Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
258
8
VerhandlungDrucksache:
1299/2013
GZ:
WFB
Sitzungstermin: 19.12.2013
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Sabbagh
Betreff: Jobcenter Geschäftsplan 2014

Vorgang:

Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 06.12.2014, öffentlich, Nr. 168
Ergebnis: Einbringung

Verwaltungsausschuss vom 10.12.2013, nicht öffentlich, Nr. 552b/HH
Ergebnis: ohne Votum an die weiteren Gremien verwiesen

Sozial- und Gesundheitsausschuss u. Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 16.12.2013, öffentlich, Nr. 153
Ergebnis: Vorberatung ohne Votum


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 04.12.2013, GRDrs 1299/2013, mit folgendem


Beschlussantrag:

1. Dem Geschäftsplan 2014 des Jobcenters (Anlage 1) wird unter Vorbehalt der Bestätigung der vorläufigen Haushaltsansätze durch die Verabschiedung des Bundeshaushaltes und der Eingliederungsmittel-Verordnung zugestimmt.



2. Der Umschichtung von 1.975.186 EUR vom Eingliederungsbudget in den Verwaltungshaushalt wird zugestimmt. Dieser Umschichtungsbetrag reduziert sich, wenn die im Entwurf des Koalitionsvertrags geplante bundesweite zusätzliche Mittelzuweisung in Höhe von 1,4 Mrd. EUR für vier Jahre ohne Finanzierungsvorbehalt nach dem bisherigen Verteilungsschlüssel umgesetzt wird. Für Stuttgart würde sich voraussichtlich ein Betrag von ca. 1,5 Mio. EUR jährlich ergeben.

3. Dem Angebot zur Zielvereinbarung wird zugestimmt. Der Gemeinderat wird über das Ergebnis der Zielvereinbarung informiert.

4. Von den stellenplanrelevanten Entscheidungen wird zustimmend Kenntnis genommen. In der GRDrs 858/2013 unter Punkt 4 werden folgende Anträge zum Teilstellenplan gestellt:
5. Von der vorgesehenen Stellenstreichung von insgesamt 3,96 operativen Stellen zum Stellenplan 2014 wird Kenntnis genommen.


Der Antrag Nr. 1001/2013 der Fraktionsgemeinschaft SÖS und LINKE vom 18.12.2013 ist dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

StRin Münch (90/GRÜNE) übt zunächst deutliche Kritik am Verfahren. Die Vorlage sei erst ein bis zwei Tage vor der Sitzung des WA verschickt worden, sodass sie erst in der gemeinsamen Sitzung von SGA und WA habe diskutiert werden können. Durch dieses "Hoppla-hopp-Verfahren" habe man nicht nur einiges an Vorbereitungszeit und Debatte verloren, sondern womöglich auch einiges an Debattenkultur. Und dies bei einer Vorlage, die zwei äußerst strittige Punkte - Personal und Veränderungen der Maßnahmen - enthalte. Ihre Fraktion fordere deshalb explizit, dass dies in Zukunft nicht mehr vorkomme. Ein ordnungsgemäßer Sitzungsdurchlauf mit der nötigen Vorbereitungszeit müsse gewährleistet sein. Die Geschäftsführung des Jobcenters warte auf den Beschluss der Vorlage im Gemeinderat, um die 410 neuen Maßnahmen zum 01.02.2014 zuweisen zu können. Vorher geschehe hier nichts.

Des Weiteren erklärt die Stadträtin, ihre Fraktion wolle über den Stellenplan des Jobcenters nicht nur in Kenntnis gesetzt werden, sondern auch darüber entscheiden.

Ihre Fraktion stimme den Ziffern 1 bis 4 des Beschlussantrags zu. Zu Ziffer 5 formuliert sie den folgenden Änderungsantrag: Im Stellenplan 2014 werden 1,96 operative Stellen gestrichen, 2,0 operative Stellen werden mit einem kw-Vermerk bis Ende 2015 versehen.




Momentan seien die 3,96 Stellen, die gestrichen werden sollten, nicht besetzt. Wenn nun nur 1,96 Stellen gestrichen würden, bedeute dies, dass 2,0 Stellen neu besetzt würden, was auch sinnvoll sei angesichts der geschätzten mehr als 21.000 Bedarfsgemeinschaften. Das Jobcenter erhalte also neues Personal. Das sei ihrer Fraktion wichtig, weshalb sie vor zwei Jahren 3,5 Stellen geschaffen habe, die jetzt ihren kw-Vermerk verlieren würden. Ermächtigungen dagegen könne man nur ziehen, wenn sie im Verwaltungsbudget unterlegt seien. Aus diesem Grund könne man dauerhaft nicht auf die 10,0 Ermächtigungen vertrauen. Insofern sei die Umschichtung von weiteren 135.000 € für die 2,0 Stellen, die man nicht streichen wolle, angemessen sowohl im Hinblick auf das Personal des Jobcenters als auch die Sozialunternehmen und Bildungsträger. Diese dürfe man nicht gegeneinander ausspielen.

Sie erinnert an das stetig schrumpfende Eingliederungsbudget: von 22,3 Mio. € im Jahr 2011 auf 16,23 Mio. € im Jahr 2014. Und aus diesem schichte man dann auch noch Mittel fürs Personal um. Doch begrüße ihre Fraktion diesen von EBM Föll eingeschlagenen Weg, auch wenn dies für die Träger problematisch sei. Wichtig sei deshalb immer, dass Maß und Mitte gewahrt blieben.

Der Geschäftsplan des Jobcenters für 2014 beweist nach Ansicht von StRin Prof. Dr. Loos (CDU), wie richtig es gewesen sei, dass man 2011 die Option für eine kommunale Trägerschaft des Jobcenters gezogen habe. So sei das Jobcenter in der Lage, den erwerbsfähigen Leistungsbeziehern maßgeschneiderte Maßnahmen anzubieten und somit das Beschäftigungspotenzial von Alleinerziehenden und Erziehenden in Bedarfsgemeinschaften gezielt zu heben. Ebenso profitierten die Langzeitleistungsbezieher von der örtlichen Kenntnis der sie betreuenden persönlichen Ansprechpartner über den spezifischen Fachkräftebedarf der Stuttgarter Betriebe. Mit Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sollten sie in Richtung erster Arbeitsmarkt gefördert werden. Hinsichtlich der dafür notwendigen Beschäftigten gehe die Verwaltung von einem sogenannten mit dem Arbeitsmarkt "atmenden Stellenplan" aus, und aufgrund der prognostizierten Kundenzahlen in Verbindung mit den vorgegebenen Betreuungsrelationen sollten 5,67 Stellen im Bereich der Leistungsgewährung gestrichen und 1,71 Stellen im Bereich der persönlichen Ansprechpartner und -partnerinnen geschaffen werden. Hinzu komme eine Ermächtigung zur Besetzung von bis zu 10 Stellen außerhalb des Stellenplans, mit der man eine Arbeitsüberlastung der im Jobcenter Beschäftigten vermeiden wolle. Angesichts dieses Auffangnetzes stimme ihre Fraktion der Streichung der per saldo 3,96 Stellen zu.

Gegen die Streichung der 3,96 Stellen spricht sich StR Can (SPD) im Namen seiner Fraktion aus. Es gehe um Menschen, die man wieder in die Arbeitswelt eingliedern wolle. Der Arbeitsaufwand in den Jobcentern sei nach wie vor sehr hoch und es komme darauf an, zum richtigen Zeitpunkt Geld in die Hand zu nehmen, um die Folgen später zu minimieren. Aus Sicht seiner Fraktion komme die Frage, wie benachteiligte Zielgruppen nachhaltig sozial integriert werden könnten, nach wie vor zu kurz. Es gehe auch darum, sogenannte Vermittlungserfolge nicht nur kurzfristig sicherzustellen.


Nach dem Selbstverständnis der Optionskommune müssten langfristig mit den Hilfesystemen vernetzte Ansätze besonders für Chancen Benachteiligter entwickelt werden. Davon lese er in dem Programm aber nicht viel. Um die Integrationsquote von 11 % zu verwirklichen, benötige man eine entsprechende personelle Ausstattung. Die Ermächtigungen verschafften dem Jobcenter möglicherweise einen Spielraum, doch komme es in erster Linie auf die Stellen an, die der Gemeinderat beschließe und mit denen das Jobcenter entsprechend agieren und auch reagieren und für die betroffenen Menschen das Optimum leisten könne. Seine Fraktion bitte, über die Ziffern 2 und 5 des Beschlussantrags getrennt abzustimmen.

Auch StR Klingler (FDP) lobt die Entscheidung des Gemeinderats für die Option. So könne man besser auf den spezifischen Stuttgarter Arbeitsmarkt eingehen. Dank dem sehr guten Wirtschaftsstandort Stuttgart seien verschiedene Messwerte hervorragend. Dennoch seien 8.000 Aufstocker immer noch zu viel. Im Hinblick auf die Integrationsquote, die von 11,5 auf 24,3 % steigen solle, erklärt er als vorrangiges Ziel, möglichst viele Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Sie hätten dann einen Beruf und sollten von diesem, wenn es sich um eine Vollzeittätigkeit handle, auch leben können.

Mit Erstaunen habe seine Fraktion die neue Einteilung der Vergleichstypen zur Kenntnis genommen. Es mache keinen Sinn, Stuttgart mit einer Stadt wie Kempten zu vergleichen, die über einen relativ großen Markt an saisonalen Stellen im Tourismus verfüge. Hier komme man mit einer Person, die zum einen im Sommer- und zum anderen im Wintertourismus beschäftigt sei, auf 2 Integrationen pro Jahr. Aus diesem Grund sollte Stuttgart sich weiterhin mit Städten wie München oder Karlsruhe vergleichen.

Seine Fraktion stimme dem Beschlussantrag mit der von StRin Münch vorgeschlagenen Abänderung zu.

Nach Ansicht von StR Adler (SÖS und LINKE) ist der Geschäftsplan inhaltlich ausführlich in zwei gemeinsamen Sitzungen des SGA und des WA diskutiert worden. Er begründet anschließend kurz den Antrag seiner Fraktionsgemeinschaft.

Gegenüber StRin Münch sagt EBM Föll zu, die Vorlage künftig nicht so kurzfristig einzubringen. Auch die Verwaltung habe ein Interesse daran, dass für die Diskussion der Themen ausreichend Zeit bestehe. Zugleich verweist er im vorliegenden Fall auf besondere Umstände. Zum einen habe man die Prognosen der Bedarfsgemeinschaften für das Jahr 2014 nochmals aktualisiert auf der Grundlage der aktuellen Prognosen unterschiedlichster Wirtschaftsforschungsinstitute. Und zum anderen habe man die Koalitionsvereinbarung in Berlin abwarten wollen, da maßgeblich sei, welche zusätzlichen Eingliederungsmittel man in den kommenden Jahren erwarten könne. Eine zusätzliche Mittelzuweisung in Höhe von 1,4 Mrd. € bundesweit in der kommenden Legislaturperiode entspräche, auf den Stuttgarter Anteil heruntergerechnet, jährlich rund 1,5 Mio. € mehr. Es sei grundsätzlich wichtig, nicht nur ausreichendes und gut qualifiziertes Personal zu haben, sondern man müsse auch im Eingliederungsbereich die richtigen Maßnahmen anbieten können.



Hier gehe es immer darum, eine Balance zu finden. Diese sehe er mit der Verwaltungsvorlage gewahrt. Die Änderungsanträge nehme er natürlich zur Kenntnis.

Hinsichtlich der Beschlusstechnik stellt er klar, dass der Gemeinderat auch den Umschichtungsbetrag beschließen müsse, da die Stellen ohne ausreichendes Budget nicht besetzt werden könnten. 15,2 % einer Stelle müssten kommunal finanziert werden. 85 % der Kosten einer Stelle könnten durch Umschichtung finanziert werden. Verzichte man auf die Streichung von 3,96 Stellen, müsse man den Umschichtungsbetrag um 270.000 € von 1,975 Mio. € auf 2,245 Mio. € erhöhen. Streiche man 1,96 Stellen, würde sich der Umschichtungsbetrag um 135.000 € auf 2,110 Mio. € erhöhen. Auf Nachfrage von StR Adler, der sich in seinem Antrag auf die im WA genannten Zahlen bezogen hat, jedoch die korrekten Zahlen übernehmen würde, erläutert EBM Föll, wenn man die 3,96 Stellen nicht streiche, entstünden zu finanzierende Aufwendungen von insgesamt 320.000 €. Nun müsse aber die Kommune außerhalb des Eingliederungsbudgets einen Kostenanteil von 15,2 % tragen, weil die Beschäftigten im Jobcenter auch die Leistungsgewährung für die Kosten der Unterkunft bearbeiteten. Dieser Anteil liege bei Aufwendungen von insgesamt 320.000 € bei rund 50.000 €, weshalb vom Eingliederungstitel ins Verwaltungsbudget 320.000 € minus 50.000 €, also 270.000 € umgeschichtet werden müssten.


OB Kuhn erläutert zunächst das Abstimmungsverfahren und stellt dann fest:

zum Seitenanfang