Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
39
12a
VerhandlungDrucksache:
192/2013
GZ:
AK
Sitzungstermin: 21.03.2013
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Sabbagh
Betreff: Resolution des Stuttgarter Gemeinderats zur
Verbesserung der Finanzierung der Krankenhäuser

Beratungsunterlage ist die dieser Niederschrift angeheftete Vorlage des Referats Allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser vom 15.03.2013, GRDrs 192/2013.


Die Vertreter aller Fraktionen signalisieren ihre Zustimmung zur Resolution.

StRin Fischer (90/GRÜNE) weist insbesondere darauf hin, dass der Personalkostenanstieg von den Kliniken selbst aufgefangen werden müsse und Fallpauschalen nicht auskömmlich seien. Für Investitionen in Gebäude und medizinische Geräte reichten die Mittel ebenfalls nicht aus, sodass die Landeshauptstadt hier mitfinanzieren müsse.

Sinngemäß äußert sich StRin Vetter (CDU). Wie sie ergänzt, wäre es schon eine große Hilfe, wenn die DRGs richtig erfüllt würden. Auf lange Sicht müssten diese vor allem in der Pädiatrie - und das gelte nicht nur für die Stuttgarter Krankenhäuser - umgestaltet werden. Absolut unverständlich sei ihr die Zwangsabgabe für die Jahre 2012 bis 2014, mit der die Krankenkassen unterstützt werden sollten, die aktuell jedoch über einen Überschuss von 30 Mrd. € verfügten.

Auch StRin Dr. Hackl (SPD) übt Kritik an der Krankenhausfinanzierung. Die Schere zwischen Kosten und Kostenerstattung gehe zuungunsten der Krankenhausträger immer weiter auseinander. Und ein Krankenhaus, das sich um Wirtschaftlichkeit bemühe, werde auch noch dafür bestraft, wenn es dieses Problem über Fallzahlen zu lösen versuche.

Es sei nicht Aufgabe der Stadt, die Finanzierungslücke bei den Krankenhäusern zu füllen, unterstreicht auch StR Zaiß (FW).

StR Prof. Dr. Dr. Lübbe (FDP) erklärt, dass der Überschuss der Krankenkassen in Höhe von 30 Mrd. € nicht zur Finanzierung der Kliniken herangezogen werden dürfe, da es sich hierbei um Geld von Krankenkassenmitgliedern handle. Dieses müsse anders verwendet und möglicherweise sogar zurückgezahlt werden. Nach Auffassung von BM Wölfle sind die Kassen jedoch federführend für die Finanzierung der Betriebskosten zuständig. Sie könnten dafür das Geld der Beitragszahler verwenden.

Als Auslöser für die Resolution bezeichnet StR Adler (SÖS und LINKE) die systematische Unterfinanzierung der Krankenhäuser durch die Bundes- und Landespolitik mit der Folge, dass Mittel für dringend notwendiges Personal stattdessen für Investitionen verwendet würden. Als Folge drohe die Gefährdung des Patientenwohls durch ausgebrannte Ärzte und Pflegepersonal. Wenn man wie im Olgäle die Bettenzahl reduzieren und Patienten an andere Kliniken weiterleiten müsse, entgingen der Klinik nicht nur Einnahmen, sondern es schädige darüber hinaus auch ihren Ruf.

Er bedauert, dass drei Anregungen seiner Fraktion, die in der Resolution der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft enthalten seien, nicht in die Resolution des Gemeinderats aufgenommen worden seien. Mit Blick auf Ziffer 2 merkt er an, man müsse die Kliniken erst wieder in die Lage versetzen, die Betriebskosten ohne zusätzliche Fälle zu erwirtschaften. Aufgrund der Fallpauschalen müsse die Klinik die Kosten für den Einzelfall - vor allem durch Personaleinsparung - minimieren und möglichst viele gewinnorientierte Behandlungsarten durchführen. Ziffer 5 hätte seine Fraktion gerne dahingehend geändert, dass man gesetzliche Personalmindestbesetzungsregelungen, wie sie z. B. im Kita-Bereich existierten, einführe. Schließlich weist er noch darauf hin, dass nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die Landesregierung ihren Finanzierungsverpflichtungen nicht nachkomme. Hier habe er in der Resolution eine klare Aufforderung vermisst. Dagegen bemerkt BM Wölfle, in der Resolution habe man durchaus zwei der Anregungen aufgegriffen. Ziffer 2 stelle ein Postulat dar, das zeige, wie die Situation in Zukunft sein müsse. Die Resolution richte sich an den Bund, ohne dabei das Land außen vor zu lassen, das für die Investitionskosten aufkommen müsse. In Zusammenhang mit dem Landeskrankenhausplan für die Jahre 2013 und 2014 zeige sich, dass es einen Antragsstau von 1,7 Mrd. € gebe. Mit dem durch die neue Landesregierung deutlich verbesserten Investitionsvolumen sei man nun gerade wieder auf dem Stand von vor 20 Jahren.

Auch StR Dr. Schlierer (REP) verweist auf das strukturelle Dauerproblem und zitiert aus einer Pressemitteilung der Deutschen Krankenhausgesellschaft vom 07.03.2013, wonach die Kürzungen bei den Krankenhäusern um insgesamt 2,1 Mrd. € bis 2014 angesichts sanierter Kassen nicht mehr gerechtfertigt seien. Eine Aufhebung der Kürzungen könne zumindest eine erste Entlastung bewirken. Es sei grundsätzlich nicht in Ordnung, wenn Krankenhäuser mit konstanten Patientenzahlen jedes Jahr Personal abbauen müssten, um die Kostensteigerungen, die durch steigende Tariflöhne und Sachkosten entstünden, zu finanzieren. Ein bedarfsgerechtes und wirtschaftlich arbeitendes Krankenhaus müsse in der Lage sein, ohne zusätzliche Fälle die Betriebskosten zu decken. Deshalb müsse der Mechanismus, dass bei steigenden Patientenzahlen im Land der Erlös je Fall sinke, sofort gestoppt werden. Es sei Aufgabe der Bundesregierung, die entsprechenden Vorgaben zu setzen.

BM Wölfle bedankt sich für die breite und engagierte Zustimmung. Er habe die Anregung aus dem Gemeinderat gerne aufgegriffen und bitte die Fraktionen nun, mit Blick auf den Bund, das Thema auch in die Parteien zu tragen. Immerhin seien zwei Stuttgarter Abgeordnete im Gesundheitsausschuss des Bundestags vertreten. Wichtig sei, dass man nicht nur vor der Bundestagswahl ein paar Millionen Euro erhalte, was zwar immer noch besser als gar nichts sei, sondern dass die Finanzierung der Krankenhäuser auch nach der Wahl auf deutlich gesündere Füße gestellt werde, als dies bisher der Fall sei.

Mit dem Hinweis, dass es bei einer Resolution vor allem darauf ankomme, sie unabhängig von politischen Mehrheitsverhältnissen einstimmig zu verabschieden, stellt OB Kuhn fest:

Der Gemeinderat beschließt einstimmig wie beantragt.

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