Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
490/2016
GZ:
WFB
Sitzungstermin: 07.07.2016
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:EBM Föll
Protokollführung: Frau Gallmeister fr
Betreff: Direktvergabe der Verkehrsleistungen an die
Stuttgarter Straßenbahnen AG
Anpassung bestehender Verträge

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 06.07.2016, öffentlich, Nr. 272

Ergebnis: Ziffer 3: einmütige Zustimmung bei 4 Enthaltungen
Ziffern 1, 2, 4 und 5: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 21.06.2016, GRDrs 490/2016, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Vertreter der Stadt Stuttgart in der Gesellschafterversammlung der Stuttgarter Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (SVV) wird beauftragt, der Änderung im Gesellschaftsvertrag der SVV zuzustimmen.

2. Der Vertreter der Stadt Stuttgart in der Gesellschafterversammlung der Stuttgarter Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (SVV) und in der Hauptversammlung der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) wird beauftragt, der Neufassung des bestehenden Organvertrags mit Ergebnisabführungsvereinbarung zwischen der SVV und der SSB zuzustimmen.

3. Der Neufassung des Straßenbenutzungsvertrages wird zugestimmt.

4. Dem Abschluss von Vereinbarungen zur Aufgabenübertragung und damit dem Betrieb ausbrechender Stadtbahnlinien mit den Kommunen Gerlingen, Ostfildern, Remseck und Leinfelden-Echterdingen wird zugestimmt.

5. Dem Nachtrag zum Vertrag über die Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart und den Verbundlandkreisen (ÖPNV-Vertrag) wird zugestimmt.


OB Kuhn informiert, dass die Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN zur
Ziffer 3 des Beschlussantrags eine Erklärung abgeben möchte. Hierzu erteilt er StR Stopper (90/GRÜNE) das Wort.


StR Stopper bittet namens seiner Fraktion, über die Ziffer 3 des Beschlussantrags getrennt abzustimmen, da sich seine Fraktion hier der Stimme enthalten wolle. Die Neufassung des Straßenbenutzungsvertrages gehört zu diesem Gesamtpaket, um die Direktvergabe der Verkehrsleistungen an die SSB voranzubringen. Dies sei aus Sicht seiner Fraktion vollkommen richtig, und sie wolle das Paket auch auf den Weg bringen. Bereits im SSB-Aufsichtsrat habe seine Fraktion darauf aufmerksam gemacht, dass sie die Höhe der Straßenbenutzungsgebühr und die Art der Ausgestaltung für das Unternehmen SSB als nicht glücklich erachte. Für die Stadt sei die Fortführung dieses Vertrages sehr gut. Die Höhe und Ausgestaltung des Vertrages halte seine Fraktion für korrekturbedürftig. Seine Fraktion habe den Vorstand der SSB gebeten, hier nochmals nachzuverhandeln. Allerdings hätten Vorstand und Aufsichtsrat mehrheitlich eine andere Auffassung vertreten. Deshalb wolle sich seine Fraktion heute bei der Abstimmung der Stimme enthalten, aber schon ankündigen, dass sie in Zukunft darauf schauen werde, dass die SSB finanziell besser ausgestattet wird.

StR Ozasek (SÖS-LINKE-PluS) erklärt, seiner Fraktionsgemeinschaft sei kein Fall bekannt, bei dem ein kommunales Nahverkehrsunternehmen jährlich so hohe Summen an einen Stadthaushalt entrichtet, wie dies bei der SSB der Fall sei. Es handle sich faktisch um eine Maut für öffentliche Verkehrsmittel in Höhe von knapp 8 Mio. € pro Jahr, dynamisiert für die Folgejahre. Es stelle sich die Frage, warum der Autoverkehr öffentlichen Straßenraum kostenlos nutzen könne, während der öffentliche Nahverkehr "mautpflichtig" sei. Seine Fraktionsgemeinschaft bitte daher um eine vergleichende Darstellung zu anderen Großstädten in Deutschland und um Klärung der offenen rechtlichen Fragen um das Vergabeverfahren in Bezug auf die Notwendigkeit, eine solche Straßenbenutzungsgebühr zu erheben. Seine Fraktionsgemeinschaft interessiere sich dafür, wie vergleichbare Kommunen in Deutschland ihre Direktvergaben durchgeführt haben und ob dabei eine Straßenbenutzungsgebühr eine entscheidende Erfolgskomponente dargestellt hat, um eine rechtskonforme Direktvergabe nach der EU-Verordnung 1370 und der laufenden Rechtsprechung durchzuführen. StR Ozasek bittet, dass die Verwaltung die Ziffer 3 des Beschlussantrags zurückzieht und in einer Sitzung des Unterausschusses Direktvergabe die oben genannten Fragen klärt. Sollte die Verwaltung dieser Bitte nicht entsprechen können oder wollen, schließe sich die Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS der Bitte von StR Stopper um getrennte Abstimmung der Beschlussantragsziffer 3 an und würde diese Ziffer ablehnen.

StR Körner (SPD) kündigt die Zustimmung seiner Fraktion zur Vorlage an, insbesondere da seine Fraktion wolle, dass die ÖPNV-Leistungen direkt an die SSB vergeben werden können - und dazu gehöre auch der Straßenbenutzungsvertrag. Seine Fraktion habe Verständnis für den von der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN angesprochenen Punkt und würde sich freuen, wenn gemeinsam dafür gesorgt würde, dass die 8 Mio. €, die die Stadt erhält, zumindest in einem Teilbetrag wieder bei der SSB ankommen würden. Die Stadt Stuttgart könnte z. B. ein Stadtteilticket, mit dem die Bürgerinnen und Bürger mit der Kurzstrecke von Uhlbach nach Obertürkheim fahren können, bessere Ticket-Angebote für Familien mit Kindern oder ein 365 €-Jahresticket ab 9:00 Uhr bezuschussen.

An StR Körner gewandt macht EBM Föll darauf aufmerksam, dass aus dem Stadthaushalt bereits besondere Ticket-Angebote finanziert werden, beispielsweise das Jobticket, das Sozialticket und das Schüler-Abo; der Finanzierungsbetrag dafür sei deutlich höher als die 8 Mio. € Straßenbenutzungsentgelt, die die Stadt erhalte. Wenn Veränderungen in dieser Höhe gewollt würden, müssten sie in den Haushaltsplanberatungen im Kontext mit dem Gesamthaushalt beschlossen werden.

Auch andere Kommunen verlangen in wesentlichem Umfang ein Straßenbenutzungsentgelt von ihren Nahverkehrsunternehmen, so der Erste Bürgermeister. Es handle sich insoweit um keinen Spezialfall der Landeshauptstadt Stuttgart. Die Höhe des Straßenbenutzungsentgelts sei rechtlich zulässig - dies sei geprüft. Auch gebe es keine offenen rechtlichen Fragen in diesem Kontext, dies sei rechtlich eindeutig, merkt EBM Föll an StR Ozasek gewandt an. Wenn man das Straßenbenutzungsentgelt reduzieren wolle, reiße man nicht nur eine Lücke in den Stadthaushalt, sondern es würde auch die Eintrittsschwelle für eigenwirtschaftliche - wettbewerbliche - Angebote gesenkt. Er sei bisher davon ausgegangen, dass es im Gemeinderat keine politische Kraft gebe, die beabsichtige, die SSB zu zerschlagen, wie dies in Pforzheim mit den dortigen Nahverkehrsunternehmen geschehen sei. StR Ozasek betont, er habe nicht gefordert, dass die SSB zerschlagen werden solle, und er habe nicht gesagt, dass seine Fraktionsgemeinschaft die Direktvergabe gefährden oder dass sie die Straßenbenutzungsgebühr absenken wolle. Er halte den Wunsch aufrecht, dass man sich im Unterausschuss Direktvergabe noch einmal intensiv mit der rechtlichen Frage auseinandersetzt, ob die Straßenbenutzungsgebühr ein notwendiger Bestandteil für eine erfolgreiche Direktvergabe ist.

OB Kuhn stellt abschließend folgende Abstimmungsergebnisse fest:

Der Gemeinderat beschließt die Beschlussantragsziffer 3 mit 34 Ja-Stimmen bei 8 Gegenstimmen und 14 Enthaltungen mehrheitlich.

Die Beschlussantragsziffern 1, 2, 4 und 5 beschließt der Gemeinderat bei 1 Gegenstimme mehrheitlich.

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