es sei fraglich, ob die Debatte die nötige Aufmerksamkeit und Würdigung inmitten der Haushaltsplanberatungen finde. Der Oberbürgermeister schlägt vor, in der nächsten Sitzung des Ältestenrats am kommenden Donnerstag das Thema zu diskutieren. Allerdings sei dort bereits ein Beschluss auf Vertagung erfolgt.

Der Oberbürgermeister stellt zunächst den mündlichen Antrag auf Vertagung von TOP 2 zur Abstimmung und stellt fest:

Der Gemeinderat beschließt die Vertagung bei 1 Enthaltung einstimmig wie beantragt.

Daraufhin schlägt OB Dr. Nopper vor, den mündlichen Antrag von StR Rockenbauch auf Vertagung der Generaldebatte auf die Gemeinderatssitzung am 30.11.2023 abzustimmen.

StR Kotz schlägt vor, eine Abstimmung über einen Alternativ-Antrag mit der Vertagung der Generaldebatte auf das erste Quartal 2024 durchführen zu lassen, so wie dies der Ältestenrat in seiner heutigen Sitzung beschlossen habe.

StR Peterhoff betont, die Diskussion gestalte sich nun schwierig: Schließlich müsse der Generaldebatte die nötige Zeit eingeräumt werden, damit hierbei vernünftig diskutiert werden könne. Daher stelle sich die Frage, welche anderen Themen auf der Gemeinderatssitzung am 30.11.2023 auf der Tagesordnung stünden. Falls zahlreiche TOPs behandelt würden und u. a. mehrere Personalwahlen auf der Tagesordnung stünden, könne nun nicht einfach ein Beschluss auf Vertagung der Debatte auf die Gemeinderatssitzung am 30.11.2023 erfolgen. Die Argumentation von StR Rockenbauch sei überzeugend, dass die Generaldebatte Klimaschutz den nötigen Raum benötige. Dieser Aspekt sei in der heutigen Gemeinderatssitzung bei der Vorbereitung nicht genügend berücksichtigt worden.

StR Rockenbauch bekräftigt seinen mündlichen Antrag auf Vertagung der Generaldebatte auf die Gemeinderatssitzung am 30.11.2023. Schließlich könne die Verwaltung durchaus die Tagesordnung der Sitzung am 30.11.2023 gestalten, dass genügend Raum für eine Generaldebatte Klimaschutz gewährleistet sein werde.
Dieser Auffassung widerspricht EBM Dr. Mayer: Es sei der Verwaltung nicht möglich, in diesem Jahr die Tagesordnung einer Gemeinderatssitzung derart zu reduzieren, dass die Generaldebatte zur Klimaneutralität das einzige Thema darstelle. Wie im heutigen Ältestenrat besprochen, könne die Verwaltung zusichern, zu einer Sitzung im Januar oder Februar nächsten Jahres einzuladen. Im Vorlauf könne so berücksichtigt werden, die Tagesordnung von anderen Themen derart freizuhalten, sodass die Generaldebatte absolut im Zentrum stehe. Zudem könne eine entsprechende Ankündigung und Bewerbung für die Generaldebatte stattfinden, die in der heutigen Sitzung vermisst worden sei. Falls der Verwaltung diese Vorlaufzeit zugestanden werde, könne sie die Planung der Generaldebatte so umsetzen.

StR Rockenbauch stellt formal erneut den mündlichen Antrag, in der Sitzung des Gemeinderats am 30.11.2023 eine Klima-Generaldebatte zu führen, zu der rechtzeitig eingeladen und eine Videoübertragung beantragt werde.


Innerhalb der Aussprache stellt der Oberbürgermeister zwei Anträge zur Abstimmung:

Zunächst stellt OB Dr. Nopper den mündlichen Antrag von StR Kotz auf Vertagung von TOP 2 zur Abstimmung und stellt fest:

Der Gemeinderat beschließt die Vertagung bei 1 Enthaltung einstimmig wie
beantragt
.

Daraufhin stellt der Oberbürgermeister den mündlichen Antrag von StR Rockenbauch auf Vertagung von TOP 2 in die Sitzung des Gemeinderats am 30.11.2023 zur Abstimmung und stellt fest:

Der Gemeinderat lehnt diesen Antrag bei 7 Ja-Stimmen mehrheitlich ab.

OB Dr. Nopper stellt daher fest:

Dieser Tagesordnungspunkt wird vertagt.

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