Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Städtebau/Wohnen und Umwelt
Gz: SWU
GRDrs 1095/2020
Stuttgart,
12/08/2020



Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in der Landeshauptstadt Stuttgart - Neuerlass zum Zweck der Verlängerung bis Ende 2025



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
15.12.2020
21.12.2020



Beschlußantrag:

Die Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in der Landeshauptstadt (Zweckentfremdungsverbotssatzung – ZwEVS) wird gemäß Anlage 1 erlassen.



Begründung:


Der Gemeinderat hat mit der GRDrs 629/2020 am 19.11.2020 die Verlängerung der Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum der Landeshauptstadt Stuttgart beschlossen und der Verwaltung den Auftrag erteilt, die notwendigen formalen Schritte zu veranlassen. Nach Rücksprache mit dem Regierungspräsidium Stuttgart ist ein Beschluss über den Neuerlass der Satzung zum Zweck der Verlängerung erforderlich.

Mit dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz – ZwEWG - vom 19. Dezember 2013 hat das Land die Grundlage für ein Zweckentfremdungsverbot von Wohnraum geschaffen, das auf kommunaler Ebene per Satzung von Gemeinden mit Wohnraum­mangel umgesetzt werden kann.

Die Geltungsdauer einer Zweckentfremdungsverbotssatzung ist gesetzlich auf maximal fünf Jahre beschränkt. Die derzeit geltende Satzung gilt bis 31. Dezember 2020 (siehe GRDrs 1197/2015 Ergänzung). Aus diesem Grund ist ein Neuerlass der Satzung zum Zweck der Verlängerung bis Ende 2025 erforderlich.


Finanzielle Auswirkungen

Keine.



Beteiligte Stellen

Referate AKR und WFB haben mitgezeichnet.

Vorliegende Anträge/Anfragen

Nein.

Erledigte Anträge/Anfragen

Antrag Nr. 324/2020 SPD - Zweckentfremdung verlängern



Peter Pätzold
Bürgermeister


Anlagen

Anlage 1 - Satzungstext

Satzung

über das Verbot der Zweckentfremdung
von Wohnraum in der Landeshauptstadt Stuttgart
(Zweckentfremdungsverbotssatzung – ZwEVS)


vom ____________



Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart hat am _____________ nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) und § 4 Abs. 1 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (GemO) jeweils in der derzeit gültigen Fassung folgende Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in der Landeshauptstadt Stuttgart (Zweckentfremdungsverbotssatzung – ZwEVS) beschlossen:
§ 1
Gegenstand der Satzung

(1) In der Landeshauptstadt Stuttgart ist die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet (Wohnraummangellage) und diesem Wohnraummangel kann innerhalb der nächsten fünf Jahre nicht mit anderen zumutbaren Mitteln in angemessener Zeit begegnet werden.

(2) Die Satzung gilt für die Zweckentfremdung von frei finanziertem Wohnraum im Stadtgebiet der Landeshauptstadt Stuttgart. Nicht betroffen ist Wohnraum, solange er den Bindungen aus den Wohnraumförderungsprogrammen des Landes unterliegt, was der Antragsteller auf Verlangen nachzuweisen hat. § 17 Abs. 2 LWoFG bleibt unberührt.
§ 2
Wohnraum

(1) Wohnraum im Sinne der Satzung sind sämtliche Räume, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Satzung zur dauerhaften Wohnnutzung objektiv geeignet und subjektiv durch die Verfügungsberechtigte/den Verfügungsberechtigten bestimmt sind. Dazu zählen auch Werk- und Dienstwohnungen sowie Wohnheime.

(2) Objektiv geeignet sind Räume, wenn sie (alleine oder zusammen mit anderen Räumen) die Führung eines selbständigen Haushalts ermöglichen. Die subjektive Bestimmung durch die erstmalige Widmung als Wohnraum oder durch die spätere Umwidmung von Wohnraum trifft die/der Verfügungsberechtigte ausdrücklich oder durch nach außen erkennbares schlüssiges Verhalten.

(3) Wohnraum im Sinne dieser Satzung liegt nicht vor, wenn

1. der Raum dem Wohnungsmarkt nicht generell zur Verfügung steht, weil das Wohnen in einem engen räumlichen Zusammenhang an eine bestimmte Tätigkeit geknüpft ist (z. B. Wohnraum für Aufsichtsperson auf Betriebsgelände, Hausmeisterwohnung im Schulgebäude) und dies baurechtlich abgesichert ist,

2. der Raum bereits vor dem Inkrafttreten dieser Satzung und seitdem ohne Unterbrechung in formell und materiell baurechtlich zulässiger Weise anderen als Wohnzwecken diente,

3. der Raum noch nicht bezugsfertig ist,

4. baurechtlich eine Wohnnutzung nicht zulässig und auch nicht genehmigungsfähig ist,

5. ein dauerndes Bewohnen unzulässig oder unzumutbar ist, weil der Raum einen schweren Mangel bzw. Missstand aufweist oder unerträglichen Umwelteinflüssen ausgesetzt ist und die Wiederbewohnbarkeit nicht mit einem objektiv wirtschaftlichen und zumutbaren Aufwand hergestellt werden kann, was stets der Fall ist, wenn die aufzuwendenden finanziellen Mittel

6. der Raum aufgrund der Umstände des Einzelfalls nachweislich nicht mehr vom Markt angenommen wird, z. B. wegen seiner Größe oder seines Grundrisses.
§ 3
Zweckentfremdung

(1) Wohnraum wird zweckentfremdet, wenn er durch die Verfügungsberechtigte/den Verfügungsberechtigten oder die Mieterin/den Mieter oder einen/eine zur Nutzung sonstig Berechtigten/Berechtigte anderen als Wohnzwecken zugeführt wird. Eine Zweckentfremdung liegt insbesondere vor, wenn der Wohnraum

1. überwiegend für gewerbliche oder berufliche Zwecke verwendet oder überlassen wird,

2. baulich derart verändert oder in einer Weise genutzt wird, dass er für Wohnzwecke nicht mehr geeignet ist,

3. nicht nur vorübergehend gewerblich oder gewerblich veranlasst für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt wird,

4. länger als sechs Monate leer steht, vorbehaltlich der Fälle des Absatzes 2 Nr. 1, oder

5. beseitigt wird (Abbruch).

(2) Eine Zweckentfremdung liegt in der Regel nicht vor, wenn

1. Wohnraum leer steht, weil er trotz nachweislicher geeigneter Bemühungen über längere Zeit nicht zu einer gesetzlich zulässigen Nettokaltmiete wieder vermietet werden konnte,

2. Wohnraum nachweislich zügig umgebaut, instandgesetzt oder modernisiert wird oder alsbald veräußert werden soll und deshalb vorübergehend unbewohnbar ist oder leer steht,

3. eine Wohnung durch die Verfügungsberechtigte/den Verfügungsberechtigten oder die Mieterin/den Mieter oder einen/eine zur Nutzung sonstig Berechtigten/Berechtigte zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken mitbenutzt wird, insgesamt jedoch die Wohnnutzung überwiegend (über 50 v. H. der Fläche) und Räume nicht im Sinne von Abs. 1 Nr. 2 baulich verändert wurden,

4. Wohnraum nicht ununterbrochen genutzt wird, weil er bestimmungsgemäß der/dem ansonsten nicht in Stuttgart wohnhaften Verfügungsberechtigten als Zweit- oder Ferienwohnung dient, oder

5. der Wohnraum mit anderem Wohnraum zur weiteren Wohnnutzung zusammengelegt oder geteilt wird.

§ 4
Genehmigung

(1) Wohnraum darf nur mit der Genehmigung der für den Vollzug zuständigen Behörde anderen als Wohnzwecken zugeführt werden.

(2) Eine Genehmigung ist auf Antrag zu erteilen, wenn vorrangige öffentliche Interessen oder schutzwürdige private Interessen das Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen. Eine Genehmigung kann erteilt werden, wenn dem Interesse an der Erhaltung des Wohnraums durch Ausgleichsmaßnahmen in verlässlicher und angemessener Weise Rechnung getragen wird, insbesondere etwa durch Ersatzwohnraum oder durch Entrichtung einer Ausgleichszahlung gemäß § 7 dieser Satzung.

(3) Eine Genehmigung kann ferner erteilt werden

1. für Wohnraum, der nachweislich über einen Zeitraum von mindestens 5 Jahren als solcher genutzt wurde, wenn sich die Zulässigkeit der Wohnnutzung nicht klären lässt,

2. für die Umwandlung von nach § 8 Abs. 3, § 9 Abs. 3 BauNVO oder § 35 Abs. 1 BauGB privilegiertem Wohnraum, oder

3. wenn städtebauliche/stadtplanerische Ziele dies erfordern.

(4) Einer Genehmigung bedarf es nicht für die anderweitige Verwendung von Wohnraum, der nach dem 31.05.1990 unter wesentlichem Bauaufwand aus ehemals nicht Wohnzwecken dienenden Räumen geschaffen wurde. Das Gleiche gilt für den Leerstand von Wohnraum über die Dauer von sechs Monaten hinaus, soweit dieser durch überwiegende schutzwürdige private Interessen gerechtfertigt ist.

(5) Die Genehmigung wirkt für und gegen die Rechtsnachfolgerin/den Rechtsnachfolger; das Gleiche gilt auch für Personen, die den Besitz nach Erteilung der Genehmigung erlangt haben.

(6) Die Genehmigung zur Zweckentfremdung ersetzt keine nach anderen Bestimmungen erforderlichen Genehmigungen (z. B. des Baurechts).

§ 5
Genehmigung aufgrund vorrangiger öffentlicher Belange und überwiegender privaten Interessen

(1) Vorrangige öffentliche Belange für eine Zweckentfremdung sind in der Regel gegeben, wenn Wohnraum zur Versorgung der Bevölkerung mit sozialen Einrichtungen (z. B. für Erziehungs-, Ausbildungs-, Betreuungs- oder gesundheitliche Zwecke) oder lebenswichtigen Diensten (z. B. ärztliche Betreuung) verwendet werden soll, die gerade an dieser Stelle der Gemeinde dringend benötigt werden und für die andere Räume nicht zur Verfügung stehen oder nicht zeitgerecht geschaffen werden können.

(2) Überwiegende schutzwürdige private Interessen sind insbesondere bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz oder bei nicht mehr erhaltungswürdigem Wohnraum gegeben.
§ 6
Genehmigung gegen Ersatzwohnraum

(1) Ein beachtliches und verlässliches Angebot zur Bereitstellung von Ersatzwohnraum lässt das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Wohnraums in der Regel entfallen, wenn die Wohnraumbilanz insgesamt wieder ausgeglichen wird. Der Interessenausgleich durch Bereitstellung von Ersatzwohnraum ist auch in Kombination mit Ausgleichszahlungen gemäß § 7 der Satzung möglich.

(2) Ein beachtliches Angebot zur Errichtung von Ersatzwohnraum liegt vor, wenn

1. der Ersatzwohnraum im Gebiet der Landeshauptstadt Stuttgart geschaffen wird,

2. der Ersatzwohnraum von der Inhaberin/vom Inhaber der Zweckentfremdungsgenehmigung geschaffen wird,

3. der Ersatzwohnraum in zeitlichem Zusammenhang mit der Zweckentfremdung geschaffen wird (kein Ersatzwohnraum „aus dem Bestand“ oder „auf Vorrat“),

4. der neu zu schaffende Wohnraum nicht kleiner als der zweckzuentfremdende Wohnraum ist und diesen im Standard in einer für den allgemeinen Wohnungsmarkt nachteiligen Weise nicht unterschreitet und nicht überschreitet,

5. der Ersatzwohnraum dem allgemeinen Wohnungsmarkt so zur Verfügung steht wie vorher der zweckzuentfremdende Wohnraum, wobei familiengerechter Wohnraum nur durch ebensolchen Wohnraum ersetzt werden darf, und

6. das Vorhaben öffentlich-rechtlich zulässig ist, was insbesondere durch einen entsprechenden positiven Bauvorbescheid oder eine Baugenehmigung nachgewiesen werden kann.

(3) Ein verlässliches Angebot zur Errichtung von Ersatzwohnraum liegt vor, wenn sich seine öffentlich-rechtliche Zulässigkeit aus prüfbaren Unterlagen ergibt und die Antragstellerin/der Antragsteller glaubhaft macht, dass sie bzw.
er das Vorhaben finanzieren kann.
§ 7
Genehmigung gegen Entrichtung von Ausgleichsbeträgen

(1) Im Einzelfall kann auch durch eine einmalige oder laufende Ausgleichszahlung erreicht werden, dass das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines bestimmten Wohnraums hinter das Interesse an einer Zweckentfremdung zurücktritt. Mit der Ausgleichszahlung sollen die durch die Zweckentfremdung bedingten Mehraufwendungen der Allgemeinheit für die Schaffung neuen Wohnraums teilweise kompensiert und so ein Ausgleich für den Verlust an Wohnraum geschaffen werden. Die Ausgleichsbeträge sind zweckgebunden für die Schaffung neuen Wohnraums zu verwenden.

(2) Die Berechnung der einmaligen Ausgleichszahlung orientiert sich an den Durchschnittskosten für die Erstellung von gefördertem Wohnraum. Näheres wird in den Verwaltungsrichtlinien geregelt.

(3) Bei nur vorübergehendem Verlust des Wohnraums kommt eine laufende, monatlich zu entrichtende Ausgleichszahlung in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete (Nettokaltmiete) nach dem jeweils geltenden Mietspiegel der Landeshauptstadt Stuttgart für den entsprechenden Wohnraum in Betracht.

(4) Die Ausgleichszahlung kommt als alleinige Ausgleichsmaßnahme oder als ergänzende Maßnahme bei noch nicht ausreichender anderweitiger Kompensation, insbesondere zu geringem Ersatzwohnraum, in Betracht.

(5) Die Antragsteller müssen glaubhaft machen, dass sie zur Leistung der Ausgleichszahlung bereit und imstande sind.
§ 8
Nebenbestimmungen

(1) Die Genehmigung zur Zweckentfremdung von Wohnraum kann befristet, bedingt oder unter Auflagen erteilt werden. Die Nebenbestimmungen sind in den Bescheid aufzunehmen, um Genehmigungshindernisse auszuräumen, die Zweckentfremdung so gering wie möglich zu halten oder den im Einzelfall vorliegenden Interessenausgleich rechtlich zu sichern.

(2) Ist aufgrund einer Nebenbestimmung die Wirksamkeit einer Genehmigung erloschen, so ist der Raum wieder als Wohnraum zu behandeln und Wohnzwecken zuzuführen.
§ 9
Negativattest

Bei Maßnahmen, für die eine Genehmigung nicht erforderlich ist, weil Wohnraum nicht vorhanden ist (§ 2 Abs. 3), eine Zweckentfremdung nicht vorliegt (§ 3 Abs. 2) oder Genehmigungsfreiheit besteht (§ 4 Abs. 4), ist auf Antrag ein Negativattest auszustellen.
§ 10
Auskunfts- und Betretungsrecht

(1) Die dinglich Verfügungsberechtigten und die Besitzerinnen und Besitzer haben der für den Vollzug zuständigen Behörde die Auskünfte zu geben und die Unterlagen vorzulegen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Vorschriften des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum und dieser Satzung zu überwachen. Sie haben dazu auch den von der Landeshauptstadt Stuttgart beauftragten Personen zu ermöglichen, zu angemessener Tageszeit Grundstücke, Gebäude, Wohnungen und Wohnräume zu betreten (§ 4 Satz 1 ZwEWG).

(2) Auf der Grundlage des § 4 Satz 2 ZwEWG und dieser Satzung wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt (Art. 13 GG).
§ 11
Verwaltungsgebühren

Die Erhebung von Verwaltungsgebühren richtet sich nach der Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart über die Erhebung von Gebühren für öffentliche Leistungen (Verwaltungsgebührensatzung) in ihrer jeweils geltenden Fassung.

§ 12
Ordnungswidrigkeiten

(1) Mit einer Geldbuße bis zu 50.000,00 Euro kann nach § 5 ZwEWG belegt werden, wer ohne die erforderliche Genehmigung Wohnraum überwiegend anderen als Wohnzwecken zuführt.

(2) Eine nach § 5 ZwEWG begangene Ordnungswidrigkeit wird durch eine nachträgliche Genehmigung nicht geheilt.

§ 13
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Satzung tritt am 01.01.2021 in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 31.12.2025 außer Kraft.


zum Seitenanfang