Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung/Kultur und Recht
Gz: AKR
GRDrs 375/2017
Stuttgart,
05/15/2017


Kulturförderung - Entwicklungstreiber für Kultur (Zielentwicklung)



Mitteilungsvorlage zum Haushaltsplan 2018/2019


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Kultur und Medien
Verwaltungsausschuss
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
29.05.2017
31.05.2017

Bericht:

Im Sinne eines effizienten Mitteleinsatzes soll die künstlerische Arbeit und gesellschaftliche Relevanz auch etablierter Einrichtungen regelmäßig reflektiert werden. Hierfür sind Zieldefinitionen und Entwicklungsprognosen der geförderten Institutionen notwendig.
Die Gesellschaft und mit ihr die kulturellen Rezeptions- und künstlerischen Ausdrucksformen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten erheblich gewandelt. Warum was mit welchen Zielen gefördert wird, soll im Zuge des Prozesses hin zu einer kriteriengestützten und zielorientierten Kulturförderung bearbeitet werden.

Grundlagen für die kulturpolitische Zielsetzung der Stadt Stuttgart und deren Leitlinien bilden die Ergebnisse von Kultur im Dialog (2013), der Kulturentwicklungsplan (2014), die Schlagworte im Kultur- und Medienbericht (2016) sowie die aktuell angestoßene Zukunftsforschung (2017). Parallel stellen Kulturinstitutionen ihre Zielsetzung auf den Prüfstand und erarbeiten im Dialog mit dem Kulturamt zukunftsweisende Strategien.

Analog zu Investitionen in Forschungs- und Entwicklungsarbeit innovativer Unternehmen sollen rund 0,5% des Deckungsrings der Förderabteilung notwendige strukturelle Transformationsprozesse finanzieren. Kultureinrichtungen sollen in die Lage versetzt werden, fundiert und mit professioneller Begleitung den kulturellen Herausforderungen der nächsten zehn Jahre begegnen zu können. Der Prozess hin zur Zielentwicklung umfasst klassische Bestandsanalysen, Positionierungsfragen und Stakeholder-Einbindung. Darüber hinaus müssen Fragen zur digitalen Strategie (Storytelling, Anwendungen, Soziale Medien und Partizipation), zur interkulturellen und oder Internationale Ausrichtung und damit über inhaltliche und strategische Kooperationen adressiert werden.

Fünf Institutionen, die sich im Rahmen von „Kultur im Dialog“ bereit erklärt haben, diesen Prozess zu gestalten, gehören zudem zu den Innovations- und Entwicklungstreibern Stuttgarts im Bereich der zeitgenössischen Kunst. Sie agieren im gesellschaftlichen Raum und navigieren dort gekonnt zwischen Geist und Erlebniskultur. Vor allem aber setzen sie sich mit aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen kritisch auseinander und entwickeln nachlesbare Strategien, wie sie für eine sich wandelnde Stadtgesellschaft auch künftig noch Impulse setzen können.
Die fehlende kulturpolitische Klarheit, welcher Zweck - außer Erhalt des Bestehenden – und welches Ziel - außer Vielfalt – die Förderung verfolgt, soll im Dialog mit den jeweiligen Institutionen entwickelt werden.

Diese Entwicklungstreiber erhalten für die Teilnahme am Strategieprozess und die Entwicklung von Zielformulierungen eine einmalige Erhöhung ihrer institutionellen Zuwendung in Höhe von je 50.000 € für die Dauer von zwei Jahren (jährlich 25.000 €). Der Arbeitsprozess ist ergebnisoffen, inkludiert aber eine Prozessdokumentation und -evaluation innerhalb von zwei Jahren. Einen Antrag auf Erhöhung der institutionellen Förderung kann auf Grundlage der jeweiligen Ergebnisse des Zielprozesses im Anschluss hieran fundiert an den Gemeinderat gestellt werden. Nach Beendigung der Pilotphase des
Zielprozesses könnten auch andere Institutionen in das Programm „Entwicklungstreiber für Kultur“ einsteigen. Die Umsetzung der Maßnahme bedeutet einen Aufwand von
125.000 € jährlich.


Zunächst sollen folgende 5 Institutionen mit je 50.000 € für die Dauer von zwei Jahren gefördert werden:

JES

Das JES – Kinder- und Jugendtheater Stuttgart zeigt innovatives und zeitgenössisches Theater für junges Publikum von einem Jahr bis hin zum Jugendalter. Dabei spricht es generationsübergreifend auch Familien an. Zu seinem Repertoire gehören sowohl dramatische Werke als auch neue Stückentwicklungen. Es hat ein eigenes Ensemble mit professionellen SchauspielerInnen und arbeitet darüber hinaus mit externen KünstlerInnen aus anderen Disziplinen wie dem Tanz, der Musik und der Bildenden Kunst zusammen. Das JES hat durch seine Gastspiele und Preise Stuttgart bundes- und europaweit zu einem führenden Ort für Kinder- und Jugendtheater gemacht. Als Ausrichter des internationalen Festivals „Schöne Aussichten“ ist das JES für die Avantgarde unter den Kinder- und Jugendtheatermachern weltweit ein renommierter Gastgeber.
Darüber hinaus arbeiten hier professionelle Künstler*innen mit Kinder und Jugendlichen zusammen und entwickeln mit ihnen auf hohem ästhetischem Niveau Inszenierungen, welche die Themen, Fragen und Anliegen der jungen Generation auf die Bühne bringen.

Theater Rampe e.V.

Das Theater kombiniert Künstlerhaus und Kurationsprinzip und schafft damit auch strukturell besondere Aufmerksamkeit in der Stadt und weit darüber hinaus. Das derzeitige Leitungsteam besetzt Positionen der Regie sowie der Kuration. Daher verbindet das Programm des Theaters eigene künstlerische Produktionen vor Ort mit einem kuratierten Produktions- und Gastspielbetrieb.

Mit seiner Arbeit führt das Theater sehr verschiedene Publika, KünstlerInnen und Genres der Darstellenden Künste zusammen. Es schafft damit eine gemeinsame Praxis von Schauspiel, Tanz, Performance, Musik sowie interdisziplinären Projekte. Der gemeinsame Nenner ist eine zeitgenössische Ästhetik und experimentelle Theaterformate: Hierzu gehören Person-to-person-experiences, digitale Theater-Formate und performative Interventionen im Stadtraum, die weit über die klassische Anordnung Bühne - Zuschauer-Raum hinaus gehen.


Literaturhaus Stuttgart

Ob Orhan Pamuk oder Anna Katharina Hahn – das Literaturhaus Stuttgart öffnet seit 2001 seine Türen ca. 120-130 Mal pro Jahr. Das Haus gehört zu den renommiertesten und größten im deutschsprachigen Raum: Das Spektrum reicht von aktuellen literarischen Texten unterm Brennglas einer Einzelveranstaltung bis hin zu ‚brennenden‘ Themen der Zeit. Dazu gehörten aus aktuellem Anlass bspw. die »Flüchtlingsgespräche«, von der ZEIT online über FAZ und SWR bis zur SZ breit wahrgenommen, das Projekt »Hochstapeln. Ein Festival über Identität und Illusion«, die Reihe "Terror, Texte Wirklichkeiten", und das Festival »Change«, das Zusammenhänge zwischen Literatur, Kunst und Protestkulturen Mittelosteuropas und Nordafrikas in den Blick genommen hat, bis hin zum großen "Wetterleuchten" 2016 und 2017, dem 1. Sommermarkt der unabhängigen Verlage. Neue Wege beschreitet eine junge Programmlinie des Hauses, die seit 2014 unter dem Titel »zwischen/miete« Autoren in wechselnden WGs lesen lässt, durch die Stadt mäandert, und über die gesamte U35-Linie neue Zielgruppen erschließt. Hinzu kommen große (Comic-)Ausstellungen, teils begleitet durch Publikationen. Die Arbeit in der Literaturvermittlung erhielt 2007 den Zukunftspreis Jugendkultur der PwC-Stiftung sowie mit dem Preis Kinder zum Olymp der Kulturstiftung der Länder.

Musik der Jahrhunderte

Musik der Jahrhunderte fördert das Neue, Überraschende, Unabgesicherte in der Musik. Die Institution will die zeitgenössische Musik erfolgreich im öffentlichen Kulturleben positionieren und der Kunst des 21. Jahrhunderts den Boden bereiten. Musik der Jahrhunderte veranstaltet in Stuttgart immer im Februar das internationale Festival ECLAT, das internationale Strahlkraft hat und regelmäßig national in der Presse besprochen wird. Darüber hinaus ist Musik der Jahrhunderte mit Konzerten und Musiktheater im Stuttgarter Konzertleben präsent.

Musik der Jahrhunderte managt zudem die Neuen Vocalsolisten, eines der führenden deutschen Ensembles im Bereich der Neuen Vokalmusik - sieben Konzert- und Opernsolisten, die sich vor allem als Forscher und Entdecker verstehen. Um dem Neuen den Weg zu bereiten, pflegen die Neuen Vocalsolisten den beständigen Austausch mit arrivierten und jungen Komponisten bei der Recherche nach neuen Klängen, Stimmtechniken und vokalen Ausdrucksformen. Zahlreiche Konzertreisen führen die Musiker jedes Jahr ins europäische und außereuropäische Ausland.

Württembergischer Kunstverein

Der WKV leistet kontinuierlich ausgezeichnete Arbeit und ist mit seiner Auswahl an Kuratoren und Künstlern eines der führenden Häuser deutschlandweit. 2017 wird hier der Ausstellung „Post-Peace“ Asyl gewährt, da sie mittlerweile in der Türkei verboten ist. Vier Künstler, die noch letztes Jahr im WKV zu sehen waren, gehören dieses Jahr zur Auswahl bei der Documenta. Der deutsche Kunstkritikerverband AICA hat den Preis für die "Ausstellung des Jahres 2015" an den Württembergischen Kunstverein Stuttgart für die Ausstellung "Die Bestie ist der Souverän" vergeben. Die zukunftsweisende Arbeit soll weiterhin auf dem hohen Niveau ausgestaltet werden und durch vielfältige Kooperationen mit der freien Szene gesellschaftliche Impulse setzen können.




Priorisierung Mitteilungsvorlagen
Das Kulturamt hat insgesamt 10 Mitteilungsvorlagen für die Haushaltsplanberatungen gefertigt. Die darin enthaltenen Maßnahmen sind eine konsequente Beschränkung auf die wesentlichsten und unabdingbaren Bedarfe im Kulturbereich aus Sicht der Kulturverwaltung und keinesfalls eine abschließende Wertung aller notwendigen und sinnvollen Vorhaben. Diese Vorlage hat die Priorität 4.




Finanzielle Auswirkungen


Ergebnishaushalt (zusätzliche Aufwendungen und Erträge):
Maßnahme/Kontengr.
2018
TEUR
2019
TEUR
2020
TEUR
2021
TEUR
2022
TEUR
2023 ff.
TEUR
Institutionelle Förderung / 4318
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Finanzbedarf
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Mitzeichnung der beteiligten Stellen

Das Referat WFB hat Kenntnis genommen. Haushalts- und stellenrelevante Beschlüsse können erst im Rahmen der Haushaltsplanberatungen erfolgen.





Dr. Fabian Mayer


Anlagen:

keine


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