Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB 1517-04.02
GRDrs 819/2017
Stuttgart,
10/06/2017



Masterplan 100 % Klimaschutz



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Umwelt und Technik
Ausschuss für Umwelt und Technik
Gemeinderat
Einbringung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
10.10.2017
24.10.2017
26.10.2017



Beschlußantrag:

1. Den langfristigen Klimaschutzzielen der Landeshauptstadt Stuttgart (Einsparungen der Treibhausgasemissionen um 95 % und Halbierung des Endenergieverbrauchs bis 2050 gegenüber dem Basisjahr 1990) wird zugestimmt.

2. Vom Masterplan-Konzeptentwurf wird zustimmend Kenntnis genommen.

3. Die Verwaltung wird beauftragt, die im Konzept enthaltenen Maßnahmenvorschläge zu konkretisieren und den Entwurf weiterzuentwickeln.

4. Über die Umsetzung der im Masterplan vorgeschlagenen Maßnahmen sowie deren Finanzierung ist auf Grundlage gesonderter Beschlussanträge vom Gemeinderat zu entscheiden.



Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Der Masterplan 100 % Klimaschutz dient zur Konkretisierung, Weiterentwicklung und Umsetzung der bereits im Energiekonzept „Urbanisierung der Energiewende in Stuttgart“ formulierte Zielvision einer klimaneutralen Landeshauptstadt in 2050. Im Rahmen eines mehrstufigen Beteiligungsprozesses wurden zur Erarbeitung des Masterplan-Konzepts insgesamt über 1.000 Bürgerinnen und Bürger sowie organisierte Stakeholder miteinbezogen. Für die fünf Handlungsfelder des Masterplans legen nun Status Quo, Potenziale und Entwicklungsperspektiven sowie konkrete Strategien und Maßnahmen vor.



1. Ausgangslage und Zielsetzung

Basierend auf den Ergebnissen des Energiekonzepts „Urbanisierung der Energiewende in Stuttgart“ hat sich die Landeshauptstadt Stuttgart erfolgreich für das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) geförderte Projekt „Masterplan 100 % Klimaschutz“ beworben. Die Laufzeit der Förderung beträgt 4 Jahre und gliedert sich in 2 Phasen:

Der Masterplan dient dazu, Strategien für die bereits im Energiekonzept formulierte Zielvision einer klimaneutralen Landeshauptstadt in 2050 zu entwickeln und umzusetzten. Konkret lautet die Zielsetzung, bezogen auf das Basisjahr 1990, die Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2050 um 95% zu senken sowie den Endenergieverbrauch zu halbieren. Der verbleibende Energiebedarf soll entsprechend durch erneuerbare Energien gedeckt.


2. Ergebnisse der Masterplan-Erarbeitung

Um die langfristigen Klimaschutz-Ziele zu erreichen, ist eine fundierte und strukturierte planerische Basis notwendig. Daher erhielt das Amt für Umweltschutz Unterstützung. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) wurde vom Amt für Umweltschutz mit der Erstellung eines umfangreichen Masterplan-Konzepts beauftragt.

Das im Anhang beigefügte Gutachten gliedert sich hierbei in vier zentrale Abschnitte:
Im ersten Abschnitt wird die Ausgangslage der Landeshauptstadt Stuttgart beschrieben und insbesondere die Energie- und Treibhausgas-Bilanz für das Jahr 2014 sowie die Energiepotenziale vorgestellt und analysiert. Ausgangsbasis für die Masterplanerstellung bildet das Jahr 2014. Der witterungsbereinigte Endenergieverbrauch der Gesamtstadt lag im Bilanzjahr 2014 bei 13.738 GWh. Daraus resultieren Treibhausgasemissionen in Höhe von 5,15 Mio. t CO2äq. Dies entspricht einer Pro-Kopf-THG-Emission von 8,68 Tonnen / Einwohner. Bei den Pro-Kopf-Emissionen liegt die Landeshauptstadt Stuttgart unter dem bundesdeutschen und europäischen Wert. (BRD: 11,1 t CO2äq; EU: 9,0 t CO2äq) Rund die Hälfte der Treibhausgasemissionen entstanden im verarbeitenden Gewerbe sowie im Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und sonstige Industrie. Die privaten Haushalte haben einen Anteil von einem Viertel an den gesamten THG-Emissionen, der Verkehrssektor von einem Fünftel. Die kommunalen Einrichtungen sind für 4 % der gesamten THG-Emissionen verantwortlich.

Das größte Potenzial erneuerbarer Energien im Stadtgebiet Stuttgart liegt bei der Solarenergie, ein weiteres erhebliches Potenzial weist die oberflächennahe Geothermie auf. Dagegen sind die Potenziale von Wasserkraft, Windkraft, Biogas und Biomasse sehr begrenzt. Durch eine konsequente Nutzung von Abwärme könnten zudem rund 1.150 GWh Wärme eingespart werden.

Im zweiten Abschnitt wird die Perspektive 2050 erörtert. Dabei werden zwei Szenarien – das Trendszenario und das Masterplanszenario – berechnet. Die Szenarienanalyse zeigt, dass durch eine Trendfortschreibung (Business-As-Usual-Fall) nur rund 55 % der Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 reduziert würden. Die restlichen 40 % müssen folglich durch eine Verstärkung der bisherigen Anstrengungen erschlossen werden.

Das Masterplanszenario wird vom Ziel her gedacht und durch Rückrechnung untersucht, welche zusätzlichen Maßnahmen und Strategien für die Zielerreichung 2050 notwendig sind.

Im dritten Abschnitt werden die wesentlichen Handlungsfelder des Masterplan 100 % Klimaschutz vorgestellt. Diese müssen bearbeitet werden, um die urbane Energiewende erfolgreich zu gestalten. Die Handlungsfelder orientieren sich an den Handlungsfeldern des Energiekonzepts und lauten „Städtische Liegenschaften“, „Wohnen und Gebäude“, „Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und Industrie“, „Mobilität“ sowie „Energieversorgung“. Jedem dieser Handlungsfelder werden Strategien zugeordnet. Diese Strategien sind der Schlüssel für die Umsetzung der Energiewende. Diese Strategien werden einzelnen Maßnahmen zugeordnet. Insgesamt umfasst das Masterplankonzept 32 Strategien für unterschiedliche Bereiche in den 5 Handlungsfeldern. Der städtische Maßnahmenkatalog beinhaltet rund 90 begleitende Maßnahmen. Die einzelnen Sektoren tragen unterschiedlich stark zu den Einsparungen bei. Das größte Potenzial besteht im grundlegenden Umbau der Energieversorgung durch eine konsequente und vollständige Substitution fossiler Energieträger mit erneuerbarem Strom, Gas und Treibstoffen sowie dem Aufbau von klimaneutralen Wärmenetzen. Der Gesamtstrombedarf in 2050 kann zu rund 60% im Stadtgebiet aus erneuerbaren Energiequellen bereitgestellt werden, der restliche Strom muss außerhalb des Stadtgebiets erzeugt werden.

Im letzten Abschnitt wird schließlich dargestellt, wie die durch den Masterplan initiierten Prozesse und Maßnahmen verstetigt werden können. Ein Monitoring-Konzept hilft dabei, den eingeschlagenen Weg in regelmäßigen Abständen zu prüfen und eventuell Korrekturen in der Verfolgung des Masterplanszenarios durchzuführen.


3. Umfangreiche Bürger- und Akteurseinbindung

Um die ambitionierten Ziele des Masterplans 100% Klimaschutz zu erreichen, ist es unerlässlich, dass so viele Akteure wie möglich bei der Erstellung und Umsetzung eingebunden werden. Deswegen hat das Amt für Umweltschutz mit Unterstützung des Büros Dialog Basis ein umfassendes Beteiligungskonzept erstellt und umgesetzt. Durch die Akteursbeteiligung zum Masterplanentwurf konnte zum einen mit den Stakeholdern eine gemeinsame Zielerreichung formuliert und diskutiert und zum anderen lokales Wissen für die Ausgestaltung der Strategien und Maßnahmen des Masterplans erschlossen werden. Ferner war und ist es notwendig, ein breites Bewusstsein für die Stuttgarter Klimaschutzziele in der Bürgerschaft zu schaffen und nachhaltige zivilgesellschaftliche Prozesse für die Umsetzung und die kontinuierliche Weiterentwicklung zu stärken.

Die Bürger- und Akteursbeteiligung zur Konzepterstellung startete im Dezember 2016 und dauerte bis zum Juni 2017 mit folgenden Formaten und Methoden:

Das Konzept wurde unter intensiver Beteiligung alle relevanten verwaltungsinternen Fachbereiche erstellt. Im Dezember 2016 erfolgte der interne Start zum Masterplan durch die Bildung der Arbeitsgruppe „Städtische Ämter und Eigenbetriebe“ Im Laufe der Konzepterstellung fanden zwei weitere Arbeitstreffen dieser verwaltungsinternen AG statt. Darüber hinaus gab es, zum Beispiel im Mobilitätsbereich, immer wieder Abstimmungstreffen und Rücksprachen. Insbesondere wurden dabei vorhandene Konzepte wie etwa den „Aktionsplan: Nachhaltig mobil in Stuttgart“ berücksichtigt.

Von Februar bis Mai fanden Abstimmungsgespräche und AG-Sitzungen mit unterschiedlichen Zielgruppen statt. Neben fünf Info- und Abstimmungsgesprächen wie z. B. Arbeitstreffen mit den Stuttgarter Forschungsinstituten (Hochschule und Universität) oder dem lokalen Handwerk wurden fünf große Arbeitsgruppen-Sitzungen durchgeführt, die sich thematisch an die Handlungsfelder des Masterplans orientierten. Diese hatten den Schwerpunkt Maßnahmenfindung und Entwicklung von Vorschlägen mit den AG-Mitgliedern für das Masterplankonzept.

Im Mai und Juni wurden zwei öffentliche Bürgerforen mit der Bürgerschaft und lokalen Schlüsselakteuren in Degerloch und Feuerbach veranstaltet. Bürgerinnen und Bürger wurden umfassend über die Energieziele Stuttgarts und den Masterplan informiert. Darüber hinaus konnten im Rahmen der beiden Foren gemeinsam mit der Bürgerschaft 193 Maßnahmenvorschläge für den Masterplan entwickelt werden.

Parallel wurde eine breit angelegte Straßen- und Online Umfrage zum Masterplan 100 % Klimaschutz durchgeführt. Im Rahmen der Umfrage wurden insgesamt knapp 750 Personen zu den Klimaschutzzielen und Maßnahmen der Landeshauptstadt Stuttgart befragt. Die aufschlussreichen Ergebnisse sind dem Masterplandokument als Anhang beigefügt.

Weiterhin wurde im Zuge des Beteiligungsprozesses der Fachbeirat Energiekonzept / Masterplan unter Leitung von Herrn Bürgermeister Peter Pätzold eingerichtet. Der Fachbeirat ist ein breit aufgestelltes Gremium zur strategischen Steuerung der urbanen Energiewende, der mit hohem politischen und fachlichen Knowhow ausgestattet ist. Im Rahmen der konstituierenden Sitzung wurden die vorläufigen Ergebnisse der Masterplan-Erstellung von den Gutachtern vorgestellt und im Anschluss diskutiert.

Insgesamt wurden über 1.000 Personen im Rahmen von Abstimmungsgesprächen, AG-Sitzungen, Bürgerforen und Bürger-Umfragen beteiligt.


4. Weiteres Vorgehen

Ein zentrales Element für eine erfolgreiche Umsetzung der Klimaschutzstrategien ist eine abgestimmte Öffentlichkeitsarbeit und eine kontinuierliche Einbindung aller relevanten Akteure in den Umsetzungsprozess. Mit einer Kommunikationskampagne soll das Thema Klimaschutz stärker in den Fokus der Stadtgesellschaft gerückt werden. Zudem wird durch eine Verstetigung von Akteurs- und Bürgerbeteiligungen sowie regelmäßigen Befragungen und Bürgerforen eine enge Partizipation der Stadtgesellschaft sichergestellt. Hierzu gehört auch die Gremienarbeit, die auf drei Ebenen abläuft.

Auf der operativen Ebene treffen sich regelmäßig Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft, städtischer Verwaltung und sonstigen Vereinigungen zu fünf Arbeitsgruppen. Vertreter aus diesen Arbeitsgruppen werden in den Fachbeirat entsandt, das als breit aufgestelltes Expertengremium fachliche und politische Expertise miteinander vereint. Der Fachbeirat wiederum berichtet an den Lenkungskreis unter Vorsitz des Oberbürgermeisters.

Die im Energiekonzept und Masterplan aufgeführten Strategien gilt es nun weiter konsequent zu konkretisieren und umzusetzen. Weiterhin werden in der Phase 2 des Forschungsprojekts eine kontinuierliche Erfolgskontrolle sowie Monitoring- und Controlling-Instrumente entwickelt, mit denen überprüft werden kann, ob Maßnahmen wie geplant umgesetzt und die definierten Ziele erreicht werden können.


Finanzielle Auswirkungen

Über die Umsetzung der im Masterplan vorgeschlagenen Maßnahmen sowie deren Finanzierung ist auf Grundlage gesonderter Beschlussanträge vom Gemeinderat zu entscheiden.


Vorliegende Anträge/Anfragen

Keine

Erledigte Anträge/Anfragen

Keine



Fritz Kuhn

Anlagen

Entwurf Masterplan 100 % Klimaschutz

<Anlagen>



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Entwurf Masterplan 100% Klimaschutz.pdfEntwurf Masterplan 100% Klimaschutz.pdf