Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
220
14
VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 27.10.2022
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Nopper
Berichterstattung:BM Fuhrmann
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: Grundsteuerreform nicht für städtische Mehreinnahmen missbrauchen!
- Antrag Nr. 282/2022 vom 16.09.2022 (CDU)

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 26.10.2022, öffentlich, Nr. 403a
Ergebnis: ohne Votum in den Gemeinderat verwiesen


BM Fuhrmann unterstreicht seine im gestrigen Verwaltungsausschuss getroffene Kernaussage, wonach die Landeshauptstadt Stuttgart ab 2025 mit der Grundsteuerreform aufkommensneutrale Hebesätze anstrebe. Dies entspreche den Empfehlungen kommunaler Spitzenverbände, sei aber auch die Erwartung von Bundes- und Landesregierung. Nach seinem Verständnis ist dies auch die Zielsetzung des CDU-Antrags Nr. 282/2022. Auch bekräftige er die Ankündigung, dass die Verwaltung im 2. Quartal 2024 einen Entwurf dazu vorlegt. Man sei natürlich bestrebt, dies entsprechend dem Wunsch des Rates schon früher zu tun, wenn eine gute Basis vorliegt was die Grundsteuer-Messbeträge anbelangt.

Außerdem habe man sich darauf verständigt, das Thema Grundsteuer C, Instrumentenkoffer, Baulandmobilisierungsgesetz usw. im 1. Quartal 2023 im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen aufzurufen. Die Antragsziffer 3 betreffend versichert er, es gebe momentan keine Bestrebungen bzw. seien der Verwaltung solche nicht bekannt, dass die Umlagefähigkeit der Grundsteuer laut BGB entfernt werden soll.

StR Kotz (CDU) dankt für die Ausführungen von BM Fuhrmann und betont, die Grundsteuer treibe derzeit nahezu alle Menschen in Stuttgart um, allen voran diejenigen, die Wohnungs-, Haus- und Grundbesitz haben, was die Abgabe der Erklärungen angeht, aber auch die Mieterinnen und Mieter in Bezug auf das Thema Nebenkosten. Denn in einzelnen Fällen müsse bei der Grundsteuer durchaus mit einer Verdrei- oder Vervierfachung auf Grundstücken gerechnet werden gegenüber der heutigen Regelung. In energetisch hervorragend gedämmten Gebäuden wäre der Grundsteueranteil dann fast schon größer als der Energieanteil in den Nebenkosten. Deswegen sei es wichtig, als Gemeinderat die Verwaltung in ihrem Ansatz zu bestärken, dass dies nicht zu Mehreinnahmen für die Stadt führen soll, sondern dass es einnahmenneutral für die Stadt ist. Nichtsdestotrotz bleibe die Ungewissheit beim einzelnen Mieter und beim einzelnen Grundstücksbesitzer, was bedeutet es für mich. Es sei daher wichtig, so schnell wie möglich Klarheit zu schaffen, damit die Haushalte sich darauf einstellen können, was ab dem Jahr 2025 auf sie zukommt. Insofern bitte man darum, über die Antragsziffer 1 abzustimmen.

Die Antragsziffer 2 habe sich durch die gestrige Diskussion und die Verweisung in den Wirtschaftsausschuss erledigt. Abzustimmen bittet er jedoch über die Antragsziffer 3, in welcher der Gemeinderat den Oberbürgermeister dazu auffordert, in den kommunalen Spitzengremien dafür zu werben, dass künftig die Grundsteuer komplett umlagefähig als Teil der Nebenkosten bestehen bleibt. Weil der Aufwand bei der Kommune dann entsteht, wenn jemand auf dem Grundstück wohnt, wenn jemand es nutzt, sei es ganz selbstverständlich, dass diese Grundsteuer nicht ans Eigentum gekoppelt ist, sondern an die Nutzung der Menschen. Folglich sei es nur richtig, dass der Nutzer des Grundstücks, des Hauses, diese Steuer auch trägt und nicht der, der Eigentümer ist, sondern dieses in der bisherigen Systematik bleibt.

StR Winter (90/GRÜNE) erklärt Zustimmung zur Ziffer 1 des Antrags, weil man dies für eine Selbstverständlichkeit halte. Die Ziffer 3 hingegen habe aus Sicht seiner Fraktion überhaupt keine Notwendigkeit, weshalb man diesen Punkt ablehnen werde.

StR Conzelmann (SPD) dankt der CDU-Fraktion für ihren Aufschlag, im Gemeinderat über die Grundsteuer zu sprechen. Es sei deutlich geworden, dass das Modell, das die grün-schwarze Landesregierung gewählt hat, nicht das gelungenste war, weil es in der Praxis zu großen Verzerrungen führen kann. Froh sei er darüber, dass man sich einig sei in dem Wunsch, dass die Grundsteuer aufkommensneutral gestaltet werden soll. Deswegen stimme man der Antragsziffer 1 selbstverständlich zu. Wichtig sei seiner Fraktion, dass der Rat zeitnah von der Verwaltung aufgezeigt bekommt, welche Konsequenzen dieses baden-württembergische Modell zur Grundsteuer in Stuttgart ganz konkret hat, und zwar beim Wohnen und beim Gewerbe, bei kleinen, mittleren und großen Gewerbebetrieben, aber auch bei unterschiedlich großen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, in Einfamilienhäusern, in Reihenhäusern. Sehr dankbar wäre man der Verwaltung für entsprechende Beispielberechnungen.

Was die Verweisung der Antragsziffer 2 in den WA betrifft, so bitte man dringend darum, diese Debatte ausführlich führen zu können, weil dies ein Hebel sein könnte, um bei der Baulandmobilisierung einen riesigen Schritt voranzukommen. Den Antragspunkt 3 sehe die SPD deutlich anders. Ihr politisches Ziel sei, dass die Grundsteuer aus § 2 Ziff. 1 der Betriebskostenverordnung gestrichen wird. Dies wäre richtig, weil die Grundsteuer eine klassische Eigentümerabgabe ist und die Umlage auf die Mieter*innen vollkommen systemfremd daherkomme. Dass dies nicht umlagefähig sein soll, lasse sich ganz gut begründen: "Wer von steigenden Immobilienpreisen und von steigenden Immobilienwerten profitiert, der soll auch die darauf anfallende Steuer tragen und nicht die Mieterinnen und Mieter."



StR Urbat (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) teilt die Sichtweise seines Vorredners was die Antragsziffer 3 angeht. Er nennt als weiteres Beispiel die CO2-Bepreisung, die voll auf die Mieter abgewälzt worden sei, obwohl der Mieter gar keinen Einfluss auf die Heizung habe. Aus Sicht der FrAKTION wäre auch diese Abgabe voll vom Vermieter zu tragen, weil nur der einen Einfluss auf die Heizung habe und es dadurch einen Grund gebe für ihn, auf eine modernere CO2-neutrale Heizung zu wechseln. Die Antragsziffer 3 werde man folglich ablehnen. Der Ziffer 1 könne man, weil unstrittig, gerne zustimmen. Bei der Antragsziffer 2 halte man das Modell der Grundsteuer C vom Ansatz her für nicht schlecht. Ob es in der Praxis funktioniert, sei die andere Frage, weshalb man den Bericht und die Diskussion im WA abwarten wolle.

StR Neumann (FDP) widerspricht dem Ansinnen von StR Conzelman in Bezug auf dessen Ausführungen die Antragsziffer 3 betreffend, welcher seine Fraktion eindeutig zustimmen werde. Bei der Antragsziffer 2 sehe er nicht, was noch diskutiert werden soll. Denn man habe in der jetzigen Ausgestaltung des Modells Grundsteuer B bereits ein Anreizsystem im Sinne einer Steuervergünstigung um Wohnraum zu schaffen. Er glaube deswegen, dass diese Grundsteuer C eigentlich gar nicht mehr diskutiert werden muss. In anderen Bundesländern sei dies anders geregelt, weshalb man dort vielleicht über die Grundsteuer C spreche könne, aber in Baden-Württemberg mache es aus seiner Sicht wenig Sinn. Die Antragsziffer 1 unterstütze man natürlich mit der Betonung, dass Aufkommensneutralität nicht heißt, Aufwandsneutralität für einen einzelnen Grundstückseigentümer. Ganz klar sei, dass es natürlich Verwerfungen geben werde in der subjektiven Sicht der Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer.

Nach Meinung von StRin Schumann (PULS) geht der CDU-Antrag nur auf die Sorgen von Menschen ein, die klassische so genannte "Enkel-Grundstückchen" haben. Die Berichterstattung im Verwaltungsausschuss gestern habe bestätigt, dass die Antragsziffer 1 schlichtweg überflüssig war. Entsprechend werde man sich bei der Abstimmung darüber zumindest enthalten. Bei der Antragsziffer 3 widerspreche man der Auffassung der FDP: "Wenn ein Mensch sich viel Grund und Boden kauft, dann sollte dieser Mensch eben auch für diesen vielen Grund und Boden die Steuern bezahlen und sich nicht bezahlen lassen von jenen, die schon das Gebäude darauf mieten."

StRin von Stein (FW) erklärt Zustimmung zur Antragsziffer 1, Ablehnung zur Antragsziffer 2 und Zustimmung zur Antragsziffer 3.

Es stünden nur die Antragsziffern 1 und 3 zur Abstimmung, hält StR Dr. Mayer (AfD) fest, und diese Punkte unterstütze man wie beantragt. Die Antragsziffer 3 aufgreifend merkt er an StRin Schumann gewandt an, es gehe nicht um moralische Gerechtigkeitsfragen, sondern es handle sich um eine reine Verwaltungs- und Verfahrensangelegenheit.








Abschließend stellt OB Dr. Nopper den Antrag Nr. 282/2022 getrennt nach den Antragsziffern 1 und 3 zur Abstimmung. Er stellt fest:
zum Seitenanfang