Protokoll:
Gemeinderat
der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
55
12a
Verhandlung
Drucksache:
GZ:
Sitzungstermin:
06.04.2017
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
OB Kuhn
Berichterstattung:
der Vorsitzende
Protokollführung:
Frau Gallmeister
de
Betreff:
Erfolgreiche Spezial-Straßenreinigung gegen Feinstaub nicht einstellen
- Dringlichkeitsantrag Nr. 100/1017 der CDU-Gemeinde-
ratsfraktion vom 04.04.2017 -
Der im Betreff genannte Dringlichkeitsantrag ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.
OB
Kuhn
verweist auf den obengenannten Antrag und merkt an, dass es zu diesem Antrag eine Vorgeschichte gibt. Er erinnert an den im Jahr 2006 ohne positives Ergebnis durchgeführten Feinstaubkehrversuch. Im letzten Jahr sei eine Vereinbarung der Landeshauptstadt mit dem Deutschen Kraftfahrzeug-Überwachungsverein (DEKRA) und drei weiteren Firmen für die erneute Durchführung eines Kehrversuchs getroffen worden. Der Versuch laufe seit dem 01.03.2017 und solle zum 07.04.2017 beendet werden, da die beteiligten Firmen dann die Auswertung vornehmen müssten.
Erfreulich sei, dass der Kehrversuch anscheinend tatsächlich positive Ergebnisse bringe. Deswegen müsse entschieden werden, ob der Versuch fortgesetzt werden solle, und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt. Auch die Finanzierung müsse überlegt werden, da der Versuch von den beteiligten Firmen finanziert werde; die Stadt assistiere auch mit Personal und Logistik am AWS-Gelände.
Jetzt müsse der Versuch ausgewertet werden, wozu die DEKRA nach eigenen Angaben einige Wochen brauche. Für die Auswertung brauche die DEKRA auch Messdaten von Tagen, an denen nicht gekehrt werde. Nach Abschluss der Versuchs-Auswertung sollten Vertreter der DEKRA in seinem Beisein die Ergebnisse im Ausschuss für Umwelt und Technik (UTA) vorstellen. Gleichzeitig könnten die Kosten erhoben werden, wenn weiter gekehrt werde, vielleicht in Szenarien - eines sobald wie möglich und eines ab 15.10.2017. Benötigt werde selbstverständlich ein Haushaltsbeschluss. Auch müsse, wenn eine bestimmte Größenordnung an Kosten überschritten werde, eine Ausschreibung durchgeführt werden - dies sei rechtlich zwingend. Abhängig vom Ergebnis des Versuchs könnte vielleicht noch etwas Anderes ausprobiert oder das Versuchsgebiet verändert werden.
OB Kuhn schlägt dem Gemeinderat vor, dass die Verwaltung nach Vorliegen des Kehrversuchsergebnisses so rasch wie möglich im UTA berichtet. Parallel dazu lasse er vorbereiten, was die verschiedenen Szenarien kosten. Geklärt werden müsse auch, ob die Fahrzeuge der beteiligten Firmen dann noch zur Verfügung stehen oder ob neue Fahrzeuge geleast werden könnten oder gekauft werden müssten. Er gehe davon aus, dass mit diesem Vorschlag dem Begehren der Antragsteller entsprochen werden könne, ohne schuldhaftes Verzögern mit dem sinnvollen Kehren weiterzumachen.
Mit Blick auf Präventionsmaßnahmen erklärt der Vorsitzende, da nach dem Stand der Wissenschaft die Feinstaubpartikel gesundheitsschädlich seien, sei es notwendig, präventiv die Gesundheitsschädigung zu minimieren. Es gehe dabei um jedes Mikrogramm, das der Stuttgarter Bevölkerung erspart werden könne. Wenn der Kehrversuch ein positives Ergebnis habe, müsste seiner Meinung nach damit fortgefahren werden. Auch die notwendigen Mittel müssten in einem ordentlichen Verfahren beschlossen werden.
StR
Kotz
(CDU) dankt dem Vorsitzenden für seine Ausführungen. Die CDU-Gemeinderatsfraktion habe mit ihrem Antrag Nr. 336/2016 Reinigungsmaßnahmen gegen Feinstaub wieder angestoßen, der Herr Oberbürgermeister habe dies aufgegriffen und mit der DEKRA umgesetzt. Der Dank seiner Fraktion gelte daher auch der DEKRA und den beteiligten Unternehmen, da es nicht selbstverständlich sei, sich so einzubringen.
Dass die Kehrversuche Wirkung zeigten, könne seiner Ansicht nach von allen klar erkannt werden, die objektiv auf die Werte schauen und denen es nicht darum gehe, die Werte zu senken, sondern das Auto zu verbannen.
An StR Rockenbauch gewandt merkt StR Kotz an, wenn ein Problem gelöst werden könne, habe man eines weniger. Dies sei die Herangehensweise, wenn Probleme bestünden, und nicht die "Fundamentalversion" der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS - entweder 100 % oder gar nicht. StR Kotz geht auf die durchschnittliche Differenz der Feinstaubbelastung am Neckartor und in Bad Cannstatt ein. Im Januar 2017 seien es am Neckartor durchschnittlich 29,35 µg mehr gewesen als in Bad Cannstatt. Im Februar d. J. seien es am Neckartor durchschnittlich 29,57 µg mehr als in Bad Cannstatt gewesen. Im März, seit Beginn des Kehrversuchs, habe die Differenz nur noch 16,43 µg betragen. Seine Fraktion trete für eine Weiterführung des Kehrversuchs auch in der sogenannten Pause des Feinstaubalarms zwischen dem 15. April und 15. Oktober ein, da sie in dieser Zeit keinen Überschreitungstag haben wolle. Die Wahrscheinlichkeit, dass es solche Tage geben könnte, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden, sei hoch. Deswegen meine er, dass die finanziellen Investitionen und die Einschränkungen, die es in gewissem Umfang für den Verkehr bei Nacht geben würde, überschaubar seien im Vergleich zu dem, was erreicht werden könne.
An OB Kuhn gewandt bittet StR Kotz, dass die Verwaltung Lösungen ohne Ausschreibungsverfahren findet, um relativ schnell wieder "auf die Straße zu kommen". Die DEKRA sollte gebeten werden, ihre Auswertung so zügig wie möglich fachlich korrekt zu machen. Er bitte, spätestens in der ersten Maihälfte mit den entsprechenden Vorlagen in die Gremien zu kommen, damit durch den technischen Fortschritt möglichst schnell wieder etwas zur Verbesserung der Stuttgarter Luft getan werden kann.
OB
Kuhn
betont, die Verwaltung werde alles tun, damit der Gemeinderat sobald wie möglich eine entscheidungsfähige Grundlage erhält. Aus dem Vergleich der Kurven Neckartor und Bad Cannstatt über das vorletzte und letzte Jahr und dieses Jahr sei deutlich zu entnehmen, dass seit Beginn des Kehrens die Kurven eher parallel verlaufen, während es vorher starke Ausschläge gegeben habe.
StR
Winter
(90/GRÜNE) hält die Auswertung des Kehrversuchs für wichtig. Zu den wichtigen Maßnahmen hinsichtlich der Feinstaubreduzierung gehöre zum einen die Ursachenvermeidung und zum anderen die Bekämpfung der Auswirkungen dort, wo sie vorhanden seien. Auch mit anderen Maßnahmen, u.a. Grün am Straßenrand oder Mooswand, werde einiges getan. Seine Fraktion freue sich über alles, was für die Feinstaubreduzierung Wirkung zeige. Er warne davor, jetzt die Kehrversuche als Allheilmittel im Kampf gegen den Feinstaub zu betrachten; es müssten vielmehr alle Mittel genutzt werden, die zur Verringerung des Feinstaubs beitragen könnten.
Positiv zu den bisher bekannten Auswirkungen des Kehrversuchs äußert sich StR
Körner
(SPD). Wenn es möglich sei, den Kehrversuch im Sommer weiterzuführen, sollte dies getan werden.
Demgegenüber hält StR
Ozasek
(SÖS-LINKE-PluS) valide Aussagen zur Wirkweise des Kehrversuchs momentan "mindestens für abenteuerlich". Es sei bedauerlich, dass die CDU-Gemeinderatsfraktion sich wenig für die wissenschaftlichen Standards interessiere; es gehe ihr in erster Linie um Schlagzeilen und darum, von tatsächlichen Ursachen der lufthygienischen Situation abzulenken. Und diese Ursache sei das Automobilaufkommen. Nur wenn dieses reduziert werde, lasse sich der Giftcocktail im Kessel verlässlich und dauerhaft beseitigen.
An OB Kuhn gewandt erinnert StR Ozasek an eine vor längerer Zeit gestellte Forderung seiner Fraktionsgemeinschaft, dass die Möglichkeiten geprüft werden, dass die Integrierte Verkehrsleitzentrale ihre Instrumente ausschöpft, um Pförtnerampeln zu steuern, um damit die Verkehrsmengen zu dosieren. Er möchte wissen, ob diese Forderung seiner Fraktionsgemeinschaft auch zügig geprüft wird.
Im Gegensatz zu seinem Vorredner sieht StR
Zeeb
(FW) in dem Kehrversuch etwas Gutes, das weiterverfolgt werden müsse, auch wenn es sich nur um einen kleinen Baustein handle. Die sarkastische Sichtweise von SÖS-LINKE-PluS kann er nicht nachvollziehen.
StR
Prof. Dr. Maier
(AfD) weist darauf hin, dass beispielsweise die südkoreanische Hauptstadt Seoul, in welcher der Verkehr nicht weniger intensiv sei als in Stuttgart, schon vor Jahren das Feinstaubproblem mit Nasskehrern gelöst hat. Auch in Madrid sei vor Jahrzehnten mit Nasskehren und sogar einem regelrechten nächtlichen Durchspülen der Hauptdurchgangsstraßen begonnen worden, sodass es dort kein Feinstaubproblem gebe. Die Wirksamkeit von Nasskehrern sei international erwiesen; am Neckartor werde dies ebenfalls so sein. Seine Fraktion werde daher dem Antrag Nr. 77/12017 der CDU-Gemeinderatsfraktion zustimmen.
StR
Dr. Oechsner
(FDP) stimmt mit StR Ozasek darin überein, dass das Verkehrsaufkommen am Neckartor zu hoch ist und Feinstaub produziert. Dagegen müsse etwas getan werden, und man müsse froh sein, wenn man ein Instrument gefunden habe, das ein Baustein in der Bekämpfung des Feinstaubs sei. Es müsse auch andere Maßnahmen geben, und die Pförtnerampel sei sicherlich auch eine richtige Maßnahme, aber es könne nicht gesagt werden, dass alles andere schlecht sei und auch schlecht bleibe, selbst wenn etwas Gutes gefunden worden sei. Der vorgeschlagenen Vorgehensweise, die eine Abstimmung über den Antrag der CDU-Fraktion überflüssig mache, werden sich die FDP-Mitglieder des Gemeinderats anschließen, kündigt StR Dr. Oechsner abschließend an.
Angesichts der offensichtlich positiven Wirkung des Kehrversuchs würde StR
Dr. Schertlen
(STd) der Weiterführung des Versuchs zustimmen, wenn eine Abstimmung über den Antrag 77/2017 erfolgen würde.
OB
Kuhn
verweist auf den von ihm in der Diskussion gemachten Vorschlag und merkt nochmals an, die Verwaltung werde alles durchchecken und alle nützlichen Maßnahmen zur Umsetzung vorschlagen.
Nachdem gegen diese Feststellung keine Einwendungen erhoben werden, schließt er den Tagesordnungspunkt ab.
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