Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
1132/2020
GZ:
WFB
Sitzungstermin: 25.02.2021
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Nopper
Berichterstattung:Herr Dellnitz (Stuttgart Marketing GmbH)
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: Investitionszuschuss an die Stuttgart-Marketing GmbH zur Umsetzung des Hauses des Tourismus im ehemaligen Modehaus Breitling am Stuttgarter Marktplatz

Vorgang: Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 29.01.2021, öffentlich, Nr. 4
Ergebnis: Einbringung

Verwaltungsausschuss vom 03.02.2021, öffentlich, Nr. 1
Gemeinderat vom 04.02.2021, öffentlich, Nr. 13
jeweiliges Ergebnis: Zurückstellung

Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 12.02.2021, öffentlich, Nr. 27
Ergebnis: Vorberatung und Verweis der Vorlage ohne Votum in die nachfolgenden Gremien

Verwaltungsausschuss vom 24.02.2021, öffentlich, Nr. 52
Ergebnis: mehrheitliche Zustimmung bei 4 Gegenstimmen

Gemeinderat vom 25.02.2021, öffentlich, Nr. 33
Ergebnis: Feststellung der Beschlussunfähigkeit gem. § 37 Abs. 3 GemO und Verschiebung des Sitzungsbeginns auf 16:30 Uhr



Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 21.01.2021, GRDrs 1132/2020, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Vom Konzept zum "Haus des Tourismus" im ehemaligen Modehaus Breitling und dessen Umsetzung wird Kenntnis genommen.

2. Einem Investitionszuschuss durch die Landeshauptstadt Stuttgart für die Stuttgart-Marketing GmbH in Höhe von insgesamt 9,5 Mio. Euro in den Jahren 2021, 2022 und 2023 wird zugestimmt.

3. Die benötigten Mittel werden im Nachtragshaushalt 2021 sowie bei der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2022/23 der LHS berücksichtigt.


Bevor OB Dr. Nopper Stellung nimmt zur Vorlage, teilt er mit, StR Körner habe darum gebeten, dem Geschäftsführer der Stuttgart Marketing GmbH, Herr Dellnitz, Gelegenheit zu geben, einige Erläuterungen zur Konzeption des Hauses des Tourismus machen zu können, sofern der Gemeinderat sein Einverständnis dazu gibt. Er stellt fest, dass dagegen keine Einwendungen erhoben werden. OB Dr. Nopper begrüßt anschließend Herr Dellnitz ganz herzlich. Seine weiteren Ausführungen wie auch die von Herrn Dellnitz sind wiedergegeben im leicht überarbeiten Wortlaut:

"Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir schlagen Ihnen aus den folgenden konzeptionellen und wirtschaftlichen Gründen vor, im langjährigen Modehaus Breitling ein Haus des Tourismus einzurichten:

Erstens, weil der Marktplatz nach der Geschäftsaufgabe des Modehauses Breitling geradezu der geborene Standort für ein Haus des Tourismus ist. Es gibt nämlich in vielen größeren Städten und Metropolen sowohl einen i-Punkt an einem Verkehrsknotenpunkt wie etwa dem Hauptbahnhof als auch einen größeren i-Punkt im Herzen der Stadt. Das Haus des Tourismus wird unserem Marktplatz mit einer 7-Tages-Öffnung mit seinen Präsentationen und gastronomischen Nutzungen einen Vitalitätsschub geben.

Zweitens, weil wir am Marktplatz die Chance haben, dass das Haus des Tourismus nicht nur zu einem der innovativsten i-Punkte der Republik wird, sondern auch zu einem echten Stuttgart-Haus. Es soll ein Haus für Touristen aus aller Welt, aber auch für alle Einwohnerinnen und Einwohner unserer Stadt werden, für alle Einheimischen und für alle Auswärtigen. Es soll ein Schaufenster sein für Stadt und Region, für die verschiedensten Institutionen unserer Stadt - vom VfB über die hoffentlich bald sanierten Staatstheater und die Automobilmuseen bis hin zu den Kleinkunstbühnen und bis hin zur ganzen Breite der Subkultur, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.

Drittens, weil das Haus des Tourismus am Marktplatz nicht nur konzeptionell ein guter Ansatz ist, sondern auch wirtschaftlich dauerhaft der bessere Ansatz ist, als der Status Quo. Bei einer Laufzeit von 30 Jahren stellen wir uns trotz des hohen städtischen Investitionskostenzuschusses in Höhe von 9,5 Mio. € brutto auf die ganze Laufzeit gesehen bei Umsetzung des Geschäftsmodells der Stuttgart-Marketing an diesem Standort finanziell bzw. wirtschaftlich sogar besser, als am Rotebühlplatz und am Arnulf-Klett-Platz. Der Standort Rotebühlplatz würde ab Mitte 2023 aufgegeben und der i-Punkt am Arnulf-Klett-Platz soll von 350 m2 auf 100 m2 verkleinert werden.

Viertens und letztens: Eine Mischnutzung gemeinsam mit einem Haus der Kulturen halten wir nicht für sinnvoll. Auf den ersten Blick wäre dies zwar ein guter Kompromiss, beim zweiten Blick zeigt sich jedoch, dass es ein schlechter Kompromiss wäre, der sowohl dem Haus des Tourismus als auch dem Haus der Kulturen zu wenig Luft zum Atmen geben würden. Wir halten es deswegen für besser, das Haus der Kulturen an einem anderen Standort zu realisieren ohne es auf die lange Bank zu schieben. So weit von meiner Seite. Bitte Herr Dellnitz."

Herr Dellnitz (SM):
"Vielen Dank, Herr Oberbürgermeister. Ich weiß, dass es schnell dazu neigen kann, dass der eine oder andere sagt, schon wieder, weil ich die Gelegenheit hatte, schon ein paar Mal vorzustellen. Aber lassen Sie mich nur in ganz wenigen Minuten nochmal in der Kompaktheit sagen, worum es geht, damit das einfach vollständig ist und heute auch vielleicht einen guten Abschluss gibt.

Die ganze Idee, die wir mit dem Haus haben, beruht darauf, dass wir selber als Stuttgart Marketing im Übrigen mit unserer anzumietenden Fläche knapp die Hälfte des gesamten Hauses nur ausmachen. Das Andere ist, nennen Sie es fast wie ein Marktplatz im Haus. Das Haus ist deswegen, das gesamte Modell ist deswegen wirtschaftlich, weil es diese Mischnutzung vorsieht, von verschiedensten Partnern, die letztendlich Schaufenster dieser Landeshauptstadt und der Region Stuttgart nach außen sind. Und deswegen kamen wir darauf zu sagen, dass wir einen Teil gastronomisch nutzen wollen, weil es nicht nur konzeptionell inhaltlich reinpasst, sondern weil es auch finanziell für uns nötig ist, damit am Ende das gesamte Geschäftsmodell funktioniert. Dass wir einen i-Punkt, und der Herr Nopper hat es eben gerade gesagt, reinbringen, auf den wir stolz sind und den es wirklich in Deutschland in der Form nicht gibt, das würde ich Ihnen versprechen. Dass wir stolz darauf sind, welche Visitenkarte wir in dieser Stadt aufbauen und dies inklusive der gesamten Region, für die wir auch im Marketing verantwortlich sind. Und, dass wir Partnern, und das ist völlig offen, welche Partner es sind, aber Partner, die diese Stadt nach außen repräsentieren, auch ein Schaufenster geben. Und ich kann Ihnen sagen, dass die Nachfrage groß ist und deswegen es nicht darum geht, dass wir die Partner überreden müssen, sondern die Partner werden gerne kommen, damit sie unter diesem Dach sich mit uns gemeinsam präsentieren.

Ich habe es gestern deutlich gemacht und möchte es nochmals unterstreichen, dass das Haus an 7 Tagen der Woche auch mit seinem ersten Obergeschoss offen sein soll. Es soll beleuchtet sein, es soll frequentiert sein, es soll eine Art Treffpunkt werden. Es ist nicht so, dass es nur das Erdgeschoss ist, sondern Sie werden auch merken, dass auch das 1. OG in seiner Nutzung mit den Sitzungsräumen, Besprechungsräumen, dem Treffpunkt, offen ist. Es geht weiter mit der Tourismus-Marketing Baden-Württemberg in einem Geschoss und es geht weiter mit der Stuttgart-Marketing in einem weiteren Geschoss. Und es geht mit dem Ansatz hin, und ich hatte das gestern schon mal formuliert, und auch der Hoffnung, dass wir das hinkriegen können, ein USP in dieser Stadt aufzubauen und auf dem Dach nicht nur eine Begrünung vorzunehmen, sondern eine gastronomische Nutzung, die öffentlich zugänglich ist und die damit also auch ein deutliches Highlight hier direkt in der Stadt, in der Mitte dieser Stadt, mit sich bringt. Selbst wenn das gastronomisch nicht geht, dann wollen wir trotzdem dieses Dach begrünen und attraktiv werden lassen von allen Seiten, mit all den Möglichkeiten, wenn man auf das Dach guckt.

Alles was Sie kennen, nämlich das Thema Fußgängerinformationssystem, an dem wir Gott sei Dank mit Ihrer Unterstützung dran sind, unsere i-Punkte, der Hop on-Hop off -Bus, alles das ist letztendlich Ausdruck von Serviceketten innerhalb der Stadt, sodass Sie und jede*r andere, der durch diese Stadt geht, das Gefühl hat, immer sicher, immer gut aufgehoben und auch immer gut informiert zu sein. Und dass das alles vernetzt in sich funktioniert, dafür möchte ich gerne zur Verfügung stehen mit meinem Team, damit wir das schaffen. Der Oberbürgermeister hat es gesagt, an 7 Tagen in der Woche. Unser i-Punkt ist kein i-Punkt der am Abend um 16 Uhr zumacht, sondern wir haben schon jetzt große Öffnungszeiten und die werden wir auch ausbauen, so damit wir eine wirkliche Präsenz halten können.

Ich halte das auch unter dem Gesichtspunkt, wie dieser Marktplatz sich verändert, welche Position er in dieser Stadt einnimmt, für einen guten Weg. Wir würden einen Beitrag leisten können, egal ob das jetzt diese Ansichten sind, oder ob das andere Hausansichten sind, wir würden ja ausschreiben und damit würden wir unterschiedlichsten Ideen von Architekten auch Raum geben und wir werden am Ende die beste und schönste Architektur, die auch passt in diese Stadt, wählen, damit wir am Ende auch eine Fassade haben, wie wir sie uns vorstellen können. Der richtige Standort, Herr Nopper hat es gesagt, ist sicherlich in der Kombination mit den Verkehrsknotenpunkten Bahnhof und Flughafen, in der Innenstadt in jedem Fall richtig, in jedem Fall sicher. Wir würden damit auf die ganz sichere Seite gehen, dass wir nichts verpassen, sondern dass wir überall sind, und ich hatte es gestern erwähnt, der richtige Zeitpunkt ist jetzt da. Das ist ein Zeichen auch an den Tourismus, ein Zeichen an alle Partner dieser Stadt, aber bitte auch eines nicht falsch zu verstehen: Das ist ein Baustein in der strategischen Entwicklung dieser Stadt, aber es ist natürlich nicht die Lösung der Probleme. Herr Kotz, Sie hatten gestern gesagt, dass der Tourismus weitaus größere Probleme hat in den nächsten Jahren. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir immense Herausforderungen haben. Das ist nicht die Lösung dieser Probleme, aber es ist ein wichtiger Baustein dahin. So möchte ich es auch verstanden wissen und ein deutliches Zeichen an den Tourismus dieser Stadt.

Am Ende ist es aus allen Perspektiven betrachtet, und jetzt beschäftige ich mich und Herr Fuhrmann ja genauso und sicherlich auch viele von Ihnen, auch der Aufsichtsrat von uns, seit Monaten mit dem Projekt. Ganz ehrlich, mit jedem Tag, wo ich mich mehr damit beschäftige, bin ich überzeugter! Manchmal hat man ja Projekte, wo man selber irgendwann sagt, 'ups, hoffentlich geht das gut.' Ich glaube das ganz sicher, dass dieses Projekt gutgeht und ich würde mich freuen, wenn Sie dieses Projekt unterstützen könnten, dass wir den Start setzen können. Wir haben einen ambitionierten Zeitplan und ich würde sehr gerne mit Ihrer Unterstützung und mit Ihrer inhaltlichen Mitgestaltung dieses Haus hier vor den Türen des Rathauses zu einem Haus des Tourismus werden lassen. Herzlichen Dank."

StRin Rühle (90/GRÜNE) sieht mit der Umsetzung des Konzepts eine vorher nicht da gewesene, einmalige Chance, den Marktplatz weiter aufzuwerten und zu beleben. Einen Verkauf des Gebäudes habe die Familie Breitling abgelehnt; sie wolle bald vermieten und die künftige Nutzung müsse auf deren Zustimmung stoßen. Mit diesem Konzept konnte eine langfristige Vermietung, ein Umbau des Gebäudes in Eigenregie und ein Vorkaufsrecht für viele Jahre erreicht werden. Somit habe die Stadt eine Gestaltungsmöglichkeit direkt am Rathaus und könne Einfluss nehmen. Die Umgestaltung sei extrem wichtig, um ein offenes und zugängliches Haus mit diversen Nutzungen zu bekommen. Die Raumaufteilung müsse fein justiert werden und die große Offenheit der Stadt widerspiegeln und auch die Stadtgesellschaft in ihrer Vielfalt und in ihrer Gänze. Sie gehe davon aus, dass man sich auch im Aufsichtsrat der SM noch lange damit beschäftigen wird. Das Konzept biete darüber hinaus große Möglichkeiten für Reisende, vor allem aber auch für Stuttgarterinnen und Stuttgarter. Man freue sich insgesamt sehr über dieses Projekt, mit dem darüber hinaus für den Eigenbetrieb Stuttgart Marketing gute Bedingungen geschaffen werden.

Im Hinblick auf Nutzungsmöglichkeiten für das Haus der Kulturen verweist sie auf den Haushaltsantrag ihrer Fraktion, wonach ein Nutzungskonzept entwickelt werden soll mit Planungen, damit ein Haus mit einer Strahlkraft in Stuttgart entstehen kann. Es sei extrem wichtig, dass die Planung dafür, die im April 2021 vergeben werden soll, schnell kommt, um zeitnah eine Raum-, eine Nutzungs- und eine Betreiberkonzeption zu haben, um mit diesem wichtigen Haus als Ergänzung zum Welthaus am Charlottenplatz weiterzukommen. OB Dr. Nopper stimmt zu, man sollte tatsächlich das Haus des Tourismus umsetzen, aber das Haus der Kulturen nicht aus den Augen verlieren.

StR Kotz (CDU) ist überzeugt davon, dass das Konzept zum Haus des Tourismus im ehemaligen Modehaus Breitling ein schlüssiges, gutes, nachhaltiges und wirksames Konzept für den Tourismus in Stuttgart und in der Region sein wird. Man sei froh, dass es Herrn Dellnitz gelungen ist, den Flächenbedarf für dieses Konzept so "zurecht zu organisieren", dass es in dieses Gebäude hineinpasst. Froh sei er auch darüber, dass der Gemeinderat nicht der Versuchung unterlegen ist, durch alle möglichen Zusatznutzungen das Konzept zu gefährden. Was die Frage des Standorts angeht, so könne sich die CDU-Fraktion den Standort noch immer mehr Richtung Bahnhof vorstellen, man könne aber auch mit dem Marktplatz gut leben. Auch hätte man sich vorstellen können, noch mehr freie Marktwirtschaft im Breitling-Gebäude weiterhin zu erleben. Sicher hätte das, was das Unternehmen Eppli vorgestellt hat, auch geholfen, den Marktplatz stärker zu beleben und attraktiver zu machen.

Er halte die Kritik über das schnelle Tempo bei diesem Thema für unangebracht und für nicht gerechtfertigt, werde doch seit Jahren beklagt, alles sei zu träge, es werde mehrfach im Kreis diskutiert und man bringe keine Entscheidungen zustande. In diesem Fall war das Verfahren zwar beschleunigt, jedoch hätte jede*r den Finger heben und sich äußern können, nachdem es einen öffentlichen Aufschlag zu diesem Thema gab. Man habe nun eine Langfristperspektive, doch wolle seine Fraktion nicht nur das schönste, beste und erfolgreichste Haus des Tourismus in Deutschland haben, sondern "wir wollen als Stuttgart auch am schnellsten, besten und erfolgreichsten aus dem Tourismus-Lockdown herauskommen". Dies werde die große Aufgabe von Herrn Dellnitz sein parallel zur Entwicklung dieses Projekts. Die CDU-Fraktion habe hierzu heute einen Antrag gestellt und bitte um eine zeitnahe Berichterstattung im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen. Der heutigen Vorlage stimme man gerne zu.

OB Dr. Nopper greift die Anmerkung die Vorstellungen des Auktionshauses Eppli den Marktplatz betreffend auf. Er habe mit den Verantwortlichen dort gesprochen. Man sollte nicht aus dem Auge verlieren, ein attraktives, zusammengefasstes Auktionshaus in Marktplatznähe zu schaffen.

StR Rockenbauch (FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) beglückwünscht Herrn Dellnitz, die Gelegenheit, die sich am Marktplatz aufgetan hat, beim Schopfe gepackt und gleich Nägel mit Köpfen gemacht zu haben. Das vorgestellte Konzept sei gut und schlüssig, nur gebe es gute und schlüssige Konzepte und Ideen auch an anderer Stelle. Er merkt an, der heute zu beschließende Investitionszuschuss in Höhe von insgesamt 9,5 Mio. Euro sei nicht für den Nachtragshaushalt angemeldet worden. Andere Konzepte und Ideen hätten solche Zugänge und Möglichkeiten nicht. Insofern sei die Schnelligkeit gut, es sei jedoch sicherlich eine einmalige Sache, die man aber gerne öfters haben wolle: "So eine gute Kooperation, so eine gute Zusammenarbeit, die am Ende dafür sorgt, dass ein städtisches Unternehmen und die Landeshauptstadt Stuttgart dann einen Zuschlag am Markt bekommt, wenn es um Immobilien geht!"

Der Fraktionsgemeinschaft sei wichtig, dass dieses Beispiel Schule macht - auch wenn Konzepte z. B. von einer zivilgesellschaftlichen Institution kommen. So etwas im Windhund-Prinzip zu organisieren, gehe aber eigentlich nicht. Wenn es um Steuergeld geht und um Unterstützung aus der Verwaltung geht, müssten solche Prozesse auf breitere Füße gestellt werden. Dafür sei es notwendig, sich um strategische Räume, wie z. B. den Marktplatz, anders zu kümmern. Die FrAKTION habe sich frühzeitig gekümmert: So datiere der erste Antrag in diesem Kontext aus 2013, ein weiterer aus 2015. Um das Verfahren an dieser Stelle zu heilen, bittet er über den Antrag Nr. 48/2021, den er kurz vorstellt, abstimmen zu lassen. Weiter kündigt er ein unterschiedliches Abstimmungsverhalten über die Vorlage an. Man werde dieselbe aus Kritik am Verfahren mehrheitlich ablehnen.

OB Dr. Nopper merkt an, die Verwaltung werde alles daransetzen, auch bei anderen Projekten schneller zu werden. Er unterstreicht darüber hinaus, dass man das Konzept nicht alternativlos diskutiert habe, "sondern wir halten die Umsetzung als Haus des Tourismus für die bessere Alternative!"

StRin Schanbacher (SPD) ruft in Erinnerung, dass das Beteiligungsunternehmen Stuttgart Marketing GmbH aus den Räumen Königstraße 1 - 3 ausziehen muss, der Mietvertrag am Rotebühlplatz ausläuft und daher andere Räumlichkeiten benötigt werden. Es werde nun ein sehr prominentes Gebäude frei, dessen Besitzer sich leider nicht vorstellen können, das Gebäude an die Stadt zu verkaufen. Die Familie Breitling könne sich aber sehr gut vorstellen, es zu vermieten und ein Haus des Tourismus dort zu haben. Ihre Fraktion begrüße dies, da ihr ein Haus des Tourismus dort sehr gefalle. "Uns gefällt auch ein Haus der Kulturen, aber mit 6.000 m² und einem Veranstaltungsraum als Kern des Hauses, das den 180 Kulturen unserer Stadt wirklich Raum bieten soll. Und nur einen Bruchteil des Ganzen zu realisieren, inmitten eines Bürger*innen-Dialogs übers Knie gebrochen, das wird niemandem gerecht. Nicht jetzt. Es gibt einfach kein fertiges und schlüssiges Konzept!" Man sehe aber den Wunsch derjenigen, die an einem Konzept für ein Haus der Kulturen arbeiten, für ein Interim. Dies sollen Rat und Verwaltung mitnehmen.

Ihre Fraktion sehe die Frage, wie unsere Städte in der Zukunft - nach Corona - aussehen sollen, in diesem Konzept in wichtigen Facetten berücksichtigt. Man sei der Meinung, dass ein Haus des Tourismus, wie es das Konzept vorsieht, die verschiedensten Bereiche wiederbeleben kann. Da es vor allem auch ein Angebot für die Stuttgarterinnen und Stuttgarter sein werde, müsse vielleicht noch ein anderer Begriff für das Haus mit seinem Angebot an Kultur, Sport, Gastronomie gewählt werden. Es diene allen und sei auch ein Stückweit identitätsstiftend am Marktplatz.

Was den Prozess anbelangt, so sei man in Sachen Partizipation nicht sehr weit gekommen in den letzten Jahren. Zu bemängeln sei, dass dazu keine festen Strukturen etabliert wurden. Deshalb liege auch keine echte Variante vor. Das Konzept sei aber ein sehr gutes. Die SPD-Fraktion habe sich dafür eingesetzt, dass die Sitzungs- und Tagungsräume abends für Vereine und Bürger*innen zugänglich sind, was auch dem Wunsch des Bezirksbeirats Mitte entspreche. Dies unterstütze man ausdrücklich. In diesem Kontext sei auch eine Vielfalt des gastronomischen Angebots wünschenswert, auch solle dasselbe für alle tatsächlich erschwinglich sein. Ihre Fraktion freue sich sehr auf das Haus des Tourismus am Stuttgarter Marktplatz.

Herr Dellnitz teilt die Nutzung der Tagungsräume betreffend mit, geplant sei, dass nicht nur das Erdgeschoss, sondern auch das 1. OG eine Mehrfachnutzung bekommt. Damit könne man dem Anspruch, dass das Haus lebendig wird, gerecht werden. Er spricht sich dafür aus, im Aufsichtsrat der Stuttgart Marketing darüber in diesem Sinne zu sprechen und das Nutzungskonzept weiterzuentwickeln. Seines Erachtens werde man eine gute Ebene finden.

Die FDP-Fraktion erachte das Haus des Tourismus im Breitling-Gebäude als einen großen Gewinn für Stuttgart, so StRin Yüksel (FDP). Insbesondere bei einem Standort am Marktplatz gehe man davon aus, dass das Haus zu einem Publikumsmagneten werden wird. Der Vorlage stimme man folglich zu. Nicht nur der Tourismus und die Stuttgarter Bürgerinnen und Bürgern werden von diesem Haus des Tourismus profitieren, sondern gerade auch die Branchen, die unter der Corona-Pandemie ganz besonders gelitten haben, wie Hotellerie, Gastwirte, Taxiunternehmen und vor allem die Kulturschaffenden. Persönlich freue sie sich sehr auf dieses Haus und darüber, dass Herr Dellnitz diese Chance gesehen und ergriffen habe, indem in so kurzer Zeit ein großartiges Konzept aufgestellt wurde.

Schade finde sie, dass in der Diskussion eine Konkurrenz zwischen den verschiedenen Bedarfen aufgemacht wird. Die überwiegende Mehrheit im Gemeinderat wolle ein Haus des Tourismus, aber auch ein Haus der Kulturen und sehe darüber hinaus die Bedarfe für weitere ins Spiel gebrachte Häuser. Eine Konkurrenz der verschiedenen Bedarfe sehe sie an diesem Ort dennoch nicht. Man habe an der einen Stelle ein von Stuttgart Marketing fertig ausgearbeitetes, tolles Konzept für ein Haus des Tourismus mit hohem Erlebnischarakter. Auf der anderen Seite gebe es Ideen, u.a. für ein Haus der Kulturen, und für ein Bürgerhaus, die noch nicht zu einem Konzept ausgereift seien, sondern sich erst in der Kreativ- und Findungsphase befinden. Somit könne man jetzt doch nicht sagen, "egal, was bei diesem Prozess herauskommt, am Marktplatz wird ein Haus frei, da setzen wir jetzt das Haus der Kulturen hinein". Die andere Idee, die im BB Mitte diskutiert wurde, halte sie für genauso wenig nachvollziehbar: "Da werden einfach 30 % der Fläche herausgegriffen und eine Mischnutzung für ein Bürgerhaus ins Spiel gebracht, ohne ein Konzept dafür zu haben, wie man die 500 - 600 m² inhaltlich befüllen möchte". Unabhängig davon habe sie Zweifel, ob ein Haus der Kulturen oder ein Bürgerhaus tatsächlich zu einer Belebung des Marktplatzes führen könnten. Darüber hinaus diskutierten viele Fraktionen noch immer darüber, ob ein Haus der Kulturen nicht mit dem Neubau des Lindenmuseums zusammengedacht werden sollte, selbst wenn dies bedeute, dass man in den nächsten Jahren wahrscheinlich kein Haus der Kulturen bekommen kann. "Aber lieber realisieren wir doch in 10 Jahren etwas, was konzeptionell wirklich passt, als jetzt irgendwas schnell auf den Weg zu bringen." Sie sehe zudem im Hinblick auf das Haus der Kulturen überhaupt keine Eilbedürftigkeit.

Eine ganz andere Frage sei die von PULS aufgeworfene Frage zum grundsätzlichen Umgang mit zentral freiwerdenden Gebäuden angesichts der bestehenden Raumknappheit und der vielen Bedarfe. Die Verwaltung habe den Gemeinderat bereits im Sommer letzten Jahres darüber informiert, dass das Breitling-Haus am Marktplatz frei wird. Über Monate hinweg war offenbar der politische Wille nicht da, diesbezüglich aktiv zu werden. Aufgabe der Verwaltung war es, die verschiedenen Bedarfe gegenüber zu stellen und so habe die Verwaltung die aus ihrer Sicht beste und sinnvollste Nutzungsmöglichkeit dem Rat vorschlagen können. Sie halte dieses Vorgehen angesichts dessen, dass es für die anderen Nutzungen keine fertig ausgearbeiteten Konzepte gibt, für absolut in Ordnung. Der Vorlage stimme man daher absolut zu, die Anträge der Fraktionsgemeinschaften FrAKTION und PULS werde man ablehnen.

StRin von Stein (FW) lenkt das Augenmerk auf den Aspekt, dass das betreffende Gebäude der Familie Breitling gehört, die ein legitimes Interesse daran habe, dieses Haus gut und solide zu vermieten. Damit habe sie das Recht eines Vermieters, sich den Mieter auszusuchen. Man wisse zudem nicht, ob die Familie Breitling sich für ein anderes Konzept entscheiden würde oder nicht. Herr Dellnitz habe das Potenzial erkannt und ein hervorragendes Konzept ausgearbeitet, das auch noch Räume hat, die für die Stadtverwaltung als Besprechungsräume nutzbar sind. Weiter weist sie darauf hin, dass auch andere Einrichtungen diese Möglichkeit gehabt hätten, sie jedoch nicht genutzt haben. Sie könne daher nicht nachvollziehen, Herrn Dellnitz und der Stuttgart Marketing deswegen einen Vorwurf zu machen. Man erlebe hier eines der seltenen Beispiele, wo ein Verfahren sich nicht über Jahre hinzieht, sondern zu einem raschen Schluss kommt und für alle Vorteile bietet. Die Fraktion Freie Wähler freue sich auf dieses Haus und wünsche dafür alles Gute.

Natürlich wäre es toll, einen Rahmenplan zu haben. Dennoch müsse man, wenn es Veränderungen gibt, in der Lage sein, zu reagieren - unter Umständen auch schnell. Ein Rahmenplan müsse folglich auch immer ermöglichen, flexibel zu sein. Was das Haus der Kulturen angeht, so sei sie von der Aussage überrascht, dass man plötzlich auch mit 3.000 m² Fläche zurechtkommen würde. In ihren Augen hat sich das Forum der Kulturen damit einen Bärendienst erwiesen. Was das Thema Bürgerhaus angeht, so teile sie die Aussage ihrer Vorrednerin.

Die Argumente seien ausgetauscht, hält StR Köhler (AfD) fest. Das Konzept der Stuttgart Marketing überzeuge wirtschaftlich, und könne touristisch und kulturell zu einem wirklichen Highlight für Stuttgart werden. Er freue sich auf dieses Highlight und stimme der Vorlage voller Überzeugung zu.

Für die PULS-Gemeinderatsfraktion erklärt StR Puttenat (PULS), man sei enttäuscht vor allem von den Prozessen und betrachte den ganzen Prozess als eine Art Lehrstück. Den Alternativen sei in den Diskussionen keine echte Chance gegeben worden, sondern lediglich nur eine Option beraten worden. Er fragt, wie die Prüfungen zum Labor der Kulturen gelaufen sind und wie den vom Forum der Kulturen angemeldeten Interimsbedarfen Rechnung getragen werden soll. Er ruft dazu auf, dies ernst zu nehmen. Man wünsche sich, dass in der Zukunft bei ähnlichen Prozessen mehr Raum zur Diskussion eingeräumt wird - auch unter Einbeziehung der Stadtgesellschaft und außerdem die Transparenz verbessert wird. Der Eindruck, es könnte eine "Verhandlung im Hinterzimmer" stattgefunden haben, könne entstehen - wenngleich dies nicht so gewesen ist und es zutreffend sei, dass die Öffentlichkeit seit Sommer letzten Jahres durch die Presse hätte informiert sein können. Alles, was er hierzu sage, gelte auch dann, wenn es um ein Gebäude geht, das der Stadt nicht gehört und lediglich zur Miete steht und am Ende selbstverständlich der oder die Eigentümer*in entscheidet, was damit passiert.

Seines Erachtens wurden die Stuttgarterinnen und Stuttgarter nicht wirklich gefragt, was sie in ihrer Stadt am Marktplatz wollen. Ihm persönlich sei es in diesem Fall zu dürftig, als Repräsentant*innen zu entscheiden. Er wünsche sich für die Zukunft, achtsamer und feinfühliger in solchen Fällen umzugehen und zu überlegen, wie mehr Transparenz geschaffen werden kann, damit Ideen nicht so spät kommen. Es gehe hier auch um das Bewusstsein für unser Stuttgart und für einen sehr prominenten Ort in der Stadt. Aus seiner Sicht ist eine Chance vertan worden was die demokratischen Prozesse betrifft.

Er ziehe das Fazit, dass der Prozess unglücklich gelaufen ist, was auch ein Stückweit auf den Rat zurückfalle, der spät reagiert habe. Nur eine Institution habe alles richtiggemacht: Armin Dellnitz und sein Team von Stuttgart Marketing. Er hätte sich insgesamt auch von der Verwaltung, vom Gemeinderat, von Initiativen und Vereinen gewünscht, dass sie die nötige Leidenschaft und das Feuer an den Tag legen. Abgesehen davon, ob der Marktplatz wirklich der ideale Standort für ein Haus des Tourismus ist, stehe das Angebot von Herrn Dellnitz, die Ausgestaltung des neuen Hauses gemeinsam anzugehen. Diesbezüglich sollte man sich wirklich Mühe geben. So frage er sich, ob eine Vinothek wirklich die Antwort für eine Gastronomie im Erdgeschoss ist. Unter anderem darüber sollte man reden. Gegenüber den Mitgliedern im Aufsichtsrat der SM formuliert er den Wunsch, für die Ausgestaltung des neuen Hauses jetzt die nötige Transparenz in die Stadtgesellschaft hinein zu schaffen. PULS werde die Vorlage aufgrund der aus ihrer Sicht mangelhaften demokratischen Prozesse, der fehlenden Transparenz und der nicht vorhandenen Einbeziehung der Stadtgesellschaft, insbesondere auch des BB Mitte, ablehnen. Man werde sich aber konstruktiv in die Ausgestaltung des neuen Hauses einbringen.

OB Dr. Nopper sieht die demokratischen Prozesse nicht ausgehebelt und verweist auf die Gremien, in denen über das Thema beraten wurde. Im Verlauf der Debatte sei die Verwaltung dafür gelobt worden, wie beherzt und schnell man zu einer Entscheidung gekommen sei. Er finde, wenn man von einem Projekt überzeugt ist, dann dürfe die Entscheidung auch einmal schnell und beherzt getroffen werden. Bevor er zur Abstimmung kommt, weist er darauf hin, dass der Antrag Nr. 49/2021 für erledigt erklärt wurde.


Danach lässt er über den Antrag Nr. 48/2021 der FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei abstimmen und stellt dazu mit 1 Ja-Stimme, 1 Enthaltung und 13 Nein-Stimmen mehrheitliche Ablehnung fest.


Die anschließende Abstimmung über den Antrag Nr. 47/2021 der PULS-Fraktionsgemeinschaft ergibt bei 2 Ja-Stimmen und 13 Nein-Stimmen ebenfalls mehrheitliche Ablehnung.



Der Vorsitzende stellt abschließend die GRDrs 1132/2020 zur Abstimmung und stellt fest:

Der Gemeinderat beschließt mit 13 Ja- und 2 Nein-Stimmen mehrheitlich wie
beantragt.


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