Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
641/2013
GZ:
WFB 9318
Sitzungstermin: 18.07.2013
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:der Vorsitzende, EBM Föll
Protokollführung: Frau Gallmeister
Betreff: Aufstellung des vorläufigen Jahresabschlusses 2012

Vorgang:

Verwaltungsausschuss vom 17.07.2013, öffentlich, Nr. 244
Ergebnis: einmütige Zustimmung (bei 1 Enthaltung)


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 02.07.2013, GRDrs 641/2013, mit folgendem

Beschlussantrag:

Der Aufstellung des vorläufigen Jahresabschlusses 2012, unter Berücksichtigung der Festlegungen in den Beschlussanträgen Nr. 1-3, wird zugestimmt:

1. Ergebnisrechnung / Verwendung Jahresüberschuss 2012

Die Ergebnisrechnung schließt mit einem Jahresüberschuss in Höhe von 306,1 Mio. EUR ab:

Ordentliche Erträge 2.675.486.503,98EUR
Ordentliche Aufwendungen-2.305.002.610,40EUR
Ordentliches Ergebnis 370.483.893,58EUR
Außerordentliche Erträge 55.897.448,76EUR
Außerordentliche Aufwendungen -120.293.334,67EUR
Sonderergebnis -64.395.885,91EUR
Jahresüberschuss 306.088.007,67EUR


Der Jahresüberschuss des ordentlichen Ergebnisses bzw. der Fehlbetrag beim Sonderergebnis wird im Rahmen der Ergebnisverwendung folgenden passiven Bilanz-positionen zugeführt bzw. entnommen:

1.2.1 Zuführung zur Rücklage für Überschüsse des ordentlichen Ergebnisses in Höhe von 372.634.679,90 EUR

1.2.2 Entnahme aus der Rücklage für Überschüsse des Sonderergebnisses in Höhe von 64.088.691,20 EUR

1.2.3 Zuführungen zu zweckgebundenen Rücklagen (Sonderrücklagen) in Höhe von 2.950.199,64 EUR
2. Vermögensrechnung (Bilanz) / Veränderungen bei den passiven Bilanz-positionen "Zweckgebundene Rücklagen" und "Rückstellungen"

Die passive Bilanzposition 1.2.3 "Zweckgebundene Rücklagen" verändert sich zum Jahresabschluss 2012 wie folgt:

1.2.3 zweckgebundene
Rücklagen:
Stand 01.01.2012
EUR
Stand 31.12.2012
EUR
Veränderung (+/-)
EUR
Rücklage Parkmöglichkeiten380.478,440,00-380.478,44
Projektmittelfonds PRIMA10.225.837,6210.225.837,620,00
Rücklage Stuttgart 21300.966.437,64297.021.437,64-3.945.000,00
Rücklage Wohnungsbauförd.21.278.147,9820.310.895,99-967.251,99
Kapitalerhaltung Stiftungen7.614.236,337.992.306,65378.070,32
Weitere Rücklagen Stiftungen3.094.412,793.915.333,42820.920,63
Rücklage Fondsvermögen5.239.113,276.183.263,89944.150,62
Gesamt348.798.664,07345.649.075,21-3.149.588,86


Die passive Bilanzposition 3. "Rückstellungen" verändert sich zum Jahresabschluss 2012 wie folgt:

Pos.
    3. Rückstellungen:
Stand 01.01.2012
EUR
Stand 31.12.2012
EUR
Veränderung (+/-)
EUR
3.1Altersteilzeit9.322.305,024.543.712,26-4.778.592,76
3.2Unterhaltsvorschuss2.500.000,002.100.000,00-400.000,00
3.3Stilllegung / Nachsorge Abfalldeponien19.558.685,193.400.000,00-16.158.685,19
3.4Altlastensanierungsrückstellung52.716.179,8056.525.046,353.808.866,55
3.5Drohende Verpfl. aus anh. Gerichtsverf. u. Bürgschaften1.301.128,493.809.239,952.508.111,46
3.6Sonstige davon:237.160.884,17228.846.912,89-8.313.971,28
davonRückstellung für unterlassene Instandhaltung56.197.575,6061.102.209,154.904.633,55
davonEntsorgungsmehrkosten Grundstücksveräußerungen0,001.140.000,001.140.000,00
davonFinanzausgleich100.100.000,00126.500.000,0026.400.000,00
davonZusatzversorgung u.a.41.663.717,0036.265.469,68-5.398.247,32
davonAusstehende Rechnungen678.863,543.097.326,482.418.462,94
davonSteuernachzahlungen443.507,58443.507,580,00
davonEigenversicherung49.900,00298.400,00248.500,00
davonRückst. eingeg.Verpfl. Erg.HH38.027.320,450,00-38.027.320,45
3.1-3.6Gesamt322.559.182,67299.224.911,45-23.334.271,22



3. Übertragung von Budgetresten (Ermächtigungsübertragungen 2012)

Im Ergebnishaushalt werden zur Übertragung der konsumtiven Budgetreste 2012 in die Ämterbudgets 2013 Ermächtigungsübertragungen in Höhe von 55.175.502,69 EUR gemäß Anlage 4 zugelassen.

Im Finanzhaushalt werden zur Übertragung der investiven Budgetreste 2012 in die Ämterbudgets 2013 Ermächtigungsübertragungen in Höhe von 302.361.025,03 EUR gemäß Anlage 4 zugelassen.

Zusammen mit diesem Tagesordnungspunkt werden die Tagesordnungspunkte "Zwischenbericht zur Finanzlage 2013" (GRDrs 642/2013), "Nachtragshaushaltssatzung mit Nachtragshaushaltsplan 2013" (GRDrs 643/2013) und "Bericht zu den Eckdaten zur Aufstellung des Doppelhaushalts 2014/2015" (GRDrs 645/2013) beraten. Die Abstimmungsergebnisse sind in den Niederschrifts-Nummern 112, 113 und 114 festgehalten.

OB Kuhn führt aus, dass mit 306 Mio. € im vorläufigen Jahresabschluss 2012 ein gutes Jahresergebnis erreicht wurde. Auch für 2013 ergäben sich Verbesserungen in Höhe von 145 Mio. €, was aber nicht bedeute, dass diese Mittel im Jahr 2013 einfach ausgegeben werden können, da man für das Haushaltsjahr 2013 eine geplante Kreditaufnahme in Höhe von 217,4 Mio. € habe, die sich entsprechend reduziere. Die guten Ergebnisse resultierten vor allem aus der konjunkturellen Entwicklung, die sich sowohl in der Gewerbesteuer als auch den Zuweisungen niederschlage, welche die Stadt aus Gemeinschaftssteuern, also den Schlüsselzuweisungen und den Einkommensteueranteilen erhalte.

Weiter legt der Vorsitzende dar (leicht überarbeiteter Wortlaut): "Ich will aber deutlich sagen, dass wir - mit wir meine ich den Ersten Bürgermeister Föll und mich - die Entwicklung der Gewerbesteuer schon auch mit Sorgen anschauen, denn wir haben durch Wegzug und auch durch im Rahmen der Rechtsordnung zulässige Steuergestaltungen Mindereinnahmen - das Beispiel Porsche ist schon öffentlich diskutiert worden. D. h. wir können nicht davon ausgehen, dass die Gewerbesteuer in den nächsten Jahren auf der Höhe bleibt, wie dies in den vergangenen zwei Jahren der Fall war. Bei Konjunktureinbrüchen sowieso nicht, aber auch strukturell aus den genannten Gründen. Ich will noch dazusagen, dass für die nächsten Jahre schon im Haushalt, den wir für 2014 und 2015 im Herbst zu beraten und zu entscheiden haben, natürlich zusätzliche Ausgaben kommen, etwa im Bereich von Kita-Ausbau und Schulkindbetreuung, etwa im Bereich des Erwerbs der Wasserversorgung, etwa im Bereich der öffentlichen Förderung bezahlbaren Wohnraums, wo wir neu einsteigen wollen und etwas erreichen müssen. Auch bei Investitionen im Verkehrsbereich, um unsere Verkehrsprobleme besser in den Griff zu kriegen. Also wir stehen davor, dass wir investiv - Schulgebäude habe ich noch gar nicht genannt - in den nächsten Jahren einiges vor uns haben. Auch der Zustand der Straßen wird ja öffentlich immer wieder zum Thema gemacht. Das heißt, die Lage ist ganz einfach: Wir haben in einer guten Konjunkturentwicklung Überschüsse erzielt, müssen dennoch viel investieren und wissen nicht so richtig, wie wir das bei einer schlechteren Konjunkturentwicklung finanzieren wollten.

Für einen strukturellen, stabilen Ergebnishaushalt, der also auch Konjunkturtäler überdauert und uns die Investitionen ermöglicht, die wir brauchen, fehlen uns ca., über den Daumen gerechnet, 200 Mio. €. Das ist die Lage des Haushalts. Also weit konsolidiert. Wenn ich im Städtetag bin und es sind NRW-Gemeinden da oder aus anderen Bereichen, dann finden die das natürlich ein tolles Ergebnis. Und trotzdem muss man wissen, wir haben das Ergebnis auch erreicht in einer Situation, die Sonderfaktoren enthalten hat. Und wir stehen vor einer Welle guter, notwendiger Investitionen, wenn wir die Qualität der Stadt Stuttgart erhalten und ggf. an der einen oder anderen Stelle auch steigern wollen. So ist die Lage.

Daraus ergibt sich für mich jenseits der ganzen Zahlen eine einfache, aber wichtige Botschaft, und die heißt: Wir müssen sparsam haushalten, um investieren zu können. Ich mache die Gleichung, die oft in der Haushaltspolitik kommt - entweder bist du für Sparen oder Investieren, manche missverstehen Investieren auch als Geldausgeben - nicht mit, sondern meine persönliche Botschaft, für die ich eintreten werde, heißt: Wir müssen sparen, damit wir investieren können. Ich will noch hinzufügen, es gibt Bereiche, wo nicht zu investieren heißt, Schulden aufzunehmen für die Zukunft. Denn bei bestimmten Bereichen, wenn nicht investiert wird, wird es immer teurer, dann hinterher die Nichtinvestition zu kompensieren oder auszugleichen. Das heißt ganz einfach zusammengefasst zu allen jetzt aufgerufenen Punkten: 'Lasst uns sparsam haushalten, damit wir die Möglichkeit haben, in den Zukunftsbereichen zu investieren.'"

Die Ausführungen der Sprecher der Fraktionen sowie von EBM Föll werden nachfolgend in leicht gekürztem, überarbeiteten Wortlaut wiedergegeben.

StR Pätzold (90/GRÜNE):
"Wir haben gestern ja schon ausführlich darüber gesprochen. Es ist natürlich erfreulich, dass die Haushaltslage so aussieht, wie sie aussieht. Aber man muss auch sehen, die sieht auch deshalb so aus, weil wir viele Aufgaben, die wir im letzten Haushalt eigentlich beschlossen hatten, nicht umgesetzt haben. Bei den Schulsanierungen ist weit weniger abgeflossen, als wir uns erhofft und erwünscht hatten, beim Kita-Ausbau genauso. Und das macht sich natürlich in einem Haushalt bemerkbar. Das heißt, der Haushalt steht besser da, aber die Aufgaben sind noch lange nicht erledigt. Und diese Aufgaben stehen an und wollen erledigt werden. Denn, ich sage mal, die Aufgabe der Sanierung ist eher größer geworden denn kleiner, denn wir sehen jetzt, als wir die ganzen Haushaltsmitteilungsvorlagen bekommen haben, dass eigentlich die Schulsanierungen nur die Spitze des Eisbergs waren. Wir haben ein Defizit bei den Schulsanierungen, haben in den vergangenen Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, zu wenig in den Erhalt gelegt.

Und ich habe gestern zu Recht gesagt, eigentlich wäre die Überschrift der Vorlage zum Hallenbad Sonnenberg mit dem Untertitel 'Substanzerhaltende Sanierungsmaßnahmen' der Titel für die Haushaltsberatungen, weil mit diesem Thema werden wir uns beschäftigen müssen sowohl bei den anderen städtischen Gebäuden, bei den Straßen, Wegen, Tunneln, Bädern und Sonstigem, was wir haben. Dazu kommen zusätzliche Ausgaben und Aufgaben, wie der weitere Kita-Ausbau. Oder ich erinnere an die Schulentwicklung. Dort haben wir es allein mit rund 500 Mio. € an Investitionskosten zu tun, was nicht wenig ist, sage ich mal so. Und wenn wir Einzelmaßnahmen, wie das Musikgymnasium, angucken, mal kurz mit 34 Mio. €, dann sind das Aufgaben, die wir vor uns haben, die nicht ohne sind und wo wir froh sein können, dass der Haushalt so gut aussieht, aber auch nicht frohlocken können, denn der Haushalt muss auf mehrere Jahre geplant werden und eigentlich müssten wir die mittelfristige Finanzplanung angucken.

Und wer die mittelfristige Finanzplanung noch im Kopf hat aus dem letzten Haushalt, weiß, dass wir eigentlich in der mittelfristigen Finanzplanung schon so viele Projekte haben, dass wir im Grunde genommen eigentlich die Haushaltsberatungen ziemlich verkürzen können. Wir sind froh, dass der Haushalt so aussieht, aber auf der anderen Seite sind wir sehr vorsichtig, weil wir auch wissen, dass die Bedürfnisse gestiegen sind. Und ich sage nur, die Kommunalwahl steht an. Da wird der eine oder die andere sicher Begehrlichkeiten haben, mal kurz das Füllhorn aufzumachen. Ich warne aber davor, das Füllhorn großartig aufzumachen. Wir haben ernsthafte Aufgaben vor uns. Und man wird uns messen an den Aufgaben, die wir lang- und mittelfristig gemacht haben, und nicht, die wir kurzfristig ausschütten. Danke schön."

StR Kotz (CDU):
"Herr Oberbürgermeister, Herr Erster Bürgermeister, wir freuen uns über die Zahlen, also alles andere wäre jetzt auch etwas komisch. Es ist schön, dass der Jahresabschluss 2012 und auch der Zwischenbericht für 2013 eine Verbesserung gegenüber den Haushaltsplanungen darstellen, die ja durchaus auch kritisch waren, was die Kreditermächtigungen darstellten. Insofern freuen wir uns darüber, freuen uns auch, dass wir mit dem Vorziehen des Zuschusses zum Klinikum die Haushaltsberatungen für 2014/2015 etwas offener machen können, dass die Vorbelastungen sich etwas reduzieren werden. Ich teile völlig ihre Ansicht, Herr Oberbürgermeister, dass wir mit einem wachen Auge gerade auf das Thema Gewerbesteuer achten müssen. Ich glaube, bei dem allgemeinen Steueraufkommen in Deutschland haben wir nicht so arg viel Möglichkeiten, als Kommune mitzuspielen und die Rahmenbedingungen zu setzen, aber gerade bei der Gewerbesteuer müssen wir wirklich schauen, dass wir unsere Wirtschaft hier hegen und pflegen im Rahmen dessen, was eine Kommune tun kann, damit auch dieses entsprechend bleibt.

Wenn ich mir die Ergebnisse anschaue, dann sollten wir, glaube ich, gerade auch in den kommenden Haushaltsberatungen, zwei Dinge beachten, damit wir bei unseren Wählerinnen und Wählern gemeinsam die Glaubwürdigkeit der Verwaltung und die des Gemeinderats nicht aufs Spiel setzen. Das eine ist das Verhältnis der Abweichung zwischen Haushaltsansatz und Ergebnis des Haushalts. Nun ist so ein Haushalt etwas Atmendes, etwas Volatiles, keine Frage, aber wenn wir uns gemeinsam vornehmen, vielleicht doch etwas mehr darauf zu achten und das Ziel zu haben, dass wir mit der Haushaltseinbringung auch etwas näher am Haushaltsergebnis sind, gerade was die Einnahmenseite anbelangt, dann schafft das, glaube ich, auch etwas mehr Glaubwürdigkeit bei all denen, denen wir in den vergangenen Jahren immer wieder sagen mussten, dieses Projekt ist zwar sinnvoll und gut und auch notwendig, aber wir können es nicht machen, weil es die Kreditermächtigungen nicht zulassen. Wenn die Kreditermächtigungen dann über Jahre hinweg gar nicht oder nur in sehr geringem Umfang gezogen werden, wird es etwas schwierig.

Und das Zweite ist, wo wir schauen müssen, dass wir nicht Vertrauen riskieren, dass die Maßnahmen, die wir dann beschließen, die wir auf die Strecke geben, dann auch wirklich auf Baustelle bringen, wenn ich jetzt mal im investiven Bereich unterwegs bin, und dass sie nicht durch unterschiedlichste Dinge dann verzögert werden. Dort, wo wir es nicht selber in der Hand haben, solche Verzögerungen, können wir es nicht ändern, da müssen wir damit leben, aber da können wir uns dann auch auf das berufen. Aber gerade im Bereich unserer Ämter, dort wo deutlicher Mehrzuwachs an Arbeitsaufgaben anlangt durch unsere Haushaltsberatung, müssen wir, glaube ich, auch dann schauen, dass wir auch die Ressourcen und die Kapazitäten schaffen, dass das, was der Gemeinderat beschließt, dann auch zumindest in einem vernünftigen zeitlichen Aufwand oder in einer zeitlichen Schiene auch entsprechend umgesetzt wird.

Insofern sind wir sehr gespannt auf die Haushaltsberatungen. Sie werden ja nächste Woche, wie wir vernommen haben, zum Thema Verkehr und Mobilität entsprechende Position beziehen, vermutlich vielleicht auch haushaltswirksam. Im Bereich des Wohnens werden wir sicherlich miteinander diskutieren, und insofern vielen Dank für die Vorlage heute und wir stimmen selbstverständlich zu."

StR Kanzleiter (SPD):
"Wir haben ja gestern im Verwaltungsausschuss eigentlich das Allernotwendigste, und mehr wollen wir ja eigentlich auch nicht sagen, bereits gesagt. Aber ich glaube, zum Allernotwendigsten gehört auch der Hinweis darauf, dass wir eine kontinuierliche Entwicklung haben bei der Stadt seit vielen Jahren. Ich habe gestern das Beispiel begonnen mit 2005 und habe es fortgesetzt bis 2012. Wir haben jährliche sinkende Verschuldungsraten. Auch die Verschuldung des einzelnen Bürgers ist gesunken, und das heißt, diese Verschuldungsrate ist gesunken auch in Zeiten, in denen wir schwierige konjunkturelle Phasen durchleben mussten. Und dieses, Herr Oberbürgermeister, glaube ich, zeigt, dass der Gemeinderat bei allem, was er getan hat, auch in der kontroversen Debatte und auch bei kontroversen Entscheidungen, doch unterm Strich immer eine verantwortliche Politik betrieben hat. Das hat manchmal weh getan, aber im Ergebnis ist das doch festzuhalten. Und insoweit glaube ich, dass man darauf vertrauen kann, dass der Gemeinderat auch bei den nächsten Haushaltsplanberatungen das Richtige beschließt und auch insgesamt verantwortlich handelt. Die Erwartungen sind groß, das wissen wir alle.

Es ist ein wichtiger Punkt schon angesprochen worden, auch vom Kollegen Kotz gerade, die Budgetreste. Das ist ein Thema, wo wir schon sehen müssen, dass wir da auch ein bisschen noch im Bereich der Realität uns befinden. Wenn ich mir überlege, dass wir im Ergebnishaushalt 55 Mio. € Budgetreste haben, dass wir im Finanzhaushalt 302 Mio. € Budgetreste haben, dann ist das schon ein Hinweis darauf, dass wir ein Vollzugsdefizit bei unseren Aufgaben innerhalb der Stadtverwaltung haben. Das ist keine Kritik an irgendjemandem, wenn überhaupt, an uns selber, letztlich, denn diese Tatsache ist doch ganz erheblich damit zu erklären, dass es verschiedene Engpässe gibt, die bei der Realisierung der beschlossenen Projekte im Wege stehen. Das sind personelle Engpässe in unseren Ämtern und ich glaube, da müssen wir ganz verantwortlich darüber nachdenken, wie man diese personellen Engpässe auch bei den kommenden Haushaltsplanberatungen ein Stück weit reduziert, damit wir das Vollzugsdefizit aus diesen Gründen verringern. Wir haben Vollzugsdefizite natürlich auch, weil Genehmigungsverfahren mitunter lange laufen oder Hemmnisse vorhanden sind, um auch an Grundstücke und was weiß ich zu kommen. Ich will das jetzt nicht im Einzelnen vertiefen, und wir haben, und das ist etwas, was im Prinzip ja eigentlich durchaus erfreulich ist, nämlich wir haben auch Engpässe im Bausektor, wo ja die Firmen auch nicht mehr jedes Angebot abgeben und wenn sie Angebote abgeben, zum Teil auch so hohe Angebote, dass man sie nicht umsetzen kann. Das ist auch ein Engpass, den wir sehen müssen. Aber wir müssen uns mit diesen Themen beschäftigen und deshalb gilt es auch, dieses insgesamt zu bewerten und bei der Aufstellung des Haushalts zu berücksichtigen.

Es hat keinen Sinn, Wolkenkuckucksheime zu beschließen, was die Summen angeht, um hinterher festzustellen, wir kriegen es nicht weg vom Tisch. Das sind keine Ankündigungen jetzt etwa zurückzufahren etwa bei unseren wichtigen Aufgaben, das wäre völlig daneben, denn wir wollen so schnell wie möglich natürlich u. a. unsere Schulen sanieren, aber wir müssen schon sehen, dass das Ganze auch irgendwo aufgeht und dass nicht an der falschen Stelle dann möglicherweise auch Geld eingespart wird über diesen Umweg. Und von daher denke ich, dass wir mit einem gewissen Realismus, natürlich auch im Blick darauf, dass Risiken vorhanden sind bei den Steuereinnahmen, insbesondere Gewerbesteuer, dass man das mit einbeziehen muss, aber ich glaube, zum heutigen Zeitpunkt zumindest, ist noch kein Punkt da, wo wir dramatisieren müssen und ich hoffe auch nicht, dass dieser Dramatisierungszeitpunkt eintreten wird. Wir stimmen heute den vorgelegten Vorlagen entsprechend der Vorberatung gestern im Verwaltungsausschuss zu und hoffen auf eine konstruktive Abwicklung unserer Haushaltsberatungen."

StR Zeeb (FW):
"Ich war ja gestern im Verwaltungsausschuss nicht dabei, folglich darf ich jetzt so eine 'Jungfernrede' halten. Herr Kuhn, schenken Sie mir ein Ohr. Die Worte von Ihnen, die könnten einer Haushaltsrede der Freien Wähler entliehen sein, von Plagiat kann man noch nicht sprechen, weil wir sie ja noch nicht gehalten haben. Wir werden trotz Kommunalwahlen das 'Wünsch-dir-was-Spiel', das auch im Bürgerhaushalt suggeriert wurde, sicher wieder nicht mitmachen. Stuttgart aber totsparen ist auch nicht Sache der Freien Wähler. Wir müssen, das ist unsere Meinung, nicht unbedingt die Spitzenposition in Deutschland sein bei den Städten mit der geringsten Schuldenlast.

Wir werden, wie bisher auch, mit Augenmaß und nach sachlicher Notwendigkeit unsere Beiträge leisten und natürlich bei den Sätzen von Grundsteuer und Gewerbesteuer klare Positionen beziehen. Die Budgetreste haben wir Freien Wähler eigentlich punktgenau vorausgesagt. Dazu muss nichts mehr gesagt werden, sonst bekomme ich wieder Rüffel von der Bürgermeisterbank. Wir sehen dem Haushalt also gelassen entgegen. Ich glaube, die Weisheit des größten Teiles dieses Gemeinderats hat noch immer letzten Endes einen guten Haushalt zustande gebracht."

StR Klingler (FDP):
"Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, es gibt eigentlich nichts, über was man hier in der Vollversammlung spricht, was nicht irgendwo schon in einem Ausschuss war, und deswegen sind wir der Meinung, wenn man über den Jahresabschluss nicht spricht, über was denn dann? Sicherlich habe ich gestern schon einiges gesagt, deswegen werde ich auch versuchen, mich heute kurz zu fassen. Aber gerade bei einem Thema, bei dem die FDP abstimmungsmäßig ein Alleinstellungsmerkmal aufweisen wird, müssen wir zumindest erklären, warum wir dieses so sehen. Ich werde es kurz und knapp zusammenfassen:

Wir haben im vorläufigen Jahresabschluss ein ordentliches Ergebnis in Höhe von 306,1 Mio. €. Das beinhaltet sogar außerplanmäßige Abschreibungen für Dauerverlustbeteiligungen in Höhe von 87,3 Mio. €. Dies sind Auswirkungen der von der Rechtsaufsicht geforderten Neubewertung dieser Dauerverlustbeteiligungen. Diese Abschreibungen, denke ich, werden künftig nicht mehr so hoch sein. Rücklagen und Rückstellungen sind in Summe aus unserer Sicht extrem aufgefüllt worden. Anstatt daran zu denken, dort manche Posten aufzulösen, hat man hier erhebliche Auffüllungen gemacht. Bei solchen Zahlen stellt sich für uns die Frage, ob man den Bürgerinnen und Bürgern oder den Unternehmen nicht einfach durch Gebühren oder kommunale Steuern zu viel Geld abgenommen hat. Wir hatten unseren Antrag geschrieben. Die Grundsteuer, wo wir ja seit Jahren dran sind, sie wieder mäßig zu halten, wollten wir die Grundsteuer möglichst schnell senken. Es war gestern im Verwaltungsausschuss so, dass bei unserem Antrag leider niemand mitgegangen ist. Ich möchte noch klarstellen, dass es sich grundsätzlich um keine Steuersenkung handelt, sondern nur um die Rücknahme der beschlossenen Grundsteuererhöhung im Sinne der Haushaltskonsolidierung. Seinerzeit musste man dies tun und die Verwaltung hat argumentiert, weil nun mal der Haushalt diese Erhöhung benötigt, bei einem solchen Ergebnis sehen wir dies nicht mehr so. Das ist ein Beitrag, von dem jeder Stuttgarter Bürger und jede Bürgerin sofort einen Nutzen gehabt hätte. Jeder hätte mehr Geld in seinem Portemonnaie gehabt. Positiv ist auch: Die Kreditermächtigung musste nicht in Anspruch genommen werden, eine Bilanzsumme von nun 8,5 Mrd. € zeigt, wie finanzkräftig die Landeshauptstadt Stuttgart ist.

Es wird dann aber immer wieder dargelegt, wie sehr man von der Gewerbesteuer abhängig ist; das ist sicherlich auch so, und genau deswegen hat die FDP-Gemeinderatsfraktion auch bei den letzten Haushaltsberatungen Anträge gestellt, um die Rahmenbedingungen für die Unternehmen in Stuttgart zu verbessern. Wir wollten die Wirtschaftsförderung mit drei Stellen ausbauen, dass die Wirtschaftsförderung näher an den Unternehmen dran ist, aber leider Gottes sind wir allein auf weiter Flur gewesen. Wie man jetzt lesen kann, sind einige Firmen bereits vom Gebiet der Landeshauptstadt Stuttgart in Nachbargemeinden abgewandert und weitere haben hier Pläne. Das ist aus unserer Sicht sehr schlecht. Es sind Arbeitsplätze die weggehen, es sind Gewerbesteuereinnahmen, die abfließen. Ein Gewerbesteuerabkommen setzt sich halt nicht nur vom Hebesatz zusammen, sondern auch von Unternehmen, die hier überhaupt Gewerbesteuer zahlen, und deswegen unsere Devise: 'Eine gesunde Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne eine gesunde Wirtschaft ist alles nichts.'

Wir sind der Meinung, wenn wir momentan immer noch 35,5 Mio. € Schulden im Stadthaushalt ausweisen und nur eine Kredittilgung in Höhe von 11,6 Mio. € ausgewiesen haben, dann stellt sich die Frage, warum baut man in so guten Zeiten mit so guten Zahlen die Schulden nicht komplett ab? Wir hätten uns eine Null bei den Schulden der Landeshauptstadt Stuttgart gewünscht, dass wir sagen können, die Landeshauptstadt Stuttgart ohne ihre Eigenbetriebe ist schuldenfrei, denn wann, wenn nicht jetzt? Wir müssen sparsam haushalten, das ist richtig, genau deswegen sind die unsinnigsten Ausgaben, die wir haben, Zinsausgaben. Und deswegen sind wir der Meinung, schuldenfrei, keine Zinsen, das sind effektive Dinge. Das sind Maßnahmen, die uns weitergebracht hätten, und deswegen, da es sich ja um einen vorläufigen Jahresabschluss handelt, hätte man dort durchaus noch etwas verändern können und für die Stadt, in die Zukunft, bessere Rahmenbedingungen schaffen können.

Ich bin auch etwas erstaunt, wie der Gemeinderat immer wieder versucht wird, einzuschüchtern, dass wir dies und das nicht ausgeben sollen, und dass wir immer wieder von unserem Königsrecht uns zu einem eventuellen Fürstenrecht hier degradieren lassen sollen. Da sind wir der Meinung, jede Fraktion geht vernünftig mit ihren Ideen um und wir wissen alle, dass es definitiv auch nicht davongaloppieren darf. Und genau deswegen, da ich ja vorher sagte, dass es möglichst eine schuldenfreie Stadt sein soll, werden wir auch bei den Haushaltsberatungen vernünftige Anträge stellen, dass die Stadt zukunftsfähig ausgestattet sein wird. Aber es gibt Dinge, die gemacht werden müssen, und vor allem, wenn ich sehe, wie die Planungen immer erheblich von den Abschlüssen dann tatsächlich abweichen, da muss man sagen, vielleicht hätte man dann doch irgendwie mehr Sinnvolles machen können. Es nützt doch nichts, wenn wir alles schlechtreden und wenn wir dann Planungen aufstellen, die dermaßen danebenliegen und auch, wenn wir jetzt schon wieder den Halbjahresbericht sehen, da sind wir auch schon wieder hervorragend aufgestellt, dann heißt es schon wieder gestern im Verwaltungsausschuss: 'Ja, ja, jetzt sind wir zwar so und so gut, aber das Jahr ist ja noch nicht vorbei, das wird ja alles viel schlechter sein.' Ich kann es irgendwo nicht mehr hören, unsere Zahlen sind gut, der Landeshauptstadt geht es hervorragend, und deswegen habe ich gestern im Verwaltungsausschuss nicht zugestimmt, ich habe mich enthalten. Die FDP-Gemeinderatsfraktion wird sich heute anders entscheiden als im Verwaltungsausschuss. Wir werden uns nicht enthalten. Wir werden diesen vorläufigen Jahresabschluss ablehnen, denn unser Ziel einer schuldenfreien Stadt und verschiedene andere Dinge sind nicht erreicht."

StR Rockenbauch (SÖS):
"Sehr geehrte Damen und Herren, man kann sich ja eigentlich nur freuen, wenn es besser läuft als geplant. Mit dem Geld, und das ist das Schöne daran, müssen wir jetzt weniger Schulden aufnehmen und wir können dem Klinikum den Zuschuss geben, wenn es eröffnet wird, das ist sachgerecht und richtig.

Herr Kuhn, Ihr Motto 'jetzt sparen, um zu investieren oder damit man investieren kann', da will ich trotzdem etwas dazu sagen. Es ist richtig, dass wir auch hier an dieser Stelle, was den Haushalt angeht, durch alte Fehler, d. h. durch falsches Sparen, einiges korrigieren müssen: bei den Schulen, bei den Bädern, bei den Kitas, eigentlich bei der ganzen Infrastruktur in der Stadt, wo hier im Endeffekt auch an der Substanz gespart worden ist. Das sind gigantische Aufgaben, die auf uns hier zukommen. Noch gigantischer werden die Aufgaben, weil wir ja auch Ziele haben mit Ganztagsschulen, Kita-Ausbau, bei der Energieeinsparung vorwärts zu kommen, das Wasser zurückzukaufen oder eben beim Wohnen etwas zu machen. Alles richtig, dass man dafür richtig viel Geld braucht. Trotzdem darf es unserer Meinung nach nicht zur Methode werden, dass wir uns im Ergebnishaushalt mit Haushaltskonsolidierungen und mit Sparzwang und Rücknahme von Beschlüssen des Gemeinderates quälen müssen, um dann Jahr für Jahr zu erfahren, es hätte ja doch gereicht. Mir ist das besonders wichtig, nicht weil ich mich da als Stadtrat irgendwie 'verarscht' fühle oder so was, das unterstelle ich Ihnen gar nicht, sondern das ist ein strukturelles Problem, weil es im Ergebnishaushalt um die soziale Infrastruktur und um die Leistungsfähigkeit unserer Stadtverwaltung, des Personals, geht. Wer hier spart und die Zitrone weiter ausquetscht, der trägt auch dazu bei, dass gerade die Budgetreste, z. B. bei den Investitionen, mangels gutem Personal und Fachpersonal im Endeffekt sich weiter erhöhen und anlaufen und wir hier unsere eigenen Beschlüsse, auch beim Investieren, nicht umsetzen können. Wir dürfen also nicht das Sparen zum Grundsatz erheben und das Investieren, sondern müssen auch klug im Ergebnishaushalt, weil hier die Schere zwischen Arm und Reich auch in der reichen Stadt Stuttgart weiter auseinandergeht, sozusagen in die soziale Teilhabe und ins Personal, in die Stadtverwaltung investieren. Und da das so ist und das ja auch miteinander konkurriert und jede Investition, die wir neu machen, uns noch mit Abschreibungen und Betriebskosten belasten wird, glauben wir, dass wir nicht auskommen, ohne Fehlinvestitionen im Haushalt grundsätzlich in Frage zu stellen, sei es nun das Tunnelprojekt Stuttgart 21 oder der Rosensteintunnel. Und wir glauben auch nicht, dass es jetzt Zeit für Steuergeschenke ist bei diesen Aufgaben und Herausforderungen, die noch vor uns sind.

Ich will auch sagen, wenn hier jetzt die Gewerbesteuerangst umgeht, dass da alles zusammenbricht: Rechtsänderungen, Steuerrechtsänderungen - da will ich schon gerne, dass wir als Stadt unsere Wirtschaft mit in die Verantwortung nehmen - dürfen doch nicht dazu führen, dass die Wirtschaft hier vom Grade unserer sozialen Infrastruktur, dem sozialen Frieden und der guten grauen Infrastruktur profitiert und dann woanders Steuern zahlt. Auch wenn es alles legal ist. Wir brauchen hier im Endeffekt nicht weniger Verantwortung unserer Unternehmen, sondern mehr Verantwortung zum Wohle der Stadt, des sozialen Friedens, aber auch zu ihrem eigenen Wohl."

Zum Abschluss seiner Wortmeldung bittet StR Rockenbauch um getrennte Abstimmung über die vier aufgerufenen Tagesordnungspunkte. Selbstverständlich werde so verfahren, erwidert OB Kuhn.

Auf die Bitte von StRin Dr. Loos (CDU) zur Geschäftsordnung eingehend, dass der Herr Oberbürgermeister dafür sorgen solle, dass die Mitglieder des Gemeinderats bei Gemeinderatssitzungen eine angemessene Sprache sprechen und auf Fäkalausdrücke verzichten, regt OB Kuhn als Lösung an, dass alle Gemeinderatsmitglieder darauf achten, dass solche Ausdrücke nicht fallen.

Sodann erteilt der Vorsitzende Herrn StR Dr. Schlierer (REP) das Wort, der sich zunächst an StR Rockenbauch gewandt kritisch zu dessen Ausführungen äußert. Der weitere Wortbeitrag von StR Dr. Schlierer wird nachstehend im Wortlaut wiedergegeben:

"Ich will zu dem Thema der kommunalen Finanzen folgende Anmerkung machen: Es ist in der Tat ein Dauerproblem, dass sich bei den kommunalen Finanzen eine Verstetigung auf der Einnahmenseite leider nicht erzielen lässt. Das wäre natürlich wünschenswert im Sinne einer gewissen Planungssicherheit und auch im Blick darauf, dass man dann langfristige Verpflichtungen mit besserem Planungsansatz, aber auch mit besserem Gewissen gewissermaßen eingehen kann. Aber wir haben eben die Situation, dass die Gewerbesteuer und auch ein Großteil der Zuweisungen konjunkturabhängig sind und konjunkturabhängig bleiben. Und das wird uns in den Haushaltsberatungen wohl auch wieder dazu veranlassen müssen, die Ausgabenstruktur im Rahmen der Haushaltsgestaltung im Blick auf Folgelasten von Entscheidungen und natürlich auch auf die Frage, was kann man sinnvollerweise aufschieben oder nicht, entsprechend zu prüfen. Wir haben in der Vergangenheit die Erfahrung machen müssen, dass aufgeschoben nicht aufgehoben bedeutet und dass einen manche Lasten dann später nur umso stärker und umso größer wieder einholen. Insoweit ist es auch nicht falsch, dass die Rückstellungen jetzt etwas höher sind. Wenn ich daran denke, welche Aufgaben noch zu erledigen sind, ist das eher noch zu wenig als zu viel. Wir haben das Problem der Schulsanierungen noch lange nicht abgearbeitet. Wir haben weitere aufgeschobene Probleme, etwa im Bereich der Verkehrswege. Und das macht deutlich, dass wir bei der Frage der Ausgabenstruktur darauf achten müssen, dass gerade im Bereich Infrastrukturerhaltung auch bei den kommenden Haushaltsberatungen ein wichtiger Akzent gesetzt wird. Da wird vielleicht das eine oder andere Wünschenswerte in anderen Haushalten zurückstehen müssen.

Zur Schuldenentwicklung will ich nur darauf hinweisen, dass es sicherlich erfreulich ist, wie sich der Stadthaushalt entwickelt hat. Aber wenn man sich die Zahlen ansieht über die letzten 20 Jahre, muss man eben auch festhalten, dass sich im Bereich der städtischen Eigenbetriebe die Verschuldung deutlich erhöht hat. Die belasten zwar den Stadthaushalt nicht, aber sie geben uns auch keine Spielräume im Bereich der Gebührengestaltung. Wenn ich weiß, dass diese Eigenbetriebe mit über 300 Mio. €, soweit gebührenfinanziert, belastet sind, dann weiß ich, dass ich da keine Möglichkeit habe zu großen Entlastungen.

Was den Nachtragshaushalt angeht, will ich zum Ausdruck bringen, dass ich den Trägerzuschuss für das Klinikum gut und richtig finde. Herr Klingler, wenn ich diesen Betrag jetzt zur Schuldentilgung verwendet hätte, hätte mir das keinerlei Problemlösung geboten. Denn diese Kosten, die wir als Träger des Klinikums letzten Endes doch aufbringen müssen, holen uns ja wieder ein, auch dann, wenn z. B. das Klinikum durch externe Kredite finanziert würde. Da haben wir die Diskussion spätestens im Krankenhausausschuss bei den nächsten Zahlen über den Klinikumsabschluss. Also, es ist sicherlich richtig, jetzt, wo diese Möglichkeit besteht, den entsprechenden Zuschuss zu leisten und damit eine ganz wichtige Infrastrukturmaßnahme weiter fortzusetzen, die für den Standort Stuttgart von entscheidender Bedeutung ist. Also, Schuldentilgung macht im Moment - auch im Blick auf Zinsen - in der von Ihnen vorgeschlagenen Form, Herr Klingler, leider keinen Sinn.

Ich will zum Abschluss noch Folgendes sagen: Über Hebesätze kann man immer und muss man immer sprechen. Ich glaube nicht, dass das Ihr Alleinstellungsmerkmal bleiben wird. Und es ist sicherlich richtig, dass bei allen Haushaltsberatungen in den letzten Jahren immer auf die aktuelle Lage abgehoben wurde und natürlich auf die Prognosen für den entsprechenden Haushaltszeitraum, auf diese Haushaltsperiode bezogen. Wir werden das jetzt im Herbst auch wieder überprüfen, und ich könnte mir durchaus vorstellen, je nach Entwicklung und nach der sich abzeichnenden Gesamtlage, dass man tatsächlich eine Senkung der Hebesteuer ins Auge fassen kann. Ein Ziel und eine Möglichkeit, die man immer sich vor Augen halten sollte, sollte es in jedem Fall bleiben. Vielen Dank."


EBM Föll geht auf die Wortmeldungen ein (Wortlaut):

"Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, ich will jetzt eine der von Herrn Klingler gefürchteten 'Einschüchterungsreden' halten, aber vorweg will ich mich dafür entschuldigen, dass der Jahresabschluss und die Finanzlage besser ist als geplant. Ich will das ganz ausdrücklich sagen: Ich weiß, in Stuttgart sind die Maßstäbe besonders hoch. In anderen Städten müssen sich die Kämmerer nur entschuldigen, wenn die Abschlüsse und die Finanzlage schlechter sind als der Plan. Aber in Stuttgart muss man sich als Kämmerer auch dafür entschuldigen, wenn die Lage und der Abschluss besser sind als im Plan. Das tue ich hiermit vor dem gesamten Gemeinderat. Das habe ich mir aufgespart, damit auch das gesamte Gremium diese Entschuldigung hört.

Ein paar wenige Bemerkungen zu einzelnen Wortmeldungen. Zunächst haben Sie gefragt, Herr Klingler, warum die Stadt die Schulden nicht ganz auf Null abgebaut hat. Ganz einfach, weil das durch Vorfälligkeitsentschädigungen teurer wäre, als wenn wir die Schulden jeweils bis zum Ablauf der Zinsbindung auch entsprechend halten. Wir haben das gerechnet. Deswegen haben wir eine unwirtschaftliche Maßnahme für den Stadthaushalt Ihnen nicht vorgeschlagen. Das ist die ganz nüchterne Abwägung, die wir vorgenommen haben in diesem Kontext. Weil wir glauben, dass wir jetzt nicht sozusagen hier Haushaltspolitik und Schuldenabbau für das Schaufenster betreiben müssen, sondern das auf der Grundlage einer finanziell und wirtschaftlich sinnvollen Vorgehensweise. Übrigens, wir haben auch die Rückstellungen nicht aufgefüllt. Wenn Sie in die Vorlage schauen, können Sie feststellen, dass die Rückstellungen im Saldo um 23 Mio. € gegenüber der Bilanz 2011 zurückgegangen sind, abgebaut wurden.

Zum Jahresergebnis 2012 will ich noch mal ganz ausdrücklich sagen, das ist ordentlich, aber das überzeichnet die Wirklichkeit. Wir haben ein Jahresergebnis von 306 Mio. €. Wir haben aber dieses hohe Jahresergebnis nur deshalb, weil wir auch sehr hohe Ermächtigungsübertragungen haben, nämlich die Finanzmittel, die nicht abgeflossen sind. Die Ermächtigungsübertragung fließt aber nicht ins Jahresergebnis ein, sondern dieses findet erst in der Liquiditätsrechnung statt, die Sie ebenfalls im Jahresabschluss auf Anlage 6 haben. Dort können Sie vergleichen, wenn Sie die Stichtage 31.12.2011 zu 31.12.2012 nehmen, dass das effektive Jahresergebnis in der freien Liquidität ein Plus von 70 Mio. € ist. Das ist eine andere Dimension als diese 306 Mio. €.

Ich stimme Ihnen zu, diese Ermächtigungsübertragungen sind zu hoch. Das hat vielerlei Ursachen. Auch die Ursache, dass wir Mittelveranschlagungen bei Projekten, die beschlossen wurden, dann doch etwas zu euphorisch und optimistisch veranschlagt haben. Deswegen werden wir uns bemühen - die Verwaltung ist ja intern dabei, wir haben das in den Budgetgesprächen auch erörtert -, dass wir zu realistischen Mittelabflussplanungen kommen, damit wir hier nicht künstlich sozusagen den Haushalt aufblähen und dann sehr, sehr hohe Ermächtigungsübertragungen haben. Aber noch einmal: Der Abschluss zeigt in der Zahl 306 Mio. € mehr, als tatsächlich in diesem Abschluss drinsteckt. Effektiv sind es 70 Mio. €, das ist auch ordentlich. Aber das ist natürlich eine bei weitem kleinere Zahl. Darauf will ich Sie einfach aufmerksam machen, weil ich das für wichtig halte.

Und ich habe Ihnen gestern gesagt und wiederhole das auch hier in dem Gremium, wir werden keinen Haushaltsentwurf vorlegen können, der ausgeglichen ist bzw. ohne Kreditbedarf auskommt. Das werden wir nicht hinkriegen. Sie sehen es ja schon bei den Eckpunkten. Und das ist ja nur die Budgetfortschreibung. Da sind ja noch keine neuen Maßnahmen drin. Der Herr Oberbürgermeister hat ja auch einleitend die inhaltlichen Themen benannt. Das heißt, wir werden keinen ausgeglichenen Ergebnishaushalt haben, keinen positiven Ergebnishaushalt haben. Wir werden auch keinen Haushaltsentwurf vorlegen können, der ohne Kreditermächtigung auskommt. Und wer dann Hebesatzerwägungen, bei welcher Steuerart auch immer, in Erwägung zieht, der macht dann halt Steuersenkungen auf Pump. Nichts anderes. Darüber muss man sich im Klaren sein. Und da muss ich sagen, Steuersenkungen auf Pump, das ist nun das Letzte, was noch in irgendeiner Art und Weise mit solider Finanzpolitik in Einklang zu bringen ist. Das sind nun die Realitäten, ich kann sie nicht ändern.

Sie müssen aber eben auch zur Kenntnis nehmen, und das ist eben nicht nur eine Frage der Wirtschaftsförderung, Sie müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass wir bei der Gewerbesteuer strukturelle Veränderungen erfahren durch die steuerlichen Organschaften. Dass Sie davon ausgehen müssen, dass wir dauerhaft ein Fünftel unseres Gewerbesteueraufkommens verlieren, 20 % unseres Gewerbesteueraufkommens verlieren werden. Nicht weil die Arbeitsplätze abwandern, nicht weil die Menschen abwandern, weil die Kaufkraft dieser Stadt verloren geht, sondern durch die Herstellung dieser steuerlichen Organschaften etwa ein Fünftel. Und das setzt den Stadthaushalt natürlich schon vor strukturelle Fragestellungen, vor strukturelle Herausforderungen. Über diese Fragen müssen wir genauso diskutieren in den Haushaltsberatungen im Herbst wie über die einzelnen Themenfelder, die die Schwerpunkte der Kommunalpolitik bilden mit den einzelnen Projekten. Das wäre jedenfalls meine Bitte, dass wir vor diesen strukturellen Veränderungen nicht die Augen verschließen nach dem Motto 'Kopf in den Sand gesteckt, Realität verdrängt. Das rettet uns wenigstens über die Kommunalwahl'. Nein, wir müssen darüber im Herbst miteinander sprechen, weil das weitreichende, nachhaltige strukturelle Veränderungen für den Stadthaushalt ab 2014 bedeutet. Vielen Dank."


Abschließend stellt OB Kuhn fest:

Der Gemeinderat beschließt bei 8 Gegenstimmen und 2 Enthaltungen mehrheitlich wie in GRDrs 641/2013 beantragt.

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