Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
87
1
VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 11.04.2019
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn, EBM Dr. Mayer
Berichterstattung:Herr Epple, Frau Sauter (Fridays for Future)
Protokollführung: Frau Sabbagh
Betreff: Generaldebatte zum Klimaschutz

Die Anträge Nr. 131/2019 vom 08.04.2019 (SÖS-LINKE-PluS) und Nr. 139/2019 vom 11.04.2019 (90/GRÜNE) sind dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt. Die Anträge werden zu Beginn der Sitzung als Tischvorlage ausgeteilt.

Vorab stellt OB Kuhn gemäß der Absprache im Ältestenrat den Antrag, dass erstens Frau Ivonne Sauter und Herr Paul Epple, beide Organisatoren der Stuttgarter Fridays for Future, im Sinne von § 20, Abs. 1 der Geschäftsordnung des Gemeinderats und § 33, Abs. 3 der Gemeindeordnung als sachkundige Einwohner zu TOP 1 hinzugezogen werden. Zweitens sollen Frau Sauter und Herr Epple abweichend von § 22, Abs. 2 Satz 5 der Geschäftsordnung als sachkundige Einwohner die Gelegenheit erhalten, zu Beginn des Tagesordnungspunkts 10 bis maximal 15 Minuten zu sprechen. Und drittens werden die Redezeiten in der ersten Runde wie folgt begrenzt: 10 Minuten für Fraktionen, 5 Minuten für Gruppierungen und 3 Minuten für Einzelstadträte.

StR Dr. Fiechtner (BZS23) bezeichnet es als großen Skandal, dass die Organisatoren der Demonstrationen vor dem Gemeinderat sprechen dürfen. Er fordert deshalb zumindest die gleiche Redezeit für sich selbst ein. Weiter fordert er, die Einwohnerschaft der beiden zu überprüfen. Hierzu informiert EBM Dr. Mayer, über die Frage der sachkundigen Einwohner entscheide der Gemeinderat nach freiem Ermessen: die Einwohnerschaft liege vor. Hierauf lässt OB Kuhn über seinen dreiteiligen Antrag abstimmen und stellt fest:

Der Gemeinderat stimmt dem Antrag bei 3 Gegenstimmen mehrheitlich zu.

OB Kuhn begrüßt Frau Sauter und Herrn Epple, bittet sie ans Rednerpult und weist noch darauf hin, dass die Debatte aufgezeichnet und live im Internet übertragen wird.

Die Reden der ersten Ausspracherunde folgen im leicht redigierten Wortlaut:

Herr Epple:

"Vielen Dank für die Einladung und die Gelegenheit, zum Gemeinderat unserer Stadt sprechen zu dürfen über ein Thema, das das dringlichste Thema einer ganzen Generation geworden ist. Viel Neues werden wir darüber jedoch nicht berichten können, denn was gerade passiert und noch passieren wird, ist seit 40 Jahren bekannt. Deswegen an dieser Stelle nur eine kurze Zusammenfassung.

Bereits jetzt haben wir eine Klimakrise mit weltweiten Folgen ausgelöst, die nicht mehr umkehrbar sind. Jährlich sterben bereits jetzt hunderttausende Menschen an den Folgen der Erderhitzung, Millionen mehr leiden an den Folgen von Extremwetterperioden, Überflutungen, Hunger und Krankheitsepidemien. Bisher in den ärmeren Regionen der Welt, doch in wenigen Jahren könnten diese Folgen auch hier spürbar sein. Alle 7 Minuten stirbt eine Tierart aus. Das sind 200 Tierarten pro Tag, die unwiederbringlich zugrunde gehen. Die globalen Temperaturen sind gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter um ein Grad gestiegen. In Baden-Württemberg sind es sogar mehr als ein Grad, Kretschmann spricht von 1,4 Grad. Um eine unkontrollierbare globale Erwärmung mit nicht absehbaren Folgen zu verhindern, ist es unerlässlich, die Treibhausgasemissionen schnellstmöglich massiv zu reduzieren. Denn bereits 1,5 Grad Erderwärmung führen unter anderem dazu, dass der steigende Meeresspiegel riesige Küstengebiete unbewohnbar macht. Die Weltbank schätzt, dass in den kommenden 30 Jahren die Zahl der Klimaflüchtlinge auf über 140 Mio. Menschen ansteigen wird. Auch in Baden-Württemberg, und hier besonders im Ballungsgebiet Stuttgart, wird der Klimawandel zu spüren sein. So werden z. B. die Landwirtschaft und das Stadtklima von den Folgen direkt betroffen sein.

Der Klimawandel ist also nicht bloß ein Klimaproblem, er ist ein Gerechtigkeits-, ein Wirtschafts-, ein Sicherheits-, ein Tierschutz- und ein Friedensproblem. Seit Ende November gehen Woche für Woche mehr und mehr, größtenteils junge Menschen, auf die Straße. Unterstützt werden sie von Eltern, Lehrern, Ingenieuren und Wissenschaftlern. Sie legen Schulbildung und Arbeit nieder und verlangen von der Regierung sofortige Maßnahmen zum Klimaschutz, denn die derzeitige Entwicklung des Klimas und der Umweltverschmutzung nimmt ihnen jede Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft. Wir sehen, dass trotz weltweiter Bemühungen über Jahrzehnte, den Ausstoß von Klimagasen zu reduzieren, die Konzentration Jahr um Jahr zunimmt. Alle Maßnahmen, dem Klimawandel entgegenzuwirken, haben bisher wenig Erfolg gezeitigt. Die Wissenschaft prognostiziert verheerende Folgen für die menschliche Zivilisation und die Natur auf dem Planeten Erde. Es kann und soll nicht erwartet werden, dass die Lösung dieses Problems allein durch die Eigenverantwortung von Einzelpersonen erreicht wird. Es braucht jetzt auf kommunaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene griffige Maßnahmen, um diese drohende Katastrophe noch abzuwenden. Die aktuellen Pläne und Maßnahmen reichen nicht aus, um die Erderwärmung bis 2050 auf die angestrebten 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Deshalb ist es jetzt wichtiger denn je, schnell zu handeln.

Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten und die Forderungen von Fridays for Future Deutschland zu erreichen, muss besonderer Fokus auf die Reduktion der CO2-Emissionen gelegt werden. Auch das ist nichts Neues. Trotzdem haben wir uns gezwungen gesehen, am Montag unserer Bundesregierung eine Erinnerung vorzulegen, welche Ziele notwendig sind, damit wir überleben können und unsere Kinder eventuell auch. Diese Forderungen sind: netto Null bis 2035 erreichen, den Kohleausstieg bis 2030, 100 % erneuerbare Energieversorgung bis 2035, und bis Ende 2019 fordern wir das Ende der Subventionen für fossile Energieträger und eine Steuer für alle Treibhausgasemissionen.

Fridays for Future Stuttgart fordert vom Stuttgarter Gemeinderat, ausreichende Maßnahmen zu ergreifen, um seinen Teil zum Erfüllen dieser Forderungen beizutragen. Wir sehen uns immer noch nicht in der Rolle der Profis. Die Profis sollten dafür sorgen, dass konkrete und ausreichende Maßnahmen zum Erreichen des 1,5 Grad-Ziels eingebracht und umgesetzt werden. Das Wissen, Ideen und die konkreten Maßnahmen gibt es schon und auch die notwendigen Technologien. Auch für die Stadt Stuttgart können wir nur Ideen wiederholen, die seit Langem bekannt sind. Fördern Sie erneuerbare Energien, wie z. B. Solaranlagen. Erst vorgestern hat die Leopoldina eine von Frau Merkel angestoßene Studie über Luftreinhaltepläne veröffentlicht. Diese bestätigt, dass streckenbezogene Fahrverbote nicht ausreichen, eine komplette Verkehrswende muss her. Hier können Sie sich an einer deutlichen Reduzierung des Individualverkehrs ausrichten. Was die Studie Mobilität in Baden-Württemberg der Baden-Württemberg-Stiftung, die Ihnen sehr gut bekannt ist, seit Jahren fordert. Auch für alle anderen Maßnahmen gibt es Studie über Studie über die Vorteile und Umsetzungsmöglichkeiten
autofreier Innenstädte und kostenlosen ÖPNVs, z. B. über eine Nahverkehrsabgabe. Auch hier gibt es seit Jahrzehnten Initiativen, die konkrete Umsetzungspläne liefern.


Wie Herr Kuhn bei seinem Besuch auf einem unserer Streiks zutreffend bemerkt hat, hat auch unsere Ernährung einen riesigen Einfluss auf das Weltklima und in Folge auch auf unser Klima. Auch das ist seit Jahren bekannt und wird nicht erst durch den IPCC-Report, mehrere UN-Studien und Oxford-Studien bestätigt. Auch hier reicht Reden alleine nicht. Zeigen Sie dieses der Öffentlichkeit durch starke Förderung von pflanzenbasierter Ernährung in öffentlichen Mensen und Cafés, durch Förderung von regionalen Erzeugermärkten sowie von fairen regionalen Läden und Unverpackt-Läden. Nutzen Sie auch im Bauwesen die vielen Vereine und Initiativen, die mit Studien und Maßnahmen seit Jahren bereit sind, sich einzubringen. Fördern Sie mehr als jetzt Dach- und Fassadenbegrünung, Stadtteilgärten und Grün- und Blühstreifen. Und stoppen Sie die Flächenversiegelung. Fördern Sie den ökologischen Landbau mehr als jetzt, 30 % reichen nicht aus.

Stuttgarter Wälder werden momentan abgeholzt, das muss aufhören. Auch hier zeigen Studien und Initiativen, dass Wälder und Bäume unsere besten Chancen sind, CO2 zu binden."

Frau Sauter:

"Wie Sie bereits bemerkt haben, sind das alles keine neuen Ideen, sie bestehen seit Jahren. Und wir sind eine Jugendbewegung, und ja, auch ich bin noch jung, und ich wohne in Kaltental. Es ist und soll aber nicht unsere Aufgabe sein, die Schwachpunkte in Ihrer Politik aufzuzeigen mit durchstudierten und berechneten Maßnahmen. Das haben andere Menschen und Initiativen ja auch bereits seit Jahren getan. Setzen Sie das einfach endlich um. Es ist dringend erforderlich, jetzt auf allen Ebenen von Gesellschaft und Politik zu effizienten und konsequenten Maßnahmen zu greifen, um die Katastrophe noch aufzuhalten. Es ist Zeit zu handeln.

Was wir Ihnen jedoch vorschlagen können, ist eine ganz andere Art mit der Situation umzugehen. Denn als OrganisatorInnen bei Fridays for Future machen wir immer wieder dieselbe Beobachtung. Viele der teilweise noch sehr jungen Streikenden wachsen in einer sich zunehmend zersetzenden Umwelt auf und kriegen sehr wohl mit, wie mit der für sie existenziellen Bedrohung der Klimakrise umgegangen wird. Genauso wie mit dem Klima und der Umwelt umgegangen wird, wird auch mit ihren Sorgen umgegangen. Sie erfahren hauptsächlich, dass es den meisten egal ist. Aber auch viele Erwachsene melden sich zu Wort. Bei den Streiks, in den Social-Media-Kanälen, per E-Mail. Sie sagen, dass sie zwar schon länger besorgt sind, aber es aufgegeben hatten, sich darum zu kümmern oder im Bekanntenkreis auch nur darüber zu reden, weil sie belächelt oder ignoriert werden. Und wir sind jetzt ehrlich. Gemessen an der Anzahl von SchülerInnen und Studierenden, die es in Stuttgart insgesamt gibt, sind die Teilneh-merInnen an den Streiks lediglich ein Bruchteil.

Sie werden aber kaum abstreiten, dass die Klimakrise auch für die Nichtteilnehmer-Innen eine existenzielle Bedrohung ist. Woran liegt es, dass es denen scheinbar egal ist, was passiert? Woran liegt es, dass selbst Erwachsene sich nicht trauen teilzunehmen? Uns wundert das nicht. Die politischen Entscheidungen spiegeln seit Jahrzehnten dieses Desinteresse an der Sache wider. Sie werden nicht nach ökologischen oder klimatologischen Kriterien getroffen. Diese spielen eine untergeordnete Rolle, nach Wirtschaft, Wettbewerb, Arbeitsplätzen und Bruttoinlandsprodukt. Wenn überhaupt.

Schaut man sich die Maßnahmen an, die angesichts der Klimakrise erforderlich sind, wird auch klar, ohne gesellschaftliche Akzeptanz wird die erforderliche Neuausrichtung unserer Zivilisation niemals gelingen. Diese fehlt aber in weiten Teilen der Gesellschaft, da immer noch zu wenig über die Hintergründe und Auslöser der Klimakrise sowie die notwendigen Veränderungen aufgeklärt wird. Diese absolut notwendigen und nicht verhandelbaren Veränderungen müssen auch der Gesellschaft wie tiefgreifende Einschnitte in private Entscheidungen vorkommen. Wie Verbote und eine Ökodiktatur. Die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Veränderungen werden jede einzelne Bürgerin und jeden einzelnen Bürger betreffen, und diese müssen den gesamten Prozess entlang mitgenommen werden. Nur so kann dieses Projekt, das wirklich das größte Projekt der Menschheitsgeschichte ist, gelingen. Nur so kann dieser Prozess auch friedlich gelingen, ohne Rechtsruck, ohne deutsche Version von Gelbwesten-Protesten, ohne Spaltung in der Gesellschaft und ohne Gewalt.

Genau davor warnt eine erst letzten Freitag von einem EU-Institut, der ESPAS, veröffentlichte Studie: vor einer zunehmenden Schere zwischen Arm und Reich, vor wachsendem Populismus und zunehmender Gewalt, wenn die Klimakrise und die Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels bis zum Jahr 2030 nicht eingehalten wird. Die darin formulierten Forderungen und Maßnahmen decken sich weitestgehend mit den Forderungen von Fridays for Future. Fridays for Future Stuttgart fordert darauf aufbauend von Ihrer Gemeinde eine tiefgreifende Änderung des Umgangs mit diesen Themen. Erklären Sie den Klimawandel zum Krisenzustand und erkennen Sie damit die Eindämmung des Klimawandels und seiner schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von höchster Priorität an. Berücksichtigen Sie bei jeder einzelnen Entscheidung, in jeder einzelnen Sitzung die Auswirkungen auf das Klima sowie die ökologische gesellschaftliche und ökonomische Nachhaltigkeit.

Behandeln Sie bei jeder Entscheidung diejenige prioritär, die den Klimawandel oder dessen Folgen abschwächt. Orientieren Sie sich für zukünftige Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels an den Berichten des IPCC sowie des ESPAS. Fordern Sie von der Bundesregierung die Einführung eines verbindlichen Klimaschutzgesetzes, dessen Maßnahmen die Forderung von Fridays for Future einhalten. Fordern Sie, dass die Bundesregierung und die Landesregierung umfassend über den Klimawandel, seine Ursachen und Auswirkungen sowie über die Maßnahmen, welche gegen den Klimawandel ergriffen werden, informieren, und tun Sie dies selbst in Ihrer Gemeinde mit Ihren möglichen Mitteln. Arbeiten Sie noch enger mit den Klima- und Umweltschutzinitiativen aus Stuttgart zusammen, und berichten Sie uns in regelmäßigen Abständen über den Fortschritt der Maßnahmen. Ziehen Sie die Bürgerinnen und Bürger in die Entscheidung mit ein, z. B. über Jugend- und Bürgerparlamente, und nutzen Sie zur Aufklärung der Gesellschaft die vielen Vereine und Initiativen, die bereits bestehen, und fördern Sie diese noch stärker. Nutzen Sie die Chancen, die sich diesem Standort als Landeshauptstadt bieten, lassen Sie sich nicht länger von Freiburg und Karlsruhe abhängen, und wandeln Sie diese Stadt in eine Vorbildfunktion für alle Großstädte um.

Nehmen Sie alle Bürgerinnen und Bürger auf diesem Weg mit, und vergessen Sie dabei nicht die jüngste und nächste Wählergeneration. Die Kommunalwahlen stehen an. Parteien, die keine ausreichenden Maßnahmen in Bezug auf die Klimakrise in ihrem Parteiprogramm vorweisen können, sollten sich keine Illusionen darüber machen, eine breite Unterstützung zu erhalten. Gehen Sie mit dieser Herausforderung endlich so um, wie es angesichts der Tatsachen notwendig ist. Behandeln Sie es als das größte und dringlichste Menschheits- und daher Gemeinschaftsprojekt, das jemals anstand. Wir von Fridays for Future und viele andere Bewegungen, Vereine und Initiativen sind mehr als bereit dazu. Sind Sie es auch? Unser Haus steht in Flammen, und Streit führt zu keiner Handlung. Es ist an der Zeit, miteinander zu kooperieren, bevor es zu spät ist. Stuttgart muss Vorbild einer klimaneutralen Stadt werden, welche die Lebensgrundlage ihrer Bevölkerung schützt und bewahrt. Danke."

OB Kuhn:

"Vielen Dank, Frau Sauter und Herr Epple. Wir steigen jetzt in die Klimaschutzdebatte des Rates ein, wo wir natürlich auch viele kommunale Fragen zu dem Thema Klimaschutz bearbeiten werden. Ich darf Ihnen vorneweg sagen, die meisten von Ihnen wissen, dass ich im Herbst vor 40 Jahren meine Partei mitbegründet habe, und eines der ersten Plakate, die wir aufgehängt haben, da stand einfach drauf, wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt. Ein bisschen hintersinnig und ums Eck, aber ein sehr wirksames Plakat. Warum? Weil es gesagt hat, wir sind für unsere Zukunft verantwortlich, und zwar weit über unser eigenes Leben hinaus. Wenn heute skandiert wird auf dem Marktplatz, 'wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut', so höre ich es jedenfalls in meinem Arbeitszimmer am Freitagvormittag, dann ist es ja genau diese Dimension. Die Schülerinnen und Schüler demonstrieren am Freitag und streiken am Freitag, weil sie die Dimension der Zukunft in der Politik einfordern.

Ich will hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, mich jetzt nicht auf die Frage Schulstreik, Schulschwänzen einlassen. Es ist völlig klar, dass die Schülerinnen und Schüler wissen, dass sie mit dieser Regelverletzung etwas riskieren. Sie tun dies, weil sie damit Aufmerksamkeit in der Gesellschaft erregen können. Würden wir uns jetzt auf diese Debatte einlassen, würden wir genau diese Aufmerksamkeit ja bestreiten, und das will ich nicht tun. Deswegen muss man da nicht weiter darüber reden.

Wer die Klimaschutzziele von Paris umsetzen will, also nicht mehr als 1,5 Grad Erderwärmung, der muss schauen, erstens, dass der CO2-Ausstoß natürlich bis 2050 auf 0 oder auf 95 %, wie Sie wollen, reduziert wird. Und er oder sie muss gleichzeitig schauen, dass dies schnell geschieht. Es gibt so eine Tendenz in der Politik, dass man sagt, na ja 2050, das ist noch ein Weilchen, machen wir später. Nein, es muss schnell geschehen. Dies ist in Paris und in Polen in der Konferenz sehr, sehr deutlich gemacht worden. Dies betrifft die Themen Energieerzeugung, Industrie, Verkehr und Reisen, Ernährung und Landwirtschaft und auch das Thema Grüne Infrastruktur im ganzen Land, aber auch in unserer Stadt Stuttgart. Der Staat muss klare Regeln setzen auf der Ebene des Gesamtstaats in Berlin, die Kommunen müssen im Nahraum vorangehen, z. B. bei den Kantinen. Und wir alle müssen im Privatleben jeweils einen Beitrag leisten, dass CO2-Ausstoß vermieden wird. Wahrscheinlich kommt es auf die intelligente Kombination an, von dem, was der Staat tun muss und was wir Einzelnen tun müssen. Da gibt es kein entweder - oder, sondern beides muss ineinandergreifen.

Zur Lage in Stuttgart: Wir haben den Beschluss im Gemeinderat gefasst, dass wir 2050 unsere Energieversorgung - Privathaushalte, öffentliche Haushalte, Industrie und Verkehr - ohne Kohle- und Atomstrom erreichen wollen und damit klimaneutrale Stadt werden. Wir haben einige Schritte unternommen: die Gründung der Stadtwerke 2011, die Vergabeentscheidung bei Strom und Gas 2014, das wichtige Konzept der Urbanisierung der Energiewende 2016 und den Masterplan 100 % Klimaschutz im Jahre 2017. Das Ziel ist klar, gegenüber 1990 müssen wir den Energieverbrauch um 50 % senken. Und das, was wir dann noch brauchen, muss zu 100 % aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Dazu brauchen wir auch eine Steigerung der Energieeffizienz. So ist die Vision, die der Gemeinderat der Stadt Stuttgart gemeinsam beschlossen hat. Ich will Ihnen noch sagen, dass wir 4 % Energieverbrauch haben auf städtischen Liegenschaften, 17 % im Verkehr, 32 % in den Haushalten und 47 % bei Wirtschaft und Industrie.

Ich habe gerade die aktuellen Zahlen, wo wir eigentlich stehen, für 2017. Die für 2018 gibt es noch nicht, das dauert immer ein bisschen, weil das auch sehr, sehr komplizierte Anmeldungen und Rechnungen sind. Aber 2017 ist folgender Stand zu vermelden: Gegenüber 1990 haben wir 31 % CO2 eingespart. In der Energieeinsparung heißt es 27 % Energie eingespart im Jahr 2017. Und bei den erneuerbaren Energien stehen wir bei 18 %. Das heißt, das sind Zahlen, die vor allem bei der Einsparung sehr, sehr gut sind. Wir hatten uns ja vorgenommen für 2020, bei der Einsparung bei 20 % zu sein, und sind jetzt schon im Jahre 2017 bei 27 %. Im Jahr 2016 hat Stuttgart pro Kopf und Jahr einen CO2-Ausstoß von 7,7 Tonnen (t). Das ist ziemlich viel. Wir kommen in anderen Städten auf höhere Zahlen - Hamburg hat 9,3 t, Deutschland im Durchschnitt 7 t. Aber, jetzt wird es schon spannend: Schweden hat 5,3 t. Das heißt, es geht auch deutlich besser, doppelt so gut letzten Endes wie in der Bundesrepublik.

Aber wir sind eine Stadt, die sich in die richtige Richtung bewegt, wiewohl wir noch deutlich weiter nach unten kommen wollen und müssen. Ich glaube, da herrscht eine Übereinkunft. Der Masterplan, den ich zitiert habe, 'Klimaneutrales Stuttgart', macht deutlich, was geschehen muss. Wir müssen den Strom-Mix verbessern durch einen schnelleren Kohleausstieg. Vieles von dem, was in der Stuttgarter CO2-Bilanz drin ist, ist ja überregional erzeugter Strom. Das heißt, der Kohleausstieg muss meines Erachtens schneller stattfinden als bis 2038.

Wir brauchen mehr erneuerbare Energien in Stuttgart, dazu werde ich gleich nachher noch ein paar Zahlen nennen. Eine Verbesserung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes würde deutlich helfen. Die Stadt hat - seit wenigen Tagen auch auf dem Rathaus - derzeit 100 Photovoltaikanlagen auf städtischen Dächern. Und wir wollen, dass diese Zahl rasch steigt. Wir haben im Lenkungskreis Energie jetzt ein Konzept, und an dem wird gearbeitet, dass wir im Jahr 2019 40 bis 50 neue Dächer dazubringen und im Jahr 2020 ebenso. Da werden z. B. alle Schuldächer jetzt statisch überprüft. Die ersten sind schon in der Bestellung, in der Genehmigung, sodass wir deutlich steigern können. Gegenüber den 11 Anlagen, die 2018 gebaut wurden, wollen wir 2019 zwischen 40 und 50 Anlagen schaffen. Und das ist keine Träumerzahl, die wir uns irgendwie ausgedacht haben, sondern wir sind uns sicher, die zuständigen Bürgermeister und ich, dass wir diese Zahl auch schaffen können.

Der dritte Punkt ist, dass wir die erneuerbare Wärme stärker fördern werden, weil man auch damit einen positiven Klimaschutzbeitrag leisten kann. Ich möchte, gerade weil auch Schüler hier gesprochen haben, auf ein spezielles Programm der Stadt hinweisen, das heißt: LESS - Lukratives Energiesparen in Stuttgarter Schulen. Die Idee ist, wenn Stuttgarter Schulen Energie einsparen, verbleibt ein guter Teil der ersparten Beträge in der Schule, und die Schule kann die Mittel frei verwenden. Also ein zusätzlicher Anreiz, dass Ihr alle, die Schüler, zu den Schulleitungen gehen und sagen: Wir wollen da einsteigen. Derzeit machen 25 von 160 Schulen in Stuttgart mit. Und es sollen mehr werden. Deswegen sage ich das auch an dieser Stelle.

Ich darf den Verkehr erwähnen. Da reden wir ja oft drüber. Erster Punkt: Wir brauchen weniger Verkehr in der City und mehr Verkehr im ÖPNV. Die Zielzahlen sind genannt. Wir brauchen auch mehr Elektromobilität in der Stadt. Die muss aber aus erneuerbaren Energiequellen betankt sein, sonst taugt es ja nichts.

Ich komme zum Thema Ernährung. Das ist ja für viele ein ganz sensibles Thema. Ich finde, jeder kann seine Ernährung umstellen, aus Klimaschutzgründen oder auch aus Gesundheitsgründen. Ich will eine einzige Zahl sagen, die unbestritten ist und klar. Um ein Kilogramm Butter zu erzeugen, entstehen 23,8 kg CO2. Bei 1 kg Gemüse entstehen 0,2 kg CO2. Sie können die Relationen sehen. Das gilt für Fleischkonsum ähnlich. Da kann man was tun. Wir haben für die städtischen Kantinen, also Kantine Rathaus, Kantinen in den Kitas, in den Schulen, uns auf den Weg gemacht, deutlich etwas zu verbessern. Bei unserer Kantine hier vor allem im Bereich der Regionalität. Wir schauen systematisch, dass die Produkte, die hier gekocht werden, zu einem großen Anteil aus der Region kommen. Dies ist positiv, weil es einen geringeren Verkehrseintrag hat. Wir haben auch einen Bio-Anteil inzwischen eingeführt. Und jeder, der hier in der Kantine isst, kann sehen, dass inzwischen die Nicht-Fleisch-Gerichte auch von der Qualität her besser gekocht sind, sodass man da leichter einsteigen kann. Natürlich essen viele in der Stadtverwaltung Fleisch. Heute war so ein Tag - Schnitzel mit Pommes. Da wissen die Insider schon, da geht es um halb Zwölf schon los, weil die Schlangen lang sind. Und trotzdem gibt es viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ein Stück weit umsteigen, um auch einen Beitrag für die Energiefragen oder für die Gesundheit zu leisten.

Ich will Ihnen noch sagen, dass das Thema Grüne Infrastruktur, das hatten Sie auch angesprochen, wirklich eine große Bedeutung hat. Bäume, Hecken, Dachbegrünungen absorbieren CO2, und sie tragen dazu bei, dass die Klimaerwärmung z. B. im Stuttgarter Kessel nicht ganz so wild ausfällt, weil die Nachtkühlung und die Luftzirkulation intensiver werden. Deswegen werden wir das Programm Grüne Infrastruktur deutlich verbessern im nächsten Doppelhaushalt.

Meine persönliche Einschätzung ist so: Wir stehen nicht schlecht da, wir sind vorangekommen in den letzten Jahren, aber wir müssen, um die Klimaschutzziele zu erreichen, in den nächsten fünf bis zehn Jahren deutlich einen Zahn zulegen. Diejenigen, die in der Bundesregierung das Sagen haben - das sind ja seit vierzehn Jahren, wenn ich das richtig rechne, schon die CDU/CSU und davon zehn Jahre lang auch die SPD -, mögen mit dafür sorgen, dass z. B. CO2 endlich einen vernünftigen Preis bekommt und dass wir schneller aus der Kohle rauskommen. Beides wäre sehr hilfreich."

StR Kotz (CDU):

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, werte Damen und Herren AktivistInnen von Fridays for Future, ich gebe offen zu, ich hatte heute Nachmittag die Hoffnung, vor mehr jungen Leuten sprechen zu können, als es die Tribüne heute hergibt. Ich bin etwas enttäuscht ob des Zuspruchs zu dieser Generaldebatte. Und ich hoffe, dass die Übertragung ins Internet aufgrund der Affinität der jungen Menschen zu deutlich mehr Klickzahlen führt, als wir das bei unseren normalen Generaldebatten haben.

Ich möchte mit einer Anerkennung für das Engagement der jungen Mitbürgerinnen und Mitbürger, der jungen Menschen beginnen, weil ich glaube, es ist schon gut, wenn man sich für seine Überzeugung, egal wie die jetzt inhaltlich aufgestellt ist, wenn man sich dafür einsetzt. Und ich bin auch der festen Überzeugung, dass die Klimaveränderungen unbestritten ein Thema sind, für das es sich auch einzusetzen lohnt. Ich möchte aber auch an dieser Stelle sagen, dass es darüber hinaus natürlich auch noch andere Möglichkeiten gibt, als Freitagmorgens auf dem Marktplatz zu demonstrieren. Wir haben Jugendräte in dieser Stadt, wir haben Gemeinderat, aktuell in den Wahlen. Ich möchte diejenigen animieren, die dieses politische Interesse, das Interesse an der Gesellschaft, am Zusammenleben haben, und das dokumentieren Sie ja auch, dass Sie dieses auch in diesen Wegen und in diesen Gremien nutzen, um sich da entsprechend einzubringen, weil dies ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der Diskussion ist.

Ich finde es schade, der Oberbürgermeister hat das ja auch angesprochen, ich finde es schade, dass das Thema rund um das Schulschwänzen ein Stück weit die Diskussion überlagert. Und ich muss sagen, ich halte es mit dem grünen Ministerpräsidenten
Kretschmann, der gesagt hat, einmal Schulschwänzen, um auf ein Thema aufmerksam zu machen, ist schon in Ordnung. Aber das darf natürlich nicht zur Regel werden. Und vor allem schon mal nicht jeden Freitag.


Und leider gibt natürlich die Präsenz am heutigen Nachmittag bei dieser Generaldebatte, die wir gerade für diese jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgerichtet haben, irgendwo diesem Argument, es geht vielleicht doch ein Stück weit auch stark um Schulschwänzen, einen Auftrieb, weil die Präsenz natürlich sehr überschaubar ist. Weltweit ist das Thema der Klimaveränderung ein Thema, das auch nicht auf einzelne Länder oder Staaten zu begrenzen ist. Es ist aber eben auch, und so hat es der Oberbürgermeister ja auch gesagt, ein ganz persönliches und ein lokales Thema. Wir haben Zielkonflikte, ich möchte das Beispiel nennen. Wir werben hier in Stuttgart aufgrund der Stickoxidproblematik für den Austausch der Fahrzeugflotte. Etliche hier im Raum haben ihre Fahrzeuge erneuert. Unter CO2-, unter Klimagesichtspunkten wäre es wesentlich besser gewesen, die Kolleginnen und Kollegen hätten ihr Auto 10 oder 15 Jahre weitergefahren, weil natürlich für die Herstellung eines solchen Fahrzeugs eben auch ein extremer CO2-Ausstoß entsteht. Da haben wir Diskrepanzen, die es aufzulösen gilt.

Ich möchte aber auch sagen, dass die Kritik, die da vorgebracht wurde auch jetzt in dem Wortbeitrag, wir durchaus zum Teil unterstützen. Die vom Oberbürgermeister aufgeführten gerade einmal 11 Solaranlagen auf städtischen Gebäuden - und davon haben wir hunderte von Gebäuden - im letzten Jahr und in Summe jetzt gerade mal 100, ist einfach definitiv zu wenig. Da muss mehr gehen. Auch die Tatsache, dass die vom Gemeinderat beschlossene und mit mehreren 100.000 € finanzierte Kampagne zur Energiewende, um neben Fridays for Future das Thema in der Bevölkerung auch bekannt zu machen, dass diese seit mehreren Jahren nicht in die Umsetzung kommt, nicht die Plakate oder irgendein Spot wahrnehmbar ist in unserer Stadt, ist einfach zu wenig. Und da fragen wir uns schon, Herr Oberbürgermeister, wo wir nach sieben Jahren grünem OB und nach zehn Jahren ökosozialer Mehrheit, wie Sie sich ja selbst nennen, wo denn die Erfolge sind bzw. warum der Oberbürgermeister das gerade gesagt hat, dass eigentlich viel zu wenig getan wurde.

Und wenn ich mir den heute vorgelegten Antrag der Grünen anschaue, dann muss ich auch sagen, sorry Grüne, aber dadurch wird das Klima kein Stück besser. Der Gemeinderat begrüßt das Pariser Weltklimaabkommen. Null Auswirkung aufs Klima. Die Stadt Stuttgart bekennt sich zu den Beschlüssen von Paris. Dadurch wird die Klimaerwärmung nicht gebremst. Die Stadt Stuttgart bekräftigt dabei ihren bisherigen Beschluss, das Energiekonzept umzusetzen. Ja, warum sollten wir denn davon abrücken, von unserem Beschluss? Das ist doch eine Selbstverständlichkeit. Und dass über den Antrag nach der Osterpause abgestimmt werden muss, bringt auch nichts dazu, dass die Weltklimaerwärmung nicht nach oben geht, sorry, das ist heiße Luft, die schadet dem Klima. Mehr bringt der Antrag nicht.

Und dass ein von einem grünen Ministerpräsidenten geführtes Land mit einer EnBW, die nahezu komplett in öffentlicher Hand ist, es in dieser Regierungszeit von mittlerweile 8 Jahren nicht geschafft hat, dass z. B. das Kraftwerk in Altbach, von dem wir unsere Fernwärme bekommen, weg von der Kohle hin zu Gas oder anderen Energieträgern gewechselt hat, ist auch nicht gerade ein ermutigendes Zeichen, was diese Thematik angeht.

Aber es gibt ja auch gute Beispiele dafür. Das Kohlekraftwerk in Gaisburg, hier auf Stuttgarter Gemarkung, ist stillgelegt, ist jetzt ein kleines, umweltverträgliches Gaskraftwerk. Wir haben die Kohlehalden abgeräumt. Und wir werden dort einen klimaneutralen Stadtteil aufbauen, wenn wir das hinbekommen, und dafür würde ich werben, mit sehr viel Holzbauweise.

Aber was können wir als Stadt zusätzlich noch tun? Das Solardachprogramm, der Oberbürgermeister hat davon gesprochen, aber es muss nicht nur auf den städtischen Gebäuden gehen, es muss auch auf den privaten Gebäuden gehen. Herr Oberbürgermeister, ich hätte eigentlich gedacht, als Sie angetreten sind, Sie lassen am ersten Tag Ihrer Amtszeit ein Luftbild von Stuttgart machen. Und wenn Sie nach 8 Jahren zur Wiederwahl stehen, dann gucken wir uns das neue Luftbild an, und dann müsste man einen Unterschied auf der Dächerlandschaft bemerken, was die Solaranlagen angeht. Weil Sie auch dafür geworben hätten, weil Sie dafür Förderprogramme gemacht hätten, weil Sie von Tür zu Tür gegangen wären und geworben hätten. Leider Fehlanzeige.

Klimaneutrale Neubauten müssen wir verstärkt erstellen, die Begrünung von Dächern und Fassaden muss zunehmen. Die CDU-Fraktion hat ein Heizungs-Austausch-programm initiiert, das im Anlaufen ist, um alte, schlechte Heizungsanlagen auszutauschen gegen umweltfreundliche oder gar regenerative Energien. Wir müssen, meine Herren Bürgermeister, das vom Gemeinderat beschlossene und finanzierte Projekt Abriss Friedrichswahl und den neuen Aufbau dieser Straßenrampe, wo jeden Tag CO2 und Feinstaub entsteht, der völlig unnötig ist, weil die Autos um die Kurve fahren müssen, wir müssen das zügiger angehen. Wir müssen die Elektromobilität ausbauen. Und ich hoffe, dass der neue Gemeinderat, wenn er sich im Juli konstituiert, sehr schnell ein gemeinsames Paket schnürt, ähnlich wie es schon einmal war auf Initiative der CDU im Bündnis für Mobilität und Luftreinhaltung. Weil von der Stadtverwaltung, vom Oberbürgermeister leider zu wenig kommt bei diesem Thema.

Aber eins ist ganz entscheidend, das gemeinsame Ziel, ja, wir wollen das Pariser Klimaabkommen einhalten. Wenn es schneller geht, wenn es besser geht, gerne. Aber die Frage ist, wie ist der Weg dorthin? Wollen wir es, so ähnlich wie es der Oberbürgermeister grad aufgezeigt hat, durch Vorschriften, durch Verbote machen? Keine Autos mehr, nur noch dreimal im Jahr fliegen, möglichst kein Fleisch, jetzt auch keine Butter mehr essen, wie ich gerade erfahren habe? Ich glaube, und ich bin der festen Überzeugung, die Botschaft muss sein: Wir brauchen die Technik, die Herstellungsprozesse, die Antriebsarten, die Motoren, die uns all das, was unsere Gesellschaft ausmacht und warum wir so gern Deutsche sind, warum wir so gern Stuttgarter sind, warum wir so gern in diesem Land leben, egal welche Nationalität wir haben, die uns das alles ermöglicht, aber das Klima dabei gar nicht oder nahezu nicht mehr schädigt.

Meine Damen und Herren, vor 5.500 Jahren wurde das Rad erfunden, vor 250 Jahren der elektrische Strom, vor 150 Jahren das Telefon, die Älteren unter uns haben vor 50 Jahren die Mondlandung erlebt, und 15 Jahre hat das Smartphone auf dem Buckel. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass nicht wir gerade die Generation sind, bei der der technische Fortschritt aufhört. Nachdem wir 5.5000 Jahre technischen Fortschritt haben, warum soll denn gerade bei uns die Bremse sein? Und deswegen muss die Botschaft nicht sein, was verbieten wir uns, was nehmen wir uns weg, was gönnen wir uns nicht mehr, sondern die Frage muss sein, wie kriegen wir die Technik, wie kriegen wir die Entwicklung hin, dass wir all diese Dinge klimaneutral bekommen? Und das werden wir schaffen, da bin ich felsenfest überzeugt. Keine dieser Erfindungen, vom Rad über den Strom und das Telefon bis zum Smartphone, hat sich jemals ein Mensch 20, 30 Jahre davor vorstellen können. Warum sollen wir nicht klimaneutral fliegen können mit Solarkraft? Warum sollen unsere Autos nicht ressourcenschonend hergestellt werden können und ohne klimaschädigende Auswirkungen fahren? Das ist der Weg. Da muss unsere Energie, unser Engagement, unser Geld hineingehen, in diese Forschung und Entwicklung. Und wo, wenn nicht in Stuttgart, wo, wenn nicht in der Region Stuttgart, soll diese Forschung gehen? Ich bin froh, dass unter anderem Fridays for Future diese Sensibilisierung in der Politik, in der Wissenschaft, in der Wirtschaft gebracht hat. Aber nicht: 'Wir lösen es durch Verbote'. Wir lösen es durch Verbesserung der Technik. Vielen Dank."



StRin Deparnay-Grunenberg (90/GRÜNE):

"'We are living in a strange world'. Ihr erinnert euch bestimmt an die Worte von Greta Thunberg bei der Verleihung der Goldenen Kamera. Wenn ich heute zuhöre, denke ich auch an diese Worte: 'We are living in a strange world'. Gestern Abend kam ich spät nach Hause, und ich wollte mich an den Computer setzen und eben die heutige Rede schreiben. Und da ploppten zwei dieser nervigen Pop-Up-Nachrichten auf, die man immer wegklicken muss, bevor man anfangen kann. Und die erste Nachricht war ganz unscheinbar, weiß auf schwarz, von einem News-Sender: 'Die EU warnt vor dem Ende der Menschheit bis 2030'. Aha. Okay. Wegklicken, nicht ablenken lassen. Die Zweite war größer und bunt: 'Minus 35 auf alles'. Und kleingeschrieben: 'bei einem Einkauf ab 200 €'. Alles klar, habe ich gedacht, die Menschheit stirbt aus, und ich sollte mir dieses sensationelle Angebot keinesfalls entgehen lassen. Logisch ja irgendwie, aber auch leider sehr zynisch.

Natürlich wisst Ihr, meine Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde und liebe junge Menschen von Fridays for Future, natürlich wisst Ihr alle, dass diese beiden Meldungen letztendlich etwas sehr Dramatisches und Perverses zugleich an den Tag legen. Unsere Lebensgrundlage, dieser Planet, ist hochgradig durch unser Tun gefährdet. Und wir, ja wir, wir rennen weiter, kaufen weiter, wir wollen alles und mehr und billiger und saugen und saugen das Mark unserer Natur aus. Was ist eigentlich los? Neulich las ich die Worte von dir, liebe Lisa, die du auf der Demo von Fridays for Future gesprochen hast. Deine beeindruckende Rede hast du mit den Worten 'Mutter Erde' begonnen. Und beim Lesen deiner Zeilen musste ich feststellen: Es sind mir die Tränen in die Augen gekommen. Weil ich erstens die ganze Wucht der Wahrheit gespürt habe. Ja, dass wir Menschen ohne diese Erde nichts sind. Und dass wir auch nicht aus Spaß oder Schadenfreude seit Jahren UmweltschützerInnen sind. Weil ich mich plötzlich auf 20 Jahre zurückversetzt gefühlt habe, mit Anfang 20 habe ich selber einen Text geschrieben mit dem Titel Pachamama - also Mutter Erde. Und ich habe ihn gesucht und tatsächlich wiedergefunden. Ich habe damals Joanna Macy gelesen, und es hat mich vermutlich inspiriert. Ich habe versucht, es zu übersetzen, und ich möchte einen Teil heute vorlesen.

Also das habe ich mit Anfang 20 geschrieben: 'Pachamama - was bist du, was bin ich? Verwobene Kreisläufe von Wasser, Erde, Luft und Feuer - das bin ich, das bist du. Wasser in meinen Adern, in deinen Flüssen. Warum achten wir nicht auf deine Sauberkeit, wie wir uns um unsere Blutwerte kümmern? Wasser in meinen Tränen, Wasser in den Ozeanen - die gleichen Moleküle. Erstere gehören mir, letztere - dürfen wir sie mit Atommüll vergiften? Wasser in meinen Zellen, hinein - hinaus, im gewaltigen Gesang vom Kreislauf des Wassers, das bist du, das bin ich. Erde, Humus, der alle Pflanzen wachsen lässt, was uns und alle Tiere ernährt. Erde, die du uns ein Zuhause schenkst, das einzige, was wir haben. Erde, die dem Korn seine Substanz schenkt, Korn, das uns ernährt. Wir essen Erde, wir scheiden sie aus. Aus Erde gemacht, das bin ich, das bist du. Luft, die Atmosphäre, Schutzhülle des Planeten - ein- und ausatmen. Jeden Moment. Kohlendioxid in die Bäume ausatmen und ihren Sauerstoff wieder einatmen. Werden wir durch unsere Gewohnheiten diese Schutzhülle unwiderruflich beschädigen? Tanz des luftigen Elements. Das bin doch ich. Das bist du. Feuer. Feuer der Sonne, die allem Energie gibt, die Pflanzen emporzieht, das gewaltige Wärmekraftwerk von Wasserdampf und Regen antreibt, mich also wärmt, ernährt und lebendig macht. Bin gezwungen zu sehen, zu denken, zu fühlen, dass ich, dass alle Menschen schlicht ein Teil von dir sind. Pachamama. Und wir wissen es auch. Wie kann ich die Kohlegruben, die zerstörten Moore, die kilometerweiten abgeholzten Urwälder, die toten Flüsse, die mit Chemikalien vergifteten Böden und die Treibhausgase in der Atmosphäre verstehen? Wie kann ich sie ertragen? Es schmerzt. Und ich weiß nicht, was ich daran ändern kann. Warum zerstören wir dich? Warum zerstören wir uns? Pachamama - sorry!'

Das habe ich Anfang 1999 geschrieben. 20 Jahre später stehe ich vor Euch, ihr Jugendliche und Kinder von Fridays for Future. Und ich kann nur sagen: In vielen Punkten ist es schlimmer geworden, vor allem die Anreicherung der Atmosphäre mit dem Treibhausgas CO2. Als ich 20 Jahre alt wurde, lag die CO2-Konzentration der Atmosphäre bereits bei 360 ppm (particle per million). Und die Klimawissenschaftler schlugen damals schon Alarm - das Klima wird sich erhitzen mit ungeahnten Folgen für Fauna, Flora und die menschliche Kultur. Heute stehe ich vor euch, und wir messen 400 ppm in der Luft. Und der Klimawandel ist eingetreten - Wetterextreme, Eispole schmelzen, Hitzerekorde in Serie, Veränderung von Vegetationszonen, Austrocknen von Flüssen. Natürlich wird es dazu kommen, dass Wirtschaft, Landwirtschaft und Migration sich drastisch verändern werden. So oder so, es wird kommen. Die Frage ist nur: Wie? Aber wir haben noch 11 Jahre, 11 Jahre, um all unsere Energie zu bündeln, um die richtigen Schritte zu machen, um vielleicht unter dem 2-Grad-Ziel zu bleiben. Eigentlich hat uns die Wissenschaft sogar angewiesen, unbedingt unter einer Erhöhung von 1,5 Grad zu bleiben, weil wir es ansonsten mit chaotischen und nicht vorhersehbaren Turbulenzen des gesamten Ökosystems zu tun haben werden.

Was nun? Sind wir gescheitert? Ist es zu spät? Ehrlich gesagt - ich weiß es nicht. Aber es ist auch nicht relevant. Relevant ist nur, was wir ab jetzt tun können, um unser Lebensziel und unsere Wirtschaft zu dekarbonisieren. Auf jeder Ebene des persönlichen Lebens, in der Stadtpolitik, im Land, im Bund, in Unternehmen, in Europa und international, in unseren globalisierten Handelsbeziehungen. Die Bude brennt - und trotzdem brauchen wir keine Hektik, sondern zielgerichtetes, mutiges und stetes Vorangehen. Die einzige gute Nachricht, die ich habe: Im Prinzip wissen wir, wie es geht, und wir haben bereits begonnen. Energiewende, raus aus Kohle und Gas bis 2030. Das muss gehen. Rein in die Erneuerbaren. Her mit Effizienz und Sparsamkeit. Und im Übrigen, Stichwort Altbach ist gefallen: Das Abschalten verhindert die Bundesnetzagentur, nicht die Landesregierung. Deswegen, liebe CDU, reden Sie mit ihren Freunden der CDU auf der Bundesebene. Das wäre uns sehr, sehr recht.

Die Verkehrswende bis 2030 - eine Verdoppelung des öffentlichen Verkehrs, ein Drittel aller Fahrzeuge müssen emissionsfrei sein. Eine Halbierung der Fahrzeuge in der Stadt, 40 % der Strecken sollen zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt werden, wenn wir es ernst meinen mit den Pariser Klimaschutzzielen. Und deswegen haben wir den Antrag nochmals gestellt, um das gemeinsam zu bekräftigen, was wir tun müssen.

Agrarwende, biologischer Anbau, eine kleinteiligere Landwirtschaft muss gefördert werden, weniger tierische Produkte essen, weniger wegwerfen, weniger Plastik. Das wissen wir. Konsum und Produktion - hin zu einer Rohstoffwende, hin zu einer hundertprozentigen Kreislaufwirtschaft. Auch in der Kommune sollten wir anfangen, nur noch an Unternehmen Aufträge zu geben, die sich ihrer Verantwortung gegenüber dem Klima stellen. Und das ist leider heute überhaupt nicht der Fall. Und ja, was wir auch noch tun müssen, ist weniger Versiegelung von lebendigem Boden. Schließlich CO2-Zertifikate, die einen echten Preis haben, die müssen her. Da stimmen die Forderungen von Fridays for Future mit denen der Wissenschaft und uns GRÜNEN überein. Nur mit einem Zertifikat, mit einem echten Preis, wird sich nämlich etwas schnell ändern können.
Nun sind wir im Gemeinderat. Ich möchte euch einige Beispiele nennen von Projekten, die wir GRÜNEN mit unseren ca. 25 % der Stimmen, keine Mehrheit, darf man nicht vergessen, seit zehn Jahren hinbekommen haben, besser gesagt immer wieder hart erkämpfen mussten. Seit 20 Jahren steht in unserem Programm der GRÜNEN, dass wir den ÖPNV vereinfachen und verbilligen müssen. Erst mit den drohenden Fahrverboten haben sich die Mehrheiten verschoben. Und ja, Herr Körner von der SPD, Sie werden uns vermutlich gleich erzählen, dass Sie die Tarifreform nicht nur durchgesetzt, sondern sogar erfunden haben. Aber ich erinnere mich, dass wir tatsächlich beide erheblich dazu beigetragen haben. Aber Sie können sich sicherlich auch daran erinnern, wie die SPD den Rosensteintunnel durchboxte und Sie hier in diesem Rathaus vor etwa vier Jahren noch sagten, Sie hätten Benzin im Blut. Ich muss sagen, damals, da bin ich fast vom Stuhl gefallen, ich hoffe, Sie haben wirklich dazugelernt.

Seit 40 Jahren tragen wir GRÜNE wie eine Monstranz vor uns her, dass der Radverkehr bessergestellt werden muss und die Autos dann Platz hergeben müssen. Erst dieses Jahr haben wir durch die fantastische Arbeit der Bürgerinitiative Radentscheid und auch den gemeinsamen Beschluss 'Autofreie Innenstadt' einen Durchbruch geschafft und tatsächlich uns verpflichtet, auch mal Raum der individuellen Mobilität durchs Auto für den Radverkehr herzuschenken und auch für den öffentlichen Raum. Ich erinnere mich an den mühsamen Kampf um jeden Parkplatz in den letzten Jahren, gut, dass sich jetzt in diesem Hause etwas bewegt, es ist höchste Eisenbahn.

Wir GRÜNE kämpfen für die Energiewende und die Wärmewende in Stuttgart. Wir haben schon einiges gehört. Die Stadt hat ihre eigenen Stadtwerke gegründet, macht auch hier Ökostrom für dieses Haus und alle anderen städtischen Liegenschaften. Der Energiebedarf für ihre Liegenschaften hat sich seit 1990 um 27 % verringert. Das Ziel, 2050 klimaneutral zu sein, steht eben fest. Die Wege dahin aber müssen noch hart erkämpft werden, und wir wollen auch deswegen in zwei Wochen noch mal ganz konkret über diesen Antrag sprechen, liebe Kolleginnen und Kollegen, weil, wenn wir schon mal uns einigen, dass die Klimaschutzziele ernst zu nehmen sind, dann sind auch die nächsten Schritte vielleicht einfacher gemeinsam.

Wir GRÜNE haben auch die städtischen Kapitalanlagen Fossil Free gemacht, mit der Divers Initiative, die wir gemeinsam mit SÖS-LINKE-PluS gestartet haben und dann gemeinsam hier durchgezogen haben: Kein städtisches Geld mehr für Kohleförderung, das war ein wichtiges Projekt. Auch im Bereich Ernährung haben wir in den letzten Haushaltsberatungen die CDU überzeugen können, einen Anteil von 25 % Bioessen in unseren Schulkantinen zu beschließen. Wie ihr bestimmt wisst, ist der ökologische Anbau von Lebensmitteln ein wahrer CO2-Senker, weil der Boden wieder mehr Humus binden kann und dadurch CO2 bindet, statt es zu emittieren. Da hat die CDU ja einiges gelernt, die kann Ihnen das sicherlich jetzt auch erklären.

Apropos Versiegelung. Da haben wir leider letztes Jahr eine schädliche politische Wende hier im Haus erfahren dürfen. Wir als GRÜNE haben vorgeschlagen, im Juli 2018, wir haben auch den Antrag gezeigt, einen Fonds im Umfang von 55 Mio. € einzurichten, um uns mit größeren Schritten den Klimaschutzzielen in Stuttgart zu nähern. Wir GRÜNE wollen in Stuttgart möglichst alle städtischen Gebäude klimaneutral oder sogar als Plusenergiehäuser sanieren oder neu bauen. Also Geld einstellen für eure Schulen, für Schwimmbäder, für Sportvereine, dass sie, wenn sie saniert oder neu gebaut werden, am meisten Energie sparen. Was der Stand der Technik heute kann. Mit dem Geld wollten wir eine Offensive für mehr Solaranlagen auf privaten Dächern starten und auch für eine Green IT-Initiative in der Stadtverwaltung, weil natürlich die Digitalisierung uns sehr viele Fortschritte bringt, aber auch unter Umständen viel Energie verbraucht. Aber nein, eine Mehrheit der Klimamuffel im Gemeinderat hat es anders gewollt: Eine sogenannte Wohnungsbauoffensive, die tatsächlich das plumpe Versiegeln der grünen Wiese, also das Töten des fruchtbaren Bodens und das Emittieren von vielen Tonnen CO2 durch den Verlust der organischen Substanz bedeutet, haben Sie lieber gewollt, als unseren Klimaschutzfonds. Es gibt noch viel zu bewegen in den Köpfen, also wenn hier die Herrschaften sagen, sie sind bei der Klimaschutzpartei, muss man sich einfach mal anschauen, was geschehen ist in den letzten Jahren.

Ich komme zum Schluss. Wir GRÜNEN kämpfen dennoch ohne Unterlass für das Klima und fühlen diese neuen Umweltschutzbewegungen getragen, aber auch geschoben. Ihr zeigt uns den Spiegel, was manchmal wehtut, aber es ist notwendig. Wir verneigen uns vor jedem einzelnen von euch, der für seine Zukunft und für eure Zukunft einsteht. Weil wir als Gesellschaft nicht schnell genug sind mit diesem ökologischen Wandel, brauchen wir eure Kreativität. Wir brauchen eine neue Wirtschaftsweise, wir haben mit der Gemeinwohlökonomie auch neue Schritte gemacht, aber wir sind längst noch nicht angekommen. Wir müssen vor der Haustüre anfangen, bei der Gemeinderatswahl, bei der Europawahl, jeder für sich. Und Europa muss Vorreiter werden im Bereich Klimaschutz. Beteiligt euch also an allen Wahlen.

Als Mutter von drei wunderbaren Teenagern muss ich sagen, bleibt mir oft die Luft im Hals stecken, wenn ich daran denke, in welch verwobener, verstrickter, mancherorts so verschmutzter Welt sie aufwachsen, aber es ist auch schlicht unsere Welt. Die einzige die wir haben, die so viel Schönheit in sich bergen kann. Also dürfen wir nicht verzagen, wir müssen die richtigen Entscheidungen treffen. Politik ist nicht irgendwas, was einfach passiert, nein, Politik ist etwas, was wir draus machen. Hört nicht auf, euer Recht auf Zukunft laut und deutlich einzufordern. Lasst uns gemeinsam handeln. Und gerade wenn uns alle Kräfte manchmal zu verlassen scheinen, sollen wir uns daran erinnern, wir sind nicht alleine, wir sind nicht getrennt, nicht voneinander, nicht von Pachamama. Danke."

StR Körner (SPD):

"Liebe Frau Sauter, lieber Herr Epple, als Mitglied des Gemeinderats möchte ich Ihnen erst mal sagen, dass ich es sehr bedauere, dass der Gemeinderat insgesamt nicht in der Lage war, heute ein guter Gastgeber zu sein. Das tut mir leid, und dieses Bedauern möchte ich vorneweg erst mal hinstellen. Ich bedauere das aber nicht nur, sondern ich möchte Sie auch ermutigen, weil das, was Sie freitags machen oder viele von Ihnen, der beste Gemeinschaftskundeunterricht ist, den man sich nur irgendwie wünschen kann, herzlichen Glückwunsch dafür.

Zweitens, es sind solche Bewegungen, die etwas bewegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrter Herr Oberbürgermeister, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das hat es in ganz vielen Zeiten unserer Republik, aber auch in anderen Ländern gegeben, dass solche Bewegungen etwas bewegen. Und deswegen ist das gut und richtig, dass Sie so unterwegs sind. Mir hat ein Spruch ganz gut gefallen auf den Demonstrationen, der Ausspruch 'Wir streiken, weil wir unsere Hausaufgaben gemacht haben und ihr nicht'. Und darum geht es ja heute auch bei dieser Debatte. Stuttgart hat nämlich seine Hausaufgaben leider bis dato nicht gemacht. Und, Herr Oberbürgermeister, Sie haben zur Treibhausgasbilanz eine Zahl genannt, da wäre meine Bitte, dass Sie im Nachgang der Sitzung uns die noch mal nachweisen können. Sie haben behauptet, dass die Treibhausgase, vielleicht haben Sie auch von CO2 gesprochen, da bin ich mir nicht mehr ganz sicher, aber das ist ja das wichtigste Treibhausgas, in Stuttgart seit 1990 um 31 % zurückgegangen seien. Ich verweise auf den Masterplan Klimaschutz, vorgelegt vom Amt für Umweltschutz, wo wir für 2014 einen Rückgang um 22 % ausweisen für Stuttgart. Und die Zahl, die ich doch darüber hinaus gefunden habe, ist eine Zahl des Statistischen Landesamtes, und diese Zahl besagt, dass die CO2-Emissionen in der Landeshauptstadt Stuttgart von 2014 nach 2016 nicht etwa weiter gesunken seien, sondern um 7 % gestiegen sind. Deshalb habe ich die Bitte, dass Sie uns diese Zahl, die ja wichtig ist und auch in der bundespolitischen Debatte eine große Rolle spielt, bitte darstellen. Tatsache ist, dass in den Veröffentlichungen der Stadt, die uns vorliegen, eine wesentlich schlechtere Bilanz Stuttgarts bei der Reduktion von Treibhausgasen nachzuweisen ist, als bundesweit festzustellen ist. Das ist auch nicht allzu verwunderlich, weil wir eine Industriestadt sind mit starker Wirtschaft. Und da ist der Wandel von emissionsbelasteter Energieerzeugung zu erneuerbaren Energien schwieriger. Aber das bedeutet im Klartext auch, wir haben eine größere Verantwortung.

Herr Oberbürgermeister, Sie haben das Thema erneuerbare Energien angesprochen, und Herr Kollege Kotz hat da ja völlig Recht. Also 11 PV-Anlagen auf städtischen Dächern im letzten Jahr sind auch ein Beleg dafür, dass Stuttgart leider seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. In der Solarbundesliga, in der die großen deutschen Städte verglichen werden ab einer Größenordnung von über 100.000 Einwohnern rangiert Stuttgart leider nur auf dem Platz 27. Da sind uns andere Städte wesentlich voraus.

Und, Herr Oberbürgermeister, wenn wir die Investitionen der Stadtwerke in erneuerbare Energien, in die Energiewende betrachten, dann müssen wir leider feststellen, dass der Sprung vom Ausbau der Windkraft auch in anderen Teilen der Republik zur sogenannten urbanen Energiewende - d. h. wir machen nicht mehr Windkraft, sondern wir versuchen, in den Quartieren vor allem die Wärmewende voranzubringen - noch nicht gelungen ist. Die Investitionen der Stadtwerke sind in den vergangenen zwei, drei Jahren dramatisch eingebrochen, was Investitionen in die erneuerbaren Energien anbelangt, weil wir ja aus der Windkraft ausgestiegen sind. Und noch in nichts Neues eingestiegen sind. In wenig Neues eingestiegen sind. Und das ist erst mal zu konstatieren. Und das in einer Stadt, wo die grüne Partei - und davor habe ich Respekt - seit zehn Jahren eine ganz entscheidende Rolle spielt. Und das ist erst mal eine ernüchternde Bilanz, liebe Kolleginnen und Kollegen, die dann auch uns alle angeht, aber die wir auch erst mal konstatieren müssen.

Jetzt, was ist zu tun? Dass das Thema nicht nur ein kommunales ist, darauf habt ihr sehr deutlich hingewiesen. Global haben wir zum Glück, und das ist ein Fortschritt, das Pariser Klimaschutzabkommen. Kyoto der 90er-Jahre wendete sich ausschließlich an die Industrieländer. In Paris haben wir erst mal alle Länder im Boot, fast 200 Länder, die sich verpflichtet haben, für ihr Land selber Klimaschutzziele zu formulieren und bis 2050 in der Tat die Treibhausgase auf null zu bringen. Das ist, weil es ein globales Thema ist, ein Riesenfortschritt. Sie müssen wissen, momentan sind im Süden dieser Weltkugel 1.300 neue Kohlekraftwerke in Planung. 1.300 neue Kohlekraftwerke. Das heißt, das ist ein globales Thema. Und deswegen ist das Pariser Klimaschutzabkommen so wichtig. Und im Übrigen, Herr Oberbürgermeister, Sie haben die Parteien angesprochen, die in Berlin regieren. Ja, das war auch ein Erfolg der Bundesregierung, die getragen ist von SPD und Union.

Zweitens, die Bundesebene. Weil die Bundesregierung da mehr machen muss, denn jetzt muss sie ja sagen, was sie in Deutschland erreichen will. Das Klimaschutzgesetz muss dieses Jahr verabschiedet werden. Der Entwurf liegt vor. Übrigens, die Bundesumweltministerin der SPD hat den Entwurf vorgelegt, er sieht eine CO2-Abgabe vor. Wir müssen uns sehr gut darüber unterhalten, wie wir die soziale Balance bei der CO2-Abgabe halten. Das, finde ich, ist wichtig. Aber wir brauchen sie als zentrales Steuerungsinstrument. Und das ist ein marktwirtschaftliches Instrument, weil nämlich die Kosten, die durch den Klimawandel entstehen, in die Preise endlich reinkommen, damit die Preise auch mal die Wahrheit sprechen.

Und jetzt hier in Stuttgart, was ist zu tun? Wie sieht es aus mit unserem Energieverbrauch? Ungefähr die Hälfte unserer Energie landet in Wärmeerzeugung, damit es hier warm ist. 30 % im Strom, 20 % in der Mobilität. Und wenn wir den Strom anschauen, wissen wir, dass heute ungefähr 1 %, ein Prozent unseres Stromverbrauchs aus erneuerbarer Stromproduktion im Stadtgebiet stammt. Deswegen, Herr Oberbürgermeister, auch das ist mehr Politmarketing als alles andere, wenn Sie den Erneuerbare-Energien-Anteil in Stuttgart bei 18 % sehen. Und wir uns als Ziel setzen 20 % in 2020, weil wir genau wissen, 90 % davon findet gar nicht in Stuttgart statt. Sondern der allergrößte Zuwachs bei den erneuerbaren Energien, da profitieren wir von der Energiewende, die bundesweit stattfindet, weil wir nämlich den allergrößten Teil des Stroms nach Stuttgart importieren. Deswegen, weil die Wärme das Entscheidende in Stuttgart ist, muss Klimaschutzpolitik in Stuttgart Wärmepolitik sein. Hier muss eine Wärmewende stattfinden.

Und das ist nicht leicht. Aber wir können ein paar Sachen machen. Erstens, das neue Rosensteinquartier muss ein klimaneutrales Quartier sein. Da müssen wir zeigen - und in anderen Quartieren auch, Kollege Kotz hat das Quartier am Neckar genannt -, dass wir neue Stadtquartiere bauen können, die klimaneutral sind. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ja, wir brauchen viele neue Wohnungen. Da führt kein Weg dran vorbei. Wir brauchen diese Wohnungen unbedingt. Wir schlagen zweitens vor, bei der SVV, das ist eine Gesellschaft der Stadt, die u. a. die Beteiligung an den Stadtwerken hält, liegen 500 Mio. € auf der hohen Kante. Auf der hohen Kante, Sie sagen angelegt, geschenkt, Herr Oberbürgermeister, angelegt. 300 Mio. € davon müssen in den kommenden Jahren in diese Wärmewende investiert werden. Und das müssen wir endlich mal auf den Weg bringen. Und zwar in dezentrale Quartierskonzepte, weil wir weg müssen von der zentralen Energieerzeugung zur dezentralen Energieerzeugung, damit wir nahe dran sind bei denen, die die Wärme brauchen. Nämlich da, wo die Menschen wohnen.

Zum Beispiel am Stöckach. Nicht weit von dort, wo ich wohne, gibt es ein fertiges Quartierskonzept für eine dezentrale Wärmeversorgung. Seit fünf Jahren liegt das auf dem Tisch. Von einer Umsetzung nichts zu spüren. Warum? Weil die EnBW, Kollege Kotz hat das genannt, ein Energiekonzern des Landes, Grün regiert, und die Landeshauptstadt Stuttgart, auch mit einem grünen Oberbürgermeister, es seit Jahren nicht fertigbekommen, gemeinsam einen Plan für die Wärmewende in Stuttgart auf den Tisch zu legen. Sondern man trifft sich ausschließlich vor Gericht. Und von einer Wärmewende nichts zu spüren, meine sehr verehrten Damen und Herren. So gut wie nichts, Herr Oberbürgermeister, das wissen Sie ganz genau.

Deswegen ist es entscheidend für die Energiewende und die Wärmewende in Stuttgart, dass sich Stadt und Land endlich an einen Tisch setzen und den Kohleausstieg in Altbach endlich machen. Da wird doch Kohle verfeuert für unsere Wärme hier im Rathaus, heute und jetzt. Der Kohleausstieg, den die Bundesregierung jetzt auf den Weg bringt zum Glück bis 2038 spätestens, möglichst bis 2035 - ihr wollt 2030, das habe ich gelesen - bringt aber in den nächsten vier Jahren immerhin 12 Gigawattstunden Kohle vom Netz. 24 Steinkohlekraftwerke, große Steinkohleblöcke. Da müssen die beiden Blöcke in Altbach dabei sein, Herr Oberbürgermeister. Und da muss Münster insofern dabei sein, als wir dort aus der Kohlezufeuerung endlich auch aussteigen müssen. Und das müssen wir gemeinsam mit dem Land auf den Weg bringen. Und das Geld dafür ist da.

Ich komme langsam zum Schluss. Das waren drei kurze Vorschläge. Ich muss gestehen, bei dem einen oder anderen Redebeitrag bei der Demo oder heute, da habe ich so eine Hürde, weil das radikal ist, was ihr da wollt. Mir ist dann irgendwann klar, erstens, dass ihr jung seid und so formulieren müsst. Und zweitens, dass die Ungeduld nachvollziehbar ist. Die Ungeduld ist nachvollziehbar, weil so etwas passiert wie am Stöckach. Und die Ungeduld habe ich auch. Da liegt ein fertiges Quartierskonzept auf dem Tisch, und nichts bewegt sich.

Oder nehmen wir den Masterplan Klimaschutz. Den haben wir vor anderthalb Jahren nicht zustimmend zur Kenntnis genommen oder so, nur zur Kenntnis genommen. Und haben gesagt, wir wollen im Frühjahr 2018 mit dem Fachbeirat darüber reden, über welche Maßnahmen reden wir überhaupt? Bis heute hat diese Sitzung so nicht stattgefunden, Herr Oberbürgermeister. Ich weiß, Sie kommen damit jetzt im Mai, aber auch das macht mich ungeduldig.

Vorletzter Punkt, Ihr sprecht von der Politik. Meine Bitte an Euch ist, bitte schaut Euch die Politik genauer an. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist seit dem 01.04.2000 in Kraft. Als ich so alt war wie ihr, da gab es gar keine erneuerbaren Energien. Da gab es ein bisschen Wasserkraft. Aber mein Physiklehrer hat mir damals von der Windkraft vorgeschwärmt. Das gab es damals aber noch gar nicht. Und mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, das Hermann Scheer geschrieben hat hier in Waiblingen, ein SPD-Bundestagsabgeordneter, und das die SPD mit den Grünen, mit Fritz Kuhn im Übrigen, durchgesetzt hat, hat sich der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Deutschland auf fast 40 % erhöht. Das ist ein Riesenerfolg, den wir geschafft haben in den letzten Jahren.

Letzter Punkt: Das zeigt, dass man optimistisch sein kann, weil man etwas bewegen kann. Geht in die Politik. Demonstriert, aber geht auch in die Politik und bewerbt euch auch bei Wahlen zum Gemeinderat, zum Europaparlament, zum Bundestag. Und macht es. Respekt vor eurer Arbeit, jetzt müssen wir es angehen. Vielen Dank."

An dieser Stelle macht OB Kuhn deutlich, dass die Zahlen für 2018 noch nicht vorlägen. 2017 seien die Treibhausgasemissionen in Tonnen CO2-Äquivalent, so die Maßzahl, um 31 % unter denen des Referenzjahres 1990 gewesen. 2015 und 2016 seien es nur 27 % weniger gewesen. Diese vorläufigen Daten seien valide, vom städtischen Umweltamt ermittelt. Darüber hinaus wolle er richtigstellen, dass ausweislich eines Artikels der Stuttgarter Zeitung vom 24.02.2017 in Altbach der Block 1 seit diesem Datum stillgelegt sei und in Altbach nur noch der Block 2 laufe.

StR Ozasek (SÖS-LINKE-PluS):

"Herr Oberbürgermeister, 2018 erlebte Europa einen der heißesten Sommer seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen, Dürre ließ im griechischen Attika, in Portugal und Brandenburg ganze Regionen in Flammen aufgehen. In der Nacht vom 15. März dieses Jahres zerstörte der Zyklon Idai die Großstadt Beira in Mosambik. Sie ist die erste Stadt in der Geschichte, die vom Klimawandel vollständig ausgelöscht wurde. Einem UN-Bericht zufolge werden 2030 bereits 660 Mio. Menschen von den Folgen des Klimawandels betroffen sein, etwa weil sie unter Wasserknappheit, Hunger oder Krankheiten leiden, und die Kosten werden auf 200 Mrd. € pro Jahr kalkuliert. Die Welternährungsorganisation FAO bilanzierte vor wenigen Tagen zum zweiten Mal in diesem Jahrzehnt, 'die weltweite Jahresgetreideernte reicht nicht aus, um den Bedarf der Menschheit zu decken, bedingt durch die Dürre in Europa'. Hungerkatastrophen, Artensterben, ein Anstieg des Meeresspiegels mit Fluchtbewegungen in heute unvorstellbarem Ausmaß, Kriege um fruchtbaren Boden und Frischwasservorkommen sind die Konsequenz.

Herr Oberbürgermeister, werte Kolleginnen und Kollegen, diese Generation ist die erste, die von dem vom Menschen gemachten Klimawandel betroffen ist, und die letzte, die in der Lage ist, die globale Klimakatastrophe abzuwenden. Der Klimawandel ist kein abstraktes Phänomen, sondern eine reale und existenzielle Gefahr. 'Wenn ich mir vorstelle, dass 95 % aller Kinder, die noch nicht geboren sind, in eine Welt entlassen werden, wo sie Elend, Krieg und Zerstörung ausgesetzt sind, das bricht mir das Herz.' Diese eindringlichen Worte sprach der führende deutsche Klimawissenschaftler Prof. Dr. Schellhuber, der Impulsgeber der globalen Klimaschutzagenda. Das Zeitfenster, um das Steuer herumzureißen, schließt sich in wenigen Jahren. Für uns von SÖS-LINKE-PluS ist Klimaschutz ein sozialer und ökologischer Gesellschaftsvertrag. Die heutige auf Wachstum ausgerichtete Produktions- und Lebensweise, die jedwede planetare Grenzen missachtet, steht auf dem Prüfstand. Charles Darwin, Vater der Evolutionstheorie, sagte einst: 'Nichts kann auf Dauer gegen die Natur bestehen'. Entweder die politischen Entscheider korrigieren das System dergestalt, dass wir Menschen im Einklang mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen existieren, oder die Natur wird die Gattung Homo sapiens überwinden. Der Klimawandel ist also ein groß angelegter Intelligenztest, allerdings ohne Joker und ohne Chance auf Wiederholung.

Auf Initiative unserer Fraktionsgemeinschaft widmet sich der Rat heute der Frage, welchen Beitrag Stuttgart zum globalen Klimaschutz leisten muss. Liebe Aktive von Fridays for Future, ihr formuliert eine völlig richtige Forderung. Um das völkerrechtlich verbindliche 1,5 Grad-Ziel einzuhalten und damit zu verhindern, dass Kipp-Elemente im Klimasystem den Übergang in einen unkontrollierten Klimawandel einleiten, muss bis 2035 der Transformationsprozess zur Klimaneutralität abgeschlossen sein. Das sehen wir von SÖS-LINKE-PluS schon lange so, doch der Gemeinderat und auch Sie, Herr Oberbürgermeister Kuhn, wollen sich Zeit lassen bis über das Jahr 2030 hinaus. Sie steuern im Windschatten der untätigen Bundesregierung kalkuliert in die Klimakrise.

95 % CO2-Einsparungen bis 2050, das ist Ihr Ziel, Herr Oberbürgermeister, das Sie uns vorgelegt haben. Wir teilen dieses Ziel nicht, wir müssen 2035 ansteuern. Und während in Sonntagsreden viel von Klimagerechtigkeit die Rede ist, zeigen die realen Zahlen, Stuttgart ist Entwicklungsland in Sachen Klimaschutz. Wissen Sie, wie viel Geld für Maßnahmen im vorhin erwähnten Masterplan 100 % Klimaschutz im laufenden Haushalt eingestellt ist? Es sind 0 €. Sie, Herr Oberbürgermeister, haben unsere Forderung, für diesen Prozess die notwendigen Mittel in den Haushalt einzustellen, abgelehnt. Dabei müssen wir dringend aufholen. Die Totalprivatisierung der Energie- und Wasserversorgung im Jahr 2002, vollzogen durch alle hier im Rat vertretenen Fraktionen bis auf SÖS-LINKE-PluS, hat Stuttgart 15 Jahre zurückgeworfen und das fossile Energiesystem der Stadt faktisch eingefroren. Stuttgart ist strukturell abhängig von Blutkohle aus Kolumbien, fossilem Erdgas aus der 'lupenreinen Demokratie' Russland, von Atomstrom aus Neckarwestheim, der giftigen Müllverbrennung und Mineralöl aus Folterstaaten.

Das Ziel der Urbanisierung der Energiewende kommt seit Ihrem Amtsantritt, Herr Oberbürgermeister, keinen Schritt voran. Unsere neu gegründeten Stadtwerke arbeiten weder sozial noch haben sie eine glaubhaft ökologische Geschäftsstrategie. Die Energienetze stehen noch immer unter dem schlechten Einfluss der EnBW und sind nicht gerüstet für die Energiewende in Stuttgart. Stuttgart nutzt gegenwärtig nur 1 % seiner Solarpotenziale und 1 % seiner Erdwärmepotenziale. Und liebe Anna Deparnay-Grunen-berg, das ist auch Ergebnis grüner Politik in Land und Stadt. Und Martin Körner hat völlig Recht, wenn er darauf verweist, dass wir nur 1 % der erneuerbaren Energie im Stadtgebiet erzeugen und alles andere zugeführte Fremdenergie ist. Handeln ist also gefragt und nicht nachdenkliche Reden, die sehr viel heiße Luft produzieren. SÖS-LINKE-PluS will Stuttgart mit einer Solarsatzung zur Sonnenstadt machen. Wir wollen eine Erd- und Umweltwärmeagenda initiieren in den Quartieren. Wir wollen jedes Jahr 100 städtische Dächer mit Solaranlagen ausstatten und nicht 100 Dächer nach 18 Jahren Erneuerbare-Energien-Gesetz, Herr Oberbürgermeister.

Wir müssen die Müllverbrennung beenden und die Kohle aus dem Wärmenetz verbannen. Der Einsatz fossiler Energieanlagen muss sofort untersagt werden. Und das Bauen muss künftig klimaneutral erfolgen. Oberstes Ziel städtischen Handelns muss eine ressourcenleichte Stadt sein, die sich aus nachhaltigen Stoffkreisläufen versorgt und nicht länger Raubbau an endlichen Ressourcen betreibt zulasten kommender Generationen.

Wir fordern eine neue Mobilitätskultur, die unsere Stadt entgiftet, die Lärm vermeidet, menschenfreundlich und effizient ist. Der Bau neuer Straßen muss untersagt sein. Genauso gilt das für Tunnel. Quartiere müssen autofrei konzipiert und der öffentliche Raum hin zu ressourcenleichter und effizienter Mobilität umverteilt werden. Stuttgart soll nicht länger eine asphaltgraue Autostadt sein, sondern eine Fahrradstadt, eine Stadt, geplant aus Fußgängerperspektive, eine Stadt der umweltschonenden Mobilität mit einem leistungsfähigen ÖPNV. Die Politik muss endlich die gigantischen Subventionen für die Auto- und Flugindustrie beenden und diese Milliardensummen in den Umweltverbund investieren. Nur dann kann in 16 Jahren ein klimaneutrales Verkehrssystem entstehen. Dazu gehört wohlgemerkt auch ein leistungsfähiger Bahnknoten. Mit Stuttgart 21 wird nicht nur ein Nadelöhr für den Bahnverkehr geschaffen, mit dem Bau des Tunnelsystems werden 1,7 Mio. Tonnen Treibhausgase freigesetzt. Es entsteht außerdem eine kritische Infrastruktur, die im Falle urbaner Sturzfluten, mit denen künftig regelmäßig zu rechnen ist, durch ihre unterirdische Drucklage zu überfluten droht. Wer wirklich eine ökologische Verkehrswende und Klimaschutz möchte, muss dieses Projekt ablehnen und jetzt den Umstieg fordern.

Wir fordern eine Klimaschutzprämisse. Jeder Beschluss des Rates soll künftig darauf überprüft werden, ob er mit dem Ziel der Klimaneutralität und dem Ziel, die Stadt gegenüber den Klimaveränderungen widerstandsfähig zu machen, kompatibel ist. Denn der Klimawandel wird in Stuttgart ab Mitte des Jahrhunderts ein Lokalklima hervorrufen, das mit immensen Hitzebelastungen für Mensch, Tier und Infrastruktur verbunden ist. Im Hinblick darauf gilt es, die Stadt zu rüsten mit einer intelligenten Dichtestrategie, die das Klimasystem der Stadt optimiert und nicht weiter schädigt, wie z. B. durch die Bebauung des Gleisvorfelds, bei der wir notwendige Maßnahmen ergreifen, beispielsweise die Bachläufe öffnen, urbane Wasserspeicher installieren und offene Wasserflächen schaffen. Mit deutlich mehr gesundem Stadtgrün an Dächern, Fassaden und im öffentlichen Raum.

Wir von SÖS-LINKE-PluS fordern Grenzen des Wachstums. Die wertvollen Böden müssen vor Bebauung geschützt bleiben und der Bevölkerungszuwachs von der Naturzerstörung entkoppelt werden. Die Boden- und Waldstrategie muss darauf ausgerichtet werden, Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu binden, und nicht länger auf kurzfristigen Ertrag und Substanzverlust. Damit unsere Böden an Fruchtbarkeit gewinnen, wollen wir die ökologische Bewirtschaftung deutlich ausweiten. Strukturpolitisch ist die Transformation unserer Wirtschaft zwingend. 250 Jahre nach Patentierung der Dampfmaschine durch James Watt ist es an der Zeit, eine neue industrielle Revolution einzuleiten. Nicht länger sollen umweltzerstörerische Industrieprodukte von den Fließbändern rollen, sondern Produkte, die kompatibel sind mit einer nachhaltigen Lebensweise. Wir müssen von einer Wegwerfgesellschaft zu einer Recyclingstadt werden, einer Ökonomie, die technische Kreisläufe organisiert, wie es ein Wald im biologischen Sinne tut. Er lässt unerschöpflich Wertstoffe zirkulieren, ohne dabei Schadstoffe zu produzieren. Das Automobil, egal mit welcher Antriebstechnik, ist wohlgemerkt keine Zukunftstechnologie. Wer die Autostadt verteidigt, kann nicht glaubwürdig für den Klimaschutz eintreten. Wer heute diese fossilen Technologien aus vermeintlich sozialen Motiven heraus verteidigt, dem seien die Worte der Generalsekretärin des Internationalen Gewerkschaftsbundes Sharan Burrow ans Herz gelegt: 'There are no jobs on a dead planet.'

Doch, Herr Oberbürgermeister, und damit komme ich zum Schluss: Wir stehen schlecht da. Wir erwarten, dass Ihr nächster Haushaltsentwurf endlich den Erfordernissen des Klimaschutzes Rechnung trägt. Angesichts des gesicherten Wissens um die drohende Zukunft und die Uneinsichtigkeit der Stadtspitze muss jetzt der Klimanotstand in unserer Stadt ausgerufen werden. Kollege Stefan Urbat wird den vorliegenden Antrag von SÖS-LINKE-PluS dazu einbringen. Und an Euch, liebe Aktive von Fridays for Future, appelliere ich: Haltet den Druck aufrecht. Es ist eure Zukunft. Kämpft um sie."

StRin von Stein (FW):

"Grüß Gott. Jetzt muss ich das auch sagen. Ich habe mir heute, als ich mir Gedanken gemacht habe zu dem, was ich heute sage, schon überlegt oder vorgestellt, dass hier die Tribüne voll ist mit jungen Menschen. Das finde ich schade, dass die heute nicht hier sind und sich informieren. Dann noch etwas, was mich aufrichtig durcheinandergebracht und sehr nachdenklich gemacht hat. In den letzten paar Tagen war ich in Läden unterwegs, in Aufzügen, in der Straßenbahn. Und ich habe mir überlegt, weil ich einfach auch ein Gefühl bekommen wollte, was wissen die jungen Leute von Fridays for Future? Und ich habe einfach gefragt: Was haltet ihr von Fridays for Future? Und ich muss gestehen, ich war einigermaßen überrascht, weil ich davon ausgegangen bin, ich werde jetzt belehrt, es passiert einiges. Und ich war dann durchaus auch ein Stück entsetzt, denn die Reaktionen waren wie folgt: 'Ich habe noch nie etwas davon gehört'. 'Das interessiert mich nicht.' Und: 'Ich weiß es nicht'. Und ich sage das deshalb, weil ich so überrascht war über diese Reaktion.

Und ich sage das auch deshalb, weil ich schon der Meinung bin, wir müssen für dieses Klima hier, dass es hier gut geht, vieles tun. Ich weiß aber auch, dass wir hier in Stuttgart etwas dazu beitragen können, aber dass wir hier in Stuttgart auch abhängig sind von vielen, vielen anderen Faktoren, die wir nicht beeinflussen wollen oder können.
So, und jetzt einfach nochmals hier Grüß Gott an alle. Zu mir. Ich bin 61 Jahre alt und seit dem 25.12. Oma einer Enkelin namens Zoe, griechisch: das Leben. Und wer Kinder und Enkelkinder hat, will, dass es ihnen gutgeht, dass sie gut leben können und dass ihnen das Leben Chancen eröffnet, die sie wahrnehmen können. Und deshalb habe ich viel, viel Empathie für Klimaschutz.

Großgeworden, und das, glaube ich, muss man hier auch nochmals sagen, bin ich mit der Aussage meines Chemielehrers, dass Atomkraft Zukunft habe, dass die Entsorgung und die Risiken beherrschbar werden. Für ihn war damals auch klar, dass das CO2-Gleichgewicht nicht veränderbar sei. Heute wissen wir aufgrund von Wissenschaft und deren Forschung, dass vieles anders ist und einfach so nicht stimmt. Anfang der 80er-Jahre wurden die Zusammenhänge zwischen dem Ozonloch und den FCKW-Gasen hergestellt. FCKW- oder Treibhausgase waren damals in jedem Kühlschrank, in jedem Haarspray, in jedem Deo. Umsteigen auf FCKW-freie Produkte war anfangs nicht möglich. Die Erkenntnis über die Zusammenhänge lösten Reaktionen aus, zunächst zögerlich, aber dann wurde viel darüber geschrieben und geredet. Die Politik setzte Rahmenbedingungen, die Forschung, Wissenschaft und Wirtschaft dazu aufforderten, umweltfreundliche Alternativen zu entwickeln. Und dieses gelang. Ich sage das deshalb, weil ich da einfach auch sehe, Forschung, Wirtschaft und Politik müssen miteinander den Weg gehen, und können dann auch umweltfreundlicher gestaltet werden.

In meinem Lesebuch der dritten oder vierten Klasse gab es eine Erzählung über ein Mädchen im Ruhrgebiet, das einen Gummibaum in der Wohnung abstaubte und dann feststellte, dass ein Gummibaum gar nicht grau, sondern grün ist. Für mich als Schwarzwaldmädel unvorstellbar, aber damals war das Ruhrgebiet grau und schmutzig. Heute ist dies anders. Den Bergbau der früheren Jahre gibt es nicht mehr. Den damit einhergehenden Staub und Dreck auch nicht oder in sehr viel geringerem Ausmaß. Allerdings haben die Städte im Ruhrgebiet mit dem Strukturwandel zu kämpfen. Noch heute gilt es, den Verlust an Arbeitsplätzen zu kompensieren und die großen sozialpolitischen Herausforderungen daraus zu meistern. Eine Alterserkenntnis aus den genannten Beispielen ist: Alles hat eine Kehr- oder Schattenseite, eben die berühmten Seiten einer Medaille. Diese Erkenntnis gilt es immer wieder mit in den Blick und in die Betrachtungen zu nehmen. Und natürlich auch: Es gibt die vielen Zwischentöne. Dennoch: Veränderungen sind möglich, aber erfolgreiche Veränderungen brauchen Zeit. Kurzfristige Hauruck-Aktionen sind medial gut darstellbar, aber sie bringen keine sofortigen grundlegenden Veränderungen.

Breite Schichten unserer Gesellschaft wünschen sich eine vielfältige, bunte und offene Welt. Grundlage dafür sind ein reger Austausch und persönliche Kontakte. Stuttgarts Schulen pflegen einen vielfältigen internationalen Schüleraustausch mit Schulen in China, Singapur, Indien, Burundi - also Sie können das nachlesen. Hinzu kommen natürlich auch noch die vielen Studienaustausche, die das Land Baden-Württemberg für Schüleraustausch und Studienaufenthalte anbietet. Wenn ich die Anliegen von Fridays for Future ernst nehme, was passiert dann mit den Schüleraustauschen und Studienaufenthalten bzw. mit Reisen in andere Länder oder auf andere Kontinente? Was passiert mit der Weltoffenheit, die für unser Verständnis anderer Menschen und deren Kultur wichtig ist? Was ist mit großen Sportereignissen - Weltmeisterschaften und Olympia? Wird internationale Zusammenarbeit, ob politisch, wissenschaftlich, wirtschaftlich oder kulturell, noch möglich sein, wenn wir zugunsten des Weltklimas auf Flugzeuge, Schiffe, Lkws, Autos und andere Transportmittel verzichten müssen? Hat ja Herr Ozasek gerade eben durchaus anklingen lassen. Welche Chancen hätten Kinder, die auf dem Land leben, wo es kaum einen ÖPNV gibt? Wo der Schulbus am Freitagnachmittag fährt, dann wieder am Montagmorgen, und dazwischen ist nichts. Wollen Sie diesen Kindern und Jugendlichen sagen, dass sie an Wochenenden eben in ihren Dörfern oder Weilern bleiben müssen und keine Party, kein Kino, kein Konzert besuchen, weil der motorisierte Individualverkehr böse und der ÖPNV nicht vorhanden ist? Zugegeben, das sind radikale, vielleicht zu radikale Gedanken. Aber sie stehen im Raum.

Deshalb plädieren wir Freie Wähler bei all diesen Aktivitäten für die Suche nach vernünftigen und vor allen Dingen tragfähigen Kompromissen. Wir machen das ja z. B. bei Bürgerbeteiligungsverfahren. Und bei denen steht an oberster Stelle, möglichst viele betroffene Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen. Diese Maxime muss auch beim Thema Klimaschutz gelten. Massive Eingriffe wie etwa Verbote oder radikales Umsteuern gefährden unser Leben, wie wir es heute kennen. Und radikale Eingriffe werden Widerstand hervorrufen. Und dann geht es weiter, ein Jesus-Zitat aus der Bibel lautet: 'Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein'. Was ich damit sagen will, ist, dass jeder bei sich selber anfangen und Nachhaltigkeit ernst nehmen kann. Auch Kleinvieh macht Mist. Aus privaten Gründen bin ich häufig im Milaneo. Ich nehme die vielen braunen Primark-Tüten wahr, die das Milaneo verlassen. Unter den Tütenträgern sind auffallend viele junge, sehr junge Menschen. Umwelt und Klimaschutz heißt auch, Konsumverzicht zu leisten. Konsumverzicht bei Coffee to go, Fast Food oder Billigmodeläden. Das hätte auch für den Umwelt- und den Klimaschutz konkrete Folgen. Deutlich weniger Müll, der nebenbei gesagt, von den Mitarbeitern der AWS oft mühsam aufgesammelt und entsorgt werden muss. Konkret würde dies aber auch weniger Rohstoffverbrauch und weniger Fahrten bedeuten.

Zur Nachhaltigkeit gehört übrigens auch die ganzheitliche Betrachtung von Produkten. Wie hoch ist der Materialeinsatz, welcher Aufwand entsteht bei der Produktion, und welche Lebensdauer hat das Produkt? Ich denke da z. B. natürlich auch an die Euro 4-Diesel. Wie sieht z. B. die Umweltbilanz von Smartphones aus? Wie umweltfreundlich ist die Gewinnung der benötigten Rohstoffe? Wie hoch ist der Energieaufwand bei der Produktion? Welche Probleme entstehen bei der Entsorgung alter Geräte? Oder das viel beschworene Elektroauto. Wohin mit den Batterien, wenn sie das Ende ihrer Lebenszeit, ihrer Leistungsfähigkeit erreicht haben? Klappt ein lückenloser Rohstoffkreislauf mit der Rückgewinnung aller Rohstoffe? Oder, neues Problem, wie werden Windräder recycled, die ausgedient haben?

Zum Thema Wärmeschutz, was machen wir mit den Styropordämmungen der Häuser, die in einigen Jahren Sondermüll sind? Wie gehen wir mit der konventionellen Landwirtschaft um? Wie umstellen auf Bio? Und dann eben in Teilen auch, dass diese die wachsende Weltbevölkerung nicht ausreichend versorgen könnte? Alles Beispiele, die zeigen, dass ein einfaches Schwarz-weiß-Denken und -Handeln nicht weiterhilft. Es wird auch deutlich, dass wir uns damit auseinandersetzen müssen, dass der Mensch ein höchst widersprüchliches Wesen ist und einseitige Sichtweisen nicht zum Erfolg führen werden. Wir sind alle dazu aufgerufen, an der einen oder anderen Stelle zu verzichten. Und wir sind alle aufgerufen, Rahmenbedingungen zu setzen, die Forschung, Wissenschaft und Wirtschaft Zeit geben, neue Verfahren und Technologien zu entwickeln. Dafür nötig sind Geld, viel Geld, gute und motivierte Wissenschaftler, vorzugsweise im Bereich der Naturwissenschaften, ein gesellschaftliches Klima, das Fortschritt ermöglicht und herausfordert sowie die dafür nötige Freiheit, diese Innovationen zu entwickeln und umzusetzen.

Jetzt könnten wir Freien Wähler Ihnen alles Mögliche versprechen, aber das widerspricht unseren Grundüberzeugungen. Wir wollen keine radikalen Lösungen. Wir stehen für Kompromisse mit dem Ziel, möglichst viele Menschen mitzunehmen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."

StR Dr. Oechsner (FDP):

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, heute Morgen wusste ich noch nicht ganz genau, was ich eigentlich jetzt sagen soll zu diesem Thema. Aus dem einfachen Grund, weil ich nicht genau wusste, was die anderen sagen. Oder was die Dame und der Herr von Fridays for Future sagen werden zu diesem Thema. Jetzt wurde viel gesagt, und da muss ich als Allererstes sagen, Frau Deparnay-Grunenberg, der Erde ist es vollkommen wurscht, wie das Klima ist. Vollkommen egal. Die Erde wird es in 2 bis 3 Milliarden Jahren immer noch geben. Die Frage ist: Wen schützen wir eigentlich? Nehmen wir mal den Menschen in das Zentrum. Und da müssten wir natürlich auch denken, der Mensch ist das Zentrum auch der Politik. Das Handeln in der Politik sollte geleitet sein von einem Konsens über die gesamte Gesellschaft. Es ist in der Mitte, in der ich mich denke zu befinden, immer sehr schwierig, weil man da eben nicht im Besitz der absoluten Wahrheit ist, wie es Links gut kann und Rechts auch gut kann. Sondern man muss immer überlegen, wo ist denn der gesellschaftliche Konsens.

Ich mache das mal an einem Beispiel klar. Es gibt über zumindest sehr breite Gesellschaftsbereiche einen Konsens des Atomausstiegs. Ich gehöre übrigens dazu. Es gibt aber in meiner Partei auch welche, die gehören nicht dazu. Aber der Konsens ist schon sehr breit. Aber was ist die Folge? Die Folge ist, dass wir, um unsere Energie zu decken, zum einen erneuerbare Energien, aber zum anderen halt auch über längere Zeit fossile Brennstoffe noch verbrennen müssen. Oder sparen. Da wäre ich noch drauf gekommen, dann bringe ich das jetzt gleich. Würde jetzt jeder in ganz Deutschland einen einzigen Tag nur aufs Handy verzichten, dann könnten wir ein ganzes Jahr 15.000 Waschmaschinen betreiben. Für die gleiche Energiemenge. Aber weil sich in diesem Zusammenhang Atomkraft übrigens auch sehr gut eignet, muss ich doch auf Sie, Herr Oberbürgermeister, kurz eingehen. Das mit Schweden, das ist ja schon recht und gut, dass die bloß 5,2 Tonnen haben und wir 7 im Bundesschnitt. Die haben aber auch 40 % Atomkraft und wir nur 12. Also man muss halt auch sehen, dass die mit einer CO2-neutralen Energie natürlich auch weniger CO2 bei der Energie- und Stromerzeugung brauchen. Das muss man immer auch sehen. Zahlen muss man immer von allen Seiten betrachten.

Und ich denke, wir in Stuttgart, wir haben schon auch unsere Hausaufgaben gemacht. Verzeihen Sie mir den Seitenhieb, aber Hausaufgaben kann man nur bekommen, wenn man auch zur Schule geht. Das muss man schon auch mal sehen. So. Ich ging zur Schule. 25 Jahre habe ich gebraucht, um fertig zu werden. Die Frage, die sich aber bei dieser ganzen Debatte stellt: Inwieweit ist eigentlich der Mensch tatsächlich verantwortlich für diese Misere der CO2- und der Treibhausgase? Da könnte man dann schon sagen, ja, der Mensch alleine durch sein Dasein ist schon verantwortlich für das CO2. Und zu abstrusen Ideen kommen wie die bayrische Lehrerin, die da sagt: Sparen für den Klimaschutz, verzichten auf Kinder. Das ist eine ganz komische Sache, die wir nicht wollen. Aber, und wo ich Ihnen jetzt Recht gebe, ich wäre ja so gerne auf den Herrn Ozasek noch länger eingegangen, aber wo ich Ihnen Recht gebe, ist, wir müssen natürlich möglichst schnell die von uns verursachten unnötigen CO2-Emissionen verhindern.

Und was können wir da in Stuttgart tun? Vieles wurde gesagt, wir können unsere Solarenergie schneller und effektiver ausbauen, wir können den ÖPNV ausbauen, wir können versuchen, die Leute dazu zu animieren, weniger Verbrennungsmotoren zu fahren, wir können auf die Technologie vertrauen, wir wissen, dass wir in den nächsten Jahren Supraleitung kriegen, wir wissen, dass wir Energie schneller transportieren können, wir müssen hier auch mehr investieren, um Energie besser, neutraler zu erzeugen. Dann kommen wir in die richtige Richtung. Was auf gar keinen Fall hilft, ist, gegen einen großen Teil der Gesellschaft Politik zu machen, weil man meint, man hätte die Wahrheit selbst gepachtet. Vielen Dank."

StR Dr. Fiechtner (BZS23):

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren, worüber reden wir hier eigentlich? Was passiert hier eigentlich? Wahnhafte Vorstellungen gab es unter den Völkern schon immer. Wir kennen den Tulpenwahn, dem große Wirtschaftszweige zum Opfer gefallen sind, wir kennen den Hexenwahn, wir kennen wahnhafte Entwicklungen in der Stadt Salem, denen zahlreiche Menschen zum Opfer gefallen sind, wir kennen ideologische Wahnsysteme, denen Millionen von Menschen zum Opfer gefallen sind. Und jetzt haben wir wiederum ein Wahnsystem, das unter der Flagge menschengemachten Klimawandels daherkommt. Worum geht es hier eigentlich? Es wird ein Postulat aufgestellt, basierend auf sehr, sehr wackligen Daten. Es gibt hier ein Institut einer Organisation, die hauptsächlich aus Verbrecher- und Schurkenstaaten besteht, aus Diktaturen. Und selbst bei den Demokratien sind die Emissäre, die dort in der UNO sitzen, die dann das IPCC gegründet haben, meistens Vertreter von Parteien, deren Hemmschwelle gegenüber totalitären und umfassenden und reglementierenden Ideen relativ niedrig ist. Meistens Vertreter der linken Parteien, und die Speerspitze der radikalen Linken ist ja heutzutage die grüne Partei, die umfassende Enteignungen und umfassende Reglementierungs- und geradezu faschistoid totalitäre Strukturen andenkt.

Was ist das IPCC, auf das sich die ganzen Thesen hier gründen und aus deren Ergebnissen weitreichende politische Folgerungen gezogen werden? Was ist das IPCC? Das IPCC ist ein Gremium, das besteht aus Personen, ich möchte das Wort Wissenschaftler gar nicht verwenden, die von einzelnen Ländern nach unklaren Kriterien entsandt werden. Da sind die genannten Diktaturen dabei. Und wir können erwarten, dass die Herrschaften, die dann einen sogenannten wissenschaftlichen Bericht abgeben müssen, sehr wohlgefällig das berichten, was die Regierungen eigentlich so erwarten. Da sind Agitateure dabei, da sind Personen dabei, die noch nicht einmal ihre berufliche Ausbildung vollendet haben, aber da kennen sich die Linken ja aus. Herr Ozasek z. B., Herr Pantisano, die noch nie in ihrem Leben irgendwas geleistet haben, die keinerlei Erwerbsberuf irgendwann mal gemacht haben, aber die dann auftreten im Brustton der Überzeugung und irgendwelche Ideologien vertreten.

Was ist das IPCC noch? Es ist ein Institut mit einem absoluten Wahrheitsanspruch, das für sich in Anspruch nimmt, die meisten Wissenschaftler zu beherbergen. Wenn man dann genauer nachguckt, wird man feststellen, dass zahlreiche Personen darunter sind, die wie gesagt keine Abschlüsse haben. Andere darunter sind, die eindeutige Interessen haben, weil sie Mitarbeiter bei Greenpeace oder World Wild Life Fund sind oder Ähnliches. Und dann behauptet dieses Gremium, höchsten wissenschaftlichen Standards zu genügen. Dazu gehört ein Peer-Review-Prozess, und wer in der Wissenschaft unterwegs ist, weiß, wie schwierig allein dieses ist. Aber wenn man die Literatur anschaut, wird man feststellen, dass mindestens ein Drittel der zur Verfügung gestellten Literatur diesen Qualitätskriterien gar nicht genügt. Und so nimmt es auch nicht Wunder, dass die Positionierungen des IPCC, die dann einfließen in Kyoto-Protokoll und Pariser Klimaabkommen usw., Falschaussagen liefern über die Ausbreitung der Malaria, über die Gletscherschmelze. Gletscherschmelze war ein besonders amüsantes Thema, wo ein indischer Wissenschaftler einfach mal in den Hauptbericht eingenommen wurde und behauptete, dass die Gletscher des Himalaya bis zum Jahr 2030 abgeschmolzen seien. Das wurde 1 : 1 übernommen, und dann hat man mal kritisch nachgefragt, und dann kam heraus, er hat sich diese Zahl einfach mal so erdacht. Das sei ganz nett so.

Die Hurrikane und ihre Korrelation zum sogenannten menschengemachten Klimawandel: Auch hier gibt es keinerlei wirklich sinnvolle Daten. Diejenigen, die wirklich sich mit der Wissenschaft der Wirbelwinde beschäftigen, waren entsetzt, als ein Vertreter des IPCC einfach die Verbindung eines Klimawandels mit diesen Phänomenen in Verbindung gebracht hat. Was steckt da noch dahinter? Worauf basiert das eigentlich? Das meiste basiert auf sogenannter Klimamodellierung und der These, dass CO2 ein ganz besonders gefährliches und kritisches Gas sei. Das sogenannte Treibhausgas. Für letzteres, für das letztere Postulat gibt es ja bis heute keinen experimentellen, wissenschaftlichen Beleg. Und womit dann die linke Front gerne herkommt, ist das Vorsorgemodell, es könnte ja trotzdem stimmen. Und wenn es stimmte, dann würde unsere Welt dem Untergang geweiht sein, wir würden alle überhitzen usw. Aber es gibt auch hierfür keinen Beleg. Wir wissen nur so viel, dass der Anteil des CO2 in der Luft aus Eisbohrkernen in früheren Jahrhunderten und Jahrtausenden deutlich höher war, als er heute ist. Und wir wissen auch, dass das CO2-Optimum für viele Pflanzen, auch Nutzpflanzen, deutlich höher liegt, im Allgemeinen beim Doppelten dessen, was wir heute haben. Ohnehin ist es so, der Anteil dessen, was der Mensch hier macht an diesen 0,038 % der atmosphärischen Luft, ist so gering, dass es überhaupt keine Rolle spielt. Wir könnten durchaus mit mehr rechnen.

Was kommt hier noch zum Tragen? Man redet von Klimawandel und unterstellt sofort eine Kausalität, dass der Mensch, also wir, es macht und dass wir dann auch die Macht und den Einfluss hätten, es zu ändern. Insbesondere natürlich Gremien totalitärer Staaten. Man insinuiert nämlich, wie ja auch hier mehrfach geschehen, Horrorszenarien, untergehende Länder, steigende Meeresspiegel. Es gibt keinen Beleg für steigende Meeresspiegel. Zumindest nicht in einer Relevanz, dass tatsächlich Landstriche untergegangen wären. Man insinuiert, dass es durch den menschengemachten Klimawandel Ernährungsprobleme gibt, aber unterschlägt, dass die Hauptproblematik auf dem afrikanischen Kontinent die Explosion der Bevölkerung ist, das dadurch bedingte Übermaß an Wassernutzung und die fehlende Infrastruktur.

Man sieht hier die Scheidelinie, dass totalitäre Ideologen Angstszenarien benutzen, um ihre reglementierende Politik durchzusetzen. Und dann kommt sie her, eine Frau Sauter, eine Agitatorin und Aktivistin, 32 Jahre alt, die mitnichten mit den Schülern was zu tun hat. Aber selbst wenn es Schüler wären, ich selber war jung, ich war eifrig, ich hab mich für Ziele eingesetzt, auch unter Inkaufnahme von Nachteilen. Aber ich muss auch und wir müssen festhalten: Kinder und Jugendliche sollen erst mal lernen, sollen erst mal im Leben sich zurechtfinden. Sollen erst mal beweisen, dass sie überhaupt ein selbstständiges, unabhängiges Leben führen können, dass sie sich selbst versorgen können. Und dann erst sind sie in der Lage und überhaupt berechtigt, hier anderen, Erwachsenen, die das bereits bewiesen haben, irgendwelche Ratschläge zu geben. Ansonsten werden sie missbraucht, so wie in meiner Jugend. In meiner Jugend gab es Scientology, in meiner Jugend kamen die Grünen auf und andere radikale Ideologien, denen dann Kinder und Jugendliche rattenfängermäßig nachfolgen und missbraucht werden. Aber der Missbrauch von Kindern ist bei den Grünen ja sowieso …"

Nachdem OB Kuhn den Stadtrat bereits zweimal darauf hingewiesen hat, dass er seine Redezeit deutlich überschritten hat, dieser darauf aber nicht reagiert, entzieht ihm OB Kuhn das Wort und unterbricht die Sitzung kurz. Anschließend wird die Sitzung mit den restlichen Redebeiträgen fortgesetzt.

StR Dr. Schertlen (SchUB):

"Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, schönen guten Nachmittag, ich will ein bisschen trauriger anfangen mit vier Thesen, die ich in den Raum stelle, von der Dystopie zur Utopie. Ich sage dazu, es sind nicht meine Wunschszenarien, aber eine mögliche reale Abschätzung.

These Nr. 1: Öl und Kohle wird möglicherweise so lange verbrannt, bis es weg ist. Das wäre der Horrorfall.

These Nr. 2: Die Ölindustrie nutzt ihren globalen Einfluss, den sie hat.

These Nr. 3: Da kommt jetzt langsam Hoffnung auf, China und Indien als Länder, die selber keine Ölvorkommen haben oder zumindest keine nennenswerten, müssen sich andere Energiequellen erschließen. Sie haben einen hohen Energiebedarf. Und die werden einiges dafür tun, alternative Energiequellen zu erschließen.

These Nr. 4: Wenn diese alternativen Energieträger technologisch so handhabbar sind, dass sie in Form einer Guerillatechnik global ausgerollt werden können - denn, siehe These Nr. 2, die Großindustrie ist nicht daran interessiert -, dann besteht Hoffnung, dass wir tatsächlich den globalen Schwenk auf alternative Energieträger schaffen können.

Was spielt alles eine Rolle bei dem Thema Klimaschutz? Es gibt einige Aspekte und Wechselwirkungen, auf die ich nur mal kurz schlagwortartig eingehen möchte. Wir haben ein globales Bevölkerungswachstum, wir haben insbesondere in den Ländern mit dem starken Bevölkerungswachstum einen steigenden Lebensstandard. Wir haben die Themen Energieverbrauch versus Energieernte, die zum Klimawandel eine entscheidende Rolle spielen. Und auch, wie angesprochen wurde, die Ressourcen, die Gewinnung von Ressourcen, Lebensdauer, also sprich die Haltbarkeit von Produkten, die Wiederverwertbarkeit, Nebenprodukte wie Atommüll oder Giftschlamm, Nebeneffekte wie Kinderarbeit, Vorkommen von seltenen Rohstoffen. Und wir haben auch noch dazu terrestrische Phänomene wie z. B. Vulkanausbrüche, Stürme und Waldbrände, die einfach so vorkommen, die alle einen Einfluss aufs Klima haben.

Gucken wir ganz kurz auf eine Grafik von World Mapper mit dem globalen Bevölkerungswachstum. Sie sehen, das Hauptwachstum findet in Afrika statt. Prognose auf der Grafik ist 2050 in der linken bunten Grafik. In der rechten Grafik sehen Sie mal die Bevölkerungsentwicklung der letzten 3.000 Jahre ungefähr. Und Sie sehen, dass ab 1800 das nennenswerte Wachstum einsetzt. Die letzten 20 oder 19 Jahre fehlen, in denen das Wachstum noch mal beschleunigt wurde. Und die Prognosen lauten auch, dass es die nächsten 60 Jahre noch mal so weitergeht. Was können wir tun? Dieses Wissen global zu streuen, um global ein Umdenken zu erreichen.

Was für Maßnahmen können wir konkret in Stuttgart tun oder auch darüber hinaus? Natürlich können wir Energie sparen, z. B. bei der Mobilität, bei der Heizung, im alltäglichen Handeln, im Kochen. Müssen wir immer den Wasserkocher voll machen für eine Tasse Tee? Das Licht ist ein gern genanntes Thema, was aber wenig bringt, weil wir mit LEDs so gut wie nichts mehr verbrauchen. Wir können den Fleischkonsum reduzieren, denn eben Tierhaltung bewirkt 15 % des CO2-Ausstoßes. Und der entscheidende Punkt meiner Meinung nach, von SchUB insgesamt, ist, dass wir Energie regenerativ ernten müssen. Und, Herr Oberbürgermeister, das geht auch an Sie, die Wälder - und damit auch den Stadtwald - stehen lassen und eben nicht abholzen. Denn Wälder sind CO2-Umwandler, die daraus wieder Sauerstoff generieren. Und was derzeit in Stuttgart passiert, ist da sehr kontraproduktiv.

Gucken wir noch mal kurz zum Energieverbrauch vor dem Aspekt Klima, wie heißt er so schön? Masterplan Klimaschutz Stuttgart. Da soll ja der Energieverbrauch um 50 oder noch mehr Prozent gesenkt werden. Wenn wir uns die traurige Entwicklung von 1990 bis 2013 oder damals noch mit der Prognose bis 2020 angucken, dann ist einfach völlig unrealistisch zu glauben, dass wir dieses Ziel erreichen werden. Wenn wir dann angucken, die Industrie hat ihre Hausaufgaben gemacht. Wer sie nicht gemacht hat, sind die Haushalte, Teile des Mobilitätssektors. Und da appelliere ich an insbesondere die Zuschauerinnen und Zuschauer, insbesondere im jungen Alter: Lernt mal Thermodynamik, geht in die Physikunterrichte, in die Physikvorlesungen. Hört mal zu, was Ihr da tun könnte, wo überall Energie ungesehen und dennoch in Massen verballert wird, verbraucht wird, auch teilweise unnötig zum Fenster hinaus geheizt wird.

Worauf setzen wir von SchUB? Noch mal ganz klar: Energieernte ist unserer Meinung nach das Schlagwort, und zwar regenerativ. Das muss auch, und das betone ich an der Stelle explizit, nicht notwendigerweise lokal erfolgen. Wir halten es durchaus für vertretbar, dass wir in Ländern, in denen die Effizienz höher ist, also rund um den Äquator, Afrika, Asien, dort effiziente Energieernteanlagen einsetzen, z. B. dann Wasserstoff generieren und den hierzulande in Strom und in Ähnliches umwandeln.

Ressourcenschonung wollen wir erreichen. Das betrifft dann auch die Produktionsenergie, indem wir einfach verlegbare Geräte fordern und Rohstoffrückgewinnung durch sortenreine Geräte. Und eine Sache, die eben weltweit mit Vernunft einhergeht, wäre, das globale Bevölkerungswachstum einzudämmen. Damit habe ich jetzt die Zeit ungefähr eingehalten. Ich danke für die Aufmerksamkeit und wünsche noch einen angenehmen Abend."

StR Brett (AfD):

"Herr Oberbürgermeister, meine sehr verehrten Damen und Herren, was wir hier heute zu Anfang der Versammlung gehört haben, kam mir vor wie ein Kasperltheater. Da war eine Frau da, ich habe gedacht, die ist mit ihrem Sohn da, jetzt habe ich von Herrn Dr. Fiechtner gehört, die Dame sei 32, ich habe die anders eingeschätzt, aber, von dem mal abgesehen, die kam hierher. Man hat uns was erzählt, also das war ja sehr friedlich alles - ich bin überzeugt, die beiden waren auch friedlich beieinander. Die sind so friedlich, die könnte man zum Friedensnobelpreis vorschlagen, denn die zwei, die gewinnen niemals, würden niemals das Schießpulver nochmals erfinden. Ganz bestimmt nicht. Und die Vorstellung, dass der Klimawandel von Menschen verursacht wird, ist eine Glaubensfrage. Ich darf Ihnen sagen, im Jahr 999 hat die Stadt Villingen im Schwarzwald das Marktrecht bekommen, weil man davon ausgegangen ist, dass im Jahr 1000 die Welt untergeht. Wenn ich mir vorstelle, was für Stories Ende der 80er-Jahre, Anfang der 90er-Jahre im letzten Jahrhundert da waren, welche Computer und was alles kaputtgeht im Jahr 2000. Es war doch nur eine Scherznummer. Als ich in dem Alter war wie die Schüler jetzt hier oben, da gab es den Club of Rome - 'Die Grenzen des Wachstums'. Die haben uns vorgerechnet, ich habe das Büchle heute noch daheim, dass bis zum Jahr 2.000 alle Ölquellen kaputt sind und alles - die Welt sieht schrecklich aus.

Jetzt kann man das nochmals ganz diplomatisch machen. Wenn jemand meint, dass man weniger Individualverkehr in Stuttgart braucht, dem kann man zustimmen. Ich selber habe meinen Beitrag geleistet, habe seit drei Jahren kein Auto mehr, mache alles mit dem ÖPNV. Wenn alle GRÜNEN und alle LINKEN, die hier so das große Wort haben, auf ihr Auto verzichten und das abmelden, können die anderen besser fahren. So einfach. Ich habe überhaupt nichts dagegen. Und das war noch im Mittelalter so, das ging noch bis ins 18. Jahrhundert, dass es ganze Pilgerfahrten gab mit Selbstgeißelungen. Mensch, macht das doch, schaltet die Ölheizung ab, macht 'Feuerle' oder macht sonst was. Es ist doch ein Kasperltheater. Es kann doch nicht wahr sein, das 'man muss, man muss, man muss!'

Wenn wir heute einen freien Energiemarkt hätten in Europa, dann würde ich eben meinen Strom in Frankreich kaufen, den Atomstrom, dort wo die kWh bloß 8 Cent kostet. Zwingen Sie doch nicht alle, Ihren Quatsch mitzumachen. Der, der es will, soll es machen, und der, der es nicht will, soll es nicht machen. Dort muss man nichts, und da ist gar nichts. Sie merken das jetzt mit der Diskussion zu Dieselfahrverboten. Bisher sind die Bürger immer in der Lage und sagen, 'Ja, das wird nicht so schlimm, und die machen es schon noch richtig'. Was wir in den letzten 20 Jahren erreicht haben, war eine De-Industrialisierung Deutschlands. Wir haben auf die Kernenergie, bei der wir führend waren, verzichtet wegen nichts und wieder nichts, weil am anderen Ende der Erde ein Tsunami und ein Erdbeben gleichzeitig stattgefunden haben, ist dort ein riesiger Unfall gewesen, der bei uns nie sein kann. Die Vorstellung, dass wir deshalb auf die beste Kernenergietechnik, die es auf der Welt gab, verzichtet haben, ist abenteuerlich. Genauso mit dem Diesel. Deutschland hat einen uneinholbaren Vorteil bei der Dieselentwicklung, bei Verbrennungsmotoren sowieso. Aber bei Diesel noch im Besonderen. Da verzichten wir jetzt drauf und sagen, ist alles so böse und schlecht. Vielen Dank."


Nach dem Ende der ersten Ausspracherunde übergibt OB Kuhn den Vorsitz an EBM Dr. Mayer, der in Bezug auf die weiteren Wortmeldungen auf die auf jeweils drei Minuten begrenzte Redezeit hinweist.

StR Winter (90/GRÜNE) dankt zunächst der Fridays for Future-Initative. Zur lebenswerten Innenstadt seien sehr gute Zielbeschlüsse gefasst worden. Er erneuert die Forderung seiner Fraktion nach einer Baumschutzsatzung auch für die Außenbezirke. In den nächsten Haushaltsplanberatungen sollten die glyphosatfreie Stadt und ein besserer Standard bei den Energierichtlinien beschlossen werden. Klimaschutzthemen seien weltweit soziale Themen, betont er insbesondere in Richtung der SPD-Fraktion.

StR Körner weist das Zitat, er habe Benzin im Blut, zurück. Es stamme nicht von ihm. An OB Kuhn gewandt schlägt er vor, die beiden Kohlekraftwerke in Altbach, von denen eines im Übrigen nicht stillgelegt sei, sondern im Winter bei hohem Stromverbrauch als Reserve zugeschaltet werde, auf Gas umzustellen. Für nicht korrekt halte er die Berechnungsmethoden bezüglich der Treibhausgasemissionen in Stuttgart. Beim Thema erneuerbare Energien sollte zunächst die Ausgangslage geklärt werden.

Verschiedene Städte, u. a. London, Vancouver und Basel, hätten bereits den Klimanotstand erklärt, betont StR Urbat (SÖS-LINKE-PluS) bei der Begründung des Antrags seiner Fraktionsgemeinschaft. Es sei zu befürchten, dass sich die Folgen des Klimawandels durch bereits emittiertes CO2 bis 2040 oder sogar schon 2035 verschärften. Eine durch den Klimawandel ausgelöste Völkerwanderung sei zu erwarten, und diese werde eine ganz andere Dimension haben als die letzte, teilweise klimabedingte Flüchtlingswelle. Eng damit verbunden sei ein Massenaussterben von Arten. Er halte es kaum für möglich, dass die Menschen die Heißzeit überlebten. Nun gehe es um effektives Handeln, und das müsse auch in den Doppelhaushalt und die mittelfristige Finanzplanung einfließen. Benötigt würden Maßnahmen zur Verhütung des Klimawandels sowie Maßnahmen zur Anpassung an 2,5 bis 3 Grad Celsius Temperaturanstieg. Er stellt klar, dass der Antrag keine Aufforderung zu Notstandsmaßnahmen oder -gesetzen darstellen solle, wohl aber dazu, die Verantwortung für den Planeten zu übernehmen. Wenn man noch etwas retten wolle, müsse man sehr schnell den bisherigen Kurs aufgeben.

Die "Weltuntergangsstimmung" seines Vorredners teilt StR Dr. Nopper (CDU) nicht. Ohnehin werde die Frage des CO2-Ausstoßes nicht im Stuttgarter Gemeinderat entschieden. Natürlich müsse man das Problem ernst nehmen und die Schadstoffemissionen durch technologischen Fortschritt reduzieren. Man dürfe aber auch nicht vergessen, dass der noch nie dagewesene Wohlstand durch technischen Fortschritt und nicht durch Reglementierungen zustande gekommen sei. Ein Industriestandort benötige Energie. Umso besser, wenn diese durch den technischen Fortschritt umweltfreundlich gewonnen werden könne, was sich wiederum global auswirken werde.

StR Klingler (BZS23) kritisiert, mit dieser "Generaldebatte" wolle man nur das Gewissen beruhigen. Zwischen Theorie und Praxis klaffe bei den politisch Handelnden eine Lücke. So sei z. B. ein Anteil von 25 % Bio-Essen durchgesetzt worden, doch werde der größte Teil des Schulessens aus Osnabrück oder der Pfalz angeliefert. Gegenüber StR Körner merkt er an, bei der SVV würden für die Stadtwerke und für Rückstellungen immer wieder hohe Summen entnommen.

StR Zeeb (FW) äußert seine Enttäuschung über die ziemlich leere Zuschauertribüne. Hierzu erklärt Herr Epple, auch er finde es schade, dass so wenige Schülerinnen und Schüler gekommen seien, könne dies aber auch verstehen. Man werfe sich gegenseitig Vorurteile, Fehler und falsche Entscheidungen der Vergangenheit an den Kopf. Dies verstärke die Angst der Schüler um ihre Zukunft. Wenn man die Klimakrise wirklich stoppen und die Zukunft retten wolle, müsse man nach vorne schauen und handeln. Man müsse beginnen, strukturell umzudenken. Ein unendliches Wachstum auf einem Planeten, der nur begrenzte Ressourcen habe, sei nicht möglich. Eben dieses Wachstum habe in die Krise geführt. Nun müsse man das Reden beenden und konsequent handeln.

Angst vor der Zukunft sei nicht in Bezug auf das Klima, sondern vielmehr in Bezug auf die Wirtschaft angebracht, befindet StR Brett. Die Welt gehe nicht unter, wenn sich das Klima um zwei Grad erwärme. Im Gegenteil, der vergangene, etwas wärmere Winter habe für die Stuttgarter Bevölkerung den Vorteil niedrigerer Heizkosten mit sich gebracht.

An dieser Stelle beantragt StR Lazaridis (90/GRÜNE) die Schließung der Rednerliste. StR Klingler widerspricht mit dem Hinweis, dass am Ende einer Debatte ein Ergebnis stehen sollte.

EBM Dr. Mayer lässt über den Geschäftsordnungsantrag abstimmen und stellt fest:

Der Gemeinderat stimmt dem Antrag bei 3 Gegenstimmen und 1 Enthaltung mehrheitlich zu.

StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) unterstreicht, die Schülerinnen und Schüler forderten sofortige radikale Maßnahmen, weil diese notwendig seien. Die Wissenschaft sage klar, dass man in 15 Jahren CO2-frei sein müsse, was bedeute, dass es hier keine Verbrennungsmotoren mehr geben dürfe. Auf neue Technologie zu warten, helfe im Kapitalismus, in dem sie allein zum Geldverdienen da sei, meistens nicht. Die eigentliche Innovation liege nicht in der Technik, sondern in der Frage, ob die Menschheit ihr Wirtschaften so organisieren könne, dass erst der Planet komme und dann die Jobs. Diese Hausaufgabe für die nächsten 15 Jahre müsse auf soziale Weise gemacht werden: kostenloser ÖPNV, kostenlose Kita, Datenkommunikation in städtischer Hand, bezahlbares Wohnen etc. Er bittet um Zustimmung zu den Anträgen seiner Fraktionsgemeinschaft.

Seit die Menschheit Energieträger wie die Kohle verwende, seien der Wohlstand und die Lebenserwartung gestiegen, erklärt StR Dr. Fiechtner. Eine alternative Energie wäre die Kernkraft, während die Solar- und Windenergie einen Rückfall in altägyptische Zeiten darstelle. Für ihn sei der Klimawandel nicht so schlimm, schließlich wandle sich das Klima, seit es die Erde gebe. Im Laufe ihrer Geschichte hätten sich die Menschen, Tiere und Pflanzen den veränderten Gegebenheiten angepasst. Das Argument des Klimawandels diene nur dazu, die Bürger zu reglementieren - bei ihrer Ernährung, der Mobilität und im industriellen Sektor. Niemand wolle zurückkehren zu schlechter Hygiene und hoher Sterblichkeit. Er plädiere für eine Rückkehr zur Vernunft und dem Erhalt der Freiheit. Der Markt bzw. der Kapitalismus werde seine Lösungen finden.

StR Pantisano (SÖS-LINKE-PluS) bedankt sich bei den Schülerinnen und Schülern der Bewegung Fridays for Future. Wichtig sei nicht nur ihr Kampf zum Schutz des Klimas, sondern auch der gegen rechtsextreme Parteien.

Gegenüber StR Rockenbauch erklärt StR Dr. Oechsner, wenn dessen Antrag nicht, wie so oft, einen Haken enthalte, stimme er diesem zu. Klimawandel sei keine Erfindung, sondern ein reales, wissenschaftlich verifiziertes Phänomen. An Herrn Epple gewandt merkt er an, man sollte um der Wirkung willen im politischen Diskurs nicht aus dem Zusammenhang gerissene Dinge verbreiten, um die anderen in ein schlechtes Licht zu rücken, sondern immer zuerst die gesamte Wahrheit betrachten. Streit gehöre zum Wesen der Demokratie, und nur so finde man einen Kompromiss, der einen Konsens in der Gesellschaft herstelle. Die Begründung, dass zu der Debatte kaum Schüler gekommen seien, weil sie die Diskussion so schrecklich fänden, sei nicht logisch, da sie das doch gar nicht wissen könnten, wenn sie nicht anwesend seien. Auch er hätte deutlich mehr Schülerinnen und Schüler auf der Tribüne erwartet.
EBM Dr. Mayer ergänzt, die Lebhaftigkeit und Emotionalität in der Diskussion sei gut, solange der Respekt voreinander in der Debatte nicht verlorengehe. Er bedankt sich nochmals herzlich bei Frau Sauter und Herrn Epple für ihren Vortrag und ihre Beteiligung an der Diskussion.

Abschließend stellt er Kenntnisnahme fest.
zum Seitenanfang