Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB 9011-00.00
GRDrs 921/2020
Stuttgart,
10/21/2020



Bürgerhaushalt Stuttgart
Verfahren zur Beteiligung der Bürger an der Aufstellung des
Doppelhaushaltes 2022/2023




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
04.11.2020
05.11.2020



Beschlußantrag:

Dem vorgeschlagenen Verfahren zur Beteiligung der Bürgerschaft bei der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2022/2023 wird zugestimmt.


Begründung:


Vorbemerkung

Im Frühjahr 2019 wurde zum fünften Mal der Stuttgarter Bürgerhaushalt durchgeführt. Die Stuttgarterinnen und Stuttgarter waren zwischen Januar und März aufgerufen, Vorschläge zum Stadthaushalt abzugeben und zu bewerten. Die Resonanz der Stuttgarterinnen und Stuttgarter auf den Bürgerhaushalt war erfreulich groß. Insgesamt 40.620 Stuttgarterinnen und Stuttgarter gaben 3.753 Vorschläge zu vielen Aufgabenbereichen der Landeshauptstadt ab, von denen nach erfolgter Zusammenfassung gleichartiger Beiträge noch 2.901 Vorschläge zur Abstimmung auf der Plattform blieben. Bewertet wurden diese mit 1.441.617 Stimmen. Damit haben sich zwar weniger Stuttgarterinnen und Stuttgarter am Bürgerhaushalt beteiligt, als in 2017. Die Teilnehmenden hatten sich jedoch intensiver mit den eingereichten Ideen auseinandergesetzt. Das Ergebnis der Beteiligungsphase wurde in GRDrs 591/2019 ausführlich dargestellt.

Die Bürgervorschläge wurden dem Gemeinderat, gemeinsam mit einer Stellungnahme der Fachverwaltung zu den TOP 130 Vorschlägen und den Stellungnahmen der Bezirksbeiräte, zur weiteren Behandlung im Rahmen der Haushaltsplanberatungen vorgelegt. Dabei fanden insgesamt 200 Vorschläge Eingang in die Haushaltsplanberatungen. Von den 200 aufgegriffenen Vorschlägen sollen 178 umgesetzt, geprüft bzw. später noch endgültig entschieden werden. Ausführlichere Auswertungen und Informationen können dem Ergebnisbericht zum Bürgerhaushalt Stuttgart 2020/2021 in Anlage 1 entnommen werden. Über die Entscheidungen des Gemeinderates werden die Stuttgarterinnen und Stuttgarter auf der Online-Plattform informiert.


Evaluation

Wie in den vergangenen Jahren üblich, war nach der Durchführung des fünften Stuttgarter Bürgerhaushalts im Frühjahr 2020 eine Evaluation des Verfahrens unter Beteiligung der Gemeinderatsfraktionen, des Referats AKR, der Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorsteher sowie der Volkshochschule und des Arbeitskreises Stuttgarter Bürgerhaushalt vorgesehen. Aufgrund der zu diesem Zeitpunkt geltenden Corona-Verordnung der Landesregierung Baden-Württemberg und den allgemeinen Hygienevorgaben konnte diese gemeinsame Veranstaltung nicht stattfinden. Um den nächsten Bürgerhaushalt zeitgerecht im ersten Quartal 2021 starten zu können, ist es erforderlich, dass die Verwaltung nun unverzüglich in die Vorbereitungen des Beteiligungsverfahrens einsteigt. Auf die wertvollen Evaluationsgespräche muss in diesem Jahr daher bedauerlicherweise verzichtet werden. Jedoch konnte ein konstruktiver Austausch mit dem Arbeitskreis Stuttgarter Bürgerhaushalt, den Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorsteher geführt werden. Hierauf aufbauend wurde das nachfolgend dargestellte Konzept und der Zeitplan für das Bürgerhaushaltsverfahren 2022/2023 entwickelt.


Bürgerhaushaltsverfahren 2022/2023

Im Wesentlichen soll für den Bürgerhaushalt 2022/2023 das bewährte Verfahren des letzten Bürgerhaushaltes beibehalten werden. Änderungen in den Arbeitsschritten sind in Abhängigkeit vom Haushaltsaufstellungsverfahren möglich.

Beginn der Multiplikatorenarbeit Ab Herbst 2020
ÖffentlichkeitsarbeitAb November 2020
Öffnung der Online-Plattform mit getrennter Vorschlags- und Bewertungsphase sowie Unterbrechung zur VorschlagsbearbeitungVorschläge: 08. - 21.02.2021
Bewertungen: 04. - 24.03.2021
Erstellen der RankinglisteApril 2021
Stellungnahmen der Fachverwaltungen zu den am besten bewerteten VorschlägenApril bis Mai 2021
Stellungnahmen der Bezirksbeiräte zu den 10 am besten bewerteten Vorschlägen des StadtbezirksApril bis Mai 2021
Einbringung der Bürgerhaushaltsvorschläge einschließlich Stellungnahmen der Fachverwaltung und der Stadtbezirke durch eine GemeinderatsvorlageMitte/Ende Juli 2021
Aufgreifen der Bürgerhaushaltsvorschläge durch Haushaltsanträge der GemeinderatsfraktionenOktober 2021
Beratung der Bürgerhaushaltsvorschläge innerhalb der Haushaltsplanberatungen November bis Dezember 2021
Rückmeldung über Ergebnisse der Haushaltsplanberatungen sowie Ergebnisbericht zum Bürgerhaushalt auf der Online-Plattform und an den Gemeinderat Ab Januar 2022


Information und Motivation (Öffentlichkeitsarbeit)

Um möglichst viele Stuttgarterinnen und Stuttgarter über den Bürgerhaushalt zu informieren und für die Teilnahme zu motivieren, ist frühzeitig vor Beginn des neuen Bürgerhaushaltsverfahrens eine intensive Öffentlichkeitsarbeit vorgesehen. Die bewährten Maßnahmen (Infoscreens, Citylights, Banner, Haushaltsbroschüre, etc.) sollen weitgehend fortgeführt werden. Angesichts der finanziellen Herausforderungen der Corona-Pandemie auf den städtischen Haushalt beabsichtigt die Verwaltung jedoch, auf den kostenintensiven Versand des Info-Flyers an alle Haushalte zu verzichten. Hierdurch sind Kosteneinsparungen in Höhe von rund 30.000 EUR zu erwarten.

Ein Ende der Corona-Pandemie ist bislang nicht absehbar. Daher sieht das Konzept für den Bürgerhaushalt 2022/2023 weitere Änderungen und Anpassungen vor, um Infektionsrisiken für die Teilnehmenden ebenso wie für städtisches Personal zu minimieren und die Durchführbarkeit des Verfahrens auch unter gegebenenfalls erneut verschärften Kontaktbeschränkungen sicherstellen zu können. Die im kommenden Frühjahr geltenden Regelungen und Hygienevorgaben für städtische Veranstaltungen sind nicht absehbar. Die Durchführung des Beteiligungsverfahren ohne offizielle städtische Veranstaltungen ist daher ratsam. Auf die bislang üblichen Informationsveranstaltungen in jedem Stadtbezirk soll verzichtet werden, zumal die Teilnahme der Stuttgarterinnen und Stuttgarter an diesen Veranstaltungen in den vergangenen Jahren auch deutlich rückläufig war, ebenso wie auf die in 2019 erstmals erprobten und zumeist mäßig besuchten Diskussionsveranstaltungen. Umfangreiche Informationen zum Stuttgarter Bürgerhaushalt wird es dezentral in den Stadtbezirken jedoch weiterhin geben. Hierfür werden in den Bezirksämtern und weiteren Einrichtungen für die Einwohnerinnen und Einwohner Informationsmaterialien zum Stuttgarter Bürgerhaushalt bereitgestellt.

Am bewährten Einsatz der ehrenamtlichen Multiplikatoren wird festgehalten. Hierfür wurden in den vergangenen Jahren interessierte Bürgerinnen und Bürger (sog. Multiplikatoren) an der Volkshochschule geschult, um aufsuchend auf verschiedene Zielgruppen und Einrichtungen wie bspw. Schulen, Jugendhäuser, Seniorenheime zuzugehen und dort über das Bürgerhaushaltsverfahren zu informieren und die jeweiligen Bürgerinnen und Bürger, sowie Gruppen zur Teilnahme zu motivieren. Ziel der Multiplikatoren-Tätigkeit ist eine möglichst breite Beteiligung der Stuttgarter Einwohnerschaft über alle Stadtbezirke und Bevölkerungsgruppen hinweg. Der ehrenamtlich tätige „Arbeitskreis Stuttgarter Bürgerhaushalt“ koordiniert und unterstützt diese Arbeit der Multiplikatoren, die das Stuttgarter Verfahren besonders auszeichnet. Zum Schutz vor Infektionen wird sich die Multiplikatorenarbeit an die aktuelle Situation anpassen und vermehrt auf Online-Unterstützungsleistungen mittels Videokonferenzen und Chats stützen. Die Verwaltung unterstützt den Arbeitskreis Stuttgarter Bürgerhaushalt und die Multiplikatoren hierbei bestmöglich, ebenso bei der Anwerbung neuer Mitglieder und Multiplikatoren.


Beteiligungsmöglichkeiten

Das Bürgerhaushaltsverfahren 2022/2023 soll vollständig digitalisiert werden, d.h. künftig erfolgt die Beteiligung ausschließlich über die Internetplattform. Durch eine vollständige Digitalisierung des Beteiligungsverfahrens sollen Infektionsrisiken vermieden werden, die beim Sammeln von Unterschriften durch gezieltes Aufsuchen von Menschengruppen und von Hand zu Hand reichen der Listen bestehen. Um Personen ohne Interneterfahrung die Möglichkeit zur Teilnahme weiterhin zu ermöglichen, wird selbstverständlich in Ausnahmefällen das Bewerten per Papier-Formular angeboten. Vorschläge zum Bürgerhaushalt können darüber hinaus telefonisch eingereicht werden.

Zur Vereinfachung der Online-Beteiligung ist vorgesehen, weitere Verbesserungen an der Internetplattform vorzunehmen. Ziel ist es, die Internetplattform übersichtlicher zu gestalten und das Bewerten zu erleichtern. Hierfür sollen identische oder ähnliche Vorschläge intensiver herausgefiltert bzw. zusammengefasst werden. Um der externen Moderation der Bürgerhaushaltsplattform für diese Tätigkeit mehr Zeit einzuräumen, soll zukünftig auf die Kommentieren-Funktion der Online-Plattform verzichtet werden, welche bisher einen besonders hohen Moderationsaufwand erfordert hatte.


Stellungnahmen der Fachverwaltung und der Bezirksbeiräte

Wie beim vergangenen Bürgerhaushalt wird die Verwaltung nach Abschluss der Online-Beteiligung zeitnah eine Rankingliste mit allen Vorschlägen erstellen. Dabei ermittelt sich die Reihenfolge der Vorschläge nur über die Anzahl der positiven Bewertungsstimmen. Die am besten bewerteten 100 Bürgervorschläge (TOP 100) werden an die Fachverwaltungen zur Stellungnahme aus fachlicher Sicht (u.a. Prüfung der Umsetzbarkeit, Ermittlung der Kosten) geleitet. Um insbesondere kleinere Stadtbezirke beim Bürgerhaushalt nicht zu benachteiligen, werden die zwei am höchsten bewerteten Vorschläge jedes Stadtbezirkes in die TOP 100_Liste inkludiert. Darüber hinaus können die Bezirksbeiräte zu den für ihren Stadtbezirk eingegangenen 10 am besten bewerteten Vorschlägen Stellung nehmen. Die mit den Stellungnahmen der Fachverwaltungen und der Bezirksbeiräte ergänzten Vorschläge werden in einer Gemeinderatsvorlage zusammengefasst und möglichst vor der Sommerpause dem Gemeinderat zur Verfügung gestellt.


Beratung der Vorschläge

Durch die frühzeitige Einbringung der Bürgerhaushaltsvorschläge und Stellungnahmen im Juli 2021 besteht seitens der Fraktionen die Möglichkeit, sich rechtzeitig vor der Behandlung eigener Haushaltsanträge mit den Vorschlägen aus dem Bürgerhaushaltsverfahren zu beschäftigen und diese in Haushaltsanträgen zu berücksichtigen.

Nach Beendigung der Haushaltsplanberatungen wird voraussichtlich im Januar 2022 wieder Rechenschaft über die Ergebnisse des Bürgerhaushaltes abgelegt. Es ist vorgesehen im Amtsblatt und auf der Online-Plattform intensiv über die Ergebnisse der Haushaltsplanberatungen zu berichten und über die Umsetzung der vom Gemeinderat beschlossenen Vorschläge zu informieren.


Finanzielle Auswirkungen


Das Bürgerhaushaltsverfahren 2019 war mit Gesamtkosten in Höhe von 160.000 EUR im Haushalt veranschlagt, diese Mittel waren auskömmlich. Für das kommende Bürgerhaushaltsverfahren wird mit Kosten in Höhe von rund 135.000 EUR gerechnet.

Für die Bereitstellung und Weiterentwicklung der Online-Plattform inklusive Moderation stehen 63.000 EUR zur Verfügung. Diese sind über den IuK- Maßnahmenplan im Teilhaushalt 100 finanziert.

Darüber hinaus stehen für Öffentlichkeitsarbeit und weitere Aufwendungen 110.000 EUR im Teilergebnishaushalt der Stadtkämmerei im Amtsbereich 201112 - Finanz- und Beteiligungsverwaltung bei der Kontengruppe 42510 - Sonstige Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen bereit:

Jahr 2020: 30.000 EUR
Jahr 2021: 80.000 EUR

Angesichts der finanziellen Herausforderungen der Corona-Pandemie auf den städtischen Haushalt beabsichtigt die Verwaltung jedoch, insbesondere durch den Verzicht auf den kostenintensiven Versand des Info-Flyers an alle Haushalte, Kosten in Höhe von 30.000 EUR - 40.000 EUR im Haushaltsjahr 2021 einzusparen.






Thomas Fuhrmann
Bürgermeister


Anlagen

1 Ergebnisbericht zum Bürgerhaushalt 2019


<Anlagen>



zum Seitenanfang