Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
52/2012 u. 52/2012 Ergänzung
GZ:
T
Sitzungstermin: 10.05.2012
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Gallmeister
Betreff: Planung und Bau einer Bioabfallvergärungsanlage in Stuttgart

Vorgang:

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 07.02.2012, nicht öffentlich, Nr. 42
Ergebnis: Einbringung


Ausschuss für Umwelt und Technik vom 27.03.2012, öffentlich, Nr. 112
Betriebsausschuss Abfallwirtschaft vom 28.03.2012, öffentlich, Nr. 3
Gemeinderat vom 29.03.2012, öffentlich, Nr. 39
jeweiliges Ergebnis: Zurückstellung


Ausschuss für Umwelt und Technik vom 08.05.2012, öffentlich, Nr. 160
Ergebnis: Mehrheitliche Zustimmung zu den Beschlussantragsziffern 1, 2 und 4 der GRDrs 52/2012 (1 Gegenstimme). Der Beschlussantragsziffer 3 wird entsprechend Tischvorlage GRDrs 52/2012 Ergänzung bei 1 Gegenstimme mehrheitlich zugestimmt.

Gleichzeitig beschließt der Ausschuss für Umwelt und Technik, in die Planungen aufzunehmen, "dass sehr zeitnah die Planungen des Valentienwaldes der Zukunft mit den gegebenen Mitteln vorangetrieben werden". Darüber hinaus beschließt der Ausschuss, dass die derzeit von der Fa. Züblin genutzte Fläche in Zukunft nicht mehr weiter als Baustelleneinrichtungsfläche genutzt wird. Diesen beiden Punkten wird ebenfalls bei 1 Gegenstimme mehrheitlich zugestimmt.


Betriebsausschuss Abfallwirtschaft vom 09.05.2012, öffentlich, Nr. 5
Ergebnis: einmütige Zustimmung in der Fassung UTA


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Technischen Referats vom 31.01.2012, GRDrs 52/2012, mit folgendem, in Ziffer 3 geänderten

Beschlussantrag (Änderung unterstrichen):

1. Dem Vorhaben zur Planung und Realisierung einer Bioabfallvergärungsanlage in Stuttgart wird grundsätzlich zugestimmt.

2. Vom Gutachten "Standortalternativenvergleich" des Büros Planung + Umwelt Prof. Koch, Stuttgart wird Kenntnis genommen (Anhang 1).

3. Die Verwaltung wird beauftragt, die erforderlichen planungsrechtlichen Schritte für eine Realisierung am Standort Zuffenhausen, Gewann Hummelsbrunnen Süd, einzuleiten sowie ein Zielabweichungsverfahren beim Regierungspräsidium zu beantragen.

4. Die Verwaltung wird beauftragt, für die Planung der Anlage ein europaweites VOF - Verfahren durchzuführen und die Planungsarbeiten zu vergeben.


StRin Munk (90/GRÜNE) weist darauf hin, dass das Thema der Bioabfallentsorgung Gemeinderat und Verwaltung aufgrund der Änderung des Abfallgesetzes ab dem Jahr 2015 beschäftigt. Bisher werden 15.000 t Kompost jährlich nach Kirchheim in das dortige Kompostwerk gefahren. Ihre Fraktion unterstütze die Änderung, künftig die Bioabfallvergärung in Stuttgart selbst in die Hand zu nehmen, da in der Bioabfallvergärung neue Wege beschritten werden müssen. Die Landeshauptstadt stehe an einer entscheidenden Wende der Energiepolitik, weg vom Atomstrom, hin zu regenerativen Energien. Mit der Bioabfallvergärungsanlage wolle und könne die Stadt einen Beitrag leisten, indem mit Hilfe eines Blockheizkraftwerks künftig selbst Strom und Wärme erzeugt werden kann. Es bestehe Einigkeit in der Sache, dass es richtig ist, eine solche Anlage selbst zu bauen.

Schwierig sei allerdings die Standortfrage. Ihre Fraktion habe großes Verständnis für die Zuffenhäuser und auch die Stammheimer Bevölkerung, die sich gegen die Ansiedlung einer solchen Anlage wehren. Der Stadtbezirk Zuffenhausen sei bereits heute durch das hohe Verkehrsaufkommen auf der B 27 belastet, sodass nachvollziehbar sei, dass man sich gegen zusätzlichen Mehrverkehr im Zusammenhang mit der Bioabfallvergärungsanlage wehre.

Die Stadträtin verweist auf Antrag Nr. 47/2012, den ihre Fraktion gemeinsam mit der SPD-Gemeinderatsfraktion gestellt hat <Stellungnahme siehe Anlage 2 der Ergänzung zur GRDrs 52/2012>. Die weitere Standortsuche habe als Ergebnis den Standort Hummelsbrunnen Süd gebracht, dem ihre Fraktion zustimmen werde. Allerdings falle die Entscheidung nicht leicht und sie werde nur mit Maßgaben zustimmen, dass die Anlage selbstverständlich den neuesten technischen Erfordernissen entsprechen muss, dass die Entladung der Lkws nur bei geschlossenem Tor erfolgen soll, dass die verkehrliche Andienung nicht durch Zuffenhausen, sondern über die B 27 erfolgt, dass die Anlage selbst am neuen Standort eingegrünt, gegen Einblicke geschützt wird und dass die Wärme und der Strom in den städtischen Gebäuden in Zuffenhausen - dem Hallenbad oder den Schulen - verwendet werden.

Ein besonderes Anliegen ihrer Fraktion sei, dass zeitgleich parallel ein aktualisiertes Konzept des Valentienwaldes zur Planung entwickelt wird und dass die Entwicklung in einem Planungsverfahren offen und transparent mit den Bürgerinnen und Bürgern von Zuffenhausen erfolgt.

StR Hill (CDU) hebt auf die Problematik in der Kommunalpolitik ab, dass etliche Fragestellungen, wenn sie theoretisch behandelt werden, breite Zustimmung finden, bei der Konkretisierung dann vor Ort aber sehr schnell Widerstände auftauchen. Es sei daher nachvollziehbar, dass der jetzt vorgesehene Standort für die Bioabfallvergärungsanlage in Zuffenhausen nicht freudig aufgenommen wird. Dabei müsse aber auch anerkannt werden, dass sich Verwaltung und Gemeinderat große Mühe gegeben haben, nach einem objektiven Verfahren einen Standort zu finden, der den verschiedenen Kriterien gerecht wird.

Als besonders geeignet erscheint StR Hill der Standort Hummelsbrunnen Süd deshalb, weil er in einer Senke liegt und dadurch schwer einsehbar ist. Außerdem liegt er in unmittelbarer Nähe zur B 27, wodurch unnötige Fahrten vermieden werden könnten. Das Projekt sei nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll, indem der Stuttgarter Biomüll nicht mehr für teures Geld nach Kirchheim gebracht werden müsse.

Der vom Bezirksbeirat aufgestellte Anforderungskatalog sei im Prinzip unstrittig, so der Stadtrat. Er hebt in diesem Zusammenhang die Aussage von BM Hahn hervor, dass man bezüglich des Valentienwaldes nicht beim 30 Jahre alten Konzept bleibt, sondern dass dieses den Anforderungen angepasst und umgestellt wird. Auch der Antrag von StRin Dr. Blind, die von der Firma Züblin genutzte Fläche in Zukunft nicht mehr als Baustelleneinrichtungsfläche zu nutzen, sei ein Signal nach Zuffenhausen, ebenso wie der von seiner Fraktion ins Gespräch gebrachte Einsatz von Hybridfahrzeugen im Bereich Biomüll. BM Thürnau habe die Anregung, dass der AWS seine Fahrzeuge vielleicht etwas schneller als gedacht in diesem Bereich umstellt, wohlwollend und positiv angenommen.

Seine Fraktion gehe davon aus, dass von der Bioabfallvergärungsanlage keine Belästigungen für Zuffenhausen ausgehen werden, weshalb seine Fraktion dem Vorhaben gerne zustimme, erklärt StR Hill zum Ende seiner Wortmeldung.

StRin Dr. Blind (SPD) dankt der Verwaltung für die Standortuntersuchung, welche die Verwaltung habe machen lassen, und die sie sorgfältig abgeprüft habe. Ausdrücklich danke sie der Verwaltung auch dafür, dass sie auf Nachfragen im Bezirksbeirat die Standorte Weilimdorf und Gaswerk Gaisburg nochmals geprüft und dem Bezirksbeirat die Ergebnisse erklärt hat. Sie bedankt sich auch beim Bezirksbeirat Zuffenhausen, der nicht nur Standorte abgelehnt, sondern einen weiteren Standort - die Heinrizau - vorgeschlagen hat. Nach Prüfung auch dieses Standorts habe sich der Standort Hummelsbrunnen Süd als geeigneter erwiesen.

Hinsichtlich der von der Bevölkerung in Zuffenhausen vorgebrachten Bedenken wegen der Geruchsbelästigung der Anlage habe man sich bei einem Besuch der Anlage in Backnang davon überzeugt, dass keine Geruchsbelästigung auftritt, so StRin Dr. Blind. Der Verkehr zur Bioabfallvergärungsanlage werde auch nicht, wie von Zuffenhausener Seite befürchtet, durch Zuffenhausen fahren, sondern über die Bundesstraße.

Wichtig sei ihrer Fraktion auch, dass das Flachdach der Anlage - soweit möglich - begrünt und auch die Anlage gut eingegrünt wird.

Die Konzepte Valentienwald und Grünzugvernetzen müssen nach Ansicht ihrer Fraktion aufgegriffen und von der Verwaltung so weit geplant werden, dass in den nächsten Haushaltsplanberatungen Geld für eine weitergehende Planung und vielleicht bereits für erste Maßnahmen eingestellt werden kann, betont die Stadträtin. Dasselbe gelte für die Biotopvernetzung insbesondere im Osten des Gebiets. Da die Verwaltung zugesagt habe, diese Kriterien, so weit es gehe, abzuarbeiten, stimme die SPD-Gemeinderatsfraktion der Vorlage zu.

Seine Fraktion befürworte die Errichtung einer Bioabfallvergärungsanlage, teilt StR Fahrion (FW) mit, jedoch nicht in Zuffenhausen, da dieser Stadtbezirk bereits hohe Belastungen habe. Nach Meinung seiner Fraktion seien bei der Grundstückssuche für die Anlage viel zu wenige Grundstücke auf Stuttgarter Gemarkung untersucht worden. Der Standort Hummelsbrunnen Süd sei zwar besser als der Standort Sauhalde, es könnten aber vielleicht noch andere Grundstücke für die Bioabfallvergärungsanlage in Stuttgart gefunden werden. Die Einwohner von Zuffenhausen und Stammheim sollen nun mit der Überplanung des Valentienwaldes beschwichtigt werden. Dies reiche seiner Fraktion nicht aus. Sie beantrage einen weiteren Suchlauf von Grundstücken. Wenn sich dann herausstelle, dass wirklich kein anderer Standort herauskomme, müsse wohl in die Richtung gedacht werden, die heute beschlossen werden soll.

Wenn Bedenken in der Bevölkerung im Hinblick auf die Errichtung einer Bioabfallvergärungsanlage bestehen, könne er dies nachvollziehen, bemerkt StR Dr. Stübel (FDP). Bei der Besichtigung der Bioabfallvergärungsanlage in Backnang habe ihn beeindruckt, mit welcher Technik dort gearbeitet wird und dass die Geruchsbelästigung auf ein Minimum heruntergeschraubt wird. Auch gehe er davon aus, dass die Anlage durch den Eigenbetrieb AWS betrieben werden kann. Um den Bürgerinnen und Bürgern von Zuffenhausen als Ausgleich für die verschiedenen Belastungen etwas Gutes zu tun, müsse die Planung für den Valentienwald rasch vorangetrieben werden. In diesem Sinne stimme seine Fraktion der Vorlage zu.

StR Stocker (SÖS und LINKE) kann die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger aus Zuffenhausen ebenfalls nachvollziehen. Der bessere Standort für die Bioabfallvergärungsanlage wäre seiner Meinung nach Gaisburg. Dieses Gelände gehöre aber nicht der Stadt, sondern der EnBW. Wenn die Energieerzeugung des Biogaskraftwerks, das gebaut werden solle, nicht ausreiche, um ein von der EnBW möglicherweise geplantes Gaskraftwerk zu betreiben und dann Biomüllfahrten aus dem Umland nach Stuttgart nötig wären, wäre dies auch keine Lösung, die man wünsche. Nach Ansicht seiner Fraktionsgemeinschaft habe man mit dem Standort Hummelsbrunnen Süd, der innerhalb eines ganzen Straßengewirrs und in einer Senke liegt, jetzt eine geeignete Lösung gefunden. Wenn noch eine Aufforstung - auch im Hinblick auf Stammheim - vorgenommen wird, scheine der Standort nach den durchgeführten Suchläufen derjenige zu sein, der akzeptiert werden könne. Seine Fraktionsgemeinschaft beharre auch darauf, dass im nächsten Haushaltsplan für das Erholungsgebiet Valentienwald Mittel eingestellt werden, damit auch wieder etwas Gutes in Stammheim geschehen könne.

Die Entscheidung für den Standort einer Bioabfallvergärungsanlage werde immer ein Abwägungsergebnis sein, betont StR Dr. Schlierer (REP). Im vorliegenden Fall seien die verschiedenen Möglichkeiten von vornherein geprüft und mit entsprechenden Kriterien bewertet worden. Die Abwägungsentscheidung sei daher zunächst einmal richtig. Dass es dann nicht aufgrund der Einwendungen von Bürgern aus Zuffenhausen nochmals eine weitere Suche und einen weiteren Abwägungsprozess gegeben hat, sei gut. Das gefundene Ergebnis mit der Neuausrichtung stelle seines Erachtens eine sinnvolle Lösung dar. Er glaube, dass unter Berücksichtigung der Verkehrsanbindung und der zum Einsatz kommenden Technik, die heute weitgehend so ausgestaltet ist, dass die Umweltbelästigungen durch Emissionen auf ein sehr geringes Maß reduziert werden können, der Standort Hummelsbrunnen Süd gerechtfertigt ist. Es könne natürlich angesichts der bestehenden Verdichtungen bei allen zusätzlichen Einrichtungen auf der bereits stark bebauten Stadtgemarkung immer Konflikte geben, aber hier scheine eine Lösung gefunden worden zu sein, die durchaus vertretbar sei. Deshalb werde er der Vorlage in der ergänzten Fassung zustimmen.


Abschließend stellt OB Dr. Schuster fest:

Der Gemeinderat beschließt den in Ziffer 3 geänderten Beschlussantrag bei 7 Gegenstimmen mehrheitlich.

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