Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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13a
VerhandlungDrucksache:
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GZ:
-
Sitzungstermin: 27.09.2012
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Frau Sabbagh
Betreff: RSO: Beratungszeit muss sein
- Antrag Nr. 309/2012 der Gemeinderatsfraktionen von
Bündnis 90/DIE GRÜNEN und SPD vom 25.09.2012 ...
vollständiger Betreff s. unten

Da aus technischen Gründen der Betreff nicht in ganzer Länge im oberen Feld wiedergegeben werden kann, wird er hier vollständig aufgeführt:

Betreff: RSO: Beratungszeit muss sein
- Antrag Nr. 309/2012 der Gemeinderatsfraktionen von Bündnis 90/DIE GRÜNEN und SPD vom 25.09.2012
- Antrag und Anfrage Nr. 274/2012 der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 27.08.2012 "Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR: Wenn die Resolution mehr als Worte sein soll" sowie Beantwortung/Stellungnahme der Verwaltung
- Antrag Nr. 284/2012 der SPD-Gemeinderatsfraktion vom 14.09.2012 "Unser Oberbürgermeister ist gefordert: Ein Moratorium für die Sinfonieorchester" sowie Stellungnahme der Verwaltung
- Antrag Nr. 286/2012 der CDU-Gemeinderatsfraktion vom 14.09.2012 "Entscheidung über die Zukunft des RSO Stuttgart vertagen" sowie Stellungnahme der Verwaltung

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 26.09.2012, öffentlich, Nr. 285

Ergebnis: Aufnahme in die Tagesordnung für die Sitzung des Gemeinderats und Benennung weiterer zum selben Thema gestellter Anträge

Die im Betreff genannten Anträge (teilweise mit Stellungnahme der Verwaltung) sind dieser Niederschrift beigefügt. Auch die von StR Winter (90/GRÜNE) vorgetragene und mit den kulturpolitischen Sprechern der Fraktionen abgestimmte Resolution ist dieser Niederschrift sowohl als Dateianhang als auch in Papierform angehängt.


Zunächst dankt OB Dr. Schuster dem Gemeinderat für die am 10.05.2012 verabschiedete Resolution, die sich klar gegen die Fusion wendet. Er habe in zahlreichen Gesprächen mit dem Intendanten und Mitgliedern des Rundfunkrates versucht, diese umzustimmen. Doch sei der Verwaltungsrat der Linie des Intendanten mit breiter Mehrheit gefolgt. Auch im Gesamtrundfunkrat sei die Stadt mit ihrer Initiative im Juli klar unterlegen. Im Einvernehmen mit den Fraktionsvorsitzenden und kulturpolitischen Sprechern des Gemeinderats habe er aufgrund der Anträge 274/2012, 284/2012 und 286/2012 dem Intendanten nochmals geschrieben und angeregt, die sehr weitreichende rundfunk- und kulturpolitische Entscheidung zu überdenken und deshalb erst einmal zu verschieben. Eine Antwort habe er nicht erhalten. In Anbetracht der Erfahrung, die er bei der letzten Sitzung des Rundfunkrates gemacht habe, halte er aber dessen Bereitschaft, ohne eine konkrete Finanzierungszusage der Stadt die Entscheidung über eine Fusion zu verschieben, für äußerst gering. Dabei gehe es um beträchtliche Beträge: 3,3 Mio. € 2016 und dann weiter steigend auf über 6 Mio. € innerhalb von zehn Jahren. Sowohl Freiburg als auch Baden-Baden sähen sich nicht in der Lage, als Ausfallbürge für das dortige Orchester einzutreten. Das Land könne und wolle auch nicht als Ausfallbürge für eine Aufgabe des SWR fungieren. Selbst wenn man andere an der Finanzierung beteiligen könnte, könne er dem Gemeinderat angesichts dieser Summen nicht empfehlen, eine solche finanzielle Verpflichtung für die Zukunft einzugehen.

Im Sinne der Anträge werde er im Rundfunkrat für ein Moratorium plädieren. Werde dies abgelehnt, sollte der Gemeinderat in seiner nächsten Sitzung oder auch in der nächsten Sitzung des Verwaltungsausschusses, am besten nichtöffentlich, die weitere Vorgehensweise diskutieren.

StR Winter (90/GRÜNE) erläutert die Anträge seiner Fraktion. Es gehe darum, wie man den kulturpolitischen Schaden, den die Fusion anrichte, eindämmen oder gar verhindern könne. Die Fusion solle den Ausweg aus einer Sparmaßnahme weisen. Dies bedeute, dass von 200 Planstellen auf 120 reduziert werde und über Jahre keine neuen Stellen besetzt würden. Außerdem werde die mögliche Bewerbung um einen Standort auch nicht umsonst zu haben sein. Hier hätte man schon längst mit Freiburg, dem Land und anderen Partnern überlegen müssen. Neben diesen Fragen müsse ganz grundsätzlich geklärt werden, was eine Fusion koste. All dies brauche Zeit, die man im Rundfunkrat nochmals einfordern müsse. Als Zeichen der Unterstützung für OB Dr. Schuster regt er in Anlehnung an den gemeinsamen Antrag Nr. 309/2012 seiner Fraktion und der SPD-Fraktion eine Resolution des Gemeinderats an den Rundfunkrat mit dem Titel "RSO: Beratungszeit muss sein" an, die er anschließend vorträgt.

Dieser Appell wird von StR Sauer (CDU) im Namen seiner Fraktion unterstützt. Er verdeutlicht die Größenordnung der finanziellen Forderungen des SWR an die Stadt mit dem Hinweis, dass die Stadt jährlich 101,1 Mio. € für Kultur ausgebe, davon knapp 23 Mio. € für die Kulturförderung und hiervon wiederum 3,2 Mio. €, also 14 %, für Zuschüsse an musikalische Trägervereine. Nun komme der SWR mit einem "vergifteten Angebot" auf Freiburg und Stuttgart zu, für bis zu 6,1 Mio. € jährlich die beiden Orchester eigenständig zu lassen. Damit werde in seinen Augen der Bogen überspannt. Die Landeshauptstadt bezahle bereits insgesamt rund 6 Mio. € im Jahr für die Stuttgarter Philharmoniker und den Trägerverein des Stuttgarter Kammerorchesters. Zudem lasse sich eine Kostenbeteiligung der Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger, die ja auch Rundfunkgebühren bezahlten, nach Ansicht seiner Fraktion kaum rechtfertigen.

Im Übrigen würde das Geld in eine Art Black Box einbezahlt, ohne dass sich daraus für die Stadt ein Mitspracherecht ableite. Aus diesem Grund sei die bisherige Vorgehensweise des Herrn Oberbürgermeisters richtig, die nun auch dem Orchestermanager und dem Vorsitzenden des Vereins der Freunde und Förderer des RSO ermögliche, im nächsten Ausschuss für Kultur und Medien ihre Bedenken vorzutragen. Auch wenn die dringend notwendige Diskussion sehr spät einsetze, hoffe er, vielleicht doch noch eine gemeinsame Lösung zu finden. Deshalb müsse der SWR die Arbeitsgruppe möglichst rasch einrichten.

Die StRinnen Dr. Blind (SPD) und von Stein (FW) sowie die StRe Prof. Dr. Dr. Lübbe (FDP) und Stocker (SÖS und LINKE) stimmen der Resolution zu. StR Prof. Dr. Dr. Lübbe fragt nach der - seines Wissens noch nicht erfolgten - Beantwortung eines Antrags seiner Fraktion vom 02.10.2008 bezüglich des Neubaus einer Philharmonie. Dies wäre für die Standortfrage eines fusionierten Orchesters von ausschlaggebender Bedeutung. Während StRin von Stein erklärt, ihre Fraktion stehe einer eventuellen städtischen Unterstützung des RSO sehr kritisch gegenüber, macht StR Stocker darauf aufmerksam, dass die Städte vom Ruf der Orchester profitierten und sich deshalb finanziell entsprechend beteiligen könnten.

Auch StR Dr. Schlierer (REP) ist der Erhalt des RSO ein wichtiges Anliegen, doch habe darüber nicht die Stadt, sondern der SWR zu entscheiden. Unter Hinweis auf die Programmautonomie gebe dieser dreistellige Millionenbeträge für den Rechtekauf aus und finanziere eine "wuchernde Fülle von Spartenprogrammen" und "ausufernde Internetangebote", sehe aber die Aufstellung und den Unterhalt von Klangkörpern nicht als primäre Pflicht an, sondern als Kür. Er empfinde dies als kulturelle Verarmung. Der SWR habe sich klar zu den rechtlichen Grenzen einer regelhaften Mitfinanzierung von Orchestern geäußert. Ohnehin biete auch diese keinerlei Garantie für eine Einflussnahme der Stadt. Gleichwohl werde er der Resolution gerne zustimmen.

In der kulturpolitischen Einschätzung sieht OB Dr. Schuster den Gemeinderat einer Meinung. Es würden zwei herausragende Orchester zerschlagen und man wisse nicht, ob daraus in einem ab 2016 mindestens zehn Jahre währenden Prozess ein neues, qualitativ entsprechendes mit eigenem Profil entstehe.

Wenn nun im Rundfunkrat die Fusion beschlossen werde, sollte der Gemeinderat in einer der nächsten Sitzungen darüber beraten, wie die Stadt auf die Umsetzung Einfluss nehmen könne. Darüber habe er mit Herrn Boudgoust intensiv diskutiert, der ein paar Experten mit der Umsetzung beauftragen wolle. Auf diese Weise sei natürlich die Transparenz nicht gegeben, vielmehr brauche man eine Liste von Kriterien - und diese sollte die Stadt gemeinsam mit der Stadt Freiburg fordern -, die bewertet und abgearbeitet werden müssten. Unter anderem müsse die Standortwahl nachvollziehbar sein und eine sachfremde politische Dimension, die in badischen Zeitungen aufscheine, vermieden werden.


Er stellt die von StR Winter formulierte Resolution, die im Wesentlichen der Ziffer 1 des gemeinsamen Antrags Nr. 309/2012 der Gemeinderatsfraktionen von Bündnis 90/DIE GRÜNEN und SPD entspricht, zur Abstimmung und hält fest:

Der Gemeinderat beschließt die Resolution einstimmig.

Ein Vorratsbeschluss zum weiteren Vorgehen wird nicht gefasst. Hierüber wird in einer der nächsten Sitzungen beraten. Damit ist der Antrag Nr. 309/2012 erledigt.

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