Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
611/2018
GZ:
WFB 9541
Sitzungstermin: 19.07.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Sabbagh fr
Betreff: Senkung der Grundsteuerhebesätze

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 18.07.2018, öffentlich, Nr. 304

Ergebnis: ohne Votum Verweisung in GR


Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 02.07.2018, GRDrs 611/2018.

Die Tagesordnungspunkt 5 und 6 werden gemeinsam aufgerufen. Die Aussprache ist nachfolgend wiedergegeben.


OB Kuhn erinnert daran, dass sowohl im Verwaltungsausschuss als auch im Ältestenrat eine Aussprache zum Thema vereinbart worden sei.

Angesichts der Jahresabschlüsse, die in den letzten Jahren besser als erwartet ausgefallen seien und die so die Finanzierung vieler Projekte ermöglichten, erinnert StR Kotz (CDU) an die in den Haushaltsplanberatungen 2015 von seiner Fraktion beantragte "intelligente Grundsteuer", mit der ein kleiner Teil des Ergebnisses an diejenigen zurückgegeben werden solle, die zu diesem Erfolg beigetragen hätten. Seine Fraktion stimme dem in der Vorlage dargelegten Verfahren, das in den Haushaltsplanberatungen mehrheitlich beschlossen worden sei, gerne zu. Den Vorschlag der SPD, stattdessen jeder Bürgerin/jedem Bürger 50 € auszuzahlen, halte er für nicht praktikabel.

StR Winter (90/GRÜNE) erinnert an die Haushaltskonsolidierung, in der die ökosoziale Mehrheit im Gemeinderat die Erhöhung der Grundsteuer beschlossen habe, um den immensen Sanierungsstau an Schulgebäuden in Angriff nehmen zu können. Er weist die SPD darauf hin, dass sie damals beantragt habe, dass bei einer Verbesserung der Einnahmensituation die Verschuldung der Stadt, steuerliche Entlastung und die höhere Grundsteuer überprüft und stufenweise wieder gesenkt werde. Dies entspreche nicht dem nun von der SPD gestellten Antrag. Seine Fraktion sehe den Zeitpunkt für gekommen, die Steuererhöhung zurückzunehmen. Die finanzielle Situation der Stadt erlaube dies, ohne dass dies negativen Einfluss auf die Sanierungen habe. Im Hinblick auf Antrag Nr. 221/2018 erinnert er an die im Haushalt beschlossene Kita-Förderung mit einer monatlichen Entlastung für die Familien von 50 €/Kind.

StR Körner (SPD) rechnet vor, dass die Entlastung durch die Grundsteuersenkung für jede Bürgerin/jeden Bürger nur 1,45 €/Monat bzw. knapp über 17 €/Jahr betrage. Für den Daimler-Konzern dagegen belaufe sich die Entlastung auf 5 Mio. €/Jahr, die die beiden größten Anteilseigner - Kuwait und ein chinesischer Fonds - erhielten. Dies halte er für verwerflich und völlig ungerecht angesichts der sozialen Lage in der Stadt. Für viele Menschen mit normalem Einkommen sei das Leben in Stuttgart kaum finanzierbar. Diese sollten von der guten Finanzlage der Stadt profitieren, nicht der Daimler-Konzern, der im letzten Jahr 10 Mrd. € Gewinn gemacht habe. Er begründet den Vorschlag seiner Fraktion, jeder Bürgerin/jedem Bürger 50 € in Form eines Gutscheins für den ÖPNV auszuzahlen. Das halte er für deutlich sinnvoller, denn gerade auch in Anbetracht der kommenden Fahrverbote und der Tarifreform setze man damit einen Impuls, den ÖPNV zu nutzen. Und schließlich halte er es steuerpolitisch nicht für intelligent und auch nicht seriös, die Grundsteuer jedes Jahr nach Kassenlage neu zu prüfen. Damit greife man einen Sektor willkürlich heraus.

Ehrlicher fände es StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS), statt von "intelligenter Grundsteuer" von "Daimler-Meistbegünstigungsklausel" zu sprechen. Seine Fraktionsgemeinschaft wolle lieber intelligente Kinder und habe deshalb den Antrag gestellt, den er kurz begründet. Grundsätzlich sollte man Konzerne nicht entlasten, wenn es ihnen gut gehe, sondern Rücklagen bilden, um sie dann in schlechteren Zeiten entlasten zu können. Und für die Zukunft des Wirtschaftsstandortes sei die Lebensqualität einer Stadt - und dazu gehöre der Zustand der Schulen und Kitas - wichtiger als eine kurzfristige marginale Entlastung ihrer Bewohnerinnen und Bewohner. Er appelliert an
Bündnis 90/DIE GRÜNEN, wieder zur ökosozialen Mehrheit zurückzukehren und dem Antrag seiner Fraktionsgemeinschaft zuzustimmen.


Die Haltung seiner Fraktion zum Thema Grundsteuer sei quasi seit Generationen klar, erklärt StR Zeeb (FW). Sie habe immer wieder die Senkung dieser Steuer gefordert, leider ohne Erfolg. Der nun präsentierten "intelligenten Grundsteuer" hätte seine Fraktion eine nachvollziehbare und langfristige Steuersenkung vorgezogen. Als ersten Schritt hin zu einer Senkung der Grundsteuer auf deutlich unter 500 Punkte könne sie der Vorlage jedoch - "leicht murrend" - zustimmen.

StR Dr. Oechsner (FDP) signalisiert ebenfalls Zustimmung, weist dabei aber auch auf den enormen Aufwand bei Vermietern und Mietern hin, da die Vorauszahlungen dann jedes Jahr angepasst und die Abrechnung neu gestaltet werden müsse. Eine langfristige Planung sei so nicht möglich. Er plädiert für eine langfristige moderate Absenkung. Das nun vorgelegte Modell halte er nicht für intelligent.

Die ortsansässigen Firmen schafften Arbeitsplätze und deshalb sei es gut, sie zu entlasten, betont StR Klingler (BZS23). Mit der Grundsteuersenkung entlaste man im Übrigen auch die Mieterschaft, da so der Kostenfaktor Wohnen bzw. Miete gesenkt werde. Die Grundsteuererhöhung vor acht Jahren sei unnötig gewesen, stehe doch der Haushalt sehr gut da. Seine Gruppierung stimme ebenfalls "leicht murrend" zu.

Dagegen lehnt StR Dr. Schertlen (STd) die Maßnahme ab. Zum einen halte er die Zeitspanne für zu lang und zum anderen sollte eine Senkung nicht nur die Grundsteuer betreffen.

OB Kuhn erläutert, die Intelligenz der Grundsteuer bestehe im Automatismus dergestalt, dass die Steuer von der Finanzsituation bzw. dem Ergebnis des Haushalts abhänge. Den Antrag der SPD auf eine einmalige Ausgabe für die Bürgerinnen und Bürger könne er nachvollziehen, nicht aber den Antrag der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS auf gebührenfreie Kitas. Wie solle man dann vorgehen, wenn sich die Gesamtfinanzlage der Stadt wieder verschlechtere?

Hier konkretisiert StR Rockenbauch den Antrag seiner Fraktionsgemeinschaft und merkt an, dass der Gemeinderat die Kita-Gebühren bei den Haushaltsplanberatungen jederzeit wieder ändern könne.

StR Brett (AfD) erinnert an die Gründe für die Erhöhung der Grundsteuer. Er plädiert für eine Senkung von 520 Punkten auf 490. Er stimme der Vorlage ebenfalls "leicht murrend" zu.


OB Kuhn stellt fest:

Der Gemeinderat lehnt den Antrag Nr. 221/2018 bei 9 Ja-Stimmen
mehrheitlich
ab.

Der Gemeinderat hat von der GRDrs 611/2018 Kenntnis genommen.

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