Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
150
7
VerhandlungDrucksache:
470/2012
GZ:
OB
Sitzungstermin: 25.07.2012
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Sabbagh st
Betreff: Neuordnung der Stuttgarter Wasserversorgung

Vorgang:

Verwaltungsausschuss vom 18.07.2012, öffentlich, Nr. 212
Gemeinderat vom 19.07.2012, öffentlich, Nr. 117
jeweiliges Ergebnis: Vertagung

Verwaltungsausschuss vom 25.07.2012, öffentlich, Nr. 264
Ergebnis: Vorberatung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 18.07.2012, GRDrs 470/2012, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Vom Bericht der Verwaltung zum Stand der Verhandlungen mit der EnBW wird Kenntnis genommen.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, die notwendigen rechtlichen Schritte vorzubereiten, um den Anspruch der Stadt auf Herausgabe der Wasserversorgungsanlagen (Eigentumsübertragung) gegen eine angemessene Vergütung gerichtlich klären zu lassen.


Zunächst erinnert OB Dr. Schuster an wiederholte Diskussionen zum Thema. Da es hierzu noch keine Rechtsprechung gebe, müsse nun rechtlich geklärt werden, wie der Kaufpreis korrekt ermittelt werde: anhand des Sachzeitwertes oder des objektivierten Ertragswertes. Diese Frage habe er auch bei einem Termin im Bundeskartellamt erörtert und von diesem hierzu am Vortag noch ein Schreiben erhalten. Er bittet um Zustimmung zur Vorlage, um die notwendigen rechtlichen Schritte vorbereiten zu können. Zunächst müsse das Ganze in einem juristischen Gutachten geprüft werden. Bevor die Stadt dann tatsächlich vor Gericht gehe, werde der Gemeinderat nochmals beraten.

Wie die Vertreter der übrigen Fraktionen auch erklären die StRe Pätzold (90/GRÜNE) und Kotz (CDU) ihre Zustimmung zur Vorlage. Dabei betont Letzterer, dass ein gerichtliches Verfahren kein Gegeneinander der beiden Parteien signalisieren, sondern vielmehr eine Klärung ermöglichen solle. Vorrangiges Ziel seiner Fraktion sei aber, ohne gerichtliches Verfahren zu einer Einigung zu kommen.

Auch seine Fraktion, so StR Kanzleiter (SPD), hoffe auf ein gutes und vertretbares Verhandlungsergebnis. Leider sei angesichts des Vorgehens der EnBW die Vorbereitung einer juristischen Auseinandersetzung dafür nötig.

Die Vorgehensweise von OB Dr. Schuster wird von StR Zaiß (FW) im Namen seiner Fraktion begrüßt. Das Bundeskartellamt habe bereits mit dem Begriff Preismissbrauchsverfahren deutlich gemacht, dass eine Wasserpreiserhöhung nicht gerechtfertigt erscheine.

StR Klingler (FDP) schätzt es, wie sich die EnBW, die zu fast 100 % der öffentlichen Hand gehört, für ihre wirtschaftlichen Interessen einsetzt. Einen Kaufvertrag setze die Einigung zwischen Käufer und Verkäufer voraus. Er bittet die Verwaltung um Auskunft über die bei dem Grundstückserwerb anfallenden Kosten. Seine Fraktion werde im Interesse der Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger und in der Hoffnung, dass damit die Wasserversorgung künftig hervorragend garantiert sein werde, der Vorlage zustimmen.

Deutliche Kritik am Vorgehen der EnBW äußert StR Rockenbauch (SÖS und LINKE). Hier zeigten sich die Nachteile, wenn man sich mit privatwirtschaftlichen Mechanismen in zentralen Bereichen der Daseinsvorsorge einlasse. Mit dem Ziel, die Rekommunalisierung der Wasserversorgung zu verhindern, versuche die EnBW, "zweimal bei den Bürgerinnen und Bürgern abzukassieren". Einmal dadurch, dass sie den Preis der Wasserversorgung so in die Höhe rechne, dass eine Rekommunalisierung wirtschaftlich nicht mehr darstellbar sei und zum anderen, als direkte Folge, dadurch, dass die Wasserpreise um 9,5 % stiegen.

Das Verhalten der EnBW überrascht StR Dr. Schlierer (REP) nicht. Vielmehr sei es sehr unrealistisch zu glauben, dass ein Unternehmen wie die EnBW aus irgendwelcher kommunaler Verbundenheit, die nicht existiere, ein besonderes und unwirtschaftliches Entgegenkommen zeigen sollte. Wer das erwarte - und damit wendet er sich an StR Kanzleiter -, müsse sich auch die Frage gefallen lassen, warum hier nicht die Landesregierung ihren politischen Einfluss geltend mache.

Auch er halte die damalige Vertragsausgestaltung mit der EnBW für "nicht ganz glücklich". So bestehe aufgrund der fehlenden Endschaftsbestimmung ein gewisses Risiko. Gleichwohl schätze er die Chancen für die Stadt, die Anteile unter Zugrundelegung der Ertragswertmethode wieder zurückzubekommen, aufgrund des sogenannten Kaufering-Urteils des Bundesgerichtshofs als ganz gut ein. Deshalb sollten auch die möglichen rechtlichen Schritte zügig vorbereitet werden. Vielleicht werde dies, aber auch eine klare Positionierung im Gemeinderat, die EnBW nochmals zu einer Reflexion über ihr Vorgehen veranlassen.


Abschließend stellt OB Dr. Schuster fest:

Der Gemeinderat beschließt einstimmig wie beantragt.

zum Seitenanfang