Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung/Kultur und Recht
Gz: AKR 0504-04
GRDrs 971/2016
Stuttgart,
12/15/2016



Eingruppierung von Fachkräften im Gruppendienst in den städtischen Kindertageseinrichtungen - Ergebnisse und Umsetzung der Schlichtung



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Beratung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
21.12.2016
22.12.2016



Beschlußantrag:

1. Der Empfehlung der Schlichtungsstelle im Beschluss vom 07.09.2016 zum Schlichtungsstellenverfahren Nr. 6, die Gruppenleitungen in Einrichtungen mit veränderten Öffnungszeiten (6-stündige Betreuung) anstelle von Entgeltgruppe S 8a in Entgeltgruppe S 8b einzugruppieren, wird gefolgt.

2. Der Empfehlung der Schlichtungsstelle im Beschluss vom 07.09.2016 zu den Schlichtungsstellenverfahren Nrn. 3, 4 und 5, die Zweitfachkräfte in den Einrichtungen der Kinder- und Familienzentren anstelle von Entgeltgruppe S 8a in Entgeltgruppe S 8b einzugruppieren, wird nicht gefolgt.

3. Der Empfehlung der Schlichtungsstelle im Beschluss vom 07.09.2016 zum Schlichtungsstellenverfahren Nr. 8, zu überprüfen, inwieweit die Tätigkeiten der Zusatzfachkräfte in den Altersgruppen 0-6 einer Tätigkeit von Erzieherinnen bzw. Erziehern in Entgeltgruppe S 8a entsprechen, wird gefolgt. 4. Die für den städtischen Träger zur Umsetzung der Empfehlung gemäß Beschlussantrag Ziffer 1 zusätzlich erforderlichen Mittel in Höhe von 211.000 EUR werden im Haushaltsjahr 2017 im THH 510 - Jugendamt, Kontengruppe 400 Personalaufwendungen, überplanmäßig bereitgestellt. Zur Deckung der Mehraufwendungen kann im Jahr 2017 auf freie Mittel der Deckungsreserve Personal zurückgegriffen werden. 5. Die analog für die freien Träger zur Umsetzung der Empfehlung gemäß Beschlussantrag Ziffer 1 zusätzlich erforderlichen Mittel in Höhe von 643.000 EUR werden im Haushaltsjahr 2017 im THH 510 – Jugendamt, Kontengruppe 430 Zuschüsse für lfd. Zwecke, bereitgestellt. Zur Deckung der Mehraufwendungen kann im Jahr 2017 auf freie Mittel aus der Kita-Betriebskostenpauschale zurückgegriffen werden.


Begründung:


A) Ausgangslage

Im Sommer/Herbst 2015 hat der Personalrat des Jugendamts die von der Personaldienststelle des Jugendamts beantragte Zustimmung zur Eingruppierung verschiedener Fachkräfte im Gruppendienst der städtischen Kindertageseinrichtungen sowie von Betreuungskräften in der Schulkindbetreuung verweigert. Da die vorgebrachten Gründe für die Zustimmungsverweigerung vom Jugendamt als nicht tragfähig eingestuft worden sind, wurde das Mitbestimmungsverfahren als abgeschlossen angesehen und die vorgesehenen Eingruppierungen vorgenommen.

Der Personalrat des Jugendamts hat daraufhin vor dem Verwaltungsgericht – Personalvertretungskammer – eine Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte nach dem LPVG geltend gemacht.


B) Vergleich

In den verschiedenen Personalvertretungsangelegenheiten wurde am 03.05.2016 vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart ein Vergleich zwischen dem Personalrat und der Dienststelle geschlossen.

Der Vergleich sah die Überprüfung der in den jeweiligen Verfahren vorgenommenen Eingruppierungen in acht Schlichtungsstellen vor. Diese Schlichtungsstellen sind gemäß dem Vergleich wie Einigungsstellen nach dem Personalvertretungsrecht zu behandeln. Eingruppierungsfragen sind nach dem LPVG Angelegenheiten der eingeschränkten Mitbestimmung. In der eingeschränkten Mitbestimmung kann die Einigungs-stelle, wenn Sie sich der Auffassung der Dienststelle nicht anschließt, nur eine Empfehlung an die Verwaltung aussprechen, wie in der streitigen Angelegenheit verfahren werden soll. Deshalb wurde im Vergleich weiter vereinbart, dass die Landeshauptstadt Stuttgart, falls sie einer Empfehlung der Schlichtungsstelle hinsichtlich der Eingruppierung folgt, vergleichbare Fälle gleich behandeln wird.


C) Schlichtungsstellen

Die Verhandlung der acht Schlichtungsstellen fand am 07.09.2016 unter Vorsitz von Frau Gerstner-Heck (Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht a.D.) statt.

Mit den Ergebnissen der Schlichtungsstellen ist die Praxis der Verwaltung zur Eingruppierung von Fachpersonal in der Kindertagesbetreuung im Wesentlichen bestätigt worden. Dabei hat die Vorsitzende insbesondere eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die generelle Eingruppierung aller Zweitkräfte in S 8b nicht tarifkonform ist.

Lediglich bei drei Fallkonstellationen ist die Schlichtungsstelle der Praxis der Verwaltung zur Eingruppierung von Fachpersonal in der Kindertagesbetreuung nicht gefolgt, und hat mit Stimme der Vorsitzenden mehrheitlich folgende von der derzeitigen Praxis

abweichende Empfehlungen ausgesprochen:


D) Überprüfung der drei Empfehlungen

Gemäß Personalvertretungsrecht hat die Verwaltung die von der Auffassung der Dienststelle abweichenden Empfehlungen der Schlichtungsstelle den zuständigen gemeinderätlichen Gremien zur Entscheidung vorzulegen (§ 79 Abs. 4 i.V. m. § 89 Abs. 1 Nr. 1 LPVG). Im Übrigen darf die Entscheidung, ob einer bestimmten Gruppe von Beschäftigten übertarifliche Entgelte (z.B. Zweitfachkräften in KiFaZ) gewährt werden sollen, nur von den zuständigen gemeinderätlichen Gremien im Einvernehmen mit dem Oberbürgermeister getroffen werden (§ 24 Abs. 2 GemO i.V.m. § 18 der Hauptsatzung).

Die Verwaltung ist deshalb verpflichtet, eigenständig zu überprüfen, ob sie die Eingruppierungsempfehlungen der Schlichtungsstelle für tarifkonform oder übertariflich erachtet und die Empfehlungen mit ihrer Einschätzung den gemeinderätlichen Gremien zur Beschlussfassung vorzulegen.

Die Verwaltung kommt bei der Überprüfung der Empfehlungen und ihrer Begründungen zu folgendem Ergebnis:

1. Die Empfehlung der Schlichtungsstelle 6 (vgl. Anlage 1, siehe C. I), die Gruppenleitungen in den Einrichtungen mit veränderten Öffnungszeiten (6-stündige Betreuung) anstelle von Entgeltgruppe S 8a in Entgeltgruppe S 8b einzugruppieren, wird als noch tarifrechtlich vertretbar angesehen.

Von Seiten des Haupt- und Personalamts wurde eine Städteumfrage durchgeführt. Angefragt wurden Städte der Größenklasse 1 sowie die baden-württembergischen Städte über 100.000 Einwohner. Bei insgesamt 20 Rückmeldungen ergab sich, dass nur bei 3 Städten Gruppenleitungen wie bei Landeshauptstadt Stuttgart in Entgeltgruppe S 8b eingruppiert sind. Daraus ergibt sich, dass sich die Landeshauptstadt Stuttgart im Vergleich mit anderen Städten bereits heute im oberen Bereich der tarifrechtlichen Möglichkeiten bewegt und wesentlich besser bezahlt als andere Städte.

Mit der Umsetzung dieser Maßnahme sind jährliche Kosten in Höhe von ca. 854.000 € verbunden.

Städtischer Träger: ca. 211.000 € für ca. 60 Vollzeitkräfte (VZK)
Freie Träger: ca. 643.000 € für ca. 210 VZK

2. Die Empfehlung der Schlichtungsstellen 3-5 (vgl. Anlage 2, siehe C. II), die Zweitfachkräfte in den Einrichtungen der Kinder- und Familienzentren anstelle von Entgeltgruppe S 8a in Entgeltgruppe S 8b einzugruppieren, wird als tarifrechtlich nicht vertretbar und somit als übertarifliche Eingruppierung angesehen. Der Empfehlung soll deshalb nicht gefolgt werden.

Mit der Umsetzung dieser Maßnahme wären jährliche Kosten in Höhe von
ca. 316.000 € verbunden.
Städtischer Träger: ca. 136.000 € für ca. 40 VZK
Freie Träger: ca. 180.000 € für ca. 59 VZK

Die Stadt Stuttgart ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) und bekennt sich dazu, dass sie grundsätzlich ein tarifgebundener Arbeitgeber ist. Eine übertarifliche Eingruppierung der Zweitkräfte in den Einrichtungen der Kinder- und Familienzentren wird nicht vorgeschlagen, da von Seiten der Verwaltung ein Ausstieg aus der Tarifgebundenheit nicht gewünscht ist.


2.1. Begründung der Empfehlung

Die Schlichtungsstelle ist in ihrer Begründung von folgendem Sachverhalt ausgegangen (vgl. Anlage 2):

„Die Kinder aus Familien mit prekären und besonders schwierigen Lebenssituationen sind häufig besonders schwache Sprachlerner und haben in der Regel auch Entwicklungsbedarf im sozialen, emotionalen und kognitiven Bereich. Zur frühen und gezielten Förderung dieser Kinder mit mehrfachen Entwicklungsrisiken haben sich Kindertages-einrichtungen, die überproportional von Kindern aus Familien mit Bonuscard besucht werden (über 30%), zu Kinder- und Familienzentren profiliert. In diesen werden die betroffenen Kinder individuell besonders gefördert und es findet darüber hinaus eine intensive Zusammenarbeit mit den Eltern statt, die auch eigene Angebote für die Eltern umfasst. Dies setzt voraus, dass die pädagogischen Fachkräfte ihre Kompetenzen für den Umgang mit den (oft wenig empathischen) Eltern und den Kindern mit mehrfachen Entwicklungsrisiken erweitern (so ausdrücklich der Konzeptentwurf 51-Kita 29.04.2011 des Jugendamts Stuttgart). Die Koordinierung und schwerpunktmäßige Bearbeitung dieser Prozesse insbesondere in der Kooperation mit den Beratungszentren, dem Elternseminar, dem Familienrats-Büro des Jugendamts, den Fachkräften der Heilpädagogik und Logopädie, dem Gesundheitsamt, den Kinderärzten, HzE-Trägern und Vereinen obliegt zwar den zusätzlich eingestellten Früh-Pädagoginnen und –Pädagogen (s. den genannten Konzeptentwurf 51-Kita 29.04.2011). Das ändert jedoch nichts daran, dass auch die tägliche Betreuung dieser Kinder und der Umgang mit ihren Eltern, die nach dem Konzept verstärkt einzubeziehen sind, für die in diesen Kinder- und Familienzentren beschäftigten Zweitfachkräfte eine fachlich besonders schwierige Tätigkeit ist.“


2.2. Aufgaben eines Kinder- und Familienzentrums nach der Rahmenkonzeption aus GRDrs 424/2011

In Anlage 1 zur GRDrs 424/2011 „Kinder- und Familienzentren“ wird u.a. zur individuellen Förderung der Kinder und der Zusammenarbeit mit deren Eltern folgendes zu den Aufgaben eines Kinder- und Familienzentrums ausgeführt:

Individuelle Förderung der Kinder sicherstellen

In Stuttgart gelten im Allgemeinen hohe Qualitätsstandards für die frühkindliche Bildungsförderung in Tageseinrichtungen. Die Einrichtungen arbeiten nach modernen, frühpädagogischen Bildungskonzepten. Die Philosophie dieser Bildungskonzepte besteht in der individuellen, sehr sorgfältigen Betrachtung kindlicher Interessen, Begabungen und Bildungsthemen sowie einer darauf aufbauenden individuellen Förderung durch die Erzieherinnen und Erzieher. Auch die Eltern sind an diesem Bildungsprozess beteiligt.

Die frühe individuelle Förderung von Kindern, die in Armut leben, hat eine besondere Vorarbeit zu leisten. Sie muss verstärkt an den Grundlagen Sprache, Motorik und Sozialverhalten ansetzen. Damit alle Kinder ihre Entwicklungspotenziale tatsächlich nutzen können, bedarf es individuell abgestimmter Förderarrangements. Eine Förderung sollte in ein alltägliches Lebensumfeld eingebettet sein und möglichst unter Einbeziehung der Eltern und im notwendigen Umfang realisiert werden.

Als Handlungsfelder der individuellen Förderung in der Kita wird u.a. aufgezeigt, dass ein wesentliches Instrument zum Ausgleich von sprachlichen Entwicklungsverzögerungen die individuelle Sprachförderung im Kita-Alltag ist. Hierbei kann mit Logopäden und Motopäden kooperiert werden.

Es ist anzumerken, dass für die städtischen Kindertageseinrichtungen vom Gruppendienst „freigestellte“ Sprachexperten eingesetzt werden. Diese verfügen über einschlägige Qualifikationen und können/sollen dadurch Fachkräfte beraten, Teams unterstützen und qualifizieren und Kinder alltagsintegriert und individuell fördern. Darüber hinaus sollen diese Kräfte auch Eltern als Sprachexperten der Familiensprache und der sprachlichen Bildungsprozesse ihrer Kinder einbeziehen. Für diese Sprachexperten stehen dem Jugendamt zusätzliche 45 Planstellen zur Verfügung (es handelt sich hierbei nicht um Planstellen für Erzieherinnen bzw. Erzieher).

Erziehungskompetenz stärken und Elternbildung ausbauen

In von Armut betroffenen Familien sind Eltern bei der Kindererziehung häufiger verunsichert.

Als Handlungsfelder werden u.a. aufgezeigt, dass in der Kita bestehende Angebote von anderen Trägern (z.B. vom Gesundheitsamt, Elternseminar, Haus der Famile etc.) nach Bedarf einbezogen und vor Ort angeboten werden können. Weiter wäre es denkbar, in der Kita einen Ort und Zeit für Dialog mit Erzieherinnen bzw. Erziehern zu ganz grundlegenden Erziehungsfragen (Ernährung, Spielen, Freizeitgestaltung, Grenzen setzen) sowie bei akuten Erziehungsschwierigkeiten und Überforderungssituationen zu institutionalisieren.


2.3. Tarifrechtliche Bewertung

Im Verhältnis zu den in der Protokollerklärung Nr. 6 zum Tarifvertrag Sozial- und Erziehungsdienst genannten Beispielen stellen die erzieherischen Tätigkeiten der Zweitfachkräfte in den Einrichtungen der Kinder- und Familienzentren keine vergleichbaren qualitativen Tätigkeiten dar.

Nach der Protokollerklärung Nr. 6 sind „besonders schwierige fachliche Tätigkeiten“ bei Erzieherinnen bzw. Erziehern, die in Kindertageseinrichtungen beschäftigt sind

Aus der Protokollerklärung wird deutlich, dass sich die Tätigkeiten einerseits auf die jeweiligen Kompetenzen der Erzieherinnen bzw. Erzieher und andererseits auf einen Mindestanteil von behinderten Kindern oder Kindern mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten beziehen.

Die Rechtsprechung sagt zum Thema der „wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten“ folgendes aus (Urteile des BAG vom 6.3.1996 4 AZR 671/94 und vom 04.05.1998 4 AZR 811/87, Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 29.01.1997 3 Ca 1903/96):

Wesentliche Erziehungsschwierigkeiten liegen vor, wenn die Erziehungsschwierig-keiten weit über das Normalmaß an Erziehungsschwierigkeiten hinausgehen. Die wesentliche Erziehungsschwierigkeit muss vergleichbar sein mit der wesentlichen Behinderung, d.h. sie muss ein Maß erreichen, das bei dem einzelnen Kind einen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung begründet.

Allein aus Symptomen wie Überängstlichkeit, Wahrnehmungsstörung, Sprachauf-fälligkeiten, Antriebshemmungen, grob- und feinmotorischen Störungen, Aggressivität und Hyperaktivität kann nicht auf eine wesentliche Steigerung von Erziehungsschwierigkeiten geschlossen werden. Die wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten müssen vergleichbar sein mit wesentlichen Behinderungen.

Für die Frage, ob eine besonders schwierige Tätigkeit vorliegt, kommt es nach der Protokollerklärung auf die bei den betreuten Kindern bestehenden Problematiken an.

Bei Anwendung dieser Grundsätze der Rechtsprechung ist es nicht vertretbar, bei den KiFaZ-Gruppen wesentliche Erziehungsschwierigkeiten im Sinne des Tarifmerkmals anzuerkennen. Allein der Umstand, dass ein Kind aus einer einkommensschwächeren Familie stammt, führt nicht automatisch dazu, dass Verhaltensdefizite und Entwicklungsverzögerungen vorliegen, die mit einer wesentlichen Behinderung vergleichbar sind. Es handelt sich vielmehr um eine typische Situation einer Großstadt, dass ein erheblicher Anteil von Kindern aus einkommensschwächeren Verhältnissen stammt. Aus diesem Grund kann die Verwaltung dieser Verallgemeinerung der Schlichtungsempfehlung nicht folgen.

Zudem beziehen sich die Tätigkeitsmerkmale für die Eingruppierung von Erzieherinnen bzw. Erzieher auf die zu betreuenden Kinder und nicht auf deren Eltern und die damit verbundene Elternarbeit. Demzufolge ist auch das Argument, dass bei einem größeren Anteil einkommensschwächerer Eltern die Elternarbeit besonders schwierige Anforderungen stellt, tarifrechtlich nicht relevant.

Insgesamt handelt es sich bei den zu betreuenden Kindergruppen in Kinder- und Familienzentren nicht um Gruppen, welche in ihrer Prägung Kinder mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten im o.g. Sinne umfassen oder für diese Zielgruppe speziell vorgesehen sind.


2.4. Vergleich und Gegensatz zu Fördergruppen des Jugendamts

Im Vergleich zu den Kinder- und Familienzentren betreibt das Jugendamt im Stuttgarter Stadtgebiet zwei spezielle Fördergruppen mit jeweils 10 Plätzen für Kinder in der Sporerstrasse und Neckartalstrasse. Nach der Konzeption des Jugendamts sind diese heilpädagogischen Fördergruppen des Therapeutisch-Pädagogischen Dienstes Frühfördereinrichtungen der Abteilung Erziehungshilfen. In diesen Fördergruppen werden im Unterschied zu den Kinder- und Familienzentren verhaltensauffällige, entwicklungsverzögerte und damit erziehungsschwierige Kinder im Vorschulalter von 3-7 Jahren ambulant, sozial- und heilpädagogisch betreut. Es handelt sich dabei meist um Kinder, die aufgrund ihrer besonderen Entwicklungsproblematik in der Gemeinschaft einer Regeleinrichtung überfordert sind oder als nicht integrierbar gelten.

Zur Aufnahme eines Kindes in einer Fördergruppe ist eine fachärztliche / psychologische Diagnose erforderlich. Die diagnostische Vorabklärung ist eine notwendige Arbeitsgrundlage für die therapeutische, sozial- und heilpädagogische Förderung des Kindes. Eine Bereitschaft der Eltern zur intensiven Mitarbeit in Form von regelmäßig stattfindenden Beratungsgesprächen ist ebenfalls Voraussetzung. Nach dem Geschäftsbericht des Jugendamts aus 2015 ist die Fördergruppe ein zeitlich begrenztes Angebot als Hilfe zur Gestaltung von Lebensperspektiven, zur Lösung von Konflikten, Aufarbeiten von Entwicklungsdefiziten sowie Vermittlung von Lernerfahrungen und ermöglicht damit eine Erweiterung der eigenen sozialen Kompetenz. Die Fördergruppen nehmen Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe wahr, im Sinne des KJHG – Rechtsgrundlage hierfür sind: § 27 Hilfe zur Erziehung, § 35a Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder, § 29 Soziale Gruppenarbeit.

Das Aufgabenprofil der Erzieherinnen bzw. Erzieher bei der Arbeit in Fördergruppen entspricht damit tatsächlich dem Tätigkeitsmerkmal der besonders schwierigen Tätigkeiten, weshalb die Erzieherinnen und Erzieher hier entsprechend höher eingruppiert sind.


3. Der Empfehlung der Schlichtungsstelle 8 (vgl. Anlage 3, siehe C. III), zu prüfen, inwieweit die Tätigkeiten der Zusatzfachkräfte in den Altersgruppen 0-6 Jahre (0,25 Stellenanteil in Entgeltgruppe S 3 je Gruppe) einer Tätigkeit von Erzieherinnen bzw. Erziehern in S 8a entsprechen, wird nachgegangen. Diese ist allerdings derzeit noch nicht entscheidungsreif.

Mit der Umsetzung dieser Maßnahme wären jährliche Kosten in Höhe von ca.
768.000 € verbunden.

Städtischer Träger: ca. 327.000 € für ca. 47 VZK
Freie Träger: ca. 441.000 € für ca. 70 VZK

Bislang wurden vom Jugendamt immer Stellenanteile für Zusatzfachkräfte in Entgeltgruppe S 3 beantragt und zwar jeweils für Kindertageseinrichtungen, in denen unter
3-Jährige betreut werden. Die Beantragung erfolgte auf der Grundlage des Mindestpersonalschlüssels nach der Kindertagesstättenverordnung und der vom Jugendamt vorgenommenen Aufteilung von Erst-, Zweit-, Spring- und Zusatzfachkräften. Diese Aufteilung basiert auf einer konzeptionellen und organisatorischen Regelung. Diese wurde bislang vom Jugendamt selbst nicht in Frage gestellt.

Die Umsetzung einer solchen Empfehlung käme einem Paradigmenwechsel von bislang konzeptionellen und organisatorischen Regelungen gleich, denn dann gäbe es in den Kindertageseinrichtungen nur noch Erzieher/-innen und keine Zusatzfachkräfte (i.d.R. Kinderpfleger/-innen) mehr. Die Folge wäre eine grundsätzliche inhaltliche Neustrukturierung im Kindertagesstättenbereich mit veränderten Eingruppierungen und Personalschlüsseln. Dies ist zunächst innerhalb der Verwaltung zu erörtern und in der Folge zu einem späteren Zeitpunkt ggf. vom Gemeinderat zu beschließen. Allgemein ist ein Verzicht auf Zusatzkräfte und damit eine Nivellierung von bisher unterschiedlichen Aufgaben- und Anforderungsprofilen strukturell nur sehr schwer vorstellbar. Schon heute kann die Aussage getroffen werden, dass sich der Fachkräftemangel bei einer Einengung auf das alleinige Anforderungsprofil einer Erzieherin / eines Erziehers weiter ausweiten wird.

Finanzielle Auswirkungen

Eine Refinanzierung der Mehraufwendungen über Zuweisungen nach § 29c FAG – Förderung der Kleinkindbetreuung ist grundsätzlich nur für den Teil des Aufwands zu erwarten, der sich auf die Kleinkindbetreuung bezieht. Aufgrund der Berechnungssystematik des § 29c FAG ist eine Erhöhung der Zuweisung zudem erst mit zweijähriger Verzögerung zu erwarten. Die Höhe eventueller Mehrerträge aus der Kleinkindförderung des Landes lässt sich derzeit noch nicht verlässlich beziffern, da die Bemessung der Verteilungsmasse nach § 29c FAG von verschiedenen, von der LHS nicht beeinflussbaren Faktoren abhängig ist. Die Verwaltung geht aber davon aus, dass weniger als 5% des Mehraufwands über die Zuweisung nach § 29c FAG an die LHS zurückfließt.

Unter sonst gleichen Bedingungen wäre bei einem jährlichen Mehraufwand in Höhe von 854.000 € ein Mehrertrag zwischen 30.000 und 40.000 € zu erzielen.



Beteiligte Stellen

Die Referate JB und WFB haben die Vorlage mitgezeichnet.

Vorliegende Anträge/Anfragen

388/2016, 389/2016

Erledigte Anträge/Anfragen






Dr. Fabian Mayer
Bürgermeister


Anlagen

Anlage 1 - Schlichtungsstellenverfahren Nr. 6
Anlage 2 - Schlichtungsstellenverfahren Nr. 3,4 und 5
Anlage 3 - Schlichtungsstellenverfahren Nr. 8


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