Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz: JB
GRDrs 129/2023
Stuttgart,
05/10/2023



Ausweitung der Tarif+-Zulage und der SuE-Zulage auf bisher nicht begünstigte Beschäftigte
Sach- und Umsetzungsbeschluss zum Antrag 19/2023




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Jugendhilfeausschuss
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
19.06.2023
21.06.2023
22.06.2023



Beschlußantrag:
1. Die Tarif+-Zulage in Höhe von 100 EUR brutto/Vollzeitkraft (VZK) wird rückwirkend zum 01.01.2023 für alle SuE-Beschäftigten in der Kindertagesbetreuung, die bisher keine Tarif+-Zulage erhalten sowie für alle SuE-Beschäftigten in der Schulkindbetreuung einschließlich der pflegerischen Kräfte in den SBBZ, zunächst mit der Laufzeit der bestehenden Zulage bis 31.12.2024, gewährt. Ab 2025 erfolgt eine Abschmelzung der Zulage um jährlich 25 %. 2. Die SuE-Zulage gem. Änderung des TVöD SuE vom 18.05.2022 wird auf freiwilliger Basis für die bisher nicht berücksichtigten Beschäftigten im SuE-Tarif der Landeshauptstadt Stuttgart in Höhe von 180 EUR brutto/VZK monatlich, zunächst befristet bis 31.12.2025 gewährt. Eine Umwandlung der freiwilligen Zulage in Regenerationstage ist nicht möglich.

3. Die Zulagen unter Ziffer 1 und 2 werden im Rahmen der Förderung freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe bzw. der freien Wohlfahrtspflege im Rahmen der bestehenden Förderbestimmungen gefördert. 4. Den finanziellen Auswirkungen wird wie in Kapitel „Finanzielle Auswirkungen“ dargestellt, zugestimmt.




Begründung:


Mit GRDrs 358/2022 hat die Verwaltung ausführlich über den Fachkräftemangel in pädagogischen Berufen und mögliche Handlungsoptionen berichtet. Dabei waren als mögliche Maßnahmen zur Linderung des Fachkräftemangels auch die Gewährung von Zulagen in verschiedenen Ausprägungen genannt. Mit Antrag Nr. 19/2023 der SPD-Gemeinderatsfraktion sowie der PULS-Fraktionsgemeinschaft vom 31.01.2023 wurde die Verwaltung beauftragt, eine Beschlussvorlage zu diesem Themenkomplex vorzu-legen. In den Sitzungen des Verwaltungsausschusses vom 29.03.2023 bzw. des Gemeinderats vom 30.03.2023 wurde den Inhalten des Antrags 19/2023 mit der Maßgabe zugestimmt, dass über eine Verlängerung der Gewährung der Tarif+-Zulage erst in den Beratungen zum Doppelhaushalt 2024/2025 entschieden werden soll.

Vorliegende Gemeinderatsdrucksache dient als Sach- und Umsetzungsbeschluss der inhaltlichen Antragszustimmung.


Zu Beschlussziffer 1:
Die sog. Zulage Tarif+ in Höhe von 100 EUR monatlich je Vollzeitstelle wurde zum 01.01.2014 für diejenigen Kita-Beschäftigten eingeführt,

· die Fachkräfte im Sinne von § 7 Abs. 2 Kindertagesbetreuungsgesetz sind bzw. deren im Ausland erworbene Qualifikation nach § 7 Abs. 3 KiTaG als gleichwertig anerkannt wurde,
· die in einer Kindertageseinrichtung in der Trägerschaft des Jugendamtes als Fachkraft beschäftigt sind und
· entweder im Gruppendienst in einer nach EG S 3 oder S 4 oder S 6 oder S 8 eingruppierten Tätigkeit beschäftigt sind
oder

· als Einrichtungsleitung von Kitas unter 40 Kindern in EG S 7 oder EG S 8 beschäftigt sind.

Die Zulage wurde für Fachkräfte gewährt, die in oben genannten Funktionen bzw. Eingruppierungen beschäftigt sind, weil für diese Funktionen ein besonders hoher Bedarf bestand, Fachpersonal zu gewinnen und zu binden.

Ursprünglich war eine Befristung der Zulage Tarif+ für einen Zeitraum von 6 Jahren vorgesehen, wobei die Zulage 3 Jahre in voller Höhe gewährt werden sollte und anschließend eine Abschmelzung der Zulage um jeweils 1/4 vorgesehen war. Die Zulagenhöhe sollte damit im vierten Jahr der Gewährung 75 %, im fünften 50 %, im sechsten 25 % betragen und mit Ablauf des sechsten Jahres ihrer Gewährung entfallen (vgl. GRDrs 952/2013 und 1275/2013).

Seither wurde die Laufzeit der Zulage Tarif+ mehrfach verlängert (vgl. u. a. GRDrs 749/2016, 1001/2016), da sich die ursprünglich erwartete Entlastung im Fachkräftemarkt nicht eingestellt hat.
Zuletzt wurde im Rahmen der Beratungen zum Doppelhaushalt 2020/2021 die Verlängerung der Zulage ohne Abschmelzung bis zum Jahr 2024 beschlossen (vgl. GRDrs 1263/2019). Ab 2025 erfolgt die Abschmelzung der Zulage um jährlich jeweils 25 %, so dass ab dem Jahr 2028 keine Tarif+-Zulage mehr gewährt wird.

In den letzten Jahren, insbesondere seit Neuregelung der Entgeltordnung im SuE-Tarif, häuft sich in der Fachwelt die Kritik an der Ungleichbehandlung der Leitungskräfte in Bezug auf die Zulage Tarif+, so dass sich die Gewinnung von – nicht zulageberechtigten Leitungskräften - zunehmend schwieriger gestaltet.
Aus diesem Grund wird die Gewährung der Zulage Tarif+ auch für die bislang nicht zulageberechtigten Beschäftigtenkreise im Kita-Bereich vorgeschlagen. Es sind dies die v. a. die Leitungskräfte in den Entgeltgruppen TVöD SuE S9, S11a, S13 sowie S15 bis S18, sowie die Sprachförderkräfte und Inklusionsfachkräfte.

Beim städtischen Träger erhalten derzeit rd. 1.850 Personen die Zulage Tarif+. Von der Neugewährung wären insgesamt 406 VZK und 598 Personen begünstigt.

Der finanzielle Aufwand des städtischen Trägers wird entsprechend der Platzzahl auf die freien Träger hochgerechnet (Relation 1/3 städtisch zu 2/3 freie Träger).

Der Bereich der Schulkindbetreuung war bislang von der Zulage Tarif+ ausgenommen, da dort das Fachkraftgebot nach § 7 KitaG nicht greift und insofern bisher in diesem Bereich auch auf entsprechend qualifizierte Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger zurückgegriffen werden konnte. Inzwischen wird es jedoch auch im Schulkindbereich zunehmend schwieriger, Personal zu gewinnen. In der Landeshauptstadt ist der Ausbau der Schulkindbetreuung, im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen in der Region, relativ weit fortgeschritten. Mit Blick auf den ab 01.08.2026 geltenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule ist allerdings zu erwarten, dass die Umlandgemeinden verstärkt Personal in diesem Bereich suchen werden und somit die Konkurrenz auch im Bereich der angelernten Betreuungskräfte verschärft wird.

Um hier entsprechende Anreize zu schaffen und einer nicht ganz unwahrscheinlichen Abwanderungsbewegung von Personal in Umlandgemeinden entgegenzuwirken, ist es sinnvoll, künftig auch den Beschäftigten im Schulkindbereich die Zulage Tarif+ zu gewähren. Beim städtischen Träger Jugendamt (Ganztagesschule und Schülerhäuser, GTS/SH) wären hiervon 326 VZK mit insgesamt 454 Köpfen begünstigt. Beim Personal für die Verlässliche Grundschule (VGS) beim Schulverwaltungsamt könnten 70,37 VZK mit insgesamt 130 Köpfen von der Zulage Tarif+ profitieren.

Auch im Bereich der pflegerischen Kräfte in den SBBZ ist es äußerst schwierig, entsprechendes Personal zu gewinnen. In den SBBZ werden sowohl Kinderpfleger in EG TVöD-SuE S4, als auch im Pflegetarif P7 beschäftigt. Insgesamt sind in den SBBZ 41,54 VZK (einschließlich Pflegedienstleistung) tätig, für die ebenfalls die Gewährung der Tarif+-Zulage vorgeschlagen wird.

Über eine eventuelle Weitergewährung der Tarif+-Zulage über das Jahr 2024 (bzw. mit Abschmelzung 2028) hinaus ist im Rahmen der Haushaltsplanberatungen zu entscheiden. Insofern wird hier von Ziffer 5 des Antrags 19/2023 abgewichen. Dabei sind auch die Ergebnisse der aktuell laufenden Tarifverhandlungen für den TVöD und eventuelle weitere Entwicklungen bezüglich einer Ballungsraumzulage („Stuttgart-Zulage“) zu berücksichtigen.


Zu Beschlussziffer 2:
Mit der Änderung des TVöD SuE vom 18.05.2022 wurde eine Zulage von 130 EUR für Beschäftigte der Entgeltgruppen S2 bis S11a, sowie eine Zulage von 180 EUR für S11b bis S12 sowie S14 und S15 Fallgruppe 6 vereinbart. Nicht zulageberechtigt sind die Entgeltgruppen S13, S15 Fgr. 1-5 sowie S16 bis S18.

Diese neue tarifliche Zulage erfasst die Leitungskräfte sowohl im Kita-Bereich als auch im sonstigen SuE-Anwendungsbereich weit überwiegend nicht.

Mit der Festlegung der SuE-Zulagen nur für bestimmte Vergütungsgruppen wurde ein Gerechtigkeitsproblem in verschiedenen Arbeitsbereichen verursacht.
Zu Veranschaulichung soll folgendes Beispiel dienen: Die Leitungen bzw. stellvertretenden Leitungen der Einrichtungen der Erziehungshilfen sind in S16 bzw. S15 SuE eingruppiert und werden - anders als die pädagogischen Mitarbeitenden in den Einrichtungen - nicht durch die Zulage begünstigt, was dazu führt, dass pädagogisch Mitarbeitende in S12 bis Erfahrungsstufe 4 mit Zulage mehr verdienen, als die stellvertretenden Einrichtungsleitungen. In der Folge ist auch der Abstand zu den Einrichtungsleitungen nicht mehr nennenswert groß. Zudem war ein Argument für die Zulage, dass die Arbeit am Kind bzw. Klienten besonders honoriert werden sollte. Dies ist bei den Einrichtungsleitungen und deren Stellvertretungen immer der Fall, da diese in der Regel zu 100 % ohne Freistellung im Schicht- und Gruppendienst eingesetzt werden.

Auszug aus Entgelttabelle TVöD SuE (01.04.2022 - 31.12.2022)

Entgelt-gruppe
Erfahrungsstufe
1
2
3
4
5
6
S 16
S 15
S 12+ 180 EUR Zulage

Dieses Missverhältnis verstärkt noch die bereits jetzt bestehenden Probleme bei der Gewinnung von Leitungspersonal, was unbedingt vermieden werden sollte.

Auch im Kita-Bereich hat sich durch die SuE-Zulage ein Ungleichgewicht zwischen Leitungen und Beschäftigten im Gruppendienst ergeben, das erheblich demotivierend auf das Leitungspersonal wirkt. Gerade die Leitungen sind aber in der aktuellen Mangelsituation besonders gefordert und sollen als Promotoren der sicherlich zu erwartenden Veränderungsprozesse im Kita-Bereich die ihnen gebührende – auch finanzielle – Wertschätzung erfahren. Ohne motivierte Leitungen sind die anstehenden Aufgaben nicht in der erforderlichen Qualität zu erledigen.

Zur Verdeutlichung des Ungleichgewichts kann folgende exemplarische Darstellung der Unterschiede zwischen der Leitung einer Kita mit einer Kinderzahl zwischen 70 und 99 Kindern (TVöD SuE S15) bzw. 40 und 69 Kindern (S13) und einer Gruppenleitung (S8b) bzw. den Beschäftigten im Gruppendienst (S8a) herangezogen werden:

Entgelt-gruppe
Erfahrungsstufe
1
2
3
4
5
6
S 15
3.481,65
3.733,42
4.000,14
4.306,81
4.800,16
5.013,48
S 13
3.361,11
3.603,41
3.933,46
4.200,11
4.533,47
4.700,14
S 8b*
3.225,63
3.441,18
3.693,08
4.061,49
4.409,82
4.676,86
S 8a*
3.161,61
3.372,47
3.590,03
3.796,15
3.997,64
4.209,52
*Einschließlich 130 EUR SuE-Zulage und 100 EUR Zulage Tarif+
Alle Beträge ohne Prämien und Jahressonderzahlungen

Insbesondere der Unterschied zwischen S13 (Leitung bzw. stv. Leitung) und S8b (Gruppenleitung) ist v. a. in den höheren Erfahrungsstufen nur noch gering, so dass es kaum finanzielle Anreize zur Weiterentwicklung für kompetente Nachwuchskräfte gibt.

Die gemäß Änderung des TVöD SuE vom 18.05.2022 mögliche Umwandlung der Zulage in bis zu zwei weitere Regenerationstage soll nicht ermöglicht werden, da durch zusätzliche freie Tage Personalmehrbedarfe in den Fachbereichen verursacht werden, die angesichts des Fachkräftemangels nur schwer gedeckt werden können. Im Übrigen verursacht die Gewährung der Umwandlungstage einen erheblichen Bearbeitungsaufwand in den Personalstellen der Ämter, der mit Blick auf die zunehmende Arbeitsbelastung, auch im Verwaltungsbereich, vermieden werden muss.

Beim Jugendamt wären im Kita-Bereich rd. 360 Personen durch die freiwillige Gewährung der SuE-Zulage begünstigt. In den Bereichen außerhalb des Kita-Bereichs könnten 135 Personen profitieren. Bei der Förderung freier Träger ist außerhalb des Kita-Bereichs keine Aussage möglich, da nicht exakt bekannt ist, welche Angebote der Träger mit wieviel Personal in welchen Beschäftigtengruppen erbracht werden.

Bei anderen Ämtern der Stadtverwaltung sind ebenfalls Beschäftigte im TVöD-SuE angestellt, die bisher keine Zulage erhalten, d. h. die von der freiwilligen Gewährung der SuE-Zulage i. H. v. 180 EUR monatlich profitieren könnten. Es sind dies lt. Stellenplan 2022 beim
· Bürgermeisteramt: 3,5 Stellen
· Sozialamt: 5 Stellen
· Gesundheitsamt: 3 Stellen
Insgesamt wären außerhalb Referat JB also 11,5 Stellen begünstigt.


Finanzielle Auswirkungen


Zu 1.) Tarif+ für alle SuE-Besch. in Tageseinrichtungen, die bislang keine Zulage erhalten
Städtischer und freie TrägerKeine Mehraufwendungen, da Tarif+ bereits im Personalhaushalt bzw. Förderhaushalt eingeplant ist
Zu 2.1) Tarif+ für alle SuE-Besch. in Tageseinrichtungen, die bislang keine Zulage erhalten
Städtischer Träger
638.000
638.000
638.000
Freie Träger
1.276.000
1.276.000
1.276.000
Zwischensumme1)
1.914.000
1.914.000
1.914.000
Zu 2.2) Ausweitung Tarif+ für den Bereich Schulkindbetreuung (alle Beschäftigten)
Städtischer Träger (GTS/SH)
513.000
513.000
513.000
Freie Träger (GTS/SH)
708.000
708.000
708.000
Städt. Träger (VGS)
111.000
111.000
111.000
Pflegekräfte SBBZ
65.000
65.000
65.000
Zwischensumme1)
1.397.000
1.397.000
1.397.000
Zu 3.) SuE-Zulage für alle Beschäftigten, die aktuell keine Zulage erhalten
3.1 SuE-Besch. in Kindertageseinrichtungen
Städtischer Träger
688.000
688.000
688.000
Freie Träger
1.376.000
1.376.000
1.376.000
Zwischensumme1)
2.064.000
2.064.000
2.064.000
3.2 SuE-Besch. für den Bereich Schulkindbetreuung
Städtischer Träger
116.000
116.000
116.000
Freie Träger
160.000
160.000
160.000
Zwischensumme*
276.000
276.000
276.000
3.3 SuE-Besch. für sonstige Bereiche (ohne TE, GTS, SH, Horte),
Jugendamt
167.000
167.000
167.000
Sozialamt, Gesundheitsamt, andere
33.000
33.000
33.000
Freie Träger2)keine Aussage möglichkeine Aussage möglich2)keine Aussage möglich2)
Zwischensumme1)
200.000
200.000
200.000
Gesamtsumme
5.851.000
5.851.000
5.851.000
1)Inklusive der Arbeitgeberanteile und Sonderzahlungen
2) Bis zur Erstellung des Haushaltsplanentwurfs 2024/2025 wird ein Betrag ermittelt, der veranschlagt werden kann.

Die genannten Beträge werden jeweils im Nachtragshaushalt 2023 bzw. in den Entwürfen der betreffenden Teilhaushalte zum Doppelhaushalt 2024/2025 veranschlagt.




Beteiligte Stellen

Die Referate AKR und WFB haben mitgezeichnet


Erledigte Anträge/Anfragen

Antrag 19/2023 SPD-Gemeinderatsfraktion, PULS-Fraktionsgemeinschaft


Isabel Fezer
Bürgermeisterin


Anlagen

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