Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 13.07.2017
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:Marius Gschwendtner, Firat Yurdakul (Jugendrat)
Protokollführung: Frau Sabbagh de
Betreff: Bericht aus dem Jugendrat

Nach der Begrüßung durch OB Kuhn stellen die Sprecher des gesamtstädtischen Arbeitskreises Stuttgarter Jugendrat, Herr Marius Gschwendtner (Jugendrat Münster) und Herr Firat Yurdakul (Jugendrat West) die Arbeit des Jugendrats anhand einer Präsentation vor, die dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt ist. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


Im Einzelnen führen Herr Gschwendtner und Herr Yurdakul aus (nachfolgend im leicht überarbeiteten Wortlaut):

"Seit Beginn unserer Amtszeit haben wir bisher zwei Anträge an den Oberbürgermeister gestellt, und zwar zur Umsetzung des § 41 a der Gemeindeordnung und zur Verbesserung des Mensaessens an Stuttgarter Schulen. Zum ersten Antrag: Die Stellungnahme der Verwaltung zu diesem Antrag hat verdeutlicht, dass wir einerseits mit den Jugendräten und Projektgruppen in den Bezirken sowie dem AKJ auf gesamtstädtischer Ebene gut aufgestellt sind. Unser Wunsch nach Ansprechpartnern in den Ämtern wurde über die Kinderbeauftragten gut gelöst. Außerdem wurde ein langjähriger Wunsch von uns umgesetzt, nämlich die Gleichstellung der Projektgruppen, die sich ebenso engagieren wie die gewählten Jugendräte. Und nebenbei haben Sie in diesem Zuge das Sitzungsgeld für uns erhöht. Vielen Dank an dieser Stelle. Es ist eine Wertschätzung unserer Arbeit und wird Ansporn für uns, aber auch für kommende Jugendgenerationen sein, die sich im Jugendrat engagieren.

Spannend bleibt der Punkt, wie wir und andere Jugendliche gemäß (§) 41 a der Gemeindeordnung, vor allem im Bereich der Stadtplanung und Stadtentwicklung zukünftig frühzeitig beteiligen werden. Wir haben bereits einige gute Beispiele erlebt, die wir Ihnen später vorstellen möchten.

Und zum zweiten Antrag: Hier gab es Diskussionen im Schulausschuss, und vorletzten Mittwoch im Unterausschuss Essensversorgung. Und unser Vertreter in den Ausschüssen berichtete. Uns wäre wichtig, dass bei aller Komplexität und Schwierigkeiten sowie bei der Finanzierung und der Vergabe der Essensversorgung der Bio-Anteil und die Fair Trade-Produkte beim Schulessen schrittweise erhöht werden.

Kommen wir zu den Erfolgen in dieser Amtszeit. Wir können sicherlich nicht alle nennen. Deshalb haben wir uns auf einige herausragende Erfolge konzentriert.

Beim Thema ÖPNV haben wir mit ihrer Unterstützung einige Vorschläge erfolgreich umsetzen können. Die Forderung unserer Vorgänger nach einem Azubi-Ticket wurde von der VVS inzwischen umgesetzt. In Vaihingen konnten die Buslinien 72 und 82 mit einem 10-Minuten-Takt verbessert werden. Und in Ost wurde probeweise die Buslinie 64 eingeführt bzw. erweitert, die zu den Sportplätzen der Waldebene Ost führt. Dies ist vor allen Dingen für Kinder und Jugendliche gut, die dort in den Sportvereinen zum Training oder zum Spiel fahren müssen.

In den Stadtbezirken Süd, West und Münster konnten wir mit dem Garten-, Friedhofs- und Forstamt in dieser Amtszeit drei schöne Anlagen für junge Menschen eröffnen bzw. sanieren. Die Calisthenics-Anlagen auf dem Südheimer Platz war ein Anliegen des Jugendrats Süd. Die Anlage wird sehr gut genutzt, weil dort von einer Gruppe aktiver Sportler jeden Samstag bis zu den Ferien kostenlos ein Training für Jedermann angeboten wird. Der Jugendrat West konnte seine Ideen für eine Chill-Fläche in der Forststraße umsetzen. Und der Jugendrat Münster hat mithilfe von lokalen Handwerkern und in Eigenleistung einen Unterstand für Jugendliche renoviert. Vielen Dank an dieser Stelle auch an die Bezirksvorsteher und die Bezirksbeiräte, die diese Projekte maßgeblich unterstützen.

Als Erfolge werten wir auch verschiedene kreative Aktionen und Projekte der Jugendräte. Unter vielen anderen Projekten möchten wir zwei herausstellen. Aus dem Süden kam ursprünglich die Idee, alte Mülleimer mit Genehmigung der AWS zu verschönern. Inzwischen haben auch andere Bezirke wie West oder Bad Cannstatt diese Idee mit einem Künstler weiterentwickelt. Zuletzt hat der Jugendrat West die Mülleimer am neugestalteten Feuersee-Ufer verschönert. Und der Jugendrat Bad Cannstatt hat sich den Mülleimern am Wilhelmsplatz angenommen. Schöner ist es auf jeden Fall als vorher. Und wenn jetzt noch die Leute den Müll vermehr reinwerfen, haben wir unser Ziel erreicht.

Eine ganz tolle Idee, entwickelt von drei Jugendräten auf unserem Klausurseminar in Bad Liebenzell, war eine Kleider-Tausch-Party für Jugendliche, damit die Jugendlichen ihre Kleidung nicht wegwerfen, sondern eintauschen oder spenden. Eine nachhaltige Aktion gegen den Überfluss und die Billig- und Wegwerfkultur im Bereich Bekleidung und Textilien. Mit einem Stand auf dem Übermorgen-Markt auf dem Marienplatz war die Kleider-Tausch-Party ein voller Erfolg. Die restliche Kleidung wurde an die Aktion Straßenkinder e.V. und die Einrichtungen der Caritas Stuttgart gespendet.

Nun wollen wir Ihnen einen Überblick geben, welche Anliegen uns momentan wichtig sind, auch in Bezug auf die anstehenden Haushaltsberatungen. Dem Jugendrat Weilimdorf ist seit Jahren wichtig, dass Planungsmittel in Höhe von 30.000 € für ein Schwimmbad in Weilimdorf bereitgestellt werden. Diesbezüglich ging eine Anfrage an die betreffenden Ämter. Außerdem wurden über 1.000 Unterschriften gesammelt, die am 18. Juli um 16:00 Uhr im Rathaus Herrn BM Dr. Schairer übergeben werden.

Der Jugendrat Süd hat zwei haushaltsrelevante Projekte. Zum einen soll das Ballspielfeld auf dem Marienplatz ausgebaut werden. Zum anderen soll unter der Paulinenbrücke eine Aufenthaltsfläche für Jugendliche geschaffen werden. Ideen dazu wurden dem Bezirksbeirat bereits vorgestellt und fanden dort Unterstützung.

Im gesamtstädtischen Arbeitskreis Stuttgarter Jugendrat haben wir zurzeit folgende Themen: Im Bereich ÖPNV setzen wir uns für ein Jugendticket ein. Bei den Einzelfahrten gilt es unserer Meinung nach, eine Gerechtigkeitslücke für Jugendliche zu schließen, da nicht alle Jugendlichen ein Scool-Abo haben. Ab 14 Jahren müssen diese den Erwachsenenpreis zahlen. Der Vorschlag, ein vergünstigtes Ticket für 14 - 18jährige einzuführen, wurde auch schon dem Geschäftsführer des VVS, Herrn Stammler, vorgestellt. Für das Nachtverkehrsangebot des ÖPNV sind wir gerade dabei, einen zugegebenermaßen visionären Vorschlag auszuarbeiten. Unser Vorschlag wäre ein neues Nachtverkehrskonzept, das nicht nur und ausschließlich Nachtbusse vorsieht. Die Nachteile der Nachtbusse sind, dass sehr lange durch die Stadtbezirke gefahren wird und nur in eine Richtung. Ein Nachtverkehrskonzept, das mit einigen Hauptlinien der Stadtbahn ergänzt wird, könnte das Nachtverkehrsangebot attraktiver machen. Hier schauen wir uns auch gerade in anderen Städten um, wie z. B. München. Zu diesen Themen werden wir sicherlich noch den ein oder anderen Antrag stellen.

Nun wollen wir zur Fragestellung kommen, wie Jugendliche und insbesondere Jugendräte zukünftig in der Stadtplanung beteiligt werden können, damit ihre Interessen mehr berücksichtigt werden. Es ist klar, dass es an Flächen und Orten für Jugendliche in der Stadt mangelt, gerade für Trendsportarten wie Skaten, Slacklining, Biken oder einfach, um sich zu treffen. Unter dem Motto 'Junges Stuttgart - Eure Orte' initiierte das Amt für Stadtplanung eine stadtweite Beteiligung für Jugendliche, die von einem Büro für Stadtplanung und Sozialforschung durchgeführt wurde. Gemeinsam mit uns Jugendräten, aber auch mit anderen Jugendlichen wurde mit Mitarbeitern aus vielen verschiedenen Ämtern in Workshops diskutiert, wie man Orte, Plätze und Flächen im öffentlichen Raum für Jugendliche sichern und dann planen kann. Da das Projekt noch läuft, liegen uns leider noch keine Ergebnisse vor, allerdings wurde uns für den Herbst eine Online-Karte angekündigt, in die alle von den Jugendlichen genannten Orte und deren Art der Nutzung eingespeist werden. Diese Karte soll über Stuttgart.de abrufbar sein und das wäre schon mal eine gute Sache.

Eine visionäre Form der Beteiligung in der Stadtplanung konnten wir bei einem Versuch am Fraunhofer Institut kennenlernen, mittels Virtual Reality, bei dem man eine spezielle 3-D-Brille aufgesetzt bekommt, kann man sich durch ein virtuelles Modell eines Gebäudes oder eines Geländes bewegen. Man kann sich dadurch die Dimension der Planung räumlich besser vorstellen und gegebenenfalls Veränderungen am Modell gleich vornehmen. Uns hat diese Art von Planung sehr viel Spaß gemacht. Der Vorteil ist, dass man sich als Jugendlicher über dieses Medium viel lieber mit Planungsvorhaben beschäftigt, als wenn man nur Pläne vor sich liegen hat. Vielleicht ist es die Zukunft der Beteiligung in der Stadtplanung.

Eine weitere gute, weil jugendgerechte Beteiligung fand im Rahmen der Informellen Bürgerbeteiligung Rosenstein statt. Die Jugendräte aus dem Norden führten uns über das Gelände, wo das neue Stadtviertel Rosenstein geplant werden soll. Über diesen Rundgang konnten wir räumliche Dimensionen des Geländes erfassen. Man hat uns auf die Knackpunkte bei der Planung hingewiesen, sodass wir gezielt unsere Ideen für das Memorandum formulieren konnten. Dies sind Beispiele, wie wir und andere Jugendliche zukünftig beteiligt werden wollen.

Zum Thema Kultur: Aus unseren bisherigen Tätigkeiten ist uns aufgefallen, dass es zwar viele gute Jugendhäuser in den Stadtbezirken gibt, die viele Angebote für Jugendliche vor Ort machen. Auch wir werden von den Mitarbeitern sehr gut unterstützt. Allerdings gibt es viele Jugendkulturen und künstlerisch-kreative Jugendliche, die mobil und stadtweit aktiv sind und eher einen zentralen Ort brauchen. Insofern hatten wir die Idee zur Errichtung eines Hauses der Jugendkultur, das zentral gelegen und gut mit den Öffentlichen zu erreichen sein müsste. Langfristig könnte dies eine Idee auch für das Rosensteinviertel sein. Im Unterschied zu einem Jugendhaus wäre ein Kulturhaus für junge Menschen eher ein reines Raumangebot ohne sozialpädagogische Anleitung und Angebote. Jugendliche sollten ihre kreativen Aktivitäten wie Musik, Tanz, Malerei, Graffiti ausüben und ihre Kunst präsentieren können. Ateliers, Übungs-, Auftritts- und Ausstellungsräume ständen im Vordergrund und sollten von jungen Menschen so weit wie möglich in Eigenregie und Eigenverantwortung genutzt werden. Auch hier wollen wir möglichst in dieser Amtszeit noch einen Antrag formulieren.

Und damit kommen wir zum letzten Punkt unseres Berichts. Die nächste Jugendratswahl 2018 steht vor der Tür. Ziel ist es, wieder in allen Stadtbezirken genügend Kandidaten zu finden, sodass möglichst in allen Stadtbezirken ein Jugendrat gewählt oder eine Projektgruppe gegründet wird. Bei allen Werbemaßnahmen, ob Flyer, Facebook, Youtube-Videos, die wir dafür machen, ist die direkte Ansprache von Jugendlichen bei der Kandidatensuche wichtig. Dafür gehen wir in die Schulen, sofern es uns ermöglicht wird. Allerdings können wir leider nicht alle Schulen in der Stadt abdecken. Wir sind zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit Ihnen, der Verwaltung und unseren Unterstützern aus der Jugendarbeit es wieder schaffen, dass sich die 20-jährige Erfolgsgeschichte des Jugendrates in Stuttgart fortsetzt. Wir schließen unseren Bericht, indem wir unser persönliches Highlight unserer Amtszeit erwähnen, nämlich unser Gespräch mit dem Bundespräsidenten, Herrn Steinmeier, mit Ihnen Herr Oberbürgermeister und dem Ministerpräsidenten, Herrn Kretschmann samt Ehefrauen am 03. Juli. Das Gespräch und das ganze Drumherum haben wir natürlich sehr genossen und wir waren sehr beeindruckt. Dieses Erlebnis wird unsere Zeit im Jugendrat prägen und ist für uns Motivation, die nächste Generation von Jugendlichen für die Jugendratswahlen zu aktivieren. Wir bedanken uns für Ihre Aufmerksamkeit, aber auch für die Unterstützung, die wir durch Sie, den Gemeinderat, bisher erfahren haben. Natürlich stehen wir Ihnen für Fragen zur Verfügung. Vielen Dank."


OB Kuhn bedankt sich bei den beiden Sprechern sowie dem gesamten Jugendrat für die erfolgreiche Arbeit. Die Vertreter der Fraktionen schließen sich diesem Dank an und loben darüber hinaus den engagierten ehrenamtlichen Einsatz.

StRin Ripsam (CDU) hebt die intensive und professionelle Mitarbeit des Jugendrats beim Vergabeausschuss des Projektmittelfonds Zukunft der Jugend hervor. Sie wünscht sich, dass 2018 in allen Stadtbezirken richtige Jugendräte gewählt werden.

Den Beitrag der Jugendräte zu einem demokratischen Klima in der Stadt und ihre oft kreativen und auch machbaren Ideen lobt StRin Deparnay-Grunenberg (90/GRÜNE). Ihre Fraktion freue sich auch über den kenntnisreichen Antrag zum Thema Essen. Wichtig sei aber, die Jugendbeteiligung mit finanziellen Mitteln zu unterfüttern, damit kleine Schritte schnell gemacht werden könnten.

StRin Vowinkel (SPD) ermutigt die Jugendräte, noch mehr Anträge zu stellen. Jedoch sollte die Kinderbeauftragte als Ansprechpartnerin auch für die Jugendräte in Jugend- und Kinderbeauftragte umbenannt werden. Bei der Überarbeitung der Gemeindeordnung müsse insbesondere die Beteiligung des Jugendrats in den städtischen Gremien verstärkt werden. Angesichts der 2018 anstehenden Neuwahlen der Jugendräte hielte auch sie eine Unterstützung durch Mitglieder des Gemeinderats für sinnvoll, z. B. indem diese mit in die Schulen gingen, um für die Wahlen zu werben. Und schließlich würde sie sich wünschen, dass jeweils eine Vertreterin und ein Vertreter des Jugendrats im Gemeinderat berichten.

Auch seine Fraktionsgemeinschaft würde sich noch mehr Anträge und institutionelle Beteiligung wie beim Projektmittelfonds Zukunft der Jugend wünschen, so StR Walter (SÖS-LINKE-PluS).

Die Beteiligung in diesem Projektmittelfonds hebt auch StRin von Stein (FW) lobend hervor. Sie würde ebenfalls eine paritätische Besetzung der Berichterstattenden sowie in jedem Stadtbezirk gewählte Jugendräte begrüßen.

Um 2018 in allen Stadtbezirken Jugendräte bilden zu können, regt StR Klingler (AfD) an, im Vorfeld der Wahlen nicht nur mit den Schulen, sondern auch mit den Vereinen und der Sportkreisjugend zusammenzuarbeiten. Er fasst kurz die Entwicklung des Jugendrats zusammen und dankt Herrn Kelm (HauptPersA) stellvertretend für die Verwaltung. Die weiblichen und männlichen Jugendräte seien gleichermaßen engagiert, und die Entscheidung, wer Sprecher/Sprecherin werde, liege beim Gesamtjugendrat.

Letzterem schließt sich StR Dr. Oechsner (FDP) an. Wichtig sei doch, dass der Jugendrat immer aktiver werde. Auch er bedauert, dass es in manchen Stadtbezirken bisher keinen offiziellen Jugendrat gebe, umso mehr begrüße er hier, dass die Verwaltung dann Arbeitsgruppen gestatte, die sich ebenfalls beteiligen könnten.

StR Dr. Schertlen (STd) weist darauf hin, dass die Projekte des Jugendrats nicht auf die lange Bank geschoben werden sollten, da dessen Mitglieder relativ schnell wechselten. Wichtig seien Rückzugsräume, die im Zuge der Nachverdichtung immer mehr verschwänden.

Abschließend danken Marius Gschwendtner und Firat Yurdakul Herrn Kelm für seine außerordentliche Unterstützung. Sie kündigen noch weitere Anträge an.



OB Kuhn stellt Kenntnisnahme des Berichts fest.

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