Landeshauptstadt Stuttgart
Technisches Referat
Gz: T
GRDrs 409/2023
Neufassung 3
Stuttgart,
08/22/2023



Beschluss der Forsteinrichtungsplanung 2023-2032



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Beirat für den Stuttgarter Stadtwald
Ausschuss für Klima und Umwelt
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
26.06.2023
29.09.2023
11.10.2023
12.10.2023



Beschlußantrag:

1. Der Umsetzung der Forsteinrichtungsplanung 2023-2032 auf Basis des Zielbeschlusses (GRDrs 65/2022 Neufassung) für den Stadtwald Stuttgart wird zugestimmt.


Begründung:


Auf Grundlage des Zielsetzungsbeschlusses zur Forsteinrichtung 2022-2032 (GRDrs. 65/2022 Neufassung) wurde für den Stadtwald Stuttgart ein neues Forsteinrichtungswerk erstellt. Die Planungen wurden vom Regierungspräsidium Freiburg als Fachplanungsbehörde in enger Abstimmung mit dem Garten-, Friedhofs- und Forstamt durchgeführt. Gemäß § 50 Absatz 3 Landeswaldgesetz ist eine formale Beschlussfassung der Körperschaft über die Ergebnisse der Forsteinrichtungsplanung erforderlich.

Das Forsteinrichtungswerk setzt die Vorgaben aus dem Zielsetzungsbeschluss (GRDrs. 65/2022 Neufassung) um.

Die der Einrichtungsplanung zugrunde gelegten Forsteinrichtungsziele und das
zukünftige Leitbild für den Stuttgarter Stadtwald wurden in Zusammenarbeit mit der städtischen Forstverwaltung und dem Beirat für den Stuttgarter Stadtwald formuliert.

Die Ergebnisse der Forsteinrichtung, insbesondere bezüglich Lichtwald, bleiben aus Sicht der unteren Naturschutzbehörde hinter den naturschutzfachlichen Erfordernissen zurück. Ein Anstieg des Flächenanteils des Lichtwaldes sollte angestrebt werden.

Im Folgenden werden die Ziele der Forsteinrichtung den Ergebnissen der
Forsteinrichtungsplanung gegenübergestellt.


Ziel 1
Klimastabilität, Schutzwirkung und Erholungsvorsorge werden in der Forsteinrichtungsplanung 2023-2032 im Stuttgarter Stadtwald höher priorisiert als die Nutzfunktion.

Umsetzung in der Forsteinrichtungsplanung
Das Ziel 1 hat die Forsteinrichtungsplanung ganzheitlich geleitet. Der Holzertrag in den kommenden zehn Jahren war kein Entscheidungskriterium für die Planung.


Ziel 2
Aktuell sind im Stuttgarter Stadtwald durch Waldrefugien und Habitatbaumgruppen 8 % der Fläche stillgelegt. Die Forsteinrichtung erhält die Zielvorgabe, die Prozessschutz-flächen von 8 auf 10 Prozent zu erhöhen, wobei die Flächen möglichst zusammen-
hängend sein sollen.

Umsetzung in der Forsteinrichtungsplanung
Im stark besuchten Stadtwald Stuttgart war es herausfordernd, die geforderte Größe der Prozessschutzflächen zu erhalten. Die Prozessschutzflächen konnten jedoch auf zehn Prozent erhöht werden. Sie setzen sich aus zwei Prozent Habitatbaumgruppen und acht Prozent Waldrefugien zusammen. Die Flächenausdehnung war von vielen
Kriterien bestimmt, z. B. von der Verkehrssicherung, der naturräumlichen Ausstattung des Bestands, den alten Waldrefugiumsflächen und der Alt- und Totholzkonzeption. In der Anlage 2 befindet sich eine Karte mit den Waldrefugien.


Ziel 3
Der Erhalt und die Weiterentwicklung des hohen naturschutzfachlichen Wertes des Stadtwaldes leitet die Forsteinrichtungsplanung.

Umsetzung in der Forsteinrichtungsplanung
Ausweisung von weiteren Waldrefugiumsflächen und der Festlegung von Flächen, die mittels Pflegepläne zu lichten Wäldern gepflegt werden. In den Waldbeständen in den Naturschutzgebieten finden die Schutzgebietsvorgaben Berücksichtigung. Die Forsteinrichtungsplanung in den Naturschutzgebieten ist mit der höheren Naturschutzbehörde abgestimmt, Vorschläge für die Umsetzung konkreter naturschutzfachlicher Maßnahmen sind in der Einrichtungsplanung aufgenommen.


Ziel 4
Die Forsteinrichtung plant an besonders geeigneten Standorten die Erhöhung des
lichten Waldes. Die Forsteinrichtung plant an besonders geeigneten Standorten parallel und versuchsweise die Waldentwicklung nach Maßgaben des Lübecker Modells.

Umsetzung in der Forsteinrichtungsplanung
Lichte Wälder dienen dazu, im Wald vorkommenden lichtliebenden Pflanzen und Tieren Lebensraum zu bieten. An drei Standorten wurden in der Summe 31 Hektar lichte
Wälder in der Forsteinrichtung geplant. Die räumliche Verteilung kann der Anlage 2
entnommen werden.
Eine waldbauliche Behandlung nach den Vorstellungen der Waldbewirtschaftung im Stadtwald Lübeck wird auf einer Versuchsfläche von 20 Hektar wissenschaftlich begleitet.

Die Versuchsflächen werden wissenschaftlich und waldbaulich von zwei Institutionen/ Partnerschaften, entsprechend der Waldbewirtschaftung im Stadtwald Lübeck, begleitet. Die Anfrage sowie die Ernennung dieser obliegt der Fachverwaltung. Hierfür sind folgende Personen und deren Institutionen/ Partnerschaften vorgesehen. Die Anfrage ist in Vorbereitung.
1. Herr Prof. Dr. Jürgen Bauhus (Universität Freiburg)
2. Herr Prof. Dr. Erwin Hussendörfer (Hochschule Weihenstephan/ Triesdorf)

Über die abgestimmten Forschungsansätze wird im Ausschuss für Klima und Umwelt von der Fachverwaltung berichtet.

Ziel 5
Der Stuttgarter Stadtwald wird mittels geeigneter Maßnahmen wie der Einleitung von Naturverjüngung, Pflanzung, Jungbestandspflege und kontinuierlichen Durchforstungen zu einem klimastabilen Wald entwickelt bzw. als klimastabiler Wald erhalten. Hierbei werden die aktuellen und in der Forschung mehrheitlich vertretenen Kenntnisse und
Erfahrungen im Waldbau und bei der Waldpflege berücksichtigt, wobei im Altholz nur selten eingegriffen wird. Die Vorgaben der FSC-Zertifizierung werden berücksichtigt. Die Naturland-Zertifizierung wird angestrebt.

Umsetzung in der Forsteinrichtungsplanung
Die geplante Waldpflege berücksichtigt auf ganzer Fläche einzelne Komponenten der Waldbewirtschaftung des Stadtwalds Lübeck und weicht somit von der aktuellen waldbaulichen Praxis ab. Die aus dieser Kombination entwickelten Maßnahmen der
Stuttgarter Wald-Klima-Pflege können der Anlage 4 entnommen werden. Im Altholz wurden nur die waldbaulich notwendigsten Maßnahmen geplant. In zwei Beständen pro Revier wurde Verjüngung geplant, um Erfahrung zu sammeln. Die FSC-Standards
werden eingehalten. Die Naturlandzertifizierung ist beschlossen.

Planung in Zahlen
Hiebssatz:
Kontinuierliche Pflegemaßnahmen sind erforderlich um einen klimastabilen Wald zu erhalten.

Der Holzvorrat soll, wie in den vorherigen Forsteinrichtungsplanungen, weiter aufgebaut werden. Er soll von derzeit 372 Festmeter pro Hektar (fm/ha) auf mindestens 393 fm/ha ansteigen. Dies ist zu erreichen, indem die geplante Menge an Holz, die im Zuge der Bestandspflege anfallen wird (Hiebssatz), 3,9 Festmeter pro Jahr und Hektar betragen wird. Der Hiebssatz der vorherigen Einrichtung lag bei 5,5 Festmeter pro Jahr und Hektar. D. h. bei der Waldpflege fallen im Jahr rund 9.600 Festmeter an. Der Hiebssatz ist geringer als im vorherigen Zeitraum, da im Altholz selten eingegriffen wird und er liegt unter dem laufenden Zuwachs von 6,0 Festmetern pro Jahr und Hektar. D. h. es wird weniger Holzmasse entnommen als nachwächst.

Verjüngungsmaßnahmen:
Im kommenden Jahrzehnt sind 13 Hektar zur Pflanzung vorgesehen. 10 Hektar werden natürlich verjüngt. D. h. die Bäume samen sich selbst aus.

Bestandespflege:
Die Forsteinrichtung plant 157 Hektar zu bearbeitende Jungbestandspflege im Jahrzehnt.

Die Kennzahlen für den Betriebsteil auf der Gemarkung Reutlingen sind aus Gründen der besseren Lesbarkeit in der Anlage 3 aufgeführt.

Ausblick
In fast allen Altersbereichen wird der Wald hin zu einem klimastabilen Wald gepflegt. Im Altholz soll nur selten eingegriffen werden. Es wird im Altholz also nur das waldbaulich zwingend Notwendige geplant. Zwingend notwendig ist die Pflege der Kronen der Zukunftsbäume. In der Folge fällt in diesen Beständen nur sehr wenig Licht auf den Waldboden. Die lichtliebenden klimastabilen Baumarten können sich dort nicht verjüngen. Dies ist für den aktuellen Forsteinrichtungszeitraum möglich, auf Dauer ist es für den Wald jedoch schädlich. Auch für die CO2-Bindung ist es besser, starkes Holz zu ernten und junge Bäume CO2 binden zu lassen. Denn durch eine aktive Waldpflege werden die Baumstämme dem Wald entnommen und je nach Qualität des Holzes zu
langlebigen Holzprodukten verarbeitet, bevor die Absterbeprozesse einsetzen. Der Kohlenstoff bleibt im Holz gebunden und belastet somit nicht die Atmosphäre. Zusätzlich ersetzt das geerntete Holz andere Baustoffe, die oft unter hohem Energieaufwand hergestellt werden müssen (z.B. Stahl, Beton). Fossile Energieträger (z.B. Kohle, Erdgas, Erdöl) können zudem durch den Einsatz von Holz substituiert werden. Den
Bedürfnissen der Pflanzen und Tiere, welche auf absterbende und tote Bäume
angewiesen sind, wird durch die Waldrefugien und Habitatbaumgruppen Rechnung
getragen (siehe Anlage 1).


Ziel 6
Bei der Verjüngung von Beständen werden ausschließlich heimische, klimastabile Baumarten und die unter Punkt 7 und 8 genannten Baumarten herangezogen.


Ziel 7
Gebietsfremde Baumarten aus Süd- oder Osteuropa, für die keine Anbauerfahrung vorliegt, können in Ausnahmefällen versuchsweise und auf Kleinflächen zur Diversifikation gepflanzt werden.


Ziel 8
Gebietsfremde Baumarten aus Herkünften außerhalb von Süd- oder Osteuropa, für
deren Anbau in Süddeutschland nur wenig oder noch keine Erfahrung vorliegt, werden im Stuttgarter Stadtwald nicht gepflanzt.

Umsetzung in der Forsteinrichtungsplanung Ziel 6 bis 8
Aufgrund der Vorgaben der beschlossenen Naturlandzertifizierung wurden
Verjüngungsmaßnahmen nur mit heimischen Baumarten geplant.


Ziel 9
Die Forsteinrichtung berücksichtigt die Erholungsschwerpunkte bei der waldbaulichen Planung.

Umsetzung in der Forsteinrichtungsplanung
Der Stuttgarter Stadtwald hat mit seiner Vielfalt und Ästhetik bereits eine sehr große Erholungswirkung. Die geplanten Eingriffe mit hohem Turnus und geringer Eingriffsstärke tragen zur Erholungswirkung bei (siehe dazu im Dokument „Aggregation der Forsteinrichtungsergebnisse“ Seite 17 Tabelle 4.1.2).


Ziel 10
Ein an den standörtlichen Kriterien gemessener, sinnvoller Nadelholzanteil wird
erhalten.

Umsetzung in der Forsteinrichtungsplanung
Die Umsetzung dieses Ziels war nur eingeschränkt möglich. Die Fichte wird auf den Standorten im Stadtwald Stuttgart aufgrund des Klimawandels keine Zukunft haben. Die Douglasie, die mit den hiesigen Standorten gut zurecht kommt, war nicht gewünscht und ist auch durch die Naturlandzertifizierung ausgeschieden. Die Kiefer wird sich nur auf eventuellen Kalamitätsflächen verjüngen können, da die wenigen
geplanten Verjüngungsflächen zu wenig Licht für diese Baumarten bieten. Die Lärche kann als Beimischung, wo standörtlich sinnvoll, mit eingebracht werden. Die
Schattbaumart Tanne verjüngt sich stellenweise natürlich. Bei Pflegemaßnahmen kann durch die Förderung der vorhandenen Nadelbäume der Nadelholzanteil positiv beeinflusst werden.

Ziel 11
Eine mechanisierte Holzernte kann in Waldbeständen, in denen sie effizienter und pfleglicher für den verbleibenden Waldbestand ist als die motormanuelle Holzernte, nur bei frostharten Böden oder unter Einsatz geeigneter Schutzmaßnahmen für den Waldboden erfolgen.


Ziel 12
In Beständen, die einen Rückeeinsatz mit dem Pferd zulassen, wird eine Vorrückung des Holzes mit dem Pferd angestrebt.


Ziel 13
Das anfallende Holz wird soweit wie möglich regional vermarktet, auch unter Inkaufnahme von eventuellen Einnahmeeinbußen.

Umsetzung in der Forsteinrichtungsplanung Ziel 11 bis 13
Die Umsetzung dieser Ziele kann erst bei der Umsetzung der Forsteinrichtungsplanung erfolgen.


Finanzielle Auswirkungen

Durch die Umsetzung der Forsteinrichtungsziele werden Aufwendungen (insb. für Holzernte, Kulturen, Pflege Lichtwaldmodell und Jungbestandspflege) von jährlich 400.000 Euro erwartet. Diese werden im Teilhaushalt 670 des Garten-, Friedhofs- und Forstamts, Amtsbereich 6707020 Stadtwald, Kontengruppe 42120 Unterhaltung sonstiges unbewegliches Vermögen, gedeckt. Bei der Pflege des Stadtwaldes fallen noch weitere Aufwendungen für Tätigkeiten unabhängig von der Forsteinrichtung an, z. B. für Wegunterhaltung und für die Pflege der Erholungseinrichtungen. Für den Holzverkauf werden im Teilhaushalt 670 Garten-, Friedhofs- und Forstamt, Amtsbereich 6707020 Stadtwald, Kontengruppe 340 privatrechtliche Leistungsentgelte Erträge aus dem Holzverkauf für den Doppelhaushalt 2024/2025 in Höhe von 110.000 Euro pro Jahr prognostiziert.




Beteiligte Stellen

SWU
WFB


Vorliegende Anträge/Anfragen

-

Erledigte Anträge/Anfragen

-



Dirk Thürnau
Bürgermeister


Anlagen

Anlage 1: Waldpflege und Klimastabilität
Anlage 2: Karte mit Waldrefugien
Anlage 3: Zusammenfassung der Planung des Betriebsteils Reutlingen
Anlage 4: Stuttgarter Wald - Klima - Pflege
Anlage 5: Forschungsdesign Versuchsfläche
Anlage 6: Protokoll Meeting Waldbeirat 24.07.2023
Anlage 7: Stellungnahme Protokoll Meeting Waldbeirat


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