Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
1056/2015
GZ:
OB 8100
Sitzungstermin: 28.01.2016
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Frau Gallmeister
Betreff: Energiekonzept

Vorgang:

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 01.12.2015, öffentlich, Nr. 503
Ergebnis: Einbringung

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 26.01.2016, öffentlich, Nr. 19
Ergebnis: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeister vom 24.11.2015, GRDrs 1056/2015, mit folgendem

Beschlussantrag:

Vom Energiekonzept "Urbanisierung der Energiewende in Stuttgart" der Landeshauptstadt (Anlage 1) wird zustimmend Kenntnis genommen. Die Umsetzung der darin enthaltenen Maßnahmen ist unabhängig vom Gesamtkonzept auf Grundlage einzelner Beschlussanträge vom Gemeinderat zu entscheiden.

In den Tagesordnungspunkt einführend erinnert OB Kuhn an die intensive Vorbereitung mit Bürgeranhörungen und Gesprächen mit Experten aus unterschiedlichen Bereichen, bis die Vorlage zum Energiekonzept "Urbanisierung der Energiewende in Stuttgart" habe vorgelegt werden können. Heute solle sie nun beschlossen werden.
Der Titel, der auf den ersten Blick sperrig wirke, bedeute nichts anderes als das, wie die Energiewende ohne Atomkraft und mittelfristig auch ohne fossile Energieträger, insbesondere Kohle, auf dem Gebiet einer Stadt wie Stuttgart geschafft werden könne. Die Fragestellung gelte für eine Großstadt wie Stuttgart, die einen hohen Energiebedarf habe, die eine Industriestadt sei und ein hohes Verkehrsaufkommen habe. Die Zielsetzung sei klar: Im Jahr 2050 solle Stuttgart eine CO2-freie Stadt sein, was das Energiesystem angehe; der Energiebedarf solle ohne Atomkraft, Kohle und Öl sichergestellt werden.

Im Unterschied zu vielen Städten in der Bundesrepublik und weltweit seien in das Energiekonzept der Landeshauptstadt auch die Industrie und der Verkehrssektor mit einbezogen worden. Städte, die diese Bereiche nicht einbezogen hätten, kämen zu schnelleren Erfolgen; wenn eine Stadt aber bewerten wolle, wie sie energiemäßig, klimaschutzmäßig dastehe, müssten alle Bereiche hinzugenommen werden.

Mit dem jetzt vorliegenden Energiekonzept werde kein Neuanfang gemacht, sondern es knüpfe an manches an, was bereits seit Jahren in die Wege geleitet wurde und beantworte die Frage, wie man über die Jahre 2020 und 2030 das Ziel im Jahr 2050 erreicht. Im Jahr 2020 wolle man 20 % weniger Primärenergie als im Jahr 1990 verbrauchen, das Gleiche gelte bei den erneuerbaren Energien. Bei einer Industriestadt wie Stuttgart müsse das, was in diesem Zeitraum an Wachstum zu verzeichnen sei, auch eingespart werden oder durch zusätzliche erneuerbare Energiequellen ersetzt werden. Ende 2013 stehe Stuttgart bei der Einsparung bei 14 %; in den kommenden vier Jahren müssten also noch 6 % an Energie eingespart werden, um das Ziel für das Jahr 2020 zu erreichen. Bei den erneuerbaren Energiequellen stehe man in Stuttgart bei 10,1 %; Ende 2015/Anfang 2016 dürfte man noch deutlich besser dastehen, weil erhebliche Anteile z. B. an Windkraft dazukommen, die in die Kalkulation hinsichtlich der erneuerbaren Energiequellen eigentlich einbezogen seien.

Ein sehr wichtiger Akteur, neben Bürgerinnen und Bürgern, Hausbesitzern, Konsumenten und Verkehrssektor, seien die Stadtwerke Stuttgart, die gegründet wurden, um die Energiewende in Stuttgart voranzutreiben und dies als öffentlichen, gemeinschaftlichen Auftrag zu verstehen und zu definieren.

Wenn der Gemeinderat das Konzept beschließe, könne man sich sofort daranmachen, dieses umzusetzen, so der Vorsitzende. Er habe z. B. morgen ein Treffen mit der Wirtschaft in Stuttgart, bei dem die Frage aufgeworfen werde, welchen Beitrag die Wirtschaft leisten könne, um ihren möglichen Anteil zu erbringen.

Er wolle sich ganz herzlich bei allen Beteiligten aus dem Gemeinderat, der Stadtverwaltung und den Stadtwerken bedanken, fährt OB Kuhn fort. Namentlich hebt er aus der Verwaltung Herrn Dr. Görres und Herrn Dr. Zirkwitz vom Amt für Umweltschutz hervor. Stuttgart solle eine klimaneutrale Stadt werden, zum Wohle der heute hier lebenden Menschen, der künftigen Generationen und "zum Wohl des ganzen Planeten". Beim Klimaschutz müssten alle mitmachen. Es müsse global agiert und gedacht werden, aber es müsse lokal gehandelt werden. Mit dem Energiekonzept habe die Verwaltung eine Strategie formuliert, die dieses umsetzen könne.

Die Sprecher der Fraktionen danken Herrn Dr. Görres und dessen Team für die sehr gute Arbeit bei der Erarbeitung des Energiekonzeptes.

Nach Meinung von StR Kotz (CDU) stehe man hinsichtlich des Prozesses der Realisierung des Energiekonzeptes nicht am Anfang, sondern auf einem ordentlichen Zwischenschritt. OB Kuhn habe die Werte genannt, die auf dem Weg zu den Zielen bereits erreicht wurden; allerdings sei noch viel zu tun, um diese auch zu erreichen. Seine Fraktion habe sich in diesen Prozess eingebracht mit einem entsprechenden Antrag, aber auch in vielen Diskussionen, und sei erfreut, dass auch der eine oder andere Vorschlag seiner Fraktion Eingang ins Energiekonzept gefunden hat. Seiner Fraktion sei das Thema Energieeinsparung noch wichtiger als die regenerative Energieerzeugung, da Energie, die eingespart werde, erst gar nicht erzeugt werden muss. Jede Energieerzeugung, auch die regenerative, habe Einflüsse auf die Umwelt, beispielsweise durch die Nutzung von Dächern zur Gewinnung von Solarstrom oder durch den Bau von Windkraftanlagen. Erfreut sei seine Fraktion auch darüber, dass ihrem Vorschlag gefolgt wurde und im Energiekonzept vorgesehen wurde, 20 % Energieeinsparung über alle Bereiche hinweg vorzusehen. Es sollten vor allem dort Einsparungen erfolgen, wo dies mit großer Effizienz machbar sei. Wenn mit 1 € Investition oder mit 1 Stunde "Man- oder Womanpower" beim Verkehr mehr eingespart werden könne als z. B. bei der Industrie, sollte beim Verkehr eingespart werden und nicht bei der Industrie.

Gewollt werde ein Wachstum der Industrie in Stuttgart, fährt StR Kotz fort. Klar sei aber jetzt auch, dass mit jedem zusätzlichen Auto, das bei Daimler in Untertürkheim gefertigt werde - was positiv gesehen werde unter den Aspekten Arbeitsplätze, Gewerbesteuer, Attraktivität der Stadt -, auch mehr Einsparungen gebracht werden müssen, da in der Fertigung eines Autos auch ein Energieanteil enthalten sei. Auch dieses unterstütze seine Fraktion. Es gelte, in den nächsten Jahren mit allen gegebenen Möglichkeiten intensiv auf die Ziele des Energiekonzepts hinzuarbeiten.

Neben der Partnerschaft mit den großen Unternehmen, der Wirtschaft, dem Einzelhandel und dem Handwerk in Stuttgart gehe es auch um die Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für die Energieeinsparung. Hier sei die Öffentlichkeitsarbeit von besonderer Bedeutung.

Mit dem heutigen Beschluss des Energiekonzeptes setze Stuttgart auch ein Zeichen für andere Großstädte und komme bei der praktischen Umsetzung für die Energiewende auf lokaler Ebene einen großen Schritt voran, erklärt StR Peterhoff (90/GRÜNE). Nach dem Beschluss auf der Weltklimakonferenz in Paris im vergangenen Jahr, die Länder in die Pflicht zu nehmen, die Energiewende voranzubringen, sei das Energiekonzept die richtige Antwort auf kommunaler Ebene. Die Energiewende funktioniere bisher hauptsächlich im ländlichen Raum, es müsse aber eben dort, wo die Energie verbraucht werde, gehandelt werden. Wenn man in Stuttgart die Energiewende schaffen wolle, müsse darauf hingewirkt werden, nachhaltige Energie hier zu erzeugen, die verbrauchten Ressourcen wiederzuverwenden und auch bei der Heizenergie effizienter zu werden.




Die Ziele des Energiekonzeptes seien ambitioniert, aber seine Fraktionsgemeinschaft halte es absolut für richtig, ein hochgestecktes Ziel zu haben. In den letzten Jahren habe sich auch schon einiges getan. Beispielsweise seien die Stadtwerke gegründet und auf solide Beine gestellt worden. Die Landeshauptstadt sei ebenfalls bereits einen großen Schritt vorangegangen, da sie selbst zu 100 % Ökostrom beziehe. Hinsichtlich des Ziels, bis 2020 die Verbrauchsreduktion um 20 % zu erreichen, sei man auf einem guten Weg, nachdem man jetzt bei 14 % liege. Um aber bis zum Jahr 2050 65 % Reduktion beim Primärenergieverbrauch zu schaffen, müssten die Anstrengungen noch deutlich vergrößert werden. Hierfür sei das Energiekonzept, über das heute entschieden werde, eine solide Basis. Die Stadtverwaltung habe es im Beratungsprozess geschafft, alle Akteure mit ins Boot zu nehmen: Die Industrie (ein Drittel des Energieverbrauchs insgesamt), ebenso die Bürgerinnen und Bürger, wobei er auch beispielsweise die Windkraftgegner meine, die auch dabei seien, erneuerbare Energien in ihren Stadtbezirken voranzutreiben, so StR Peterhoff. Bewährte Maßnahmen, wie z. B. das Energiesparprogramm oder die Stromspar-Checks, sollten auch in Zukunft konsequent weiter betrieben werden. Beim Verkehr müsse die Wende zur nachhaltigen Mobilität geschafft werden; hier sei die Förderung des Radverkehrs und des Nahverkehrs essenziell.

Auch die Wärme spiele eine immer größere Rolle, weshalb in Zukunft verstärkt darauf hingewirkt werden müsse, die Heizenergie effizienter einzusetzen, betont StR Peterhoff. Dabei spiele auch das Fernwärmekonzept eine wichtige Rolle. Quartierslösungen, wie sie der Gemeinderat beispielsweise im Neckarpark auf den Weg gebracht habe, seien hierbei von Bedeutung. Den Vorstoß, die Fernwärmeversorgung zurück in die städtische Hand zu bringen, begrüße seine Fraktion ausdrücklich, da das Fernwärmesystem die beste Voraussetzung dafür sei, dass das Energiekonzept der Stadt gut umgesetzt werden könne.

Namens seiner Fraktion dankt StR Pfeifer (SPD) all denen aus der Bevölkerung, die sich am Prozess zur Erarbeitung des Energiekonzeptes beteiligt haben. Die Entwicklung in den letzten Tagen habe gezeigt, dass sich das Thema Feinstaub nicht von alleine lösen wird. Seine Fraktion verstehe das Energiekonzept als einen kontinuierlichen Prozess, den sie im Gemeinderat und im Aufsichtsrat der Stadtwerke aktiv weiter begleiten werde. Dennoch gebe es eine Reihe von Fragen, die noch zu klären seien.

Wichtig sei es, in der Bevölkerung und in der Wirtschaft zu erreichen, dass die Ideen des Konzeptes zu deren Anliegen werden, da sonst keine Erfolge erzielt werden könnten. Der Stadtrat macht darauf aufmerksam, dass sich im Gebäudebestand 96 % der Gebäude im privaten oder gewerblichen Eigentum befinden.

Positiv sei auch die Festschreibung, dass die Stadtwerke der zentrale Akteur bei der Energiewende sind. Dies sei seiner Fraktion seit Jahren ein Anliegen gewesen. Auch mit den Stadtwerken und in der Umsetzung des Energiekonzeptes gebe es noch eine ganze Reihe von Aufgaben, deren Lösung nicht so einfach sei; er denke hier beispielsweise an die Klärung mit dem Hochspannungs- und dem Hochdrucknetz sowie die zu beschließende Klage beim Thema Fernwärmeversorgung.


Es sollte auch das Ziel sein, die Stadtwerke zum Grundversorger in Stuttgart zu machen, der vom technischen Know-how, vom marktwirtschaftlichen Angebot und auch von der Nachhaltigkeit her an erster Stelle stehe. Dazu müssten unterschiedliche Aktivitäten weiter verstärkt werden.

Seine Fraktion sei mit etwas mehr Photovoltaik-Aktivitäten der Stadtwerke bei der Energiewende einverstanden, so StR Pfeifer, auch wenn seine Fraktion der Meinung sei, dass diese Aktivitäten im Bereich des Wohnungsbestandes durchaus noch breiter hätten aufgestellt werden können, als dies bisher der Fall sei.

Es müsse seines Erachtens jetzt engagiert an die Energieleitplanung und an Energiekonzepte für die Stadtquartiere herangegangen werden, so der Stadtrat. Die Energiewende bedeute für seine Fraktion auch Wärmewende, was bedeute, dass im Wohnungsbestand der SWSG dringend etwas, auch zu sozialverträglichen Konditionen, getan werden müsse. Auch die städtischen Unternehmen müssten das Thema Stadtwerke und Energiewende als ihren Part sehen, damit die Stadt sie als Kunden/Partner gewinnen könne, da dies beispielgebend für andere Unternehmen sein könnte, die außerhalb des Konzerns Stadt aktiv sind. Seine Fraktion hätte gerne geklärt, wo das Thema Contracting richtig angesiedelt sei - bei der Stadt oder den Stadtwerken. Es gebe unterschiedliche Möglichkeiten; es müssten einmal die steuerlichen, gewerblichen und sonstigen Konsequenzen geprüft werden, um festzustellen, was in Zukunft der effektivste Weg sei, da es in diesem Bereich auch um finanzielle Konsequenzen gehe.

Seine Fraktion trage das von OB Kuhn vorgetragene Ziel gerne mit, dass Stuttgart im Jahr 2050 eine klimaneutrale Landeshauptstadt sein soll. Hierzu werde seiner Meinung nach in den nächsten Jahren noch ein hoher Finanzbedarf nötig sein, so StR Pfeifer. Seine Fraktion stimme dem Energiekonzept zu und freue sich auf die weitere Konkretisierung, wofür die SPD-Gemeinderatsfraktion auch konkrete Anträge vorlegen werde.

StR Ozasek (SÖS-LINKE-PluS) führt aus, dass die Energiewende ein Generationenvertrag ist, den der Gemeinderat und die Stadt Stuttgart einlösen müssen. Die Abhängigkeit der Stadt von fossiler Energie sei besonders geprägt durch die "verhängnisvolle Totalprivatisierung der Energie- und Wasserversorgung, die mühsam rückgängig gemacht werden müsse". Der Dank seiner Fraktionsgemeinschaft gelte heute besonders den zivilgesellschaftlichen Gruppen, die mit ihrem Engagement zu einer Veränderung des Zeitgeistes in Stuttgart und mit dazu beigetragen haben, dass nun ein Prozess geführt werden könne zur Rückübereignung von Energieinfrastruktur und kommunaler Kompetenz.

Das Energiekonzept sei ein erster Schritt in die richtige Richtung. Besondere Bedeutung komme aus Sicht seiner Fraktionsgemeinschaft vier Punkten zu:

Erstens den Stadtwerken in ihrer Rolle, die Energiewende operativ und konzeptionell umzusetzen. Der Aufsichtsrat habe mit dem Geschäftsmodell Urbane Energiesysteme die grundlegende Entscheidung getroffen und ermögliche Investitionen im Umfang von 100 Mio. € in urbane Energiesysteme und intelligente Technologien.

SÖS-LINKE-PluS sei auch bereit, über die SVV weitere Mittel bereitzustellen, um diesen Prozess zu intensivieren. Diese Entscheidungen werden in den nächsten Jahren weiter zu diskutieren sein. Damit einher gehe auch ein Personal- und Kompetenzaufbau bei den Stadtwerken, da die Stadtwerke Partner sowohl für die Stadtverwaltung, für die Wohnungswirtschaft bis hin zur Industrie und für die Endkunden sein müssen; zweitens der Energieleitplanung. Seine Fraktionsgemeinschaft halte es für einen großen Fortschritt, dass man zu einer Energie-Raumplanung und damit zu einer umfassenden Koordinierungsfunktion bei der Stadtverwaltung komme. Sie sehe darin auch einen großen Kompetenzzuwachs bei der Verwaltung;

drittens den energiebezogenen Energiekonzepten mit Blockheizkraftwerken und Wärmenetzen. Der Wunsch seiner Fraktionsgemeinschaft wäre es, dass die städtischen Liegenschaften als Anker bereitgestellt werden für Quartierslösungen für Energie und Wärme, und dass die Stadtwerke als Partner mit dabei sind. Der NeckarPark zeige modellhaft, wie dies funktionieren könne;

viertens, dass mit der Vision 2050 mit dem Ziel der Klimaneutralität ein klares Ziel gesetzt wurde, sei wirklich neu und habe eine ganz besondere Qualität. Der Erfolg des Energiekonzeptes werde sich aber nur einstellen, wenn der Gemeinderat bereit sei, entschlossen die Energie-, Wärme- und Verkehrswende anzupacken. Das Konzept dürfe nicht "einstauben". Der Gemeinderat verpflichte sich zu einer gemeinsamen Anstrengung zum Strukturumbau in allen Lebensbereichen - Gebäude intelligent gestalten, das Wirtschaftsleben, die Mobilität, das Konsumverhalten nachhaltig machen. Seine Fraktionsgemeinschaft wolle in Stuttgart maximal mögliche Anstrengungen unternehmen.

Nicht wirklich erkennbar sei im Energiekonzept ein Umbau des Verkehrssystems. Die Abhängigkeit vom Automobil bleibe weiterhin bestehen. Die CO2-Belastung steige im Verkehrssektor an, ebenso die Verkehrsbewegungen. Die Stadt sei mit dem Forschungsvorhaben "Stadt mit Energieeffizienz" in diesem Bereich bereits deutlich weiter gewesen. Es sei bedauerlich, dass diese Ideen und die Kreativität keinen Eingang in das Energiekonzept gefunden haben. Seine Fraktionsgemeinschaft vermisse einen fußgänger- und fahrradfreundlichen Kurs für die Stadt, ein klares Bekenntnis zum Ausbau des ÖPNV, und diese klare Zielsetzung verankert im Energiekonzept. Außerdem wünsche seine Fraktionsgemeinschaft, dass der Nahverkehrsplan auch unter den Gesichtspunkten der Klima- und Energieziele nochmals intensiv diskutiert wird. Der Herr Oberbürgermeister werde gebeten darzulegen, wie beim Nahverkehrsplan und dessen Fortschreibung mit den Zielen des Energiekonzeptes vorangekommen werde.

Das Energiekonzept und die Energiewende müssten sozial gestaltet werden, fährt StR Ozasek fort. In den Beratungen zum Doppelhaushalt 2016/2017 seien alle Vorschläge seiner Fraktionsgemeinschaft, die Energiewende sozial zu gestalten - wie z. B. Energiesozialtarife, ein Verbot von Energiesperren -, abgelehnt worden. Auch zeige das Konzept nicht auf, wie der Zielkonflikt zwischen Gebäudesanierung und sozialverträglichen Mieten aufgelöst werden könnte.


Die EnBW sei aus Sicht seiner Fraktionsgemeinschaft keine Partnerin der Stadt für die Energiewende. Die Abschaltung der Atomkraftwerke im Land sei mit neuen Kohlemeilern kompensiert worden, die Geschäftspolitik habe sich offensichtlich nicht geändert, der Konzernumbau sei nicht erkennbar. Die EnBW zwinge die Stadt auf den Klageweg um die Hochdruck- und Hochspannungsnetze sowie um das Fernwärmenetz, das als Rückgrat für die Kraft-Wärme-Kopplungs-Strategie und als intelligentes Speichersystem im Stadtgebiet benötigt werde. Aus Sicht seiner Fraktionsgemeinschaft müsse die Stadt dieses Monopol übernehmen und diese Infrastruktur selbst betreiben. Gegenüber OB Kuhn sagt StR Ozasek die volle Unterstützung seiner Fraktionsgemeinschaft für den Plan zu, den Klageweg zu beschreiten. Der Stadtrat vermisst die Unterstützung seitens der Landesregierung, dass die genannten Netzebenen an die Stadt Stuttgart zurückgegeben werden. Es fehle der politische Einfluss, der notwendig wäre, um eine Lösung ohne Rechtsstreit zu ermöglichen. Die Netze müssten auf die Stadt übergehen, ansonsten könne die Energiewende nicht gelingen, und die Stadtwerke könnten sich nicht zu den gewünschten "Vollstadtwerken" entwickeln.

Die Energiewende stehe und falle damit, dass die Bevölkerung für die Wende begeistert werden könne und eigene Anstrengungen dafür unternehme. Seine Fraktionsgemeinschaft wünsche sich eine breite Beteiligung aus der Bürgerschaft und wolle insbesondere, dass die Bürgerinitiativen, die sich gegen die Windenergie im Tauschwald gewehrt haben, hier Wort halten und eigene Anstrengungen zur Mitgestaltung der Energiewende unternehmen.

Das Energiekonzept sei ein Fortschritt, die Maßnahmen seien jedoch nur Absichtserklärungen, und um die Wirksamkeit müsse noch gerungen werden. Seine Fraktionsgemeinschaft stimme dem Energiekonzept trotz der von ihm vorgebrachten Kritik zu, schließt StR Ozasek seine Ausführungen ab.

StR Zaiß (FW) kündigt die Zustimmung seiner Fraktion zur Vorlage an. Er hält fest, dass der hohe Energiebedarf, den Stuttgart auf engem Raum habe, weit schwieriger zu decken sei als auf dem Land. Natürlich brauche die Stadt auch das Umland, um auch dort ihre erneuerbare Energie zu beziehen. Darum werde man nicht herumkommen. Dass viele Menschen kein Windrad im Tauschwald haben wollten, sei vielleicht verständlich, aber man bemühe sich trotzdem, weiterhin im Gespräch zu bleiben, welche Schritte unternommen werden könnten. Es müssten weiterhin viele kleine Schritte gemacht werden, ob es sich um Energiesparen, Wärmedämmungen, neue Systeme oder auch Broschüren zum Thema Energiesparen handle. In Stuttgart sei man hier nicht am Anfang, sondern bereits ein ganz gutes Stück vorangegangen, und seine Fraktion werde auf diesem Weg auch weiterhin mitgehen.

StR Prof. Dr. Maier (AfD) merkt an, dass es sich beim Energiekonzept um ein anspruchsvolles, vielleicht in Teilen zu anspruchsvolles Konzept handle, das die Möglichkeiten der Stadt bis an die Grenze bringe und möglicherweise auch nicht in allen Teilen realisiert werden könne. Als unbefriedigend empfinde es seine Fraktion, dass die Gesamtkosten bei der Realisierung aller geplanten Maßnahmen nicht einmal annähernd beziffert worden sind.


Genannt würden im Konzept nur 1,2 Mio. € für den Doppelhaushalt 2016/2017, was die Frage aufkommen lasse, ob die große Masse aller geplanten Maßnahmen erst ab 2018 angegangen werden solle oder ob für den jetzigen Doppelhaushalt entsprechende Nachträge kommen sollen.

Sehr positiv sehe seine Fraktion die im Konzept dargestellten Maßnahmen zur Energieeinsparung, die auch in der Vergangenheit bereits sehr erfolgreich gewesen seien. Ebenso werde positiv gesehen, was im Konzept zum Gebäudemanagement bei städtischen Liegenschaften ausgeführt wird. Positiv bewerte seine Fraktion auch das stadtinterne Contracting, besonders dann, wenn es auch weiterhin mit einem positiven Ergebnis abschließe, und den Ausbau von Fernwärme und Kraft-Wärme-Kopplung.

Kritisch bis ablehnend sehe seine Fraktion die starke Betonung der Energieerzeugung in städtischer Regie. Nach Meinung der AfD-Fraktion sollten sich die Stadt und die Stadtwerke auf den Netzbetrieb und, wo noch nicht geschehen, auf deren Erwerb konzentrieren, nicht aber auf die Erzeugung von Energie. Windkraftanlagen weit entfernt von Stuttgart, wie sie die Stadtverwaltung vor allem in anderen Bundesländern betreibe, sollten veräußert und der Erlös in Stuttgart in energiepolitische Maßnahmen investiert werden, aber nicht unbedingt in Energieerzeugung. Dies schließe im Übrigen nicht aus, dass auf Dächern öffentlicher Gebäude Solaranlagen installiert werden.

Die Maßnahmen der Stadt sollten sich auf Beratungsleistungen konzentrieren, aber nicht unbedingt auf finanzielle Förderung von individuellen Maßnahmen. Für die Beratungsleistungen sollten vorzugsweise bestehende Träger - z. B. selbstständige Ingenieurbüros und die Verbraucherzentralen - beauftragt werden.

Die Verkehrslenkung, soweit sie im Konzept dargestellt worden sei, nach rein ökologischen Gesichtspunkten, unterstütze die AfD-Fraktion nicht, betont StR Prof. Dr. Maier. Seine Fraktion vertrete die Ansicht, dass die bisherigen Prestigemaßnahmen, wie z. B. Tempo 40, die sich als wirkungslos erwiesen hätten, aufgegeben werden sollten und man sich stattdessen besser auf die Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs konzentrieren sollte. Seine Fraktion werde das Konzept zwar nicht ablehnen, sich aber bei der Abstimmung der Stimme enthalten, kündigt StR Prof. Dr. Maier an.

Die FDP-Mitglieder des Gemeinderats hätten sich über die zahlreichen Möglichkeiten der Förderung und Beratung im Bereich Energieeinsparung, die im Energiekonzept genannt sind, gefreut, legt StR Conz (FDP) dar. Gewisse Bedenken habe man hinsichtlich des Ziels der Senkung des Primärenergiebedarfs um 65 % mit den im Konzept genannten Maßnahmen und Akteuren. Die Stadt könne bei ihren Liegenschaften viel tun, und sie tue dies auch schon, z. B. bei der Gebäudesanierung von Schulen. Die Stadt habe aber eben nur 4 % des Primärenergiebedarfs. Den größten Anteil habe die Industrie mit 50 %, und sie sei auf wirtschaftliches Arbeiten angewiesen. Deshalb könne hier nicht beliebig durch Vorgabenregelungen eingegriffen werden. Wenn keine Möglichkeit mehr bestünde, in Stuttgart wirtschaftlich zu arbeiten, würden die Unternehmen abwandern.


Die Stadtwerke Stuttgart könnten sich die FDP-Mitglieder nicht als zentralen Partner für die Energiewende vorstellen, da sie momentan erst eine kleine Anzahl an Kunden hätten. Ein zentraler Partner im Energiebereich könne die Energie Baden-Württemberg sein, wenn man im Bereich Energie in Stuttgart etwas bewirken wolle.

Die Maßnahmenliste des Energiekonzeptes enthalte viele gute Maßnahmen; die FDP gebe aber zu bedenken, dass energetische Vorgaben bei neuen Bebauungsplänen dem Anspruch des preiswerten Bauens und preiswerten Wohnens diametral entgegenstehen, da diese Vorgaben ein Kostentreiber seien. Dies müsse man sich bei entsprechenden Überlegungen stets bewusst machen.

Andere Punkte, die im Konzept als Maßnahmen und mögliche Maßnahmen genannt werden, halte die FDP nicht für gut. Windkraftanlagen im Stadtgebiet werde die FDP auch weiter ablehnen; die avisierte Erfassung des Wärme- und Stromverbrauchs aller Haushalte werde für keine gute Maßnahme gehalten. Im Sinne von datenschutzrechtlichen Erwägungen halte die FDP dies für keinen Weg, der eingeschlagen werden sollte.

Das Energiekonzept formuliere "Wünsche, Träume und Erwartungen für die Zukunft", konkrete Maßnahmen müssten separat beschlossen werden. Die FDP werde auch im Einzelfall entscheiden, wenn Maßnahmen zur Entscheidung anstünden. Sie wolle diesen "Wünschen, Träumen und Erwartungen der Verwaltung" nicht entgegenstehen und werde dem Energiekonzept zustimmen, erklärt StR Conz abschließend.

Das Energiekonzept enthalte viele gute Ansätze, weshalb er heute ebenfalls zustimmen werde, kündigt StR Dr. Schertlen (STd) zu Beginn seiner Wortmeldung an. Es müsse nicht die gesamte Energie, die in Stuttgart benötigt wird, auch hier erzeugt werden. Es sei durchaus legitim, auch von außerhalb der Gemarkungsgrenzen saubere Energie einzukaufen. Ein solches Vorgehen gehöre auch zu Wirtschaftskreisläufen, genauso wie der Warenabgang über die Gemarkungsgrenze hinaus nicht in Frage gestellt werde. Bedauerlich sei, dass diverse Anträge der STAdTISTEN noch keinen Eingang ins Energiekonzept gefunden haben, z. B. die Förderung der Bildung von Fahrgemeinschaften oder das Voranbringen des Themas Hausautomatisierung. Möglicherweise fänden diese Vorschläge zu gegebener Zeit doch noch Eingang in das Energiekonzept, zeigt sich der Stadtrat optimistisch unter Hinweis darauf, dass Teile der Anträge der STAdTISTEN sich in sinngemäßer Form bei den allgemeinen Ausführungen im Energiekonzept wiederfänden.

Ein wesentlicher Bestandteil des Energiekonzeptes sei die Umstellung der Primärenergieträger weg von Atomkraft, Öl und Kohle hin zu Wasserkraft, Wind- und Sonnenenergie. Damit verbinde sich in einem Ballungsraum wie Stuttgart auch das Thema der Luftqualität.

Insbesondere vor dem Hintergrund des Feinstaubalarms in der letzten Woche kündigt StR Dr. Schertlen als ergänzenden Beitrag zum Energiekonzept an, zeitnah einen Antrag zu stellen, dass Bagger auf Baustellen und weitere stationäre Baumaschinen, die mit Strom statt mit Diesel betrieben werden, begünstigt werden. An 97 % aller Baustellen im urbanen Umfeld bestehe Starkstromanschluss, sodass die Energieversorgung für Bagger usw. sichergestellt wäre. Wenn weitere Metropolen dem Beispiel Stuttgart folgen würden, hätten die Baggerhersteller auch sehr schnell eine Motivation, Hybrid- oder Elektrobagger auf den Markt zu bringen.

Beim Energiekonzept müsse auch die Gesamtenergiebilanz betrachtet werden; es müsse also die Energie, die zur Herstellung eines Produktes benötigt wird, um ein funktionierendes Produkt auszutauschen, gegengerechnet werden gegen das, was insgesamt eingespart wird. Jetzt müssten den Worten Taten folgen, appelliert der Stadtrat zum Abschluss seiner Ausführungen.


Abschließend stellt OB Kuhn fest:

Der Gemeinderat beschließt einstimmig wie beantragt (4 Enthaltungen).

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